Lage und Zahlen
Geschichte
Altertumsforscher
sind sich einig, dass auf Åland immer germanische Skandinavier
gelebt haben - im Gegensatz zu den finnischen Festlands-Schweden, die
erst im 13. Jahrhundert Finnland besiedelt haben (siehe 2.252). Wegen
seiner günstigen Handelslage waren die Inseln im Mittelalter dichter
besiedelt als andere Gebiete Skandinaviens. Sie waren bekannt durch
Seehundfang und damit der Tranversorgung für weite Teile Europas und
als Handelsstützpunkt für eine lebhafte Seefahrt zwischen dem
Westen und Osten Europas bis in den nahen Osten. Später verlagerte
sich diese Funktion nach Stockholm, wodurch die Bedeutung Ålands
abnahm.1
Seit
dem 18. Jahrhundert war Åland ebenso wie Finnland ein Zankapfel
zwischen Schweden und Russland. 1714 wurde Åland von den Russen
besetzt, die Bevölkerung floh z. T. nach Schweden und konnte erst
nach dem Frieden von 1721 auf die verwüsteten Inseln zurückkehren.
1808 wurde Åland erneut von den Russen besetzt. Bei den
Friedensverhandlungen 1809 musste Schweden die Åland-Inseln (und
ganz Finnland) an Russland abtreten. Finnland und Åland erhielten
jedoch einen autonomen Status im Zarenreich. Die Russen begannen nun
die Åland-Inseln zu einer Flottenbasis auszubauen. Im Krimkrieg
wurde diese Festung jedoch von den Engländern und Franzosen besetzt
und gesprengt. In den Friedensvertrags-Verhandlungen 1856 versuchte
Schweden die Åland-Inseln zurückzugewinnen, wogegen sich die
Russen aber entschieden wehrten. Schließlich stimmte Russland
im Frieden von Paris 1856 einer Neutralisierung Ålands zu.
Im
1. Weltkrieg wurde Åland erneut von den Russen besetzt, um
Erztransporte von Schweden nach Deutschland zu verhindern. Nach
Ausbruch der Oktober-Revolution 1917 sahen die Ålander eine Chance,
sich wieder Schweden anzuschließen. Eine Versammlung
aller
Gemeindevertreter beschloss einen entsprechenden Antrag an den König
und die Regierung Schwedens. Bei einer Volksabstimmung sprachen sich
96% der Bewohner der Åland-Inseln für den Anschluss an Schweden
aus. Inzwischen hatte am 6. Dezember 1917 aber auch Finnland seine
Selbständigkeit proklamiert und es widersetzte sich entschieden der
Abtrennung Ålands.
Auch ein vom finnischen Reichstag 1920 beschlossenes Autonomiegesetz
für Åland
fand nicht die Zustimmung der Bewohner der Inselgruppe. Auf
Vermittlung der britischen Regierung wurde nun der inzwischen
gegründete Völkerbund mit der Lösung der Auseinandersetzung
beauftragt.
Die Autonomie der Åland-Inseln
Eine
Sonderkommission des Völkerbundes schlug schließlich vor, die
finnische Souveränität über die
Åland-Inseln zu bestätigen, jedoch mit der Auflage einer
Entmilitarisierung und Neutralisierung und einer Autonomie, die die
schwedische Sprache und Kultur der Inseln dauerhaft bewahren solle.
Dieser Vorschlag wurde vom Völkerbund am 24. 6. 1921 angenommen und
von Finnland und Schweden akzeptiert.2
Am 9. Juni 1922 trat der erste von der åländischen
Bevölkerung gewählte Landtag (Lagting) zusammen, der die
Landesregierung (Landskapsstyrelse) wählte. Dieser Tag wird seitdem
als Selbständigkeit-Tag gefeiert.
Nach
dem 2. Weltkrieg wurde 1951 ein neues Autonomie-Gesetz in Kraft
gesetzt, das die åländische
Selbstverwaltung bestätigte. Dieses Gesetz wurde 1954 und 1984
nochmals erweitert. Demnach ist die Hauptaufgabe der åländischen
Selbstverwaltung der Schutz der schwedischen Sprache und Kultur.
Ausschließliche Amtssprache ist schwedisch, auch im Schriftverkehr
mit dem finnischen Staat. Finnen können ein Bleiberecht auf den
Inseln erst erwerben, wenn sie 5 Jahre auf der Inselgruppe ansässig
sind und über gute Schwedisch-Kenntnisse verfügen. Darüber hinaus
ist die Grundlage der Autonomie dadurch abgesichert, dass beim Erwerb
von Liegenschaften durch eine nicht auf Åland ansässige Person
jeder Inselbewohner, sowie der Landrat und die jeweilige
Inselgemeinde ein Vorkaufsrecht haben. 3
Seit
1954 haben die Åland-Inseln eine eigene Flagge und 1984 wurde ihnen
zugestanden, eigene Briefmarken herauszugeben.
Schließlich
wurde 1993 nochmals eine Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes für
die Åland-Inseln notwendig, weil in Finnland eine erneute
Diskussion über die Sonderrechte der Ålander aufgekommen war,
insbesondere mit dem Tenor, dass doch auch die Schweden auf dem
finnischen Festland keine Sonderstatuten brauchten, weil sie im
vollen Umfang der finnischen Bevölkerung gleichgestellt seien (siehe
2.252). Nachdem die Streitfragen in einer Kommission aus beiden
Seiten beigelegt waren, brachte das neue Gesetzt die notwendigen
Präzisierungen. Schweden hielt sich aus der Debatte heraus mit dem
Hinweis auf seine traditionelle Position, Finnland sei nach wie vor
verpflichtet, sich an die 1921 vom Völkerbund in Genf beschlossenen
Sonderrechte der Åland-Inseln zu halten.4
Eine
Diskussion über den Status der Åland-Inseln kam nochmals im
Zusammenhang mit der EU-Erweiterung auf. Zwar ist Finnland für
Verträge mit ausländischen Staaten zuständig, die Frage war jedoch
offen, ob hier eine ähnliche Konstellation wie bei Dänemark und
Grönland entstehen könne. Der åländische
Landtag (Lagting) beschloss daraufhin im Dezember 1994, dass die
EU-Konvention auch die Åland-Inseln betrifft. In einem
Zusatzprotokoll zur Aufnahme von Finnland, Schweden und Österreich
in die EU wurden die Privilegien der Ålander bestätigt.
Ausblick
Vielleicht
hat die abgelegene Lage der Inseln und die verhältnismäßig geringe
Bevölkerung dazu beigetragen, das hier im hohen Norden tatsächlich
ein kleines (Autonomie-) Paradies besteht, das für viele
Minderheiten Vorbildcharakter besitzt. Das ruhige Inselparadies wird
von vielen Touristen insbesondere Wassersportlern besucht, die die
Ruhe und den besonderen Charakter der Inseln schätzen, so dass der
Fremdenverkehr heute eine der größten Einnahmequellen darstellt.
Dennoch sind wohl Bestrebungen im Gange, die Autonomie zu reformieren. Dazu war eine Delegation der Alandinseln in Südtirol, um sich von der dort praktizierten Autonomie Anregungen einzuholen. Ich gebe nachstehend einen Bericht der Zeitschrift "Das Land Südtirol" (Ausgabe Juni 2013) wieder:
Dennoch sind wohl Bestrebungen im Gange, die Autonomie zu reformieren. Dazu war eine Delegation der Alandinseln in Südtirol, um sich von der dort praktizierten Autonomie Anregungen einzuholen. Ich gebe nachstehend einen Bericht der Zeitschrift "Das Land Südtirol" (Ausgabe Juni 2013) wieder:
Die Åland-Inseln,
eine einsprachig-schwedische Provinz Finnlands, stehen vor einer
weitreichenden Reform ihrer Autonomie. Eine Delegation des
Inselparlaments traf im Landtag auf Präsident Maurizio Vezzali, die Präsidialsekretäre
Veronika Stirner Brantsch und Roland
Tinkhauser sowie die Fraktionsvertreter Andreas Pöder, Walter Baumgartner,
Sven Knoll, Pius Leitner und Alessandro Urzì, um nützliche Hinweise
für die Reform zu finden. Die Gäste, darunter auch Parlamentspräsidentin Britt
Lundberg, fragten nach vielen Details der Südtiroler Autonomie und
zeichneten ihrerseits ein Bild von einer Insel mit einer
starken Autonomie, mit einem einsprachig-schwedischen Schulsystem, in dem aber
Finnisch die meistgewählte Fremdsprache ist, mit Schweden als Kulturnation im Rücken, die
vielen Studenten als Ausbildungsstätte dient, die aber nicht gegenüber Finnland
als Schutzmacht angerufen wird, und mit klaren Zuständigkeiten, die nicht mit
dem Staat geteilt werden müssen.
1Handbuch
der europäischen Volksgruppen (Ethnos 8)
2Handbuch
der europäischen Volksgruppen (Ethnos 8)
3Heinz
Kloss /Ethnos 7) "Grundfragen der Ethnopolitik im 20.
Jahrhundert, S.149
4Pogrom
Nr.. 182 April/Mai 1995
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