1. Vorwort – Einleitung
1. |
Vorwort - Einleitung |
2. |
Lage und Zahlen |
3. |
Sprache(n) |
4. |
Geschichte |
5. |
Ethnien / Volksgruppen in Nord-Mazedonien |
5.1 |
Slawo-Mazedonier |
5.2 |
Albaner |
5.3 |
Torbeschen |
5.4 |
Roma und Balkan-Ägypter |
5.5 |
Türken, Balkantürken |
5.6 |
Serben |
5.7 |
Bosniaken |
5.8 |
Gorani / Goranen |
5.9 |
Aromunen und Meglenorumänen |
6. |
Grenzen des Staates Nord-Mazedonien |
7. |
Die Mazedonisch-Orthodoxe Kirche |
8. |
Perspektiven – Hoffnung auf die EU |
Zoran Zaev, Ministerpräsident von Mazedonien, und Alexis Tsipras, Ministerpräsident von Griechenland: Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik darf sich künftig Nord-Mazedonien nennen. (Quelle: Dimitris Tosidis/XinHua/dpa)
Weitere Einzelheiten zum bisherigen Namensstreit entthalten die Informationen über die folgenden Links.
http://de.wikipedia.org/wiki/Streit_um_den_Namen_Mazedonien und
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/tsipras-verkuendet-einigung-im-namensstreit-mit-mazedonien-15636691.html#void sowie
http://www.spiegel.de/politik/ausland/mazedonien-soll-kuenftig-nord-mazedonien-heissen-namensstreit-mit-griechenland-a-1212589.html
Im übrigen verweise ich auf meinen übergeordneten Post „2.180 Mazedonier, historische Region - slawisch u. griechisch Mazedonien
2. Lage und Zahlen
Karte: Übersicht heutige Balkanstaaten (MAZ = Mazedonien, Kos. = Kosovo, Alb.= Albanien, MN = Montenegro, Bos.Hz. = Bosnien-Herzegowina, Slo = Slowenien)
3. Sprache (n)
4. Geschichte
Zur Vorgeschichte verweise ich auf meinen Blog 2.180 Mazedonier, historische Region - slawisch u. griechisch Mazedonien
Nach dem 2. Balkankrieg 1913 wurden die heutigen Grenzen Mazedoniens im Vertrag von Bukarest (10.8.2013) im wesentlichen festgelegt. Dabei war Bulgarien der große Verlierer, der im 1. Weltkrieg an der Seite der Mittelmächte versuchte, verlorenes Terrain zurück zu gewinnen, was aber fehlschlug. Im Ergebnis verlor Bulgarien im Frieden von Neuilly auch noch seinen Zugang zur Ägäis an Griechenland und einen weiteren Teil Mazedoniens um Strumica an Serbien.(siehe Karte unter Blog 2.180 Geschichte). Serbien und das spätere Jugoslawien betrachteten die eroberten mazedonischen Gebiete als Südserbien und deren Bewohner als Serben mit einem eigenen Dialekt. Zwischen den Weltkriegen wurde daher auch in der Schule vor allem die serbische Sprache unterrichtet.
Im 2. Weltkrieg versuchte Bulgarien an der Seite Deutschlands erneut, Mazedonien zurückzugewinnen und es konnte große Teile der gesamten Region Mazedonien besetzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die alten Grenzen wieder hergestellt. Der Kriegspartisan Tito führte in Jugoslawien eine völlige Neuordnung des Staates auf föderaler Basis durch. Dabei erhielt Mazedonien den Status einer gleichberechtigten autonomen Teilrepublik und seine Bewohner wurden fortan "Mazedonier" genannt. Nach dem Bruch Titos mit dem übrigen kommunistischen Ostblock gab es zwar wieder Spannungen zwischen Bulgarien und Jugoslawien wegen Mazedonien, aber zwischen 1950 und 1990 blieb die Lage auf dem südlichen Balkan relativ stabil. In dieser Zeit festigte sich ein eigenständiges mazedonisches Nationalbewußtsein und die mazedonische Sprache wurde aufgewertet und als gleichberechtigt in Jugoslawien anerkannt. Zwischen der jugoslawischen Republik Mazedonien und Bulgarien wurde vor allem um den Status der Pirin-Mazedonier gerungen. Mazedonien sah hier eine mazedonische Minderheit, Bulgarien stellte fest, dass alle Slawen des historischen Bereichs von Mazedonien Bulgaren seien, die von den Serben zunächst als Südserben reklamiert worden seien und nun über den Umweg einer eigenen Republik als eigenständiges Volk etabliert und als Bulgaren entnationalisiert würden.[5] Mit dem Zerfall Jugoslawiens und der Gründung der unabhängigen Republik Mazedonien flammte der alte Streit wieder auf. Nun kam es erneut zu Spannungen mit Bulgarien und aus anderen Gründen (s. u.) vor allem mit Griechenland.
Nach der Unabhängigkeit Mazedoniens im November 1991 verabschiedete das Parlament eine neue Verfassung, die bei der albanischen Bevölkerung auf großen Widerstand stiess. Der albanische Unmut ging auf die Präambel und den "Minderheitenbegriff" der mazedonischen Verfassung vom November 1991 zurück. Darin wurde Mazedonien als "Nationalstaat des mazedonischen Volkes" bezeichnet. Der Begriff "Nation" bezog sich ausschließlich auf die mazedonische Gemeinschaft. Albanisch wurde nicht als offizielle Sprache anerkannt. Die Diskriminierung zeigte sich auch daran, dass nur 3 Prozent aller Polizisten Albaner waren, aber rund ein Viertel der Bevölkerung Albaner sind.
Am 15. Februar 1995 wurde die Universität in Tetovo eröffnet, die von der albanischen Gemeinschaft in Eigenregie geplant, gebaut und aus privaten Mitteln finanziert worden war. Die Lehrveranstaltungen sollten ausschließlich in Albanisch abgehalten werden. Doch nur zwei Tage nach der Eröffnung wurde sie von der mazedonischen Polizei gewaltsam geschlossen. All dies führte in der Folge zu erheblichen Spannungen zwischen den beiden großen Volksgruppen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Erst nach massivem Druck der USA, der NATO und der EU auf beide Seiten vereinbarten schließlich am 13. 8. 2001 die wichtigsten Parteien der Slawo-Mazedonier und der Albaner das Rahmenabkommen von Ohrid.[5]
Die Festlegungen des Ohrid-Abkommens, wie die Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung, die Neufestlegung von Gemeindegrenzen und Wahlbezirken unter Berücksichtigung der territorialen Verteilung der ethnischen Gemeinschaften sowie die Stärkung der lokalen Selbstverwaltung, sind heute in der Verfassung verankert und in nationale Gesetze gegossen. Dazu gehört auch der Grundsatz der Nicht-Diskriminierung und proportionalen Vertretung der ethnischen Gemeinschaften in der öffentlichen Verwaltung, Armee, Polizei und in staatlichen Unternehmen.[5]
5. Ethnien in (Nord-)Mazedonien
Nach den Auseinandersetzungen mit der
großen albanischen Minderheit im Lande, hat Mazedonien auf Druck der USA und
der EU-Staaten daher am 20. 11. 2001 seine Verfassung in zwei wichtigen Punkten
ergänzt. In Artikel 48 heißt es nun, dass die Angehörigen der
Nationalitäten/Gemeinschaften das Recht haben, frei ihre Identität und
Eigenarten … zu pflegen, weiterzuentwickeln und die Symbole ihrer Gemeinschaft
zu gebrauchen und dass ihre ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse
Identität von der Republik garantiert wird.
Mazedonien hat das Rahmenübereinkommens des Europarats
über den Schutz von Minderheiten unterschrieben
und ratifiziert. Darin erkennt es
folgende Volksgruppen/Minderheiten an: Albaner, Türken, Wlachen (Aromunen),
Serben, Roma und Bosniaken. Das Ministerkomitee des Europarates hält in seiner
Bewertung fest, dass das Land immer noch ethnisch gespalten sei und man spricht
gar von „Parallelgesellschaften“[6]
Weitere
Angaben zu den verschiedenen Ethnien, Volksgruppen und Minderheiten mache ich im folgenden.
5.1 Slawo-Mazedonier
Nach der Unabhängigkeit Mazedoniens im November 1991 verabschiedete das Parlament eine neue Verfassung. Darin wurde Mazedonien als "Nationalstaat des mazedonischen Volkes" bezeichnet. Der Begriff "Nation" bezog sich ausschließlich auf die mazedonische Gemeinschaft mit dem Merkmal der slawisch-mazedonischen Sprache und christlich-orthodoxer Religion und Kultur. Wie oben unter 2. vermerkt sind jedoch nur 64% der Bewohner Nord-Mazedoniens slawische Mazedonier. Über ihre Geschichte, Kultur und Sprache berichte ich in meinem Post http://euro-ethnien.blogspot.com/2013/11/2180-mazedonier-historische Region - slawisch u. griechisch Mazedonien
5.2 Albaner
Neben den slawischen Mazedoniern lebt in Nord-Mazedonien die große
Volksgruppe der Albaner, die mit 25% ein Viertel der Gesamtbevölkerung
ausmacht. Über das albanische Volk und seine gemeinsamen Wurzeln mit den
Albanern im Kosovo und Albanien berichte ich in meinem Post http://euro-ethnien.blogspot.com/2012/12/2030-albaner-albanisches-volk.html .
Albaner in Nordmazedonien Quelle: https://commons.wikimedia.org Seit der Unabhängigkeit Nord-Mazedoniens und der Verabschiedung der Verfassung gab es großen Unmut und Widerstand der albanischen Bevölkerung. Der albanische Unmut entzündete sich vor allem an der Präambel und dem "Minderheitenbegriff" der mazedonischen Verfassung vom November 1991. Die Diskriminierung zeigte sich nicht nur daran, dass Albanisch nicht als offizielle Sprache anerkannt wurde, sondern auch an der mangelnden Berücksichtigung der Albaner bei öffentlichen Stellen, so waren nur 3 Prozent aller Polizisten Albaner, obwohl rund ein Viertel der Bevölkerung Albaner ausmachen.
Die bürgerkriegsähnlichen
Zuständen im Jahre 2001 und die Vereinbarung von Ohrid (siehe 4. Geschichte). konnten erst durch dieses Abkommen beigelegt werden, das die Grundlage für die seitdem weitgehend friedlichere Entwicklung des
Landes gelegt hat.[5]
Aufgrund des Abkommens von Ohrid wurden wesentliche Formulierungen der mazedonischen Verfassung geändert, u. a. über die Rechte der Minderheiten. Unterricht in albanischer Sprache gibt es seitdem in allen Altersstufen bis hin zur inzwischen staatlichen Universität in Tetovo. Politisch werden die Albaner durch mehrere albanische Parteien im Parlament von Skopje vertreten, die allerdings wegen ihrer Zersplitterung keine gebündelte Kraft darstellen. An mehreren Regierungen Nord-Mazedonien waren albanische Parteien beteiligt.
Seit dem Abkommen von Ohrid dominieren die beiden großen Volksgruppen – Albaner und Mazedonier –den ethnischen Diskurs in Mazedonien und häufig geraten die kleinen Minderheitengruppen „zwischen die Stühle“. Die Albaner profitieren u. a. auch vom Bekenntnis der Torbeschen zu einer albanischen Nationalität (siehe folgenden Punkt 5.3).
Zu den international bekanntesten Albaner(innen) gehört Mutter Teresa, die als Anjeza Gonxhe Bojaxhiu in Skopje geboren wurde und durch ihre humanitären Hilfsprojekte vor allem für Arme und Kinder in Indien weltweit Bekanntheit erlangte. Ihre Familie stammt hingegen nicht aus Nordmazedonien, der Vater kam aus Albanien und die Mutter aus dem Kosovo.[7]
5.3 Torbeschen
Die Torbeschen in Mazedonien sind slawischsprachige Muslime wie die Bosniaken in Bosnien, die Pomaken in Bulgarien und Griechenland oder die Bosniaken und Goraner im Kosovo.
Sie sprechen die gleiche mazedonische Sprache wie die christlichen Mazedonier und werden daher vom nordmazedonischen Staat nicht als Minderheit anerkannt. Da in Mazedonien – ähnlich wie in Serbien oder Bulgarien – die Nationalität bzw. die nationale Identität praktisch identisch ist mit einem Bekenntnis zum christlich-orthodoxen Glauben, fühlen sich die Torbeschen jedoch nicht der mazedonischen Nationalität zugehörig.
Diese Tatsache führt zu den merkwürdigsten Selbstzuschreibungen. Beispielsweise ist Labuništa im Südosten an der Grenze zu Albanien eines der größten Torbeschen-Dörfer Nord-Mazedoniens. Fast alle Bewohner bezeichnen sich als Albaner, obwohl sie kaum ein Wort albanisch sprechen, sondern eben mazedonisch. Ein weiterer Teil der Einwohner dieses Dorfes bezeichnet sich als Türken oder Bosniaken, sind aber ebenso muttersprachliche Mazedonier. Allerdings schicken die Eltern des Ortes ihre Kinder inzwischen in eine zweisprachige Schule, in der sowohl mazedonisch als auch albanisch unterrichtet wird. Der Grund für das Bekenntnis zur albanischen Nationalität ist unterschiedlich. Zum einen sind die Albaner Nord-Mazedoniens überwiegend auch Muslime, zum anderen wurde mit dem Abkommen von Ohrid 2001 der Status der albanischen Sprache als wichtigste Landessprache neben mazedonisch anerkannt und der Einfluss albanischer Parteien im Staat ist seitdem gewachsen. Beispielsweise bekommt man leichter Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst, wenn man sich zur albanischen Nationalität bekennt.
Ein anderes Beispiel ist das Torbeschen-Dorf Dolno Količani, südlich der Hauptstadt Skopje gelegen. Hier bezeichnet sich die Mehrheit der Einwohner als Türken, obwohl auch sie die türkische Sprache nicht beherrschen, sondern mazedonisch ihre Muttersprache ist. Für sie ist das Bekenntnis zur türkischen Nationalität gleichbedeutend mit der Aussage, dass man Muslim und nicht Christ ist. Die Absurdität wird von manchen Eltern sogar so weit getrieben, dass sie ihre Kinder in türkisch-sprachigen Klassen unterrichten lassen, obwohl ihre Kinder bei der Einschulung praktisch kein Wort türkisch beherrschen.
Auch als mazedonisch-sprachige Muslime wollen sich die Torbeschen nicht bezeichnen lassen, weil eben mazedonisch mit christlich gleichgesetzt wird und Christen wollen sie auf keinen Fall sein. Dabei hat das Bekenntnis zum Islam – ebenso wie in anderen Balkanstaaten – oft nichts mit der religiösen Überzeugung zu tun, sondern vor allem ist es ein Bekenntnis zum kulturellen Erbe. Die islamische Kultur ist diesen slawischen Muslimen wichtiger, als die Gemeinsamkeit der Herkunft und Sprache.
Wie in anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawien haben die slawischsprachigen Muslime seit dessen Zerfall häufig ihre Identität gewechselt (siehe meinen Post Bosnien-Herzegowina, und dort den Punkt 4.1) Wichtig für viele Torbeschen ist im praktischen Leben nicht wie man sich fühlt, sondern wie man sich deklariert.
Die Gemeinschaft der Torbeschen ist also in der Frage der nationalen Identität tief gespalten. Während ein großer Teil von ihnen sich zu einer anderen Nation (Albaner, Türken, Bosniaken) bekennt, legt inzwischen auch eine Minderheit Wert auf die Bewahrung und Festigung einer eigenen Identität als Torbeschen. Dem steht allerdings entgegen, dass der Staat Nord-Mazedonien die Torbeschen, als Volksgruppe nicht anerkennt. Das Bekenntnis als Albaner, Türke oder Bosniake ist also auch ein Akt des Widerstands gegen diese Politik des mazedonischen Staates. Da der ethnische Proporz bei der Verteilung wichtiger Ämter oft entscheidet, ist auch keine Partei der anderen Minderheiten bereit, die Torbeschen in ihrem Anliegen als eigenständige Nationalität zu unterstützen, weil ihnen dann bei der nächsten Volkszählung wichtige Prozentanteile verloren gehen.
Auf Grund der oben beschriebenen Selbstdeklarierungen ist eine Angabe über die Zahl der Torbeschen bzw. muslimischen Nord-Mazedonier schwierig. Schätzungen schwanken zwischen 40.000 und 70.000.[8]
5.4 Roma
Die Zahl der
Roma wurde im Jahr 2002 mit 53.879 angegeben. Das sind 2,66 Prozent der
Landesbevölkerung. Andere Quellen berichten von 80,000 bis zu 260,000
Roma in Mazedonien. Der Europarat spricht in seiner Veröffentlichung über die Rechte der Roma von einem Anteil von 9,59% an der Gesamtbevölkerung Nord-Mazedoniens, das sind ca. 200.000 Personen. Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung geht von einer Zahl 185.000 aus. Roma bemängeln, dass sie in offiziellen Statistiken
oft gegen ihren Willen zu den
Mazedoniern gezählt werden, weil ihre Muttersprache häufig Mazedonisch
ist. Auf jeden Fall ist die Zahl der Roma in Nord-Mazedonien erheblich höher, als es die offiziellen Statistiken aussagen.
Wegen der großen Armut leben die Roma meist in Städten, da sie sich dort ein besseres Leben erhoffen. So stellen sie in einem der 10 Bezirke der Hauptstadt Skopje die Mehrheit der Einwohner. Dieser Bezirk Šuto Orizari ist der einzige auf der ganzen Welt, in der die Roma eine Mehrheit bilden. Die Mehrzahl der Einwohner sind hier muslimische Roma, hinzu kommen einige christliche Roma und einige Albaner. Der Bürgermeister des Bezirks, Elvis Bajram, ist ethnischer Roma.
Große Probleme in Šuto Orizari sind die hohe Arbeitslosigkeit, Schwarzarbeit, Kriminalität und Drogenmissbrauch. Laut Europaratsbericht kam es hier im April 2010 zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.[9]
Die Situation hat sich in den letzten Jahren zumindest
für die Schulkinder etwas gebessert. Während noch vor 10 Jahren viele Kinder
gar keine Schule besuchten und Analphabeten blieben, gehen nun mehr Kinder auf eine der zwei
Grundschulen in Šuto Orizari und zwar für acht Schuljahre. Das Problem der Kinder
besteht oft darin, dass sie auf Mazedonisch unterrichtet werden, während ihre
Muttersprache Romani ist. Unterricht auf Romani gibt es nur als zusätzliches
Wahlfach. Viele Kinder und ihre Eltern sprechen auch Deutsch, weil sie längere
Zeit als Gastarbeiter oder Asylbewerber in Deutschland gelebt haben. Seit
einiger Zeit können Schüler ab der 6. Klasse auch Deutsch als Sprache lernen. Der
Bau einer berufsbildenden Mittelschule wurde kürzlich beschlossen. Die Mittel
dafür stammen zum Teil von der österreichischen Entwicklungsagentur (ADA).[9]
Der Beratende Ausschuss des Europarats regte an, die Balkan-Ägypter auch in den Status einer Minderheit zu heben. Bislang lehnt Skopje dieses Ansinnen ab, mit der Begründung es handele sich um eine Roma-Gruppe. Tatsächlich handelt es sich um eine Romagruppe, die sich jedoch selbst von den Romani sprechenden Roma bewusst abgrenzt. Die Balkan-Ägypter sprechen hier Mazedonisch als Muttersprache und begründen ihre besondere Identität mit dem Herkunftsmythos einer Herkunft aus Ägypten. (Weitere Hinweise zu den Balkan-Ägyptern siehe in meinem Blog ….
Der 8. April
ist der Internationale Tag der Roma und in Nordmazedonien ein optionaler
Feiertag. Dieses Datum verweist
auch auf ein traditionelles Fest derRoma in Transsylvanien, den „Tag des Pferds“, an dem die Pferde aus dem Winterstall
gebracht, geschmückt und mit Girlandenbekränzt wurden. An
diesem Tag finden überall auf der Welt Kulturveranstaltungen
der Roma statt. Er ist für die Angehörigen der Roma-Minderheit arbeitsfrei, Schulen
und die meisten Geschäfte in Orten mit vielen Roma-Angehörigen sind
geschlossen.[10]
5.5 Türken, Balkantürken
Mazedonien war bis zum Jahre 1912 über Jahrhunderte Teil des Osmanischen Reiches. Als Folge dieser langen gemeinsamen Geschichte leben noch heute viele Muslime in Nord-Mazedonien und auch noch eine anerkannte Minderheit der Balkantürken. Sie stellten im Jahr 2002 mit 3,85 Prozent offiziell die
drittgrößte Volksgruppe. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich
viele Torbeschen als Türken deklarierten (siehe 5.3) und dass die Zahl der
Roma-Angehörigen wohl nach oben zu korrigieren ist (siehe 5.4). In den offiziellen Zahlen waren das im Jahr 2002
laut Statistik 77.959 türkische Personen.Darüberhinaus beherrschen allerdings auch viele Mitglieder anderer Nationalität die türkische Sprache.
Die türkische Bevölkerung verteilt sich vor
allem in den Städten des Westens und der Mitte Nordmazedoniens.
Aufgrund des Rahmenabkommens von Ohrid vom 13. August 2001 und der darauf hin erfolgten Änderung der makedonischen Verfassung am 20. November 2001, darf neben der makedonischen Sprache die einer ethnischen Gemeinschaft im amtlichen Verkehr verwendet werden, wenn deren Angehörige in einer Gemeinde bzw. Stadt einen Anteil von mindestens 20 Prozent an der Gesamtbevölkerung stellen.
Im Falle der Angehörigen der türkischen
Gemeinschaft wurde dieses Quorum bereits nach der Verfassungsänderung in den Gemeinden bzw. Städten
Studeniçan, Gostivar, Vrapçişte, Merkez Jupa, Plasnica und Çayır ve Doyran
erreicht. In diesen Kommunen darf neben der makedonischen Sprache das
Türkische im amtlichen Verkehr benutzt werden. Amtliche Formulare, Bescheide
und sonstige Schriftstücke können also auch auf Türkisch verfasst werden und es gibt für Schulkinder Unterricht in türkischer Sprache. Im Jahre 2016 kam noch die westmazedonische Stadt Kicevo (türkisch Kircova) hinzu, in der nun Mazedonier, Albaner und Türken gleichberechtigt zusammen leben.[11]
5.6 Serben
Laut Volkszählung von 2002 gaben 35.939 Personen = 1,78% als Nationalität „serbisch“ an. Wie im Post http://euro-ethnien.blogspot.com/2013/11/2180-mazedonier-historische Region - slawisch u. griechisch Mazedonien
nachzulesen wurde das heutige Nordmazedonien nach den Balkankriegen 1912/13 dem serbischen Staat als Süd-Serbien angeschlossen. In den Folgejahren war serbisch offizielle Sprache auch im Unterricht der Schulen. Aufgrund des Dialekt-Kontinuums der slawischen Sprachen auf dem Balkan war dies durchaus möglich. Wie ebenfalls im vorgenannten Post beschrieben, wurde erst im 2. Weltkrieg und später unter Tito-Jugoslawien die eigenständige Sprache und Nationalität „mazedonisch“ geschaffen. So verwundert es nicht, dass vor allem in Grenzgebieten sich immer noch eine Minderheit zur serbischen Nationalität bekennt. Ausführliche Angaben zum serbischen Volk siehe https://euro-ethnien.blogspot.com/2012/12/2260-serben-serbisches-volk.html
5.7 Bosniaken
Bei der
Volkszählung im Jahre 2002 deklarierten sich 17.018 Personen oder 0,84% als
Bosniaken. Anzunehmen ist, dass es sich vor allem um Torbeschen handelte bzw.
um muslimische Slawo-Mazedonier. Wie in anderen Bereichen des ehemaligen
Jugoslawien konnten sich Muslime nicht mehr als besondere Nationalität bekennen
und wählten daher in Verbundenheit mit den Bosniaken in Bosnien die
Nationalität „Bosniake“ (siehe meinen Post Bosnien-Herzegowina und dort unter 4.1)
Der 28. September ist der Internationale Tag der Bosniaken und für Angehörige dieser Minderheit ein optionaler Feiertag.(siehe Anmerkung [10] )
5.8 Gorani/Goranen
In der
Grenzregion zwischen Albanien, dem Kosovo und Mazedonien lebt die kleine
Volksgruppe der Goranen. Der größere Teil der Goranen lebt in den Bergregionen
des südlichen Kosovo und in Albanien. Zwei goranische Dörfer liegen auf dem
Territorium Mazedoniens.
Das heutige Nord-Mazedonien – und dort vor allem die national eingestellten Slawo-Mazedonier – erkennen die Gorani nicht als eigenständige Volksgruppe an. Ähnlich wie bei den Torbeschen argumentieren sie, dass die Gorani einen der mazedonischen Sprache verwandten Dialekt sprechen und daher Slawo-Mazedonier seien. Auf Grund dessen wird ihnen der Minderheitenstatus verweigert. [12]
5.9
Aromunen /Vlachen - Meglenorumänen
Als kleine Minderheit sind noch gemäß Volkszählung (von 2002) 9.696 Aromunen / Vlachen, davon wiederum ca. 1.000 Meglenorumänen zu erwähnen. Sie wohnen in einigen Dörfern an der Grenze zu Griechenland in der Nähe der Stadt Bitola. Viele dieser Dorfbewohner haben ihren Wohnort inzwischen allerdings verlassen und sind in andere nordmazedonische Städte gezogen oder sogar weiter ins westliche Ausland, da in ihren Wohnorten keine Verdienstmöglichkeiten bestehen und auch der mögliche Fremdenverkehr in dieser reizvollen Landschaft nicht gefördert wird. Die Dörfer ( wie z. B.Nizepole, Maloviste, Gopes) haben jedoch kunstvoll ausgestattete orthodoxe Kirchen, die von früherem Wohlstand und einer weitaus größeren aromunischen Vergangenheit zeugen.
Aromunen sind unter der Bezeichnung Vlachen in Mazedonien - als einem von wenigen Balkanstaaten - anerkannte Minderheit. Aromunische Aktivisten geben an, dass ihre Minderheit viel größer sei, als bei der letzten Volkszählung (s.o.) offiziell ermittelt. Viele Aromunen würden sich bei Volkszählungen als Mazedonier bekennen, obwohl sie eine mehr oder weniger ausgeprägte aromunische Identität bewahrt hätten. Tatsächlich ist die Assimilierung bei vielen Vlachen weit fortgeschritten. Vlachische Organisationen nennen unter Berücksichtigung doppelter Identitäten bis zu 100.000 Angehörige ihrer Volksgruppe. Nur noch wenige Meglenorumänen leben in einigen Dörfern an der griechischen Grenze bei Gevgelija. Ihre Sprache ist vom Aussterben bedroht.[8]
Nähere Angaben zu dieser
romanisch-sprachigen Minderheit auf dem Balkan enthält mein Post Rumänen - romanische Volksgruppen auf dem Balkan Pkt. 3.3.
6. Grenzen des Staates Nord-Mazedonien
Das Kloster Prohor Pčinjski ist
eines der ältesten südslawischen Klöster. Es liegt heute auf serbischem Gebiet
in unmittelbarer Nähe zur Grenze der Republik Mazedonien. Es ist dem heiligen
Einsiedler Prohor geweiht. Der Legende nach hat er dem späteren byzantinischen
Kaiser Romanus Diogenes geweissagt, dass er Kaiser würde. Dieser errichtete
dann im 11. Jahrhundert anstelle der Einsiedlerhöhle einen Klosterbau. Die Fußabdrücke in Felsgestein werden von den
Gläubigen hier ebenfalls verehrt. Das Kloster in der heutigen Form wurde nach
mehrfacher Zerstörung immer wieder aufgebaut, zuletzt im Jahre 1878. Wertvolle
Ikonen aus dem 15. Jahrhundert sind noch im Kloster zu besichtigen. Das Kloster
ist sowohl für serbisch- als auch mazedonisch-orthodoxe Christen von großer
kultureller und religiöser Bedeutung. Aber auch für die junge
Nationalgeschichte der Slawo-Mazedonier ist dies ein historischer Ort, denn
hier wurde im August 1944 der „Antifaschistische Rat der nationalen Befreiung
Mazedoniens“ gegründet, der die Bildung
einer „Mazedonischen Volksrepublik“ im Rahmen der künftigen Jugoslawischen
Föderation beschloss. Als eine weitere seiner ersten Handlungen beschloss de
Rat hier die Einführung der
„mazedonischen Sprache“, die in der künftigen Mazedonischen Volksrepublik
Amtssprache werden sollte.
7. Die Mazedonisch-orthodoxe Kirche
8. Perspektiven - Hoffnung auf die EU
[1] http://www.spiegel.de/politik/ausland/mazedonien-soll-kuenftig-nord-mazedonien-heissen-namensstreit-mit-griechenland-a-1212589.html
[2] Der Fischer Weltalmanach. © Fischer Taschenbuch Verlag in der S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012.
[3] http://living-diversity.blogspot.de/2012/08/mazedonien-europarat-besorgt-uber.html und http://www.dradio.de/cgi-bin/es/neu-hintergrund/741.html Deutschlandfunk: Hintergrund Politik vom: 18.9.2002
[4]http://www.welt.de/print-welt/article566730/Bulgarien-erkennt-Mazedonien-als-Nation-an.html
[5] https://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54789/mazedonien
[6]http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/minorities/3_FCNMdocs/PDF_3rd_OP_FYROM_en.pdf
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Mutter_Teresa
[8] Wichtige Angeaben zu den Torbeschen und Aromunen/Vlachen verdanke ich dem Buch von Cyrill Stieger „Wir wissen nicht mehr, wer wir sind“ und darin dem Kapitel „Wie kann ich einer Nation angehören, die es gar nicht gibt“ BPB-Schriftenreihe Band 10292, Bonn 2018, ab S. 61
[9] https://www.ard-wien.de/2019/02/11/das-roma-viertel-bair-in-bitola/ und Flüchtlingsrat Baden-Württemberg: Länderbericht Mazedonien – Stand Juli 2018
[10]
Angehörigen wichtiger Religionsgemeinschaften
(Orthodoxe, Moslems, Juden und Katholiken) sowie nationalen Minderheiten
(Albaner, Roma, Bosniaken) werden zusätzliche Feiertage mit vergüteter
Arbeitsbefreiung gewährt. Diese können bis zu fünf Arbeitstage umfassen. Siehe https://www.coe.int/en/web/roma-and-travellers/home und https://www.timeanddate.de/feiertage/mazedonien
[11]
https://www.neopresse.com/politik/asien/mazedonien-tuerkisch-wird-amtssprache-in-weiterer-stadt/
[12]Thomas Schmidinger: Gora: Slawischsprachige Muslime zwischen Kosovo, Albanien, Mazedonien und Diaspora
[13] https://derstandard.at/480997/Jugoslawien-und-Mazedonien-vereinbarten-Grenzlinie
[14] https://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/515881/Kosovo-und-Mazedonien-legen-Grenzstreit-bei-
[15] Die Ausführungen zur mazedonischen Kirche habe ich unter Nutzung folgender Informationen verfasst:https://ostkirchen.info/mazedonische-kirche-konstantinopel-greift-ein/ und https://mazedonien-nachrichten.blogspot.com/2018/03/mazedonische-orthodoxe-kirche-gegen.html und http://sveti-nikola.de/?page_id=633 und http://pelagon.de/?p=6608
[16] http://ec.europa.eu/enlargement/countries/detailed-country-information/fyrom/index_de.htm
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