1. Vorwort – Einführung
In Europa gibt es vom
Ural bis zum Atlantik über 300 nationale Minderheiten, Volksgruppen, Ethnien
oder Nationalitäten, je nachdem, wie man diese Gruppen bezeichnet, die im
jeweiligen Staat eine von der überwiegenden Mehrheit des Staates abweichende
Sprache sprechen oder aufgrund ihrer Geschichte, Religion, ihrer Sitten und
Bräuche sich bewusst von der Mehrheitsbevölkerung unterscheiden. Inzwischen
haben viele Europäer erkannt, dass in dieser bunten Vielfalt ein großer
Reichtum liegt.
Schon der bekannte deutsche Kulturphilosoph und Dichter Johann Gottfried Herder (1744 – 1803) hat vor einer Geringschätzung anderer Völker gewarnt und den Vorteil der Vielfalt betont. Er vergleicht die Völker mit…
Schon der bekannte deutsche Kulturphilosoph und Dichter Johann Gottfried Herder (1744 – 1803) hat vor einer Geringschätzung anderer Völker gewarnt und den Vorteil der Vielfalt betont. Er vergleicht die Völker mit…
„…einem großen, ungejäteten Garten voll Kraut und
Unkraut. Wer wollte sich dieses Sammelplatzes von Torheiten und Fehlern so wie
von Vortrefflichkeiten und Tugenden ohne Unterscheidung annehmen und...gegen
andre Nationen den Speer brechen?... Offenbar ist die Anlage der Natur, dass
wie ein Mensch, so auch ein Geschlecht, also auch ein Volk von und mit dem
anderen lerne...bis alle endlich die schwere Lektion gefasst haben: kein Volk
ist ein von Gott einzig auserwähltes Volk der Erde; die Wahrheit müsse von
allen gesucht, der Garten des gemeinen Besten von allen gebauet werden.“ [1]
Zu den nationalen Minderheiten gehören große Gruppen, wie
die Katalanen, die mit ca. 7 Millionen weitaus größer sind als die
Bevölkerungen vieler mittlerer europäischer Staaten, ganz zu schweigen von den
Kleinstaaten wie Monaco oder Liechtenstein. Dazu gehören aber auch Gruppen, die
nur einige hundert oder tausend Mitglieder zählen (wie z. B. die
Saterland-Friesen) und deren Fortbestand akut gefährdet ist. Diese Hinweise
verdeutlichen bereits, dass aktive Minderheitenpolitik ein entscheidender
Faktor für ein stabiles Europa darstellt.
2. Definition und Geschichte der Begriffe
Die Bezeichnung „Volksgruppe“ ist noch relativ jung. Im
klassischen Mehrnationen-Staat Österreich-Ungarn war zunächst die Bezeichnung
„Volkstamm“ festgelegt (Österreichische Verfassung von 1867), der bis zum 1. Weltkrieg jedoch weitgehend durch die Bezeichnung
„Nationalität“ verdrängt wurde. Aber
auch diese Benennung war nicht eindeutig (siehe die Hinweise unter 1.21
Definition Volk, Nation, Staat). Nach
dem 1. Weltkrieg und den durch die
Friedensverträge neu geschaffenen Minderheits-Problemen wurde der Begriff
nationale Minderheit verwandt. Kritiker dieses Begriffes bevorzugten besonders
im deutschen Sprachraum die Bezeichnung „Volksgruppe“, so der bereits 1922
entstandene Verband der deutschen Volksgruppen in Europa.[2] Die Bezeichnung Volksgruppe hat allerdings
den Nachteil, dass sie in viele andere europäische Sprachen nicht übersetzbar
ist. Ausgehend vom französischen Sprachraum wurde statt dessen der Begriff
Ethnie auch in den internationalen Sprachgebrauch eingeführt. Der Wallone
Plisnier wollte den Unterschied zwischen Volk und Nationalstaat damit ausdrücken und
Wallonen schlossen sich in der Folge mit Welsch-Schweizern und Valdostanern zur
„Association européenne de l’ethnie francaise“ zusammen. Daraus entstanden die
Ausdrücke „Communauté ethnique“, „ethnical group“, „gruppa etnico“, die häufig
synonym bzw. parallel zu Volksgruppe benutzt werden.[3]
In der Eigenbenennung und der Charta der Föderalistischen Union Europäischer
Volksgruppen (FUEV)[4] wird
hingegen als Übersetzung die alte Bezeichnung „Nationalität“ benutzt (Federal
Union of European Nationalities = FUEN). In den internationalen Verträgen wird
statt Volksgruppen weiterhin der Begriff „nationale Minderheit“ benutzt, so in
dem „Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten“ des Europarates vom 1.
2. 1995 und im KSZE Dokument von Kopenhagen vom 29. 6. 1990. Der
„Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte der UN vom 19. 12.
1066 spricht im Artikel 27 von ethnischen, religiösen und sprachlichen
Minderheiten.[5]
Tatsächlich muss man feststellen, dass die vorstehend
genannten Begriffe nicht einheitlich verwendet werden, zum Teil nicht
übersetzbar sind oder sogar wie bei Nationalität in
verschiedenen Sprachen unterschiedliche Inhalte haben. Umso wichtiger wäre es,
dass ein zumindest für Europa einheitliches Verständnis über das Wesen und die
Eigenschaften von nationalen Minderheiten, Volksgruppen oder Ethnien besteht.
Leider hat auch der Europarat im Rahmenabkommen zum Schutz nationaler
Minderheiten eine eindeutige Festlegung vermieden.
Der Sonderberichterstatter der UN, der italienische
Völkerrechtler Francesco Capotorti, hat im Auftrag der
UN-Menschenrechts-Kommission 1979 erstmals eine Begriffsbestimmung vorgelegt,
die inzwischen als Basis für viele weitere Versuche diente:
Der Begriff
„Minderheit“ bezieht sich auf eine Gruppe, die zahlenmäßig kleiner ist als die übrige Bevölkerung
eines Staates, sich in einer nicht-dominaten
Position befindet, deren Angehörige – als Bürger dieses Staates ethnische, religiöse oder
sprachliche Eigenheiten besitzen, die von jenen der übrigen Bevölkerung
verschieden sind, und welche, wenn auch nur unausgesprochen, einen Sinn für
Solidarität zur Erhaltung ihrer Kultur, Tradition, Religion oder Sprache
zeigen.[6]
Die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen geht
in ihrer Charta von Bautzen 2006 in der Definition noch weiter und stellt darin
fest:
Zu den autochthonen, nationalen Minderheiten /
Volksgruppen zählen die durch die Auswirkungen der europäischen Geschichte,
durch Grenzziehungen und andere historische Ereignisse entstandenen
nationalen Minderheiten / Volksgruppen sowie die Völker Europas, die nie einen
eigenen Staat gegründet haben und auf dem Territorium eines Staates als
Minderheit leben.
Unter
einer autochthonen, nationalen Minderheit / Volksgruppe ist eine Gemeinschaft
zu verstehen,
1. die im Gebiet eines
Staates geschlossen oder in Streulage siedelt.
2. die zahlenmäßig kleiner
ist als die übrige Bevölkerung des Staates.
3. deren Angehörige Bürger
dieses Staates sind.
4. deren Angehörige über
Generationen und beständig in dem betreffenden Gebiet ansässig sind.
5. die durch ethnische,
sprachliche oder kulturelle Merkmale von den übrigen Staatsbürgern unterschieden werden können und gewillt sind,
diese Eigenarten zu bewahren.[7]
Von den autochthonen, nationalen Minderheiten / Volksgruppen zu unterscheiden sind die in den letzten Jahrzehnten zugewanderten Migranten. Sie fallen nach z. Zt. noch überwiegender Meinung nicht unter diese Gruppe, denn es fehlen einige der vorstehend aufgeführten Merkmale. Ob sich daraus neue Minderheiten entwickeln bleibt abzuwarten. Die Probleme der Migration überschatten z. Zt. tatsächlich die Probleme der alten Minderheiten. Dazu ausführlichere Anmerkungen in meinem Post Migration - Integration - Assimilation
Von den autochthonen, nationalen Minderheiten / Volksgruppen zu unterscheiden sind die in den letzten Jahrzehnten zugewanderten Migranten. Sie fallen nach z. Zt. noch überwiegender Meinung nicht unter diese Gruppe, denn es fehlen einige der vorstehend aufgeführten Merkmale. Ob sich daraus neue Minderheiten entwickeln bleibt abzuwarten. Die Probleme der Migration überschatten z. Zt. tatsächlich die Probleme der alten Minderheiten. Dazu ausführlichere Anmerkungen in meinem Post Migration - Integration - Assimilation
3. Große Unterschiede zwischen den verschiedenen Volksgruppen und Minderheiten
Bereits in der Einführung habe ich auf die
unterschiedlichen Größenordnungen der verschiedenen Gruppen hingewiesen. Hinzu
kommen aber weitere gravierende Unterschiede, die von Heinz Kloss in seinem
Klassiker zur Ethnopolitik[8]
wie folgt charakterisiert werden: Es gibt
a) Außengruppen großer Sprachgemeinschaften (z. B.
Deutsche in den übrigen europäischen Staaten)
b) Eigengruppen, verwandt mit anderen bekannten Sprachen
(z. B. Ladiner und Rätoromanen)
c) Eigengruppen, mit keiner anderen Sprache nahe
verwandt (z. B. Basken, Samen)
Außengruppen großer
Sprachgemeinschaften haben den großen Vorteil, dass sie ohne große Probleme an
der Kulturgemeinschaft ihrer Hoch- bzw. Muttersprache teilnehmen können, sie haben Zugriff
auf die Literatur, Zeitungen und Zeitschriften in ihrer Muttersprache und im
Zeitalter moderner Kommunikationsmöglichkeiten an Radio- und Fernsehsendungen
und den vielfältigen Angeboten im Internet. Soweit also ein – selbst geringer –
Wille vorhanden ist, den Kontakt zum Muttervolk zu bewahren, bieten sich viele
Möglichkeiten an. Wenn man diesen Minderheiten weiter entgegenkommt, z. B. das
Recht auf muttersprachlichen Unterricht gewährt, so stehen Schulbücher und
weiteres didaktisches Material zur Verfügung, das von den Mutterländern oft
sogar kostenlos zur Verfügung gestellt wird.
Weitaus schwieriger ist
die Situation der Gruppen zu b) und c), wenn es sich nicht – wie bei den
Katalanen – um ein großes Volk handelt. Die b)-Gruppen sind besonders gefährdet, weil sie von den Sprechern der verwandten Sprachen oft als deren Dialektsprecher vereinnahmt werden und es wegen der Sprachverwandtschaft leichter fällt, sie zu assimilieren.
Alle Eigengruppen können auf keinen Fundes wie die a)-Gruppen zurückgreifen, müssen selbst aktiv werden und wenn dann noch eine Unterstützung durch den Staat ausbleibt, bedarf es schon eines enormen Einsatzes vieler Gruppenmitglieder und eines starken Überlebenswillens, um nicht vom Mehrheitsvolk assimiliert zu werden.
Alle Eigengruppen können auf keinen Fundes wie die a)-Gruppen zurückgreifen, müssen selbst aktiv werden und wenn dann noch eine Unterstützung durch den Staat ausbleibt, bedarf es schon eines enormen Einsatzes vieler Gruppenmitglieder und eines starken Überlebenswillens, um nicht vom Mehrheitsvolk assimiliert zu werden.
Dies gilt natürlich
besonders dann, wenn dieses Mehrheitsvolk die Existenz von Volksgruppen sogar
leugnet und das erklärte Staatsziel die Assimilation ist. Dies gilt leider bis
zum heutigen Tag z. B. für Frankreich und Griechenland, wobei es in Frankreich
zumindest einen starken Individualschutz für alle Bürger anderer Nationalität,
Sprache oder Religion gibt. Man kann Volks- und Sprachgruppen aber auch dadurch
unterdrücken, dass man sie leugnet (siehe Frankreich und Griechenland), ignoriert
oder als rückständig belächelt. Allenfalls verbannt man ihre Besonderheiten zur
Untersstützung des Fremdenverkehrs in den Bereich der Folklore. Wohin eine
solche Politik der Umerziehung und Assimilation führt, die über Jahrzehnte
angewandt wurde, zeigt wiederum das Beispiel Frankreichs. Mitglieder vieler
Volksgruppen (Elsässer, Deutschlothringer, Bretonen u. a.) wollen heute gar
nicht als Minderheit, schon gar nicht als deutsche Minderheit, angesehen
werden. Aber auch für eine Minderheit in der Minderheit, die sich zu ihrem
Volk, ihrer Sprache und Kultur bekennt, muss das gleiche Recht auf freie
Entfaltung und Förderung durch den Staat gefordert werden, wie für eine
Volksgruppe, die sich geschlossen zu ihrer Gemeinschaft bekennt (z. B.in
Südtirol).[9]
4. Internationale Beschlüsse, Deklarationen und Maßnahmen zum Schutz von Volksgruppen und nationalen Minderheiten
4.1 Europäische Union (EU)Die Europäische Union hat in vielen Dokumenten festgeschrieben, dass sie für ihre Bürger die kulturelle, religiöse und sprachliche Vielfalt nicht nur respektiert, sondern als besonderes europäisches Identitätsmerkmal begrüßt. Diese Politik ist in Artikel 22 der Europäischen Grundrechtecharta festgelegt. Dort heißt es: „Die Union respektiert kulturelle, religiöse und sprachliche Vielfalt.“ So hat die Europäische Kommission im Jahr 1992 eine detaillierte Studie zu Regional- und Minderheitensprachgemeinschaften in der EU in Auftrag gegeben, die mit dem Beitritt neuer Länder zur EU erweitert wurde. (siehe http://ec.europa.eu/languages/euromosaic/euromosaic-study_de.htm). Nach dieser Studie haben von den 48 Minderheitensprachen im Gebiet der EU (1996) 23 nur eine begrenzte oder keine Überlebensfähigkeit. 12 weitere Minderheitensprachen werden als „bedroht“ eingestuft. Leider stehen Konsequenzen zu dieser Erkenntnis aus. Ich möchte auf die an anderer Stelle beschriebene Einzigartigkeit und den Wert jeder Sprache hinweisen(http://euro-ethnien.blogspot.de/2013/08/1231-sprachen-als-identitatsmerkmal.html.) und auf den Verlust für alle, falls eine Sprache stirbt.
Auf weitere internationale Beschlüsse und Deklarationen[10] habe ich oben unter „2. Definition“ bereits hingewiesen. Ich wiederhole sie hier mit den wesentlichen Kernsätzen:
4.2 UN - Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. 12. 1948
Darin heißt es in Art. 2: Jedermann hat Anspruch auf die in dieser Erklärung proklamierten Rechte und Freiheiten ohne irgendeine Unterscheidung, wie etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft….Weiter darf keine Unterscheidung gemacht werden auf Grund…der internationalen Stellung des Landes oder Gebietes, dem eine Person angehört…und in Art. 26: Jedermann hat das Recht auf Bildung…Die Bildung muss auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung von den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muss Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Völkern und allen rassischen und religiösen Gruppen fördern….Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll.
4.3 UN - Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. 12. 1966
Darin in Art. 27: In Staaten mit ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten darf Angehörigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten werden, gemeinsam mit anderen Angehörigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen, ihre eigene Religion zu bekennen und auszuüben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen.
4.4 Europarat – Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 30. 6. 1998
Darin in Artikel 14: Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit….zu gewährleisten.
4.5 KSZE-Prozess – Schlussakte von Helsinki vom 1. 8. 1975
Darin in Abschnitt 4 d: Die Teilnehmerstaaten, in Anerkennung des Beitrages, den die nationalen Minderheiten oder die regionalen Kulturen zur Zusammenarbeit zwischen ihnen in verschiedenen Bereichen der Bildung leisten können, beabsichtigen, wenn auf ihrem Territorium solche Minderheiten oder Kulturen existieren, diesen Beitrag unter Berücksichtigung der legitimen Interessen ihrer Mitglieder zu erleichtern.
4.6 KSZE-Prozess – Dokument des Kopenhagener Treffens der Konferenz vom 29. 6. 1990
Darin in Absatz 31 und 32: Angehörige nationaler Minderheiten haben das Recht, ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne jegliche Diskriminierung …auszuüben. Die Teilnehmerstaaten werden, wo dies erforderlich ist, besondere Maßnahmen ergreifen, um die volle Gleichheit von Angehörigen nationaler Minderheiten….zu gewährleisten…Die Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit ist Angelegenheit der persönlichen Entscheidung eines Menschen, und darf als solche für ihn keinen Nachteil mit sich bringen. Angehörige nationaler Minderheiten haben das Recht, ihre ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln, und ihre Kultur in all ihren Aspekten zu erhalten und zu entwickeln, frei von jeglichen Versuchen, gegen ihren Willen assimiliert zu werden. Insbesondere haben sie das Recht, sich ihrer Muttersprache ... frei zu bedienen, ... ihre eigenen Bildungs-, Kultur- und Religionseinrichtungen … zu gründen und zu unterhalten…sowie um öffentliche Unterstützung …ersuchen zu können. ... untereinander ungehinderte Kontakte…sowie Kontakte über die Grenzen hinweg herzustellen und zu pflegen, mit denen sie eine gemeinsame ethnische oder nationale Herkunft, ein gemeinsames kulturelles Erbe oder ein religiöses Bekenntnis teilen ... Organisationen oder Vereinigungen in ihrem Land einrichten … und in internationalen nichtstaatlichen Organisationen mitzuarbeiten.
Die Teilnehmerstaaten werden sich darum bemühen, Angehörigen nationaler Minderheiten, ungeachtet der Notwendigkeit, die offizielle Sprache…des betreffenden Staates zu erlernen….entsprechende Möglichkeiten für den Unterricht in ihrer Muttersprache …und für deren Gebrauch bei Behörden zu gewährleisten.
4.7 Europarat – Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen vom 5. 11. 1992
Darin in der Präambel: …in der Erwägung, dass der Schutz der geschichtlich gewachsenen Regional- und Minderheitensprachen Europas, von denen einige allmählich zu verschwinden drohen, zur Erhaltung und Entwicklung der Traditionen und des kulturellen Reichtums Europas beiträgt…
Es folgen Hinweise und Empfehlungen ähnlich dem vorstehenden Dokument der Kopenhagen-Konferenz.
4.8 Europarat – Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. 2. 1995
Darin viele Grundrechte – wie in vorstehenden Dokumenten schon benannt und u. a. in Artikel 14: …dass jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihre Minderheitensprache zu erlernen….In Gebieten, die von Angehörigen nationaler Minderheiten …bewohnt werden, bemühen sich die Vertragsparteien…, dass Angehörige dieser Minderheiten angemessene Möglichkeiten haben, die Minderheitensprache zu erlernen oder in dieser Sprache unterrichtet zu werden. Und in Artikel 16: Die Vertragsparteien sehen von Maßnahmen ab, die das Bevölkerunsverhältnis in von Angehörigen nationaler Minderheiten bewohnten Gebieten verändern und darauf gerichtet sind, die Rechte und Freiheiten einzuschränken
In Abschnitt IV Artikel 25: Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten …. übermittelt (die Vertragspartei) dem Generalsekretär des Europarats vollständige Informationen über die Gesetzgebungsmaßnahmen und andere Maßnahmen, die sie zur Verwirklichung der in diesem Rahmenabkommen niedergelegen Grundsätze getroffen hat.
4.9 Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO’s)
Neben diesen von den Staaten beschlossenen Empfehlungen und Maßnahmen bemühen sich eine Reihe von Nicht-Regierungsorganisationen um eine Verbesserung der Lage der Volkgruppen / nationalen Minderheiten.
Beispielhaft seien hier die aus meiner Sicht wichtigsten erwähnt. An erster Stelle ist die bereits erwähnte FUEV / FUEN und deren Charta von Bautzen zu nennen (siehe Fußnote 7). In der FUEV haben sich über 90 Minderheiten-Organisationen aus 30 europäischen Ländern zusammengeschlossen. Die letzte Großtagung fand in diesem Jahr in Brixen / Südtirol statt, wo eine „Programmatische Erklärung von Brixen 2013“ verabschiedet wurde. (https://www.fuen.org/fileadmin/user_upload/downloads/Programmatische_Erklaerung.pdf)
Weltweit engagiert sich die Gesellschaft für bedrohte Völker für die Rechte von ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten.( http://www.gfbv.de/)
Auf Initiative des Europa-Parlaments wurde 1982 das Europäische Büro für Minderheitensprachen (European Bureau for lesser used Languages – EBLUL) eingerichtet, das die Förderung der Minderheitensprachen überwachen und geeignete Initiativen ergreifen soll.( http://eblul.eurolang.net )
5. Bewertung der bisherigen internationalen Initiativen
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs haben sich zunächst wieder die Nationalstaaten etabliert – aber es haben sich auch internationale und europäische übernationale Einrichtungen gebildet, die hinsichtlich des Schutzes nationaler Minderheiten bisher zwar meist in Absichtserklärungen stecken geblieben sind. Aber hinter diese Absichtserklärungen kann man nicht mehr zurück! Bei den verschieden europäischen Volksgruppen wurde neuer Mut gefasst und in manchen Bereichen auch schon viel zum Schutz der Minderheiten erreicht. Es fehlt bei allen bisherigen Erklärungen und Vereinbarungen (s. o.) ein Instrument, diese auch – ggf. mit Sanktionen – durchzusetzen. Deshalb ist es wichtig, bei allen Schwierigkeiten (Finanzkrise !) den Einigungsprozess in Europa fortzusetzen und den Druck auf nationale Regierungen, europäische Kommission und die Europa-Parlamentarier zu erhöhen, den Worten und Versprechungen auch Taten folgen zu lassen. Die verschiedenen Organisationen der Volksgruppen und nationalen, ethnischen und religiösen Minderheiten müssen hiebei voran gehen, und Regierungen und die europäischen Institutionen an ihre Versprechen erinnern, so wie es die FUEV auf ihrem diesjährigen Kongress in Brixen begonnen hat, wo die Bürgerinitiative „MinoritySafePack“ gestartet wurde, die eine Million Unterschriften für den besseren Schutz nationaler Mindeheiten sammeln und dem Europa-Parlament vorlegen will. (http://www.suedtirolnews.it/d/artikel/2013/06/21/eine-million-unterschriften-fuer-die-minderheiten-in-europa.html)
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Gottfried_Herder
Fußnote 18 Siegfried H. Sunnus (Hrsg.), Frankfurt a.
M, Leipzig: 1994, S. 268f.
[2] Franz Pan: Der Minderheitenschutz im neuen Europa
und seine historische Entwicklung“ Ethnos 53, S. 12ff
[3] Handbuch der europäischen Volksgruppen, darin Johann
Wilhelm Mannhardt: Die Volksgruppen in Volk und Staat“ S. 7
[4] https://www.fuen.org/de/
[5] Menschenrechte – Dokumente und Deklarationen –
herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung
[6] Zitiert nach Felix Ermacora / Christoph Pan:
Volksgruppenschutz in Europa (Ethnos 46), Seite 15, Fußnote 5
[7] https://www.fuen.org/de/
[8] Heinz Kloss: „Grundfragen der ethnopolitik im 20.
Jahrhundert“ (Ethnos 7) S. 296f
[9] Heinz Kloss: „Grundfragen der ethnopolitik im 20.
Jahrhundert“ (Ethnos 7) S. 530
[10] Alle folgenden Dokumente abgedruckt in „Menschenrechte – Dokumente und Deklarationen“ –
herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen