2.260 Serbien – serbisches Volk - Jugoslawien


Völlige Neufassung November 2020

1. Einleitung und Vorbemerkungen zu Südslawen und Jugoslawien

Die südslawischen Völker (Serben, Kroaten, Slowenen, Montenegriner, Mazedonier und Bosniaken) waren zwischen 1918 und 1991 – mit Unterbrechung im 2. Weltkrieg -  in einem südslawischen Staat vereinigt. Dieser Staat hieß zunächst bis 1929 „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ und seit 1929  Jugoslawien (= Südslawien). Da Serbien in diesem südslawischen Staat – sowohl nach dem 1. wie auch nach dem 2. Weltkrieg - eine dominierende Rolle spielte, habe ich in diesem Post die Geschichte und heutige Situation des serbischen Volkes, der Staaten Serbien und Montenegro sowie die Geschichte Jugoslawiens gemeinsam behandelt. Über die übrigen Nachfolge-Staaten Jugoslawiens, ihre Völker und Volksgruppen,  sowie die ehemalige serbische Provinz Kosovo und die zu Serbien gehörende autonome Provinz Vojvodina, habe ich eigene Posts verfasst, auf die ich mit entsprechenden Links verweise.

 

Übersicht zu Serbien, serbisches Volk, Jugoslawien

1.

Einleitung – Übersicht – Vorbemerkungen

2..

Lage und Zahlen

3.

Vorgeschichte und Geschichte Serbiens und Jugoslawiens

3.1

Vom Berliner Kongress bis zum 1. Weltkrieg 

3.2

Der Traum von Jugoslawien, Groß-Serbien und Groß-Kroatien

3.3

Entwicklungen zum 1. Weltkrieg

3.4

Vom 1. Weltkriegs bis zum 2. Weltkrieg

3.5

Jugoslawien, Serbien und Kroatien im 2. Weltkrieg

3.6

Titos kommunistischer Bundesstaat Jugoslawien

3.7

Zerfall Jugoslawiens – Bruderkriege – Bildung der Nachfolgestaaten

3.8

Geschichte Serbiens und des serbischen Volkes nach 1990

3.9

Serbische Minderheiten in anderen Staaten

4.

Montenegro – ein Sonderfall

4.1

Name und Lage

4.2

Geschichte

4.3

Montenegro nach der Unabhängigkeit 2006 bis heute

4.4

Ethnien und Minderheiten in Montenegro

4.5

Religion und Kirchen

5.

Die Serbo-Kroatische Sprache und die Varietäten in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens

6.

Der Kosovo-Mythos

7.

Das serbische Volk und der serbische Staat  - Perspektiven

2. Lage und Zahlen

Serbien - amtlich Republika Srbija (Република Србија) - liegt im Zentrum des Balkans und grenzt im Norden an Ungarn, im Osten an Rumänien und Bulgarien, im Süden an Nord-Mazedonien, Kosovo und Albanien, im Südwesten an Montenegro und im Westen an Bosnien-Herzegowina und Kroatien. Im Bundesstaat Jugoslawien war Serbien größter und einflussreichster Teilstaat. Folgende Karte 1 zeigt die Lage Serbiens und aller Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens mit Angabe der jeweiligen Unabhängigkeit von Jugoslawien. Nach den in den Jahren 1991/92  erfolgten Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens, Kroatiens, Bosnien-Herzegowinas und  Mazedoniens bildeten Serbien – mit den Provinzen Vojvodina und Kosovo - und Montenegro die Bundesrepublik Jugoslawien. Seit dem Jahre 2003 war dann der Name und die Existenz des Staates Jugoslawien endgültig von der Landkarte des Balkans verschwunden. Nach einer kurzen Übergangsphase als Staatenunion Serbien-Montenegro erklärte Montenegro 2006 ebenfalls seine Unabhängigkeit von Serbien. Mit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo 2008 (von Serbien bis heute nicht anerkannt) sind aus dem ehemaligen Jugoslawien 7 Nachfolgestaaten hervorgegangen. Der serbische Staat umfasst seitdem lediglich das Territorium von Zentralserbien und der teilautonomen Provinz Vojvodina (siehe Punkt 5).


 
                           Karte 1 Nachfolgestaaten Jugoslawien

Im heutigen Serbien - einschließlich der Vojvodina, jedoch ohne Kosovo - leben laut Volkszählung von 2011 insgesamt 7.186.862 Einwohner. Das Bevölkerungswachstum ist trotz Zuzug von Flüchtlingen aus Kroatien und dem Kosovo seit Jahren rückläufig. Stand 2017 wurden noch 7.022.000 gezählt und Stand 2019 nur noch 6.963.764 .* Mit 40,7 Jahren Durchschnittsalter laut letzter Volkszählung die serbische Bevölkerung eine besonders alte Struktur. Das veranlasste Staatspräsident Aleksandar Vučic 2018 zu der Anweisung an sein Volk: „Serben vermehrt euch!“ Dazu wolle der Staat auch Geld in die Hand nehmen und Familien mit Kindern einmalig und monatlich unterstützen.

Die Bevölkerungsmehrheit der Republik Serbien (ohne Kosovo) stellen mit 83,32 % die Serben als Titularnation. In Zentralserbien (ohne die Vojvodina) beträgt der Anteil der Serben sogar 89,48%. Hinzu kommen noch folgende eng mit den Serben verwandte Gruppen mit serbo-kroatischer Muttersprache:  69.049 Montenegriner(= 0.92%) und 23.303 Einwohner (0,32 %), die sich nach wie vor als Jugoslawen bezeichnen. Deshalb kann man bei Zentral-Serbien von einer weitgehend homogenen Bevölkerung sprechen, zumal auch die Bosniaken (2,48 %) als größte Minderheit sowie die Gruppe, die sich davon abweichend als Muslime bezeichnet, serbo-kroatische Muttersprachler sind. Im Jahre 2017 waren 9,1 % der Bevölkerung im Ausland geboren. Ein großer Teil davon sind ethnische Serben, die aus anderen ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken zugezogen bzw. nach hierhin geflüchtet sind.

Der Bevölkerungsrückgang in Serbien erklärt sich vor allem durch eine erhebliche Arbeitsmigration nach Europa und dort vor allem nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz. So sind nach OECD-Angaben zwischen 2000 und 2019 insgesamt 654.000 serbische Bürger ausgewandert.

Auf dem Territorium des heutigen serbischen Staates leben – vor allem in der  multiethnischen teilautonomen Provinz Vojvodina - noch je nach Zählweise ca. 25 anerkannte Minderheiten, deren Angehörige als serbische Staatsbürger laut Verfassung die gleichen Rechte und Pflichten haben. Wegen der großen Zahl der Minderheiten und der besonderen Situation in der Vojvodina habe ich einen eigenen Post unter dem Titel Die multiethnische Vojvodina – Minderheiten in Serbien verfasst, auf den ich hiermit ausdrücklich verweise.

Ein anderes Bild über die Einwohnerzahl und die ethnische Zusammensetzung der serbischen Bevölkerung zeichnet die serbische Botschaft in Wien. Sie geht noch von der Zugehörigkeit des Kosovo zu Serbien aus und nennt eine Einwohnerzahl von 7.498.000, davon 82,86% Serben. Wie man bei Einbeziehung des Kosovo allerdings auf nur 0,82% Albaner kommt, ist nicht nachzuvollziehen. [1]

3. Vor-Geschichte und Geschichte Serbiens und  Jugoslawiens

Ohne Kenntnis der Geschichte kann man die Auseinandersetzungen in den 1990er Jahren zwischen den heutigen Nachfolge-Staaten des ehemaligen Jugoslawien nicht verstehen und nachvollziehen. Einen Überblick über den Ablauf der Geschichte aller Völker des ehemaligen Jugoslawien einschließlich des albanischen Volks - habe ich  mit einer Übersichtstabelle unter http://euro-ethnien.blogspot.de/2012/12/balkan-geschichte-des-albanischen-und.html  gegeben.

Wichtig für das Verstehen der Geschichte Jugoslawiens - von der Gründung bis hin zu seinem Zerfall - ist vor allem die Entwicklung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis auf den heutigen Tag, die ich versuche in der Folge darzustellen.

3.1 Vom Berliner Kongress bis zum 1. Weltkrieg 

Über 400 Jahre gehörten die südslawischen Völker der Serben, Bulgaren und teilweise der Kroaten zum Osmanischen Reich. Kroaten und Slowenen hingegen gehörten überwiegend zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Ihre neuere Geschichte begann in der zweiten Hälfte des 19, Jahrhunderts, in einer Zeit des aufkommenden Nationalismus und des Panslawismus. Der Umschwung wurde 1875 mit einem Bauernaufstand in der Herzegowina eingeleitet, der das Signal zu weiteren Aufständen in Bosnien und zur allgemeinen Erhebung vieler Balkanvölker gegen die osmanische Herrschaft gab. 1876 erfolgte die Kriegserklärung von Serbien (das noch unter osmanischer Oberherrschaft stand) und des kleinen selbständigen Montenegro an die Osmanen. Zunächst konnten die Osmanen / Türken die militärische Auseinandersetzung für sich entscheiden, worauf Russland als selbst ernannte Schutzmacht der Slawen eingriff und die Türken zurückschlug. Schon lange hatte Russland das Ziel, die Erbschaft der Osmanen auf dem Balkan anzutreten und nutzte die Schwäche der Türken und den Widerstand der Bevölkerung für seine eigenen Interessen.  In einem weiteren Feldzug drangen die Russen 1877 bis vor die Tore Istanbuls vor. Der osmanische Sultan musste im Friedensvertrag von San Stefano 1878 Bulgarien als unabhängigen Staat anerkennen, der ein weitaus größeres Territorium als das heutige Bulgarien erhalten sollte, aber weitgehend von Russland abhängig war. Das rief jedoch die übrigen europäischen Großmächte – vor allem Österreich-Ungarn auf den Plan, die eine so starke Stellung Russlands auf dem Balkan nicht akzeptieren wollten. So kam es vom 13. 6. bis 13. 7. 1878 zum Berliner Kongress unter Vorsitz des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck. Der Kongress zog neue Grenzen auf dem Balkan (siehe Karte 1) und ermächtigte Österreich-Ungarn gegen den Protest der Türkei die osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina zu besetzen, wobei formal die  osmanische Oberherrschaft bestehen blieb. Gleichzeitig wurde Serbien unabhängig.
 
                                  Karte 2 Balkanstaaten nach dem Berliner Kongress  
                              (Quelle:Wegweiser zur Geschichte – Bosnien-Herzegowina – 
                                    Verlag Ferdinand Schöning Paderborn, München, Wien, Zürich 2007)
 
Serbien gab sich mit der erreichten Unabhängigkeit jedoch nicht zufrieden, zumal große Teile des serbischen Volkes außerhalb der Grenzen des 1878 unabhängigen Staates Serbien lebten. Hinzu kam ein aufkommender Panslawismus, der von Russland ausging und in Serbien auf große Resonanz stieß.
Die Folge war das Streben Serbiens nach einer Vereinigung aller Serben in einem Groß-Serbien.  Andere serbische Gruppen strebten eine Einheit aller Südslawen an.[2]

3.2 Der Traum von Jugoslawien, Groß-Serbien und Groß-Kroatien

Vorkämpfer der südslawischen National-Bewegung waren die kroatischen „Illyristen“, die um 1830 in der Habsburgermonarchie aktiv wur­den. Die Bewegung betrachtete das antike Volk der Illyrer, das auf der Balkanhalbinsel verbreitet war, als die Vorfahren der Südslawen , um damit die lange Tradition des eigenen Volkes und den gemeinsamen Ursprung aller südslawischen Völker zu betonen. Sie beschränkten sich zunächst auf die Kroaten und forderten ein autonomes südslawisches Königreich als dritte Entität neben Österreich und Ungarn in­nerhalb der Habsburgermonarchie.  Kaiser Franz Joseph und sein Thronfolger Franz Ferdinand wa­ren allerdings strikt dagegen, einen solchen „Tria­lismus“ ernsthaft in Erwägung zu ziehen oder den auf unterschiedliche Reichsteile zerstreuten Süd­slawen wenigstens mehr Rechte zuzugestehen. Immer mehr nationalbewegte Kroaten (und auch Slowe­nen) wandten sich deswegen von der Monarchie ab. 

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging dieser habsburgische Illyrismus in den Jugoslawismus über, der eine Vereinigung aller Südslawen anstrebte. 

Auch im benachbarten Serbien, das 1830 unter osmanischer Oberherrschaft ein auto­nomes Fürstentum geworden war, kursierten Vereinigungsideen. Mit dem 1844 verfassten Entwurf „Načertanije“ des Politikers Ilija Garašanin entstand ein Pro­gramm,  Serbien - nach dem Vorbild Piemonts in Italien – zum Ausgangspunkt eines grenzüber­greifenden südslawischen oder „groß­serbischen“ Staates zu machen.

Österreich-Ungarn versuchte solche Bestrebungen zu unterbinden, indem es die serbische Dynastie der Obrenovići massiv unterstützte. Es gestand ihr die Königswürde von Serbien zu und verhinderte durch Androhung einer militärischen Aktion die Niederlage Serbiens im serbisch-bulgarischen Krieg von 1885. Gleichzeitig lenkte man großserbische Bestrebungen von Bosnien-Herzegowina mit seinem großen serbischen Bevölkerungsanteil ab und lenkte diese in Richtung Süden gegen den gemeinsamen Feind, das Osmanische Reich und die Regionen Kosovo und Makedonien.

Nach 1900 begannen serbische und kroatische Politiker zusammenzuarbeiten, um einen unab­hängigen südslawischen Staat zu gründen. Im Gegensatz dazu forderten Anhänger exklusiver großkroatischer und großserbischer National­staatsideen, die mittelalterlichen Königreiche in ihren historischen Grenzen wiederherzustellen. Dadurch wurde die Frage virulent, wem Bosnien und die Herzegowina zustehe, das mal hier- und mal dorthin gehört hatte. Der integrative Jugosla­wismus löste diese Konkurrenz auf, erklärte das multireligiöse Bosnien später sogar zum „Herzen Jugoslawiens“. siehe weitere Ausfürungen dazu in meinem Post Bosnien-Herzegowina

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden schon vor der Jahrhundertwende (1900) Verschwörer und Geheimbünde für großserbische Bestrebungen aktiv. Besonders bekannt und historisch folgenschwer war die von serbischen Offizieren gegründete 'Crna Ruka' ('Schwarze Hand' ) unter Führung von Dragutin Dimitrijević , die für die Ermordung des österreichfreundlichen serbischen Königs Aleksandar Obrenović und seiner Frau Draga Mašin am 10. Juni 1903  in Belgrad verantwortlich war. Dimitrijević war später auch maßgeblich in das den Weltkrieg auslösende Attentat von Sarajewo verwickelt, stand in direkter Verbindung mit dem späteren serbischen Premierminister Nikola Pašić (1845-1926) und der kaiserlich-russischen Botschaft in Belgrad, von wo aus der Königsmord gelenkt wurde. Zum König von Serbien wurde daraufhin Petar I aus dem Hause Karađorđević (1844-1921) ernannt, ein Anhänger der prorussischen Schwarzen Hand und des weitverzweigten slawischen Geheimbundes Omladina ('Jugend'), der schon 1848 als studentisch-literarischer Verein in Preßburg gegründet worden war, dann 1866 in Novi Sad umgestaltet und als politisches Instrument der Befreiungsbewegungen eingesetzt wurde. Belgrad war nun das Zentrum großserbischer Propaganda, die sich verstärkt auch in Bosnien und der Herzegowina ausbreitete.

3.3 Entwicklung zum 1. Weltkrieg

Im Jahr 1906 kühlte sich das Verhältnis zwischen Serbien und der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie weiter ab, ausgelöst durch einen Handelskrieg, der verkürzt als „Schweinekrieg“ bezeichnet wurde. Auf Druck ungarischer Landwirte wurde unter anderem der serbische Schweine-Export nach Österreich-Ungarn durch hohe Zölle verhindert.

Die kurz darauf 1908 erfolgte endgültige Annexion Bosnien-Herzegowinas  durch Österreich-Ungarn löste dann beinahe einen Krieg aus, der erst durch das diplomatische Eingreifen Deutschlands und die Zurückhaltung Russlands verhindert wurde.

1912/1913 kam es schließlich zu den Balkankriegen, in deren Folge das Osmanische Reich bis auf einen kleinen Landzipfel westlich von Istanbul  vom Balkan und damit aus Europa verdrängt wurde.  Auslöser, Verlauf und Ergebnisse der beiden Balkankriege schildere ich ausführlich in meinem Post https://euro-ethnien.blogspot.com/2013/11/2180-mazedonier-slawo-mazedonier.html

                                    Karte 3 Serbien nach den Balkankriegen 1913

Serbien war eindeutiger Gewinner der beiden Balkankriege von 1912 und 1913 . Es konnte sein Territorium um das geschichtsträchtige Kosovo und das heutige Nord-Mazedonien erweitern, war hochgerüstet und kriegserfahren. Daher steuerten die serbischen Nationalisten auf einen weiteren Krieg hin, um die Träume von Groß-Serbien bzw. Südslawien (siehe 3.2) zu verwirklichen.

Die Spannungen auf dem – häufig als „Pulverfass Europas“ bezeichneten – Balkan entluden sich dann 1914 in den „Schüssen von Sarajevo“. Am 28. Juni 1914 ermordete Gavrilo Princip von der Geheimorgani­sation „Junges Bosnien“ den österreichisch-ungari­schen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie. Dass  sich der darauffolgende Konflikt zwischen Österreich-Ungarn und Serbien von der regionalen Ebene zu einem Weltkrieg entwickelte, war auf die damaligen militärischen Bündnissysteme der europäischen Großmächte Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich, Russland und Großbritannien zurückzuführen. Zwischen diesen Machtzentren hatte sich bereits eine zu große negative Spannung aufgebaut, so  dass auf die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien fast zwangsläufig die übrigen Beistands- und Kriegserklärungen folgten. Spätere Geschichtsschreiber und Politiker bezeichneten das Attentat und seine Folgen zu Recht als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, in die alle Verantwortlichen der europäischen Großmächte  „hineingeschlittert“ sind.

Die Verlierer der Balkankriege – Bulgarien und das Osmanische  Reich – wollten eine Revision der erlittenen Gebietsverluste erreichen und kämpften daher im Ersten Weltkrieg an der Seite der Mittelmächte, dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn. Die Gegenseite, und dort vor allem Russland, Frankreich und Großbritannien standen auf der Seite Serbiens und unterstützten und förderten die „jugoslawischen Ideen“ mit dem Ziel, das Vielvölkerreich Österreich-Ungarn politisch zu zerschlagen. In einer Note Frankreichs, Großbritanniens, Russlands und Italiens wurde Anfang 1917 die „Befreiung der Südslawen“ als Kriegsziel der Entente-Mächte formuliert. Die späteren  Siegermächte hatten  dabei die Meinung , dass ein de­mokratisches und liberales Jugoslawien besser in die Nachkriegsordnung passen würde als ein Fli­ckenteppich kleinerer Nationalstaaten. Nach der Niederlage der Mittelmächte wurde dieser Plan mit den  Pariser Friedensschlüssen 1919/20  schließlich verwirklicht. [3]

3.4 Vom 1. Weltkriegs bis zum 2. Weltkrieg

Als sich der 1. Weltkrieg  einer Entscheidung näherte und eine Niederlage  der Mittelmächte sich abzeichnete, gründeten Anfang Oktober 1918   politische Vertreter aus den zum Habsburger Reich gehörenden Ländern Dalmatien, Kroatien, Istrien, Bosnien-Herzegowina und Slowenien den Nationalrat der Südslawen. Wäh­rend Hunderttausende habsburgische Südslawen noch in der k. u. k. Armee kämpften, unterzeich­neten der Vorsitzende des Nationalrats, der Kroate Ante Trumbić gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten und Außenminister Serbiens, Nikola Pašić, am 20. Juli 1917 die Deklaration von Korfu.

Sie  gilt als Gründungsurkunde des späteren Jugoslawiens. Die Vertreter der Südslawen aus der Habsburgermonarchie sowie Serbiens erklärten darin, „die vereinte Nation der Serben, Kroaten und Slowenen“ werde einen gemeinsamen süd­slawischen Staat schaffen. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges waren diese „Jugoslawisten“ am Ziel ihrer Träume.

Im Oktober 1918 brach das habsburgische Vielvölkerreich aufgrund der Folgen des Krieges, sowie der nationalen und sozialen Revolutionen zusammen. Der serbische Prinzregent Ale­xander Karađorđević rief am 1. Dezember 1918 feier­lich den Staat der „Serben, Kroaten und Slowenen“ (SHS) aus.. Sieben historische Entitäten mit ganz unter­schiedlichen Traditionen, Währungs-, Bildungs-, Infrastruktur- und Rechtssystemen sollten nun im  „König­reich der Serben, Kroaten und Slowenen“ zu einer Einheit ver­schmelzen. 

 Karte 4 Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns mit den Grenzen des neuen Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen

Bei der Gründung gab man sich der Fiktion hin, dass die gemeinsame Sprache der Serben, Kroaten, Montenegriner und der muslimischen Bewohner Bosnien-Herzegowinas sowie die Ähnlichkeit mit den südslawischen Sprachen der Slowenen und Mazedonier ein sicheres Band der Einheit sei. Man hatte dabei nicht bedacht, dass eine unterschiedliche historische Entwicklung, eine unterschiedliche Religion und Kultur, stärkere Bindungen hervorbringen kann, als die gemeinsame (oder ähnliche) Sprache. 

Es wurde eine südslawische Einheitsnation etabliert, die nur aus drei „tragenden Volksstämmen“ bestand. Die Montenegriner, die bosnischen Muslime (später: Bosniaken) und die sogenannten „Südser­ben“ (Mazedonier) galten nicht als eigenständige Sub­jekte oder gar als Volk oder Nation, schon gar nicht die nichtslawischen Völker und Minderheiten, vor allem die Albaner im Kosovo oder die Ungarn und Deutschen in der Vojvodina. Durch diese Konstruktion konnte jedoch die offizielle Titularnation der Serbo-Kroato-Slowenen rund 82 Prozent von 12 Millionen Einwohnern für sich reklamieren. Die bosnischen Muslime wurden dabei entweder als muslimische Serben oder muslimische Kroaten betrachtet, die alle als serbokroatische Muttersprachler gezählt wurden.

Nach englisch-französischen Vorbild wurde eine zentralistische Verfassung geschaffen, die am Veitstag 1921 ver­abschiedet wurde, dem Jahrestag der mythenumwobenen Schlacht gegen die Türken auf dem Amselfeld 1389 und (gemeinsames?) Symbol für Freiheit und Ein­heit aller Südslawen.(siehe Pkt. 6)  Die Religionen sollten gleichberechtigt sein und eben­so die kyrillische und die lateinische Schrift. Es galt der Unitarismus nach dem Motto „ein Volk, ein König, ein Staat“. Das Staatswappen verschmolz die unterschiedlichen historischen Hoheitszeichen der drei tragenden „Stämme“:  Im silbernen Doppeladler zeigt das Wappenschild  das Kreuz mit den vier Feuerstrahlen (serbisch), das rot-weiße Schachbrett (kroatisch) sowie die Mondsichel mit den drei goldenen Sternen (slowenisch). 

 
 

                      Bild 5: Staatswappen Königreich Jugoslawien (Quelle Wikipedia)

König des neuen Staates wurde der serbische König Peter I, tatsächlicher Machthaber war allerdings sein Sohn Alexander, der bereits seit 1914 als Prinzregent von Serbien die Amtsgeschäfte ausübte. Nach dem Tod seines Vaters am 16. August 1921 wurde Alexander als Alexander I. zum zweiten König der Serben, Kroaten und Slowenen gekrönt. Im Gegensatz zu seinem Vater, der sich weitgehend aus der Tagespolitik herausgehalten hatte und dadurch im Königreich Serbien die Herausbildung eines parlamentarischen Regierungssystems ermöglicht hatte, mischte sich Alexander von Anfang an unmittelbar in die Regierungspolitik ein. Dabei trat er ebenso wie die führenden serbischen Politiker für eine zentralistische und monarchische Staatsordnung ein, wie sie durch die Verfassung vom 28. Juni 1921 festgeschrieben wurde.

Anfangs waren die Kroaten zu schwach, um sich gegen die zentralistischen Tendenzen durchzusetzen. Sie hatten im Lager der Mittelmächte gekämpft und standen nun auf der Verliererseite. Eine Rettung sahen sie daher in der Verbindung mit dem Kriegsgegner auf der Basis ihrer panslawistischen bzw. südslawischen Träume. Auch wollten sie nicht von den benachbarten deutschen und italienischen Kulturen vereinnahmt werden und suchten daher ihr Heil in einem slawischen Gemeinschaftsstaat.

Die vorgestellte Einheit der jugoslawischen Nation stand allerdings auf tönernen Füßen. Zum einen besaßen Slowenen, Kroaten, Bosni­aken, Mazedonier, Montenegriner und Serben bereits ein gewisses nationales Eigen- und Ab­grenzungsbewusstsein, das in Konkurrenz zur Idee vom „dreinamigen Volk“ stand. Zum anderen waren Serben in Regierung und Verwaltung, bei Militär und Polizei deutlich überrepräsentiert. Die Ver­treter der habsburgischen Landesteile, die schon bei der Staatsgründung für eine föderale Ord­nung votiert hatten, sahen ihren Argwohn gegen­über großserbischer Hegemonie bald durch die politische Praxis bestätigt. Anstelle der von Kroaten und Slowenen erwarteten Vereinigung gleicher Partner war es zu einem Anschluss an das serbische Königreich gekommen. So gab es  bald in Kroatien eine weit verbreitete Enttäuschung über das zentralistische – durch Belgrad mit harter Hand durchgesetzte – System. [4]

Als der kroatische Oppositionsführer Stjepan Radić 1928 im Parlament ermordet wurde, instal­lierte König Alexander I im Januar 1929 ein dikta­torisches Regime (Königsdiktatur). Um dem spalterischen „Tribalis­mus“ entgegenzuwirken und die nationale Einheit zu stärken, verbot er alle Parteien und Vereine, die ethnisch oder konfessionell ausgerichtet waren. Am 3. Oktober 1929 ließ er den Staat in „Königreich Jugoslawien“ umbenennen und nach dem Vorbild der französischen Departements neu gliedern, um, wie er sich ausdrückte, die „nationale Synthese und Einheit“ weiter zu festigen. 1931 oktroyierte er eine Verfassung, die es ihm erlaubte, durch Erzie­hung, Propaganda, Verordnungen und Repression den integralen Jugoslawismus nach dem Motto „ein Volk – ein Nationalgefühl“ mit quasidiktatorischen Vollmachten durchzusetzen. Im Rahmen einer Verwaltungsreform wurde das Land in Banovine (Banschaften) aufgeteilt, die die Grenzen der historischen Landesteile bewusst überschnitten und nach dem Vorbild der französischen Départements nach Flüssen benannt wurden. Die Verwendung der Volksbezeichnungen Serben, Kroaten und Slowenen zu politischen Zwecken wurde verboten, alle Einwohner sollten sich in Zukunft nur noch als „Jugoslawen“ fühlen und betrachten.

                        Karte 6: Königreich Jugoslawien - Banschaften

Alexander I. rechtfertigte sein Vorgehen damit, dass er die Einheit des Staates habe retten müssen, wozu sich die Politiker der traditionellen Parteien als unfähig erwiesen hätten.

Im Oktober 1934 fielen König Alexander und der französische Außen­minister Louis Barthou ei­nem Attentat kroatischer Faschisten in Marseille zum Opfer. Unter Prinzregent Paul, der anstelle des minderjährigen Thronfolgers Peter die Staats­führung antrat und eine Koalitionsregierung er­nannte, kam die Königsdiktatur zum Ende. Um dem kroatischen Separatismus entgegenzuwirken, schuf die jugoslawische Regierung im August 1939 ein autonomes kroatisches Verwaltungsgebiet, die kroatische Banovina (Banschaft) -  siehe Karte 5.  Daraufhin forderten dann aber auch Serben, Slowenen und bosnische Mus­lime eigene Autonomien. Zu einer umfassenden Staatsreform kam es jedoch nicht mehr, denn der 2. Weltkrieg hatte bereits begonnen.

3.5 Jugoslawien, Serbien und Kroatien im 2. Weltkrieg

Auf Druck Deutschlands und Italiens trat Jugoslawiens 1941 dem Dreimächtepakt bei. Als serbischer Generäle, die aus Protest gegen den erzwungenen Beitritt Jugoslawiens zum Dreimächtepakt die jugoslawi­sche Regierung gestürzt hatten, griff Hitlers Armee  am Morgen des 6. April 1941 Jugoslawien an, um es „zu zerschla­gen“. Die jugoslawische Armee musste nach wenigen Tagen kapitulieren, König und Regierung flohen ins Exil. Jugoslawien wurde in deutsche und italienische Besatzungsgebiete aufgeteilt. 

     
    Karte 7 Jugoslawien im 2. Weltkrieg
  

Auf dem Gebiet Kroatiens sowie in Teilen Bos­niens und der Herzegowina entstand der von Deutschland abhängige „Unabhängige Staat Kroatien“. Hitler übergab die Regierung über die  von deutschen und ita­lienischen Truppen besetzten Gebiete Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas an die faschisti­sche Ustascha-Bewegung unter der Führung des Diktators Ante Pavelić. Diese  baute einen Führer-Staat nach NS-Vorbild auf.  Auf Grund ihrer kroatisch-nationalistischen Ideologie ging sie massiv gegen die orthodoxen Serben in ihrem Einflussbereich vor. Hunderttausende mussten zwangsweise zum katholischen Glauben übertreten, andere wurden in Konzentrationslager gesperrt, vertrieben oder ermordet. Auf deutsches Geheiß hin wurde in gleicher Weise gegen Juden und Roma vorgegangen.  

 

Die Vojvodina fiel an das mit Deutschland verbündete Ungarn (siehe meinen Post Vojvodina). Serbien kam unter deutsche Militärverwaltung, assistiert durch die ultranationalistische Kollaborationsregierung von General Milan Nedić.  Nedić hatte eine militärische Karriere in Serbien und Jugoslawien der Zwischenkriegszeit hinter sich und hatte seit Beginn des 2. Weltkriegs durchaus realistisch die Situation Serbiens und Jugoslawiens beurteilt. Da er nach der Kapitulation Frankreichs 1940 zu der Erkenntnis kam, dass eine Neutralität nicht realistisch sei, kam er zu der Empfehlung, sich Deutschland anzunähern. Dafür wurde er vom Regenten Fürst Pavle wegen Einmischung in eine ihm allein zusehende Domäne als Minister für die Streitkräfte und die Marine entlassen. So wurde er nach dem Einmarsch der deutschen Streitkräfte nach einer chaotischen Übergangszeit zum Regierungschef des verbliebenen serbischen Staates. Nedic begriff und erklärte öffentlich seine Annahme des Präsidentenamtes der

Kollabarationsregierung als Tat der Selbstaufopferung. Vom ersten Tag, seiner Regierung, an, versuchte er, zusammen mit seinem Propagandaapparat, das Volk (und auch sich selbst) krampfartig zu überzeugen, dass der "gute Wille" Deutschlands und seiner Führung weiterhin bestehen würde, die "serbischen Fehler" zu vergessen. In

seiner ersten öffentlichen Erklärung, der "Deklaration der Regierung der nationalen Rettung" vom 2. September 1941, hob er hervor, dass das "Großdeutsche Reich, obwohl Sieger im Kriege, kein Feind des serbischen Volkes sein wird. … Wir glauben tief, dass es morgen volles Verständnis, für die lebensnotwendigen Bedürfnisse des serbischen Volkes, haben wird". Zu Beginn derselben Erklärung wird seine Position deutlich. Nedic erklärte: “Serbien und das serbische Volk hat seine Regierung erhalten, welche selbstständig, unter der Aufsicht des deutschen Militärbefehlshaber ...die Geschäfte ihres Landes führen wird." Während Nedic einerseits die Unabhängigkeit seiner Regierung hervorhob, musste er doch gleichzeitig ihre tatsächliche völlige Abhängigkeit vom Willen der deutschen Besatzungsmacht eingestehen. Das Gebiet Serbiens umfasste nur noch die Gebiete Serbiens in den Grenzen von 1912

(ca. 51.000 km² und ca 3,810 Mio. Einwohnern). Innerhalb des okkupierten Serbiens lebten zwischen 50 und 60 % der serbischen Bevölkerung Jugoslawiens. Aus den benachbarten Besatzungszonen (ungarische, bulgarische, albanisch - italienische) und aus den Gebieten des “Unabhängigen Staates Kroatien” (Ustascha-Kroatien) kamen 400.000 bis 500.000 serbische Flüchtlinge hinzu. Zusätzlich wurden etwa 10.000 Slowenen, aus den an das Dritte Reich angeschlossenen Gebieten Sloweniens, nach Serbien vertrieben. [5]

Den Rest Jugoslawi­ens teilten die Revisionsmächte Italien, Bulgarien, Ungarn und Deutschland unter sich auf, wobei Italien mit Unterstützung Deutschlands Albanien mit dem Kosovo zu einem Groß-Albanien unter seiner Oberhoheit vereinte. Vielen Kosovo-Albanern erschien dies allerdings als Befreiung vom serbischen Joch, wurde doch erstmals seit der osmanischen Herrschaft wieder das Kosovo mit Albanien vereinigt, wenn auch unter der Vormundschaft des faschistischen Italiens.

Bereits im Sommer 1941 begannen zwei rivali­sierende Gruppen ihren Widerstand gegen das Besatzungsregime und seine Helfer zu organisieren: kommunistischen Partisanen und nationalser­bische Tschetniks. Anfangs kämpften beide ge­meinsam gegen die Besatzer, bald entwickelten sich aber bürgerkriegsähnliche Zustände zwischen den ideologisch so unterschiedlichen Kämpfern. Die Tschetniks unter Oberst Dragoljub-Draža Mihailović kämpften für ein monarchisches und ethnisch homogenes Groß­serbien, wofür sie massenhaft nichtserbische Be­völkerung aus ihren angestammten Siedlungsge­bieten vertrieben oder deren Vertreibung als Ziel definierten. Bis zur Konferenz von Teheran (28. November bis 1. Dezember 1943) wurde Mihailović von der jugoslawischen Exilregierung in London und von den Alliierten (einschließlich der Sowjetunion) als rechtmäßiger Führer des Widerstands anerkannt. Lange ging Mihailović  davon aus, dass seine Einheiten zusammen mit vorrückenden Alliierten nicht nur die Besatzungsmächte und ihre (kroatischen und muslimischen) Kollaborateure, sondern auch die Kommunisten ausschalten könnte. Zwischen der »Offensivtaktik« der Kommunisten (Widerstand um jeden Preis) und der »Defensivtaktik« Mihailovićs (Zurückhaltung bis

zum Beginn einer alliierten Großoffensive) gab es  keinen Kompromiss. Die tiefen politischen Gegensätze zwischen den beiden Widerstandsbewegungen (Restauration statt Revolution, Zentralismus statt Föderalismus, Großserbentum statt Jugoslawismus) rückten den Kampf gegen den gemeinsamen Feind in den Hintergrund.

 

Die zweite von Tito geführte Widerstandsbewegung mit seinen multinationalen Partisa­nen propagierte

 

 im Gegensatz zu Mihailović das Prinzip von „Brüderlichkeit und Einheit“, Nachdem Tschetnik-Führer Mihailović aus Angst vor Repressalien seine Aktionen eingestellt hatte und streckenweise sogar zur Kooperation mit den Besatzern übergegangen war, stieg Mar­schall Tito zum alleinigen politisch-militärischen Widerstandsführer auf. Tito hatte als Funktionär der Kommunistischen Partei eine Schulung in der Sowjetunion durch­laufen und 1937 als Generalsekretär die Spitze der KP Jugoslawiens erklommen.

Während die königliche Familie, die ehemalige Regierung und die wichtigsten Op­positionspolitiker im sicheren Exil saßen, brachte seine multinationale „Volksbefreiungsarmee“ im­mer größere Gebiete unter ihre Kontrolle. Obwohl die Alliierten den Kommunisten Tito 1943 offiziell als Verbündeten anerkannten, leis­teten weder Stalin noch die Westmächte nennens­werte Militärhilfe. Die Partisanen, die bis Mai 1945 auf 800 000 Männer und Frauen aller südslawischen  Na­tionalitäten angewachsen waren, konnten Jugo­slawien trotz höchster Verluste tatsächlich befrei­en. Bei Kriegsende besaß keine politische Kraft mehr die Glaubwürdigkeit, die Autorität und die Macht, Tito die Führungsrolle im künftigen Ju­goslawien streitig zu machen.

Tito betrachtete den „Volksbefreiungskampf“ von Anfang an auch als Anlass, um den Sozialismus zu etablieren. Im November 1943 fasste der Antifaschistische Rat der Volksbefrei­ung Jugoslawiens, eine Art Partisanenparlament, im bosnischen Jajce den Beschluss, Jugoslawien nach Kriegsende als sozialistische Bundesrepublik gleichberechtigter Völker wieder aufzubauen. Auf dem Weg dahin rechneten die Partisanen in den letzten Kriegsmonaten mit den Truppen der Kol­laborateure und antikommunistischen „Banden“ systematisch ab. Zehntausende wurden durch Standgerichte als Kriegsverbrecher verurteilt und hingerichtet.

Gegner der Partisanen Titos, wie die Reste der gegnerischen Truppen und mit ihnen verbundene Zivilisten, die in das von den Alliierten besetzte Österreich geflüchtet waren, wurden nach Ende des 2. Weltkriegs von britischen Militärs nach einem Abkommen mit Jugoslawien zu Tausenden nach Jugoslawien zurückgeschickt und innerhalb von Stunden nach ihrer Ankunft ermordet. Insgesamt wurden 1945/46 bei Massenerschießungen, „Todesmärschen“ und in den Gefangenenlagern Titos nach verschiedenen Schätzungen bis zu mehrere hunderttausend Menschen getötet. Diese Ereignisse, wie auch ein Teil der während des Zweiten Weltkriegs von Jugoslawen an Jugoslawen ausgeübten Kriegsverbrechen, wurden in den folgenden Jahren öffentlich weitgehend totgeschwiegen. [6]

3.6 Titos kommunistischer Bundesstaat Jugoslawien

Als im November 1945 die ersten, kaum als frei und fair zu bezeichnenden Wahlen stattfanden, erhielt Titos „Volksfront“ eine über­wältigende Mehrheit. Am 29. November 1945 rief das Parlament die Republik aus. Tito setzte sich mit seinem Plan einer Föderation aus sechs Republiken und zwei autonomen Regionen (später: Provinzen) durch. Slowenen, Kroaten, Serben, Mazedonier und Montenegriner wurden als staats­tragende Nationen anerkannt, wobei Tito den Mazedoniern durch sein persönliches Engagement half, sich als eigenständige Nation zu etablieren. siehe meinen Post Nord-Mazedonien, In den 1960er Jah­ren kamen noch die bosnischen Muslime (später Bosniaken) als sechste Nation hinzu. Siehe dazu meinen Post Bosnien-Herzegowina. Mehr als 20 weitere Nationalitäten und re­ligiöse Gruppen erhielten Minderheitenrechte. Die Republiken waren im Präsidium und allen Bun­desorganen paritätisch vertreten; in allen wichti­gen Funktionen galt ein „ethnischer Schlüssel“. In der Praxis existierte aber wie schon im Vorkriegs-Jugoslawien eine serbische Dominanz.

Auch für Tito kam weder eine Abtretung des Kosovo an Albanien, noch eine Teilrepublik Kosovo innerhalb Jugoslawiens in Frage. Vorübergehend entwickelte er die Idee einer staatlichen Vereinigung Jugoslawiens mit Albanien (und evtl. Bulgariens) zu einer Balkan-Föderation, um das Kosovo-Problem zu lösen. Als sich jedoch das Verhältnis zu Moskau abkühlte, kam es 1948 zum sowjetisch-jugoslawische Bruch. Diese Entwicklung machte solche Pläne gegenstandslos, denn Albanien stellte sich an die Seite Moskaus, von dem Bulgarien ohnehin schon abhängig war.  Erstmals wurden jedoch die Albaner des Kosovo als ethnische Minderheit anerkannt, Schulen, Zeitungen, kulturelle Einrichtungen in albanischer Sprache wurden geschaffen. Politisch dominierte in den ersten zwei Jahrzehnten nach Kriegsende jedoch die serbische Minderheit in der Provinz. Sie hielt alle Machthebel in der Hand. Die (serbisch dominierte) jugoslawische Geheimpolizei übte ein strenges Regiment nicht nur über die albanische Bevölkerung aus, der man zutiefst misstraute – nicht zuletzt angesichts der angespannter Beziehungen zum Nachbarland Albanien. Siehe meinen Post Kosovo

Aber auch in den anderen Teilrepubliken ließ Tito jede Opposition im Keim ersticken, um seine Macht zu festigen. Zahlreiche politische Gegner, nach 1948 auch Stalinisten, wurden durch seine Geheimpolizei UDBA verfolgt, inhaftiert und gefoltert. Berüchtigt wurde die Gefängnisinsel Goli Otok in der Adria. Sein Freund und Kampfgefährte im Widerstand, Milovan Djilas, der nach 1945 verschiedene hohe Staats- und Parteiämter in Jugoslawiens bekleidete, hat in seinem Buch „Die neue Klasse“ schonungslos aufgedeckt, dass die kommunistischen Parteiführer, wenn sie erst an der Macht sind, eine eigene privilegierte  Kaste bilden, die sich zu allmächtigen Herren und Ausbeutern entwickeln. Das sei nicht nur in der Sowjet-Union, sondern auch in Jugoslawien eingetreten. Für diese schonungslose Abrechnung mit dem kommunistischen System wurde Djilas zu Gefängnis und Zuchthausstrafen verurteilt. Er verbrachte die Jahre von 1956 bis 1961 sowie von 1962 bis 1966 in Gefangenschaft. [7]

Tito wurde 1953 Staatspräsident auf Lebenszeit. Er war die Personifizierung des neuen Jugo­slawien, das er in seinem Sinne in einen sozialistischen Staat verwandeln wollte. Sein außergewöhnliches politisches Ta­lent und sein Charisma, das auch viele ausländi­sche Beobachter rühmten, begründeten eine von breiten Teilen der Gesellschaft, der politischen Klasse und der internationalen Gemeinschaft an­erkannte Legitimität.

Allerdings musste Tito und sein zwei­tes Jugoslawien die Hypothek eines Bruderkrieges be­wältigen, der während der Besatzungszeit ausgefochten wurde. Um das zerrissene Land zu befrieden, wurde der multinationale Partisanenkampf als Gründungsmythos eines neuen, friedlichen Jugos­lawien inszeniert. Tatsächlich erklärten fast drei Viertel der befragten Jugosla­wen 1964, ihr Verhältnis zu Angehörigen anderer Nationalitäten sei gut, weitere acht Pro­zent hielten es für befriedigend. Nur 5,3 Prozent äußerten sich negativ, der Rest war unentschieden. Viele Menschen – besonders aus ethnischen Mischehen - wollten sich schließlich auch gar nicht mehr ethnisch zuordnen, sondern verstanden sich allein als „Jugoslawe/in“ im staatsbürgerlichen Sinn. In den 1980er Jahren waren das bis zu 1,2 Millionen, also über fünf Prozent der Bevölke­rung. Andererseits blieben vor allem auf dem fla­chen Land die alten ethnischen Barrieren er­halten. So wurden selbst in den 1980er Jahren noch 87,5 Prozent aller Ehen zwischen Partnern ein-und derselben Nationalität geschlossen. Die Diskussion um eine Einheits-Nationalität oder eine brüderliche Zusammenarbeit verschiedener Nationalitäten bestimmte die innerjugoslawische Diskussion der 1950 und 1960er Jahre. Tito schließlich verkündete, im jugoslawischen Bund der Kommunisten gebe es keinen Platz für Anhänger der These, dass Nationen im Sozialismus absterben. Ausdrücklich wurden die einzelnen Republiken als „nationale Gemeinschaften“ anerkannt, wo jedes Volk souverän „über alle wichtigen Fragen aus dem Bereich seiner materiellen, kulturellen und anderen Entwicklung“ entscheide. In Bezug auf das Jugoslawentum einigte man sich auf der Bundesebene darauf, dieser Kategorie keine nationalen Attribute zuzuerkennen. Die Zahl der bekennenden Jugoslawen ging bei den folgenden Volkszählungen dann stetig zurück. [8]

Titos Stellung galt auch deshalb als nahezu un­angreifbar, weil er Jugoslawien dem sowjetisch dominierten Ostblock entwunden hatte. Sta­lin, der seinen Einfluss in Südosteuropa gefährdet sah, brandmarkte die jugoslawischen Kommunis­ten als „Abweichler“. Tito reagierte seinerseits mit Säuberungen gegen moskautreue Kommunisten. Der Rauswurf aus dem Ostblock öffnete dem jugoslawischen Regime neue Spielräume. So bo­ten die USA militärische und wirtschaftliche Hil­fen an, um Tito „über Wasser zu halten“ Gemeinsam mit seinen ägyptischen und indischen Amtskollegen, Gamal Abdel Nasser und Jawaharlal Nehru, verschrieb Tito sich ab den 1950er Jahren der „aktiven friedli­chen Koexistenz“. 1961 wurde in Belgrad die Or­ganisation der Blockfreien formal gegründet,

Trotz diverser Mechanismen zur Umverteilung und Regionalförderung misslang das zentrale Vor­haben der Kommunisten, die Entwicklungs- und Einkommensunterschiede zwischen den Republiken Jugoslawiens zu verringern. Im Gegenteil: Die Unterschiede wurden immer sichtbarer. Während des „Kroati­schen Frühlings“ 1971 riefen die kroatische Par­teispitze, die Kulturorganisation Matica hrvatska, Studentenvertreter und Medien nach mehr Ei­genständigkeit für Kroatien, einer eigenen Armee sowie „großkroatischen“ Republikgrenzen. Tito reagiert mit Massenverhaftungen und warf die kroatische Parteiführung daraufhin aus dem Amt; die Anführer kamen vor Gericht. Aber in der kroatischen Bevölkerung wuchs die Ansicht, dass Kroatien durch die serbische Vormachtstellung benachteiligt sei. Allerdings führten die Ereignisse um den kroatischen Frühling dazu, dass Jugoslawien 1974 auf Initiative Titos eine neue Verfassung erhielt, die den Föderalismus stärkte, u.a. eine neue Aufteilung der erwirtschafteten Devisen , eine der Forderungen des Kroatischen Frühlings. Gleichzeitig wurde durch die Verfassung von 1974 die Stellung des Staatspräsidenten gestärkt und Tito wurden uneingeschränkte Vollmachten als Staatsoberhaupt auf Lebenszeit eingeräumt. Die neue Verfassung legte ausdrücklich fest, dass der Staatspräsident keinem anderen staatlichen Organ gegenüber politisch oder rechtlich verantwortlich war.

Inzwischen war - ausgelöst durch die Ölkrise von 1973 - das in­ternationale Währungssystem zusammengebro­chen. Die Weltwirtschaft war in schwere Turbu­lenzen geraten, und Jugoslawien war in eine Krise geraten. Der Staat hatte damals zunächst versucht, die sinkende Wirtschaftsleistung durch ausländische Kredite auszugleichen, verfing sich aber in der Schuldenfalle. Zwischen 1973 und 1981 waren die Verbindlichkeiten von 4,6 auf 21 Milli­arden US-Dollar gestiegen. Als die Geber in den 1980er Jahren ihre Gelder zurückforderten, droh­te dem Staat die Zahlungsunfähigkeit. Viele Men­schen wurden von wachsender Arbeitslosigkeit erfasst, und der Lebensstandard sank, die Realeinkommen lagen 1985 um 27 Prozent niedriger als 1979.

Am 4. Mai 1980 starb Staatspräsident Josip Broz Tito im Alter von 87 Jahren. Ein kollektives Staatspräsidium mit jährlich wechselndem Vorsitz aus den jeweiligen Republiken bzw. autonomen Provinzen übernahm die Zentral-Regierung in Jugoslawien.  In den folgenden 1980er Jahren änderten sich zudem die internationalen Rahmenbedingungen, die Jugos­lawiens einzigartige Stellung zwischen Ost und West gewährleistet hatten. Mit dem Zusammen­bruch des Kommunismus verschwand nach Tito auch die verbindende Ideologie von „Brüder­lichkeit und Einheit“ als maßgeblicher integra­tiver Faktor. Mit dem Ende des Kalten Krieges wurde auch Jugoslawiens „dritter Weg“ hinfäl­lig. Die tragenden Säulen von Titos Modell – Völ­kerfreundschaft, Arbeiterselbstverwaltung und Blockfreiheit – ergaben keinen Sinn mehr. All diese Entwicklungen führten dazu, dass in der Bevölkerung der verschiedenen Gliedstaaten der Unmut über die Zentralregierung wuchs, der Glaube an den „jugoslawischen Weg“ schwand und neuer Nationalismus in der Folge das Handeln der führenden Politiker in den Gliedstaaten Jugoslawiens bestimmte und im Staatspräsidium zu erheblichen Differenzen führte. [9]

3.7 Zerfall Jugoslawiens – Bruderkriege – Bildung der Nachfolgestaaten

Nach dem Tode von Marschall Tito im Mai 1980 brachen die geschichtlich bedingten ethnischen Gegensätze wieder auf. Mit seiner Autorität und der von ihm geschaffenen Einheitsideologie (Befreiung, sozialistische Revolution, Einheit und Brüderlichkeit) war es gelungen, die Gegensätze zunächst weitgehend zu überbrücken, obwohl schon vor seinem Tod neben ethnischen Differenzen auch wirtschaftliche eine Rolle spielten. Die reicheren Teilstaaten des Nordens (Slowenien und Kroatien) ärgerten sich über ihre Transferzahlungen nach Serbien und in den ärmeren Süden. Die südlichen Staaten beklagten dagegen mangelnde Solidarität. Als dann Ende der 80er-Jahre der Ost-West-Gegensatz endete, fiel auch der von Tito begründete besondere neutrale oder 3. Weg Jugoslawiens als einigendes Band weg.

Nationalistische Kreise in Serbien (vor allem auch aus Kreisen der serbisch-orthodoxen Kirche) begannen schon kurz nach Titos Tod mit einer Kampagne gegen die angebliche Benachteiligung und Diskriminierung der Serben. Bereits am 15. Mai 1982 erschien ein Artikel in der kirchlichen Zeitung „Pravoslavlje“, in dem zur Verteidigung der serbischen Bevölkerung und seiner Heiligtümer im Kosovo aufgerufen wurde. In dem sogenannten SANU-Memorandum, das zwischen 1982 und 1986 von Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften und Künste ausgearbeitet wurde, wurden massive Benachteiligungen des serbischen Volkes angeprangert. Neben der wirtschaftlichen Diskriminierung Serbiens, beklagte man die Unterdrückung der Serben in Kroatien und sprach unter völliger Missachtung der Realität von Genocid, von einem Völkermord an den Serben im Kosovo. Der Kosovo-Mythos wurde wieder mit neuen Beispielen belebt (siehe Punkt 8), Nach einer teilweisen Veröffentlichung dieser Denkschrift breitete sich  zwischen den Teilrepubliken eine zunehmend vergiftete Atmosphäre aus. In den Medien und auch in der Literatur Jugoslawiens wurden immer offener die jeweils anderen Nationen beschuldigt, die eigene Misere, die Arbeitslosigkeit, die wirtschaftliche und soziale Notlage verursacht zu haben. [10]

Ab 1987 machte sich der bis dahin unscheinbare kommunistische Funktionär Slobodan Milošević  diese Stimmung zunutze. Mit einer provokanten Rede in Pristina, der Hauptstadt des Kosovo, setzte er sich an die Spitze der nationalistischen Kräfte und er erschien plötzlich vielen Serben als der Retter der serbischen Nation. Miloševic hat sich des Kosovo-Mythos, des großserbischen Programms, des Anti-Islamismus gegen die bosnischen Muslime und des Rassismus gegen die Albaner bedient, sie “hoffähig” gemacht und gezielt zur Festigung seiner Macht eingesetzt. Er hat die diffusen und mythenbeladenen Vergangenheitsbilder, die allen geläufig und vertraut waren, politisch auf den Punkt gebracht. Er hat den verunsicherten Menschen in Serbien erklärt, wer an ihrer Misere schuld ist, er hat sie in die Opferrolle geredet, sie ermuntert sich zu wehren und versprochen, ihre “Demütigung” zu beenden. Dabei ging es ihm vor allem um die Etablierung seiner Macht und um diese zu festigen kannte er in der Folge weder Moral noch Skrupel. [11]

Nach perfekt inszenierten Demonstrationen wurde unter dem Einfluss von Milosevic die serbische Verfassung im März 1989 geändert, die Autonomie der Provinzen Kosovo und Wojwodina aufgehoben und Montenegro gleichgeschaltet. Obwohl dies gegen die Bundesverfassung von 1974 verstieß, brachte es Milosevic in die Situation, das Serbien nun im jugoslawischen Bundesorgan 4 Stimmen hatte, also genau so viele wie die übrigen Teilstaaten und damit beherrschende Kraft wurde. Diese für  die anderen Teilstaaten provozierenden Maßnahmen  läuteten schon das Ende Jugoslawiens ein, das dann nach blutigen Kriegen vollzogen wurde.

Auslöser dieser Kriege war aber auch die missliche Lage der Serben innerhalb Jugoslawiens. Nach einer Volkszählung im Jahre 1981 lebten in der serbischen Teilrepublik (ohne die autonomen Provinzen Wojwodina und Kosovo) lediglich 60% aller Serben (= 4,8 Millionen), 16,2 % in Bosnien-Herzegowina, 13,6% in der Wojwodina, 6,5% in Kroatien und 2,6% im Kosovo, der Rest in den übrigen Republiken, wobei Montenegriner als eigene Volksgruppe gezählt wurden. Da der Bundesstaat Jugoslawien offensichtlich nicht zu retten war, entwickelten die serbischen Nationalisten aus dieser für ihr Volk „bedrohlichen“ Situation die Forderung nach einem Großserbien – und das war realistisch nur durch Krieg durchsetzbar.[12]

1990/91 fanden in den Republiken Jugoslawi­ens Mehrparteienwahlen statt, die im Ergebnis zur Etablierung ethnischer Parteien in der politischen Landschaft und zu nationalistischen Polarisierungen führten. In Serbien behauptete sich der ehemalige Kommunist Slobodan Milošević, der seit 1989 an der Staatsspit­ze stand und auf Großveranstaltungen mit natio­nalistischen Parolen für ein starkes Serbien warb. In Slowenien trat Milan Kučan und in Kroatien Franjo Tuđman, einer der Protagonisten des „Kro­atischen Frühlings“, die Präsidentschaft an. Da die neuen, national ausgerichteten Republikfüh­rungen noch weniger kompromissbereit waren als ihre Vorgänger, das Prinzip der kollektiven Füh­rung aber Einstimmigkeit voraussetzte, wurde die jugoslawische Bundespolitik handlungsunfähig.

Scheinbar unvereinbare Interessen trafen in den Institutionen des Zentralstaats aufeinander. Einerseits wollten Slo­wenien und Kroatien um jeden Preis mehr Hand­lungsfreiheit durchsetzen, um Demokratisierung, Marktwirtschaft und die Annäherung an die Euro­päische Gemeinschaft voranzubringen. Anderer­seits gefährdete dies aber die nationale Einheit der Serben. Belgrad wollte den Vielvölkerstaat, in dem alle Nationsangehöri­gen vereint waren, durch Zentralisierung zusam­menhalten oder, wenn dies nicht möglich war, zu­mindest die von Serben bewohnten Gebiete an Serbien angliedern.

Die meisten westlichen Staaten waren im Jahr 1991 noch entschlossen, Jugoslawien als Staat zu erhalten. Sowohl die USA als auch die Staaten der Europäischen Gemeinschaft (EG) unternahmen verzweifelte Vermittlungsbemühungen. Mit der Zeit kamen sie jedoch zur Einsicht, dass ein Zerfall Jugoslawiens nicht mehr aufzuhalten war. Ermuntert durch den deutschen Außenminis­ter Hans-Dietrich Genscher, erklärten Sloweni­en und Kroatien am 25. Juni 1991 ihre Unabhän­gigkeit. Daraufhin votierten auch die Parlamente Bosnien-Herzegowinas (allerdings ohne die Stimmen der dortigen Serben, die zum Wahlboykott aufgerufen hatten) und Mazedoniens für die Unabhängigkeit, während Montenegro und Ser­bien die verbliebene „Bundesrepublik Jugoslawien“ bildeten, 2003 umgewandelt in die „Staatenunion Serbien und Montenegro“. Diese zerfiel erst 2006. (Siehe Karte 1: Nachfolgestaaten Jugoslawiens mit Angabe der Unabhängigkeitserklärung)

Eine im Jahr 1992 von der EU eingesetzte Badinter-Kommission stellte in mehreren Gutachten den mittlerweile eingetretenen völkerrechtlichen Untergang der Sozialistischen Föderalen Republik Jugoslawien (SFRJ) abschließend fest und dass daher die Grenzen der ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens als zwischenstaatliche Grenzen der nun souveränen Nachfolgestaaten zu betrachten seien. Folglich sah die Kommission in der Bundesrepublik Jugoslawien keinen verbleibenden Rumpfstaat, der mit der SFRJ völkerrechtlich identisch wäre, sondern ebenfalls einen neuen Staat. Gemäß Gutachten Nr. 9 traten alle neugegründeten Staaten gemeinsam die juristische Nachfolge der SFRJ an. Diesem Gutachten folgten die EU-Staaten und in der Folge fast alle anderen Staaten der Welt mit einer Anerkennung der neuen Realitäten.

Die neuen Staatenbildungen geschahen in Slowenien nach nur kurzer militärischer Auseinandersetzung mit der serbisch dominierten Bundesarmee, in Mazedonien sogar friedlich. Aber  zwischen Serben und Kroaten sowie in Bosnien entbrannten schlimme kriegerische Auseinandersetzungen. Dazu gebe ich ausführlichere Darstellungen in meinem Post Bosnien-Herzegowina, Bosniaken

Als die Fernseh-Bilder des grausamen Bruderkriegs in die Wohnzimmer der westlichen Staaten gesendet wurden, stellte man dort fassungslos und ohne Kenntnis der Hintergründe fest,  welche Gegensätze sich zwischen den Völkern und Volksgruppen Südslawiens unterschwellig aufgestaut hatten. [13]

3.8 Geschichte Serbiens und des serbischen Volkes nach 1990

Am 28. März 1989 stimmt das serbische Parlament auf Betreiben des serbischen Ministerpräsidenten Milošević für eine  Verfassungsänderung, wodurch die Autonomie der bisher  autonomen Provinzen Kosovo und Vojvodina aufgehoben wird. Begleitet wird die Sitzung von gewaltigen Massenprotesten im Kosovo mit vielen Toten und Verletzten.
Damit  beginnt die staatsrechtliche Demontage der Föderation Jugoslawien, denn verfassungsrechtlich entsteht eine widersprüchliche Situation: Zwar gelten die Provinzen in Serbien nicht mehr als stimmberechtigt, aber innerhalb des Bundes sind die Vojvodina und der Kosovo konstitutioneller Bestandteil Jugoslawiens. Da Serbien das Stimmrecht für seine Provinzen übernimmt, entsteht im Staatspräsidium zusammen mit Montenegro ein
serbischer „Block“ von 4 Stimmen gegenüber 4 Stimmen der übrigen Teilrepubliken. Das oberste Staatsorgan wurde dadurch praktisch entscheidungsunfähig.

Milošević  geht nun mit aller Härte gegen die Kosovo-Albaner vor. Das Kosovo-Parlament wird aufgelöst, albanische Zeitungen und albanisches Fernsehen werden verboten, albanische Hochschulen geschlossen, Grundschulen auf  1/4  dezimiert,   Gehälter der albanischen Lehrer gestrichen, alle Lehrmittel für Schulbücher in albanischer Sprache gestrichen, albanische Polizisten werden entlassen. Über die Reaktion der Albaner siehe meinen Post Kosovo.

Die Gespräche zwischen den Teilrepubliken verliefen bis Mitte 1991  stets ergebnislos. Während Slowenien und Kroatien die Um­wandlung Jugoslawiens in eine „Konföde­ration unabhängiger Staaten“ vorschlugen, zielte Milošević auf die Dominanz Serbiens. Die Weigerung des serbischen Vertreters im Staatspräsidium, turnusgemäß den Vorsitz an den kroatischen Vertreter abzugeben, gab dann den Anlass zur Unabhängigkeitserklä­rung von Slowenien und Kroatien am 25. Juni 1991. Nachdem auch Mazedonien seine Unabhängigkeit erklärt hatte (siehe Post Nord-Mazedonien) beschlossen Serbien und Montenegro am 27. April 1992  die Bildung der Bundesrepublik Jugoslawien.

Die Unabhängigkeitserklärungen  Sloweniens und Kroatiens lösten praktisch die Nachfolgekriege in Ex-Jugoslawien aus. Anfangs waren reguläre Einheiten der jugoslawischen Volksarmee im Einsatz gegen Slowenien und Kroatien und später auch in Bosnien-Herzegowina, das ebenso gegen den Widerstand der dortigen Serben seine Unabhängigkeit erklärt hatte.(siehe Post Bosnien-Herzegowina)

Nach unerwartet hartem Widerstand der slowenischen Terri­torialverteidigung zog sich die jugoslawische Armee nach kurzer Zeit aus Slowenien zurück. Daraufhin eskalierte nun aber die Gewalt in Kroati­en. Bald darauf wurde die jugoslawische Volksarmee praktisch aufgelöst und da sie ohnehin hauptsächlich aus Serben bestand, wandelte sie sich zur Armee der bosnischen und kroatischen Serben, die sich mit den örtlichen serbischen Milizen zusammenschlossen.  Bekanntes­te Kriegsschauplätze in Kroatien wurden Vukovar an der Donau und Dubrovnik.  Serbien unterstützte in den folgenden Kriegen militärisch und finanziell die von Serben ausgerufene Republik Serbische Krajina und die bosnischen Serben. Zunächst waren  die serbischen Truppen überlegen und konnten ein Drittel des kroatischen Territoriums  unter serbische Kontrolle bringen. An die 200 000 Kroaten flohen oder wurden vertrieben.  Am 2. Januar 1992 wurde auf Druck der Uno ein Waffenstillstand in Kroatien geschlossen und Kroatien wurde durch eine Waffenstillstandslinie zerrissen.  In Bosnien-Herzegowina ging der Krieg jedoch in aller Härte weiter und die Serben brachten vorübergehend einen Großteil des Landes unter ihre Kontrolle, verbunden mit erheblichen ethnischen Säuberungen, sprich Vertreibungen.

Die Stimmung in der Weltöffentlichkeit und in der Europäischen Union hatte sich inzwischen zu Ungunsten Serbiens gewandelt. Im Mai 1992 verkündete die Uno mit der  Resolution 757 ein Embargo gegen Jugoslawien. In den folgenden Jahren brachte dies auch den serbischen Vormarsch zum Stoppen und das vom Westen unterstützte Kroatien erstarkte militärisch. Die kroatische Armee gewann Im Mai 1995 mit der Operation „Blitz“ den serbisch kontrollierter Teil Westslawoniens zurück und mit der Militäroperation Oluja (Sturm) im August 1995 wurde innerhalb von 85 Stunden das Gebiet der Republik Serbische Krajina  zurückerobert. Nach der Rückeroberung der Krajina wurden zwischen 150.000 und 200.000 Serben vertrieben oder flüchteten nach Serbien oder in die Republik Srpska. Auch ein Großteil der serbischen Bevölkerung aus Slawonien flüchtete oder wurde  vertrieben. Die selbst ausgerufene serbische Republik der Krajina brach zusammen.  Insgesamt etwa 700.000 Serben flohen während der Kriege in Bosnien und Kroatien nach Serbien.  Auf Druck der USA kam es für Bosnien-Herzegowina zum Dayton-Abkommen, das auch den Krieg in Bosnien beendete. (siehe Post Bosnien-Herzegowina)  Mit dem Dayton-Vertrag konnte Milosevic jedoch die offizielle Anerkennung der "Republik Jugoslawien" bestehend aus Serbien, Montenegro und  der Provinzen Vojvodina und Kosovo erreichen.

Im November 1998 entbrennt n Serbien ein Machtkampf zwischen Milosevic und einigen Politikern sowie Militärs, die den Kurs des Staatschefs nicht mittragen wollen. Darauf geht die serbische Regierung mit Härte gegen Oppositionelle, Regimekritiker und kritische Journalisten vor. Gleichzeitig beginnt das Milosevic-Regime seine Vertreibungspolitik und den Krieg im Kosovo - mit den bekannten Folgen (siehe Post… und https://de.wikipedia.org/wiki/Kosovokrieg)

Bei den Präsidentschaftswahlen am 24. September 2000 wurde Vojislav Koštunica   zum jugoslawischen Präsidenten gewählt, was das Ende der Ära Milošević einleitete und bei den folgenden Parlamentswahlen im Dezember 2000 errang die oppositionelle DOS einen überwältigenden Sieg, worauf Im Januar 2001 Zoran Dindić zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wurde. Dieser wollte eine Annäherung Serbiens an den Westen herbeiführen und genehmigte am 29. Juni 2001  die Auslieferung von Slobodan Milošević an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Am 12. März 2003 wurde Đinđić auf offener Straße von Attentätern aus den Reihen nationalistischer Serben ermordet. Erst im Juni 2004 wurde ein neuer Präsident gewählt, es gewann der liberale und Europa zugewandte Reformer Boris Tadić.

Bereits am  4. Februar 2003 zerfiel die Republik Jugoslawien in einen losen Staatenbund zwischen den Republiken Serbien und Montenegro. Nachdem Montenegro am 3. Juni 2006 seine Unabhängigkeit erklärt hatte, (siehe Pkt. 6)  erklärte auch das serbische Parlament in Belgrad am 5. Juni 2006 die formale Unabhängigkeit des Landes.

Seit dem Ende des Milošević –Systems bemühen sich die demokratischen Regierungen um eine Annäherung an die Europäische Union. Im Westen steht man bis heute einer EU-Mitgliedschaft Serbiens skeptisch gegenüber, zunächst wegen der von Serbien nicht ausgelieferten Kriegsverbrecher und bis heute wegen der ungelösten Kosovo-Frage (siehe Post Kosovo) Nach erneuten Wahlen im Mai 2008 und Bildung einer  Koalitionsregierung aus regierender Demokratischer Partei und  der bisher oppositionellen Sozialistischen Partei gelang es, den lange gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher Radovan Karadzić in Belgrad zu verhaften und an das internationale  Tribunal in Den Haag auszuliefern. Dies führte zu kurzzeitigen, teilweise gewalttätigen Protesten nationalistischer Bevölkerungsteile. Damit  wurde aber der Weg zur Ratifizierung eines Stabilisierungs- und Assoziationsabkommens (SAA) mit der EU frei gemacht, das am 9. September 2008 vom serbischen Parlament bestätigt wurde. Schließlich stellte Serbien am 22. Dezember 2009 seinen Mitgliedschaftsantrag bei der EU.

Am 26. Mai 2011 wurde auch der ehemalige bosnisch-serbische General Ratko Mladić in Serbien festgenommen,  nachdem er sich fünfzehn Jahre lang einer Verhaftung hatte entziehen können. Am  3. Juni 2011 wurde er dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag überstellt. [14]

Die weitere Entwicklung und mögliche Perspektiven für die Zukunft des serbischen Staates schildere ich unter Pkt. 7 (Das serbische Volk und der serbische Staat  - Perspektiven)

 

3.9 Serbische Minderheiten in anderen Staaten

Über die  Situation der Serben in Bosnien-Herzegowina bzw. in der dortigen Entität Republik Srpska und im Norden des Kosovo berichte ich ausführlich in separaten Posts. Siehe Post Bosnien-Herzegowina und Kosovo. Über die Situation des serbischen Volks in Montenegro behandle ich unter folgendem Punkt 4.

Serbische Minderheiten leben in folgenden Staaten[15] :

3.91 Kroatien

Vor dem Kroatienkrieg lebten laut Volkszählung von 1991 insgesamt 581.633 Serben in Kroatien (= ca. 12,2 % von 4.784.265 Einwohnern). Nach dem Krieg und erheblichen ethnischen Verschiebungen (siehe oben Punkt 3.8) lebten in Kroatien laut Zensus von 2001 nur noch 201.631 Serben, also 4,54 % von 4.437.460 Einwohnern. Nur 44.629 Personen (etwa 1 % der Bevölkerung in Kroatien) gaben Serbisch als ihre Muttersprache an. Als Standardantwort war allerdings „Kroatisch“ vorgegeben. Zwei Drittel der Serben leben in der Gegend um Vukovar und Osijek-Baranja an der Grenze zur Vojvodina. Bis 2002 waren nach Angaben des UNHCR etwa 100.000 Serben in die Krajina zurückgekehrt.

Vukovar befindet sich gut 20 Jahre nach Kriegsende noch immer im Wiederaufbau. Auch, was die Stimmung zwischen Serben und Kroaten angeht. Vukovar war vor dem Krieg ein Anziehungspunkt, es war ein Wirtschafts- und ein  Industriezentrum. Die Kleinbauern von der anderen Donauseite kamen her, um ihr Gemüse auf dem Markt zu verkaufen. Einwohner Vukovars fuhren mit der Fähre ans andere Ufer, um drüben Freunde zu besuchen. Das ist heue vorbei. Heute verläuft die Grenze zu Serbien in der Mitte der Donau – eine EU-Außengrenze, die von der kroatischen Grenzpolizei massiv gesichert wird. Die einzige Fähre, die hier zwölf Jahre nach Kriegsende mit niederländischer Unterstützung eingerichtet wurde und wieder fuhr, mussten die Behörden einstellen, weil Kroatien dem Schengenraum beitrat. [16]  

3.92 Slowenien

In Slowenien lebten nach der Volkszählung 2002 etwa 39.000 Serben. Darüber hinaus waren aber mehr als 30.000 Serben von einer 1992 beschlossenen Ausbürgerung betroffen, so dass sie als Staatenlose bei der letzten Volkszählung 2002 nicht berücksichtigt wurden. Im Jahr 2000 wurde diese Entscheidung vom Verfassungsgericht in Slowenien als verfassungswidrig eingestuft, aber erst Im Dezember 2008 schließlich politisch umgesetzt. Es ist weiterhin nicht geklärt inwieweit die nunmehr fast 70.000 in  Slowenien lebenden Serben als eine autochthone Minderheit anerkannt werden.

3.93 Nordmazedonien

In Nordmazedonien lebten 2002 ca. 36.000 Serben. Die meisten davon leben in der Hauptstadt Skopje, in Kumanovo und in der Gemeinde Čučer Sandevo. In Skopje stellen sie nach den Albanern und Roma mit 14.298 Einwohnern oder 2,8 % die drittgrößte Minderheit. In der Stadt Kumanovo sind es 9062 serbische Einwohner oder mit 8,6 % die zweitgrößte Minderheit. Den verhältnismäßig stärksten Anteil in einer Gemeinde bilden die Serben mit etwa 28 % oder 2426 Einwohner in der Gemeinde Čučer Sandevo. Siehe auch meinen PostNord-Mazedonien, Punkt 5.6

3.94 Slowakei

Die genaue Zahl der Serben ist nicht bekannt. Sie stellen nach Schätzung weniger als ein Prozent der Bevölkerung der Slowakei, womit ma von ca.20.000  Personen ausgehen kann. Die Slowakei sprach im Februar 2010 den Serben den Status einer nationalen Minderheit zu, was sie zu einer autochthonen Minderheit erhebt. In der letzten Volkszählung 2002 sind sie mit anderen Ethnien zusammen mit zwei Prozent vertreten. Mit dem Status haben die Serben einen Sitz im Parlament der Slowakei und national und international, besonders auf der Ebene der EU, eine deutlich bessere Position

3.95 Serben und Montenegriner in Albanien

Serben und Montenegriner sind eine kleine Minderheit in Albamien. Unterschiede zwischen der erbischen und montenegrinischen Ethnie sieht man hier nicht, so dass beide Gruppen bisweilen als serbo-montenegrinisch zusammengefasst werden.

Durch eine intensiv betriebene Assimilations-Politik während der kommunistischen Diktatur unter Enver Hoxha ist die Zahl derjenigen, die sich als Serben oder Montenegriner bekennen, stark zurückgegangen. Während bei der albanischen Volkszählung von 1928 noch 65.000 Serben und Montenegriner ermittelt wurden (das waren mit 7,83 % die größte Minderheit im Land), wurden bei der Volkszählung von 2011 nur noch 366 Montenegriner erfasst und nur 66 gaben Serbokroatisch als Muttersprache an. Die traditionell sehr kleine Bevölkerungsgruppe setzt sich aus einer städtischen Diaspora im nordalbanischen Shkodra und aus einer ländlichen Gruppe in der Ortschaft Vraka (ca. 30 km nördlich von Shkodra) zusammen.

Die tatsächliche  Zahl dürfte allerdings höher liegen. Das albanische Helsinki-Komitee schätzt, dass 2000 Serbo-Montenegriner in Albanien leben und vom serbisch-montenegrinischen Interessensverein „Morača-Rozafa“ in Shkora wird die Größe der Minderheit auf bis zu 40.000 geschätzt. Das dürfte allerdings unrealistisch sein, zumal die sehr kleine „serbisch-montenegrinische“ Gruppe in Shkodra viele Personen mit  gemischt-ethnischem Hintergrund mitzählt und zum Teil aus neuen Migranten osteuropäischer Herkunft stammen.

Der  serbisch-orthodoxen Kulturverein Sveti Jovan Vladimir („Heiliger Jovan Vladimir), der im engen Kontakt mit der Montenegrinischen Metropolit  steht, setzt sich für die Minderheitenrechte der Serben und Montenegriner  in Albanien ein, vor allem für die Pflege der eigenen Sprache, Religion und Kultur.  Auch kämpft er für die Rückumbenennung der während des Hoxha-Regimes  albanisierten Vor- und Nachnamen.

Die Minderheit ist als serbisch-montenegrinische nationale Minderheit seit2003 anerkannt. Als ethnische Minderheit haben die Montenegriner und Serben gemäß Art. 20 der Verfassung Albaniens gleiche Menschenrechte, insbesondere was Unterricht, Sprache, Kultur und Religion anbelangt. Die Bosniaken sind hingegen nicht als ethnische Minderheit anerkannt. Entgegen den Wünschen der Minderheit wurde bis jetzt in der Region Shkodra keine serbische Schule eröffnet, da der albanische Staat von einer zu geringen Schülerzahl ausgeht. Im Süden Albaniens in der Umgebung  von Fier, etwa 150 km südwestlich von Tirana,  lebt auch eine kleine serbische Minderheit orthodoxen Glaubens. Deren Zahl wird nach eigenen Angaben mit etwa 2000 beziffert. Dort gibt es auch einen serbischen Kulturverein namens Jedinstvo („Die Enigkeit“) Hier wurde 2014 eine serbisch-sprachige Grundschule für ca. 60 Schüler eingerichtet. Der Schulbau wurde von der serbischen Botschaft in Tirana unterstützt und dient der Verbesserung der Beziehungen zwischen Serbien und Albanien, die durch den Kosovo-Krieg starkt beeinträchtigt waren. Als Gegenleistung für die Errichtung der Schule hat Serbien der albanischen Regierung zugestanden, dass sie der albanischen Minderheit im Presevo-Tal in Südserbien Schulbücher zur Verfügung stellt. [17]

3.96 Rumänien

Laut der letzten Volkszählung von 2002 leben laut endgültiger Ergebnisse aus dem Jahre 2003 in Rumänien 29.570 Serben, Kroaten und Slowenen. Die Mehrheit von ihnen Serben leben im Banat, einer historischen Landschaft, die nach dem 1. Weltkrieg im Vertrag von Trianon 1920 zwischen Serbien, Rumänien und Ungarn aufgeteilt wurde. (siehe meinen Post Vojvodina und die dortige Karte 04 Banat). Der größere östliche Teil um Temeswar und Arad fiel an Rumänien.

Auf Landesebene beträgt der Anteil der Serben, Kroaten und Slowenen 0,14%  der Gesamtbevölkerung. Im Jahr 1992 waren es noch 33.769. Bei der Volkszählung 2002  wurden die Serben gemeinsam mit den Kroaten und Slowenen aufgeführt und nicht getrennt erfasst. Bei der Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse in 2002 wurde noch getrennt erfasst und es wurden 22.518 Serben angegeben (gegenüber 29.408 in 1992). Das bedeutet, die Entwicklung der serbischen Minderheit in Rumänien verläuft negativ. Dazu tragen einerseits eine Überalterung und Mischehen bei, aber auch die Spätfolgen der jugoslawischen Bürgerkriege, die zu Verschiebungen der Selbstzuordnung bei der Gesamtheit der Serben, Kroaten und Slowenen geführt haben. Denn laut vorläufigem Ergebnis des Zensus 2002 hat die Zahl der Kroaten von 1992 zu 2002 von 4.085 auf 6.786 zugenommen.

Der Verband der Serben in Rumänien nimmt kulturpolitisch und

sozioökonomisch eine Mittler- und Vermittlerrolle zwischen Rumänien und dem Nachbarland  Serbien ein. Für die serbische Minderheit im rumänischen Banat ist ihre serbische Ethnizität nach wie vor wichtig.

Deshalb werden Anstrengungen unternommen, die Muttersprache im schulischen und allgemein im kulturellen Bereich – auch dann, wenn

sie nicht mehr primärsprachlich erworben wird – wieder stärker zu verbreiten. Allerdings weist das Bekenntnis zur serbischen Identität auch ein regionales Eigenbewusstsein auf, das eine ausgeglichene komplexen Identität aus  serbischen, rumänischen und nicht zuletzt regionalen Zügen vereint. [18]

 

3.97 Serben in Nord-Mazedonien

siehe dazu meinen Post Nord-Mazedonien unter Punkt 3.6 

3.98 Serben in der Diaspora

Das serbische Ministerium für die Diaspora geht von bis zu 3,5 Millionen in der Diaspora lebenden Serben mit serbischstämmigen Hintergrund aus. Serbische Gemeinschaften gibt es In den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und Schweden. Größte serbische Gemeinschaften im deutschsprachigen Raum gibt es in Stuttgart, Wien und Zürich. Der Zentralrat der Serben in Deutschland, der von einem weitgefassten Verständnis der ethnischen Zugehörigkeit der Migranten aus Jugoslawien ausgeht, spricht von mehreren Hunderttausend Serben in Deutschland. Für 2011 hat das Statistische Bundesamt eine Zahl von 197.984 serbischen Staatsangehörigen in Deutschland genannt.

In Österreich bezeichneten bei der Volkszählung 2001 177.320 Menschen serbisch als ihre Umgangssprache, dies beinhaltet auch Doppelangaben deutsch/serbisch. Von diesen Personen besaßen 41.944 die österreichische Staatsbürgerschaft

Ende 2010 lebten ca. 122.000 serbische Staatsangehörige in der Schweiz. Die erste große Auswandererwelle kam aufgrund des Bedarfs an Gastarbeitern  nach den Anwerbe-Abkommen mit Jugoslawien in den 1960er bis 1980er Jahren, die zweite folgte mit dem Zerfall Jugoslawiens 1991 und den darauf folgenden Krisen.

4. Montenegro – ein Sonderfall

4.1 Name und Lage

Montenegro ist eine Italienisch-venetische Fremdbezeichnung und bedeutet „Schwarzer Berg“. Die Selbstbezeichnung Crna Gora kann „schwarzes Gebirge“, „schwarzes bewaldetes Gebirge“ oder „schwarzer Wald“ bedeuten. Die Lage ist aus Karte 6 ersichtlich.

4.2 Geschichte

Montenegro wurde  durch den Berliner Kongress im Jahre 1878 als ein vom Osmanischen Reich unabhängiger Staat bestätigt. Gemeinsam mit Serbien erklärte Montenegro 1912 den Osmanen den Krieg und konnte dadurch sein Territorium vergrößern.(siehe Karte 03).  

Der damalige König von Montenegro, Nikola I war großserbisch gesinnt und strebte eine Einigung aller serbischen Länder an. Er wollte dabei aber auch eine weitgehende Selbständigkeit Montenegros wahren. Mit dieser Forderung konnte er sich nicht durchsetzen, denn im Rahmen der Gründung des Königreichs Jugoslawien kam es zu einer gewaltsamen Besetzung Montenegros durch die serbische Armee.  Am 26. November 1918 wurde der montenegrinische König durch Beschluss einer manipulierten montenegrinischen Nationalversammlung gestürzt und der serbische König Peter I. übernahm die Regierung des am 18. Dezember 1918 proklamierten Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen (später Jugoslawien),  zu dem nun auch Montenegro gehörte.( siehe auch nachstehend unter 4.5 Religion und Kirchen).

Der Ex-König Nikola I von Montenegro verstarb am 1. März 1921 im französischen Exil.   

Die Geschichte Montenegros im jugoslawischen Staat ist eng mit der Geschichte Serbiens verbunden. (siehe unter 3. Geschichte)

Nach dem schrittweisen Zerfall Jugoslawiens in den 1990er-Jahren hielt schließlich nur noch Montenegro als Partner Serbiens an "Rest-Jugoslawien" fest, zuletzt seit 2002 noch als loser Staatenbund mit Serbien unter der von beiden Seiten wenig geliebten Bezeichnung "Serbien und Montenegro". Als letzter Teilstaat des früheren Jugoslawien stimmten die Bürger Montenegros am 21. 5. 2006 bei einer Wahlbeteiligung von 86,39 Prozent (419.240 von insgesamt 485.280 im Jahr 2006 eingetragenen Wahlberechtigten) für ein unabhängiges Montenegro.  Die notwendige 55-Prozent-Mehrheit wurde mit 55,49 % (230.661 Stimmen) nur knapp überschritten. 44,51 % oder 185.002 Montenegriner votierten mit Nein und waren für den Verbleib Montenegros an der Seite von Serbien in einer Staatenunion. Denn die Montenegriner gehören eigentlich zum serbischen Volk, haben aber im Laufe der Geschichte einige Besonderheiten herausgebildet. Dennoch bezeichnen sich viele Bürger  Montenegros weiterhin als ethnische Serben (s.u. Pkt. 4.3). Auch in Serbien leben wiederum viele Bürger, die sich dort als Montenegriner bekennen.

Mächtigster, aber sehr umstrittener, Mann Montenegros ist der Premierminister und frühere Präsident Milo Djukanovic. Seit ca. 30 Jahren stets in wichtigen Machtpositionen Montenegros,  wandelte er sich vom Kommunisten zum Gefolgsmann des serbischen Präsidenten Milosevic. Schließlich vollzog er noch die Wandlung vom Freund Serbiens zum Befürworter der Unabhängigkeit. Djukanovic ist ideologisch flexibel bis zur Beliebigkeit, hat alle Kriege und politischen Brüche auf dem Balkan überstanden und war stets rechtzeitig auf der Seite der jeweiligen Sieger, ein politischer Überlebenskünstler. [19]

4.3 Montenegro nach der Unabhängigkeit 2006 bis heute

Nach der Abspaltung von Serbien wurde auch eine eigene montenegrinische Sprache neu etabliert, obwohl kaum Unterschiede zum Serbischen bestehen. Ein Teil der Montenegriner schreibt diese Sprache mit lateinischer und ein anderer mit kyrillischer Schrift.  Die montenegrinische Bevölkerung ist also gespalten in einen Teil, der für eine kulturelle und sprachliche Eigenständigkeit eintritt und einen anderen der die historische und kulturelle Einheit mit den Serben betont. Zwar weisen die montenegrinischen Dialekte gegenüber der serbischen Normsprache einige Unterschiede auf, aber dies steht der problemlosen Kommunikation in keiner Weise entgegen.(Siehe Punkt 5 und Tabelle 1).

Seit der Unabhängigkeit ist das Verhältnis Montenegros zu Serbien nicht frei von Spannungen. Im Oktober 2008 erkannte Montenegro - sehr zum Ärger Serbiens - das Kosovo als Staat an. Auch wegen eines Kirchenstreits (siehe 4.5) ist das Verhältnis angespannt.

Demgegenüber strebt Montenegro unter seinem Präsidenten eine enge Anbindung an den Westen an. So wurde Montenegro bereits am 5. Juni 2017 NATO-Mitglied. Verhandlungen über einen EU-Beitritt Montenegros begannen am 29. Juni 2012. (siehe Karte 08) Bei den Verhandlungen wird von Seiten der EU immer wieder angemahnt, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, die Situation der Vertriebenen zu verbessern und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu gewährleisten. Die in Montenegro organisierte Kriminalität stellt ein großes Menschenrechtsproblem dar. Montenegro ist bis heute ein Umschlagplatz für den Schmuggel von Narkotika, Zigaretten, Waffen, gestohlenen Fahrzeugen aus der EU. Es gibt unaufgeklärte Auftragsmorde und auch von Menschenhandel ist die Rede. Bei der Rangliste der Pressefreiheit 2017, welche von Reporter ohne Grenzen herausgegeben wird, belegte Montenegro Platz 106 von 180 Ländern. Montenegros Regierung hat also noch viel zu tun, um den Ansprüchen der EU gerecht zu werden. [20]

4.4 Ethnien und Minderheiten in Montenegro

Die Frage, ob Montenegriner Serben sind oder ein eigenständiges Volk, wird weiter diskutiert. Meines Erachtens sind Montenegriner Serben im gleichen Sinn wie Österreicher Deutsche sind (siehe meinen Post Ethnien-Volksgruppen-nationale Minderheiten). Leider gibt  es hier – wie in vielen Staaten und Regionen – keine klare Unterscheidung zwischen Staat und Volk/Nationalität-Ethnie. Machthungrige Politiker vergrößern die Verwirrung in der Bevölkerung zu ihrem persönlichen Nutzen oder zur Durchsetzung ihrer Ideologie. Abhängige oder schlecht ausgebildete Journalisten unterstützen sie dabei. Die nicht geklärte Definition führt auch bei Volkszählungen zu unklaren Ergebnissen. So deklarierten sich bei der letzten Volkszählung Montenegros, die im Jahre 2011 stattfand, von den insgesamt 625.266 Einwohnern  278 845 oder 44,98%  als Montenegriner und 178,110 oder 28,73% als Serben. Bei der voraufgegangenen Zählung 2003 waren es noch 273.366 (= 40,64%) Montenegriner und 201.892 (= 30,01%) Serben. Der Rückgang bei den Serben ist zweifellos auf die 2006 erfolgte Trennung von Serbien zurückzuführen.*

Welche Verwirrung bei der Bevölkerung herrscht, zeigen auch die folgenden Zahlen hinsichtlich der Muttersprache: Beim Zensus 2003 gaben zwei Drittel der Bevölkerung Serbisch als Muttersprache an. 2011 waren es noch knapp 42,9 % der 265.895 Einwohner, die Serbisch als Muttersprache angaben, obwohl sich nur etwa 180.000 als Serben, bzw. "Montenegriner-Serben" oder "Serben-Montenegriner" deklarierten. 37,0 Prozent nannten Montenegrinisch als ihre Muttersprache. Bei einer repräsentativen Umfrage im Jahre 2014 benannten die Befragten die von ihnen gesprochene Sprache wie folgt: 41,1 % Montenegrinisch, 39,1 % Serbisch, 11,5 % Montenegrinisch und Serbisch (selbe Sprache, egal wie sie genannt wird), 3,7 % Bosnisch, 3,5 % Serbokroatisch und 1,1 % Kroatisch. [21]

Trotz dieser Verwirrung betreibt Montenegro weiterhin das Projekt einer eigenen Sprache (siehe Punkt 5) steuert aber im Hinblick auf ethnische Fragen einen klaren Kurs der Gleichberechtigung. Ethnische Spannungen wie in anderen Regionen des Balkans sind hier eher seltener anzutreffen. Allerdings wird durch die neue Kirchenpolitik der Regierung ein unnötiger Gegensatz zwischen Montenegrinern und Serben provoziert. (siehe 4.5)  Größte nationale Minderheit sind mit 53.605 Angehörigen oder 8,65% die Bosniaken, zweitgrößte die Albaner, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung 4,91% (= 30.439) beträgt.  Außerdem bezeichneten sich 3,31% (= 20.537) als ethnische Muslime (und nicht als Bosniaken). Als  Kroaten deklarierten sich 0,97% (= 6.021) und als Roma 1,01% (= 6.251). Bezeichnend für die Situation in Montenegro ist auch die Tatsache, dass 7,68 % der Einwohner keine Nationalität bzw. keine Daten angaben oder sich zu einer kleinen Gruppe bekannte, die oben nicht aufgeführt ist.

Außerdem leben in Montenegro noch eine große Anzahl von Flüchtlingen und zwar nach damaligen Stand (2011)  6.926 meist serbische Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina und 16.137 meist Serben und Roma aus dem Kosovo (Angaben nach Wikipedia). Hinsichtlich der Lage und Anzahl der Roma verweise ich auf Pkt. 7.2.

Wie die folgende Karte zeigt, stellen die Serben die  Bevölkerungsmehrheit besonders im Norden Montenegros an der Grenze zu Serbien und Bosnien-Herzegowina. Auch in der Küstenstadt Herzeg Novi stellen sie die Bevölkerungsmehrheit. Die Bosniaken und die Slawischen Muslime leben vor allem im Nordosten, im  Dreiländereck von Serbien, dem Kosovo und Albanien. Die albanische Minderheit lebt vor allem in den Gebieten längs der Grenze zu Albanien und zum Kosovo. In der Gemeinde Ulcinj stellen sie mit 71 Prozent die Bevölkerungsmehrheit (Volkszählung 2011). [22]


 

                                              Karte 8 Montenegro Ethnien 2011

4.5 Religion und Kirchen

Die überwiegende Mehrheit der montenegrinischen Bevölkerung ist christlich-orthodoxen Glaubens. Daneben gibt es eine große Minderheit, die sich zum sunnitischen Islam bekennen (vorwiegend ethnische Bosniaken und Albaner). In den Küstenstädten gibt es einige Tausend römisch-katholische Christen (vorwiegend Kroaten und einige Albaner). Daneben gibt es verschiedene protestantische Gemeinschaften mit weniger als 1000 Mitgliedern und eine jüdische Gemeinde mit ca. 200 Angehörigen.

72% der Einwohner Montenegros gehören der serbisch-orthodoxen Kirche an, die dem Metropoliten von Serbien in Belgrad untersteht.

Bereits 1993 – also schon vor der Unabhängigkeit – hatte sich eine autokephale montenegrinisch-orthodoxe Kirche vom serbisch-orthodoxen Patriarchat abzuspalten. Seit der Ausrufung der Unabhängigkeit Montenegros 2006 müht sich Milo Djukanović, der Staatschef und mächtigster Mann im Adriastaat, um die Schaffung einer Nationalkirche und argumentiert, die Zugehörigkeit zur  serbisch orthodoxen Kirche verstoße gegen die nationalen Interessen Montenegros. Doch die "Staatskirche" kommt bei den Montenegrinern nicht besonders gut an. Mitgliederzahlen sind offensichtlich gering und werden nicht bekanntgegeben. Ihre Eigenständigkeit wird bis heute von keiner anderen orthodoxen Kirche anerkannt. Auch das ökumenische Patriarchat in Konstantinopel und der russische Patriarch Alexey II unterstützen den serbischen Standpunkt, dass die montenegrinisch-orthodoxe Kirche schismatisch sei.

Schon vor einigen Jahren hat die Regierung in Podgorica 50 der rund 700 Kirchen und Klöster von der serbisch-orthodoxen Kirche auf die montenegrinisch-orthodoxen Kirche überschreiben lassen. Nun hat die Regierung Ende 2019  ein Gesetz zur Gleichstellung aller Glaubensgemeinschaften verabschiedet, das vor allem bei der serbisch-orthodoxen Kirche und der serbischen Minderheit auf heftigen Widerstand stößt.

 Die Serbisch-Orthodoxe Kirche beschuldigt die Regierung von Montenegro, Kircheneigentümer beschlagnahmen zu wollen, um die umfangreichen Liegenschaften ihrer Kirche zu verstaatlichen und der Konkurrenz zuschlagen zu können. Dazu hat sie eine beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Weil die serbisch-orthodoxe Kirche ihre Mitglieder in Montenegro in Alarmbereitschaft versetzt, finden immer wieder donnerstags und sonntags Protestmärsche mit tausenden von Teilnehmern statt.

Die Regierung in Podgorica begründet ihre Haltung mit den Vorgängen nach Ende des Ersten Weltkriegs. Der damalige montenegrinische König Nikola I lehnte eine Vorherrschaft Belgrads ab und beanspruchte das orthodoxe Patriarchat für das Erzbistum von Cetinje in Montenegro. Der damalige Erzbischof Mitrofan Ban soll unter Androhung von Gewalt gezwungen worden sein, eine außerordentliche Versammlung des heiligen Synods der montenegrinischen Kirche einzuberufen, die der Vereinigung mit der serbisch-orthodoxen Kirche zustimmte. Daher, so die Schlussfolgerung, seien auch die kirchlichen Besitztümer widerrechtlich an das serbische Patriarchat übergegangen.

Demgegenüber stellt die serbisch-orthodoxe Kirche fest, dass der heilige Synod von Konstantinopel als wichtigstes ökumenisches Gremium der Orthodoxie am 19. März 1920 festgelegt habe, dass die autokephalen Kirchen Serbiens, Montenegros, Karlovacs sowie zwei dalmatinische Bistümer zur vereinigten serbischen Kirche zusammengefasst werden. Daraufhin wurde am 28. September 1920 der Metropolit von Belgrad, Dimitrije Pavlović zum ersten Patriarchen der vereinigten serbischen Kirche erhoben.

Der für Kirchenfragen zuständige Minister für Menschen- und Minderheitenrechte Montenegros erklärte im Februar 2020 gegenüber Euronews, dass es weder die Intention des neuen Kirchengesetzes, noch die Absicht der Regierung sei, weiteren Kirchenbesitz zu verstaatlichen. Außenstehende stellen fest, dass mit nahezu wortgleichen Formulierungen sowohl Regierungsmitglieder wie auch Kirchenvertreter betonen, man wolle einen Dialog - aber die jeweils andere Seite verweigere diesen. Deshalb haben sich nun auch die Europäische Kommission und die Venedig-Kommission des Europarates eingeschaltet  und beide Seiten aufgefordert, sich an einen Tisch zu setzen, um die strittigen Punkte zu klären. Ein Ergebnis liegt mir bis zur Stunde nicht vor. [23]

5 . Die Serbo-Kroatische Sprache und die Varietäten in den Nachfolge-Staaten des ehemaligen Jugoslawien [24]

Serben, Kroaten, Montenegriner und Bosniaken sprechen im Prinzip die gleiche Sprache – die man in jugoslawischer Zeit unter der Bezeichnung Serbokroatisch zusammengefasst hat. Darüber hinaus  kann man feststellen, dass es auf dem Balkan ein südslawisches Dialektkontinuum gibt, das neben dem Serbo-Kroatischen Sprachbereich auch das Slowenische, Mazedonische und Bulgarische umfasst. Aber im Laufe einer langen Geschichte haben sich bei diesen Völkern und Volksgruppen  religiöse und kulturelle Besonderheiten und Differenzen herausgebildet. Kroaten (wie auch Slowenen und überwiegend Bosniaken und Montenegriner) schreiben in lateinischer Schrift, Serben und Mazedonier mit kyrillischen Buchstaben. Die Ursache liegt in der Spaltung der Christen in eine römisch-katholische (Slowenen und Kroaten) und serbisch-byzantinisch-orthodoxe (Serben, Montenegriner und Mazedonier) Glaubensrichtung. Hinzu kommen Einflüsse und dadurch bedingte kulturelle Gegensätze durch die lange osmanische Besatzungszeit bei einer großen Anzahl von Muslimen, vor allem im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina (siehe dazu meinen Post Bosnien-Herzegowina)  

Mit der sogenannten Wiener Vereinbarung von 1850,

bei der sich serbische und kroatische Vertreter über die Standardisierung einer gemeinsamen Sprache der Südslawen einigten,  beginnt eine längere Phase der Arbeit an der Ausgleichssprache der Südslawen, in der Grammatiken, Wörterbücher, sprachliche Berater und ähnliche Publikationen entstanden, was zu einer weitgehenden Standardisierung einer südslawischen Gemeinschafts-Sprache auf der Grundlage des stokavischen Dialektes führte.  Das war die  Basis einer gemeinsamen serbo-kroatischen Sprache,  die in der Titozeit schließlich verbindlich festgelegt wurde.

Unter Tito legte das Abkommen von Novi Sad von 1954 fest, dass die gemeinsame Sprache der Bosnier, Herzegowiner, Kroaten, Montenegriner und Serben dieselbe sei, nämlich Serbokroatisch. Die serbokroatische Gemeinschaftssprache hatte zwei Hauptzweige: einen östlichen (ekawischen) und einen westlichen (ijekawischen),

Nach diesem Abkommen sollte zwischen ijekavisch und ekavisch lediglich der Unterschied in der Aussprache und die Verwendung der zwei Alphabete, des Lateinischen und Kyrillischen, bestehen bleiben. Das Serbische galt von da an als östliche und das Kroatische als westliche Variante der gemeinsamen Sprache.
Mit den politischen Unruhen, Kriegen und dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens in den 1990er-Jahren wurde diese Einheit wieder zerstört und in den nun selbständigen Staaten wurden die Varietäten der gemeinsamen Sprache wieder als selbständige Sprachen definiert. Heute ist das Serbokroatische praktisch wieder zerfallen in serbisch, kroatisch, montenegrinisch und bosnisch (muslimisch-bosnisch oder bosniakisch), mit  Besonderheiten vor allem in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro. Dennoch vertreten viele Slawisten und Linguisten die Meinung, dass es sich um Varietäten einer gemeinsamen plurizentrischen Sprache handelt, die man nach wie vor als Serbo-Kroatisch bezeichnen kann. Die 4 Varianten fassen Sprachwissenschaftler unter dem Begriff BKMS-Sprachen zusammen. 

Zur augenblicklichen Sprachsituation im ehemaligen Jugoslawien muss man feststellen, dass sich Serben, Kroaten, Montenegriner und muslimische Bosnier zwar problemlos miteinander verständigen können, aber in den letzten Jahrzehnten in den neuen selbständigen Staaten eine Entwicklung zur Abgrenzung von den jeweils anderen stattgefunden hat. Dieser Prozess ist noch nicht  abgeschlossen, vielmehr findet weiterhin ein Prozess der Differenzierung von den jeweils anderen Sprachen statt. Eine Übersicht über die inzwischen erfolgten Bestimmungen in den einzelnen Nachfolgestaaten, die vorher Serbo-Kroatisch als offizielle Sprache hatten, gibt folgende  Tabelle I.
 
Tabelle 1: Amtssprachen in Bosnien und Herzegowina. Kroatien. Serbien und Montenegro nach der Verfassung (Stand Januar 2007)
Staat
Bosnien u.Herzegowina
1995/2005*
Kroatien
2001
(Art. 12)
Serbien
2006
(Art. 10)
Montenegro
1992
(Art. 9)*
Amtssprache
keine Angabe
kroatisch
Serbisch
Serbisch**
Aussprache
keine Angabe
Ijekavisch
Ekavisch
Ijekavisch
Schrift
keine Angabe
Lateinisch
Kyrillisch
Kyrillisch Lateinisch

*Keine Angabe gibt es in der Bundesverfassung von Bosnien-Herzegowina. Vielmehr gibt es  Regelungen in den einzelnen Entitäten und Kantonen von Bosnien-Herzegowina, die ich in meinem Post Bosnien-Herzegowina in Tabelle 1 darstelle.         
**Nach der Verfassung Montenegros vom 19.10.2007 ist die Amtssprache Montenegrinisch. Im weiteren Text wird die aktuelle Sprachpolitik Montenegros beschrieben. 
 
Da alle Staaten des Westbalkan mit serbokroatischer Sprache eine Mitgliedschaft in der EU anstreben und Kroatien bereits EU-Mitglied ist, würde dies bei der heutigen Situation eine zusätzliche Belastung für die Funktionsfähigkeit der EU bedeuten. So könnte eine gemeinsame EU-Mitgliedschaft auch den Anstoß für eine Abkehr von der jetzigen unbefriedigenden Sprachsituation auf internationaler Ebene geben, hin zu einer Wiederbelebung der Serbokroatischen Sprache mit zwei Alphabeten. [25] 

6. Der Kosovo-Mythos

Ganz besondere (negative) Beziehungen gibt es seitens der Serben zum albanischen Volk. Die Ursachen liegen Jahrhunderte zurück. Insbesondere die Schlacht auf dem Amselfeld (serbisch Kosovo polje) 1389 ist tief im kollektiven kulturellen Gedächtnis des serbischen Volkes verankert, aber auch die Tatsache dass viele Albaner unter der osmanischen Herrschaft zum Islam übertraten und in der Folge mit den türkischen Herrschern zusammenarbeiteten.

Zur Entstehung eines derartigen Mythos schreibt Jan Assmann in seinem sehr lesenswerten Buch „Moses der Ägypter – Erinnerung einer Gedächtnisspur“ u. a. folgendes:

"Wenn wir sind, was wir erinnern, dann liegt die Wahrheit einer Erinnerung in der Identität, die sie formt. Diese Wahrheit ist der Zeit unterworfen, so dass sie sich mit jeder neuen Identität und jeder neuen Gegenwart wandelt. Sie liegt in der Geschichte, nicht, wie sie sich ereignete, sondern wie sie im kollektiven Gedächtnis fortlebt und sich entfaltet…….Das Konzept einer narrativen Organisation des Gedächtnisses und der Selbstkonstruktion gilt auch (und vielleicht erst recht) auf der kollektiven Ebene. Hier heißen sie Mythen. Dies sind die Geschichten, von und in denen eine Gruppe, eine Gesellschaft, eine Kultur lebt. Mythen im Sinne traditioneller Erzählungen spielen eine entscheidende Rolle in der Ausbildung ethnischer Identitäten („Ethnogenese“).

Man könnte meinen, Assmann hätte diesen Text als Vorwort zum serbischen Mythos von der Schlacht auf dem Amselfeld geschrieben. Ohne Kenntnis dieses Mythos kann der außenstehende Beobachter die oft irrationalen Ereignisse in der Geschichte des serbischen Volkes nicht verstehen, insbesondere nicht die Ereignisse rund um den Bosnien- und Kosovo-Krieg im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Dies vorausgeschickt, hier nun meine Abhandlung über die Entstehung und die Wirkungsgeschichte des Mythos vom Amselfeld:
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Die "Schicksalsschlacht" auf dem Amselfeld und die serbischen Mythen
(Zusammengestellt unter Auswertung u. a. folgender Quellen: 1.- Jens Reuter: Die Entstehung des Kosovo-Problems“ in Aus Politik und Zeitgeschichte – Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“ Nr. B 34/99 v. 20. 8. 1999 –    2. - Christian Schmidt-Häuer: "Vom Mythos zum Massaker" - Die Zeit v. 4. 2. 1999 – 3. - Wolfgang Höpken: "Die schaurige Sage vom Amselfeld" - Die Zeit v. 12. 3. 1998 - und siehe unter Anmerkung 1)
Wer die Probleme rund um das Kosovo verstehen will, kommt nicht an der Schlacht auf dem Amselfeld (= serbisch: Kosovo Polje = Wiege Serbiens) vorbei, die am Veitstag, dem 28. Juni 1389, stattgefunden hat. Das fruchtbare Kosovo war im Spätmittelalter Kernland eines serbischen Staates, der unter Zar Dušan dem Mächtigen (1331 - 1355) seine Blütezeit hatte und der nach dieser verlorenen Schlacht unterging.
Was war an diesem Schicksalstag der serbischen Geschichte tatsächlich geschehen?
Der serbische Fürst Lazar stellte sich unweit der heutigen Stadt Pristina den Türken zur Schlacht. Ihm zur Seite stand sein Schwiegersohn Vuk Brankovic, nach ihm der zweite Mann im Staat. Auf Seiten der Serben kämpften auch Bosnier, kroatische und bulgarische Hilfstruppen und, was in serbischen Darstellungen gern verschwiegen wird: auch die albanischen Fürsten Balsha und Jonima, denn die Albaner waren zu dieser Zeit ein christliches Volk. Auch war dieser serbische Staat beileibe kein serbischer Nationalstaat, sondern ein Vielvölkerstaat, dessen Herrscher dynastisch und nicht national dachten, wie alle mittelalterlichen Herrscher. Schließlich kämpften auch auf Seite der Türken  Landsknechte verschiedener Nationalitäten, genau so wie auf Seiten des christliche Heeres, das nur auf Grund eines mühsam zusammengezimmerten Bündnisses zustande kam, denn nur die Einsicht, dass man sich zunächst gemeinsam gegen den gefährlichen äußeren Feind wehren müsse, hielt die verschiedenen Fürsten von Fehden gegeneinander ab. Das türkische Heer mit seinen Vasallen wurde von Sultan Murad angeführt, der kurz zuvor bereits die südserbische Stadt Nis erobert hatte.
Die meisten Historiker räumen ein, dass sie nicht viel über die Schlacht und ihren Verlauf wissen. Auch die zahlenmäßige Stärke beider Heere (geschätzt 40.000 auf türkischer, 25 000 auf serbischer/christlicher Seite) ist im Grunde unbekannt. Man weiß nur, dass das serbisch/christliche Heer nach Anfangserfolgen eine Katastrophe erlebte. Fürst Lazar geriet in Gefangenschaft und wurde enthauptet, während sich Vuk Brankovic und Vlatko Vukovic retten konnten. Im Lauf der Schlacht fiel auch Sultan Murad. Erst in späteren Berichten tauchte die Version auf, der serbische Held Milos Obilic sei bis zu seinem Zelt vorgedrungen und habe ihn erdolcht.
Ausgerechnet diese Niederlage haben die Serben mit vielen Legenden zum Nationalmythos ausgeschmückt und wie kein anderes Volk verinnerlicht. Größe und Tragik der serbischen Geschichte werden in diesem Datum lebendig erhalten. Während die zeitgenössischen Quellen keine inneren Ursachen für die serbische Tragödie auf dem Amselfeld nannten, hat die Volksdichtung zu Beginn des 17. Jahrhunderts den Schuldigen ausgemacht. Es ist Vuk Brankovic, der angeblich mit 7000 Gefolgsleuten mitten in der Schlacht zu den Türken überlief. Der schnöde Verrat erklärt die Niederlage der ansonsten als unbesiegbar geltenden Serben. Gegenpol zum Verräter Brankovic ist die strahlende Lichtgestalt des Milos Obilic, der sein eigenes Leben opfert und den türkischen Sultan erdolcht. Man weiß nicht, ob er wirklich gelebt hat, die Legende aber macht ihn zu einem serbischen Helden, der sich für sein Volk aufopferte. In vielen Liedern erscheint Milos Obilic als ein göttlicher Held, begabt mit übernatürlichen Kräften.
Symbol des Serbentums auf dem Amselfeld ist  kosovski bozur, eine Blume ähnlich unserer Pfingstrose, deren dunkelrote Farbe vom Blut der gefallenen Helden herrühren soll. Jeder Serbe kennt auch das ,,Mädchen von Kosovo", das die Wunden der noch immer auf dem Schlachtfeld liegenden Helden mit kühlendem Wasser wäscht und die Schmerzgeplagten mit rubinrotem Wein erquickt. Einige Legenden weisen Züge auf, die auch in anderen Nationalepen, etwa dem russischen Igorlied oder dem Nibelungenlied, anzutreffen sind. So fechten vor der entscheidenden Schlacht der Verräter Vuk Brankovic und der strahlende Held Milos ein Duell aus, das durch einen Streit ihrer Gattinnen ausgelöst wurde. Zwei schwarze Raben sind es, die Fürst Lazars Gattin Milica die Nachricht vom unglücklichen Ausgang der Schlacht überbringen. Milica läßt im Kloster Decani zwei Meter hohe Kerzen aufstellen und gibt die Weisung, sie erst anzuzünden, wenn die Schmach von Kosovo gerächt sei. Der serbische Dichter Jovan Skerlic fand für den Stellenwert der Schlacht auf dem Amselfeld folgende Worte: ,,So wie der Brand von Troja das gesamte griechische Altertum überstrahlt, so überstrahlt das Unglück von Kosovo die gesamte serbische Volksdichtung und nationale Poesie." Entgegen den Tatsachen wurde die Niederlage auf dem Amselfeld mit dem Untergang des serbischen Reichs gleichgesetzt und als der Beginn der 500jährigen Türkenherrschaft gedeutet. Tatsächlich ging der serbische Staat des Zaren Dušan schon vorher zugrunde, denn er zerfiel in viele kleine Fürstentümer, die sich untereinander bekämpften
In den Legenden und Mythen wurde der Untergang des serbischen Heeres und seiner adligen Führer zur Schlacht des Christentums gegen die Muslime hochstilisiert - Kreuz gegen Halbmond, das kultivierte Europa gegen das fanatische Asien. Hier klingt auch der Gedanke an, dass sich das serbische Volk für Europa geopfert habe und sei dabei von den übrigen christlichen Völkern im Stich gelassen worden. Das ,,Kosovo" steht für das Martyrium des serbischen Volkes, das in Europa nicht einmal Beachtung fand. Gestützt werden soll dieser Gedanke aufgrund der Tatsache, daß sich die Türken trotz ihres Sieges auf dem Amselfeld nach Adrianopel (Edirne) zurückzogen und ihren Weg nicht weiter nach Nordwesten fortsetzten. Sie gaben sich vielmehr mit der Eroberung Serbiens und Bulgariens (1393) zufrieden und setzten ihren Expansionskurs Richtung Westeuropa erst hundert Jahre später fort. Aus der Rolle Serbiens als nicht anerkannter Retter des Abendlands entwickelte sich in unserer Zeit eine Art Opfertrauma: Serbien steht immer allein da: Der Westen unterstützt nicht das Land. das sich für ihn aufgeopfert hat. sondern dessen Feinde: die Slowenen, Kroaten, die bosnischen Muslime und die Albaner im Kosovo.
Im 19. Jahrhundert wurde der Kosovo-Mythos die Basis, auf der man einen neuen serbischen Nationalstaat bauen wollte, der dann ohne das Kosovo nicht denkbar war. Dabei störte es die Serben nicht, dass durch serbische Abwanderung und albanische Zuwanderung inzwischen im Kosovo eine albanische Bevölkerungsmehrheit lebte.
Der Veitstag als ein Tag schicksalhafter Entscheidung ist tief im serbischen Bewusstsein verankert. Aktionen von historischer Bedeutung wurden eigens auf diesen Tag verlegt. Am bedeutendsten wurde der 28. Juni 1914, an dem der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo von einem serbischen Fanatiker ermordet wurde. Der serbische Geheimbund war am Attentat beteiligt Grund: Franz Ferdinands Konzept einer dritten ("slawischen") Reichshälfte innerhalb des Habsburg-Reichs - Tschechen und Slowaken, Kroaten und Serben im österreichischen Bosnien-Herzegowina. Das Attentat war Auslöser des 1. Weltkriegs.
Wie lebendig der Kosovo-Mythos auch in unserer Zeit ist, zeigte sich am 28. Juni 1989, den 600. Jahrestag der Schlacht von Kosovo. Damals versammelten sich ca. zwei Millionen Serben aus ganz Jugoslawien in Gazi Meatan, dem Ort, an dem die historische Schlacht stattgefunden haben soll. Anwesend war die komplette damalige Staats- und Parteiführung Jugoslawiens. Beethovens Trauermarsch wurde gespielt, danach die jugoslawische  Nationalhymne. Der Slowene Drnovaek legte in seiner Eigenschaft als jugoslawischer Staatspräsident einen Kranz am monumentalen Denkmal für die Helden von Kosovo nieder.
Bemerkenswert an diesem Tag war vor allem die Rede, die der Patriarch der serbisch orthodoxen Kirche, German, hielt und in der er wesentliche Bestandteile des Kosovo-Mythos in den Mittelpunkt stelle. Er sagte:
,,Wenn es um die Schlacht auf dem Amselfeld 1389 geht, dann erinnert sich jeder Serbe, ob Kind oder Greis, daran. Er weiß um die Schlacht und ist all dem, was damals geschah und was sich in den folgenden Jahrhunderten ereignete, mit Herz und Seele verbunden. So ist Kosovo mit dem innersten Wesen unseres Volkes aufs engste verwoben. Unser Volk hat begriffen, dass die Tragödie von Kosovo und die darauf folgende 500jährige Sklaverei auf eine Sünde zurückzuführen war. Das Unheil geschah, weil unter den Nachfolgern des großen Zaren Dušan Zwietracht herrschte und sein herrliches Reich wegen egoistischer Interessen zerstückelt wurde."
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7. Das serbische Volk und der serbische Staat  - Perspektiven

Leider hat in Serbien bzw. bei den Serben in den verschiedenen Staaten des früheren Jugoslawien bisher keine echte Aufarbeitung der Vergangenheit stattgefunden.
In einem Interview mit der Präsidentin des Juristen-Komitees für Menschenrechte, Belgrad, hat diese u. a. festgestellt:

„Weil es keinen Konsens über den Charakter der Kriege gibt, heißt das für Serbien konkret, dass die Mehrheit weiter meint, sie sei Opfer des Zerfalls von Jugoslawien und habe nicht an den Kriegen in Bosnien-Herzegowina und Kroatien teilgenommen, obwohl Serbien doch Aggressor war. In Serbien und Kroatien werden verschiedene historische Wahrheiten gepflegt. Aus serbischer Sicht mussten sich die in Kroatien lebenden Serben zu Beginn des jugoslawischen Krieges gegen aufkommenden kroatischen Faschismus verteidigen, aus kroatischer Sicht führte Belgrad einen Besatzungskrieg im Sinne großserbischer Ideen. Während am 5. August Kroaten die Befreiung, den Siegestag, feiern, klingen in Serbien die Trauerglocken, man gedenkt der Opfer, spricht von "ethnischer Säuberung". Tatsächlich sind Anfang August 1995 binnen weniger Tagen rund 200.000 Serben vor der Militäraktion "Oluja" (Sturm) aus Kroatien geflüchtet, man verschweigt aber die vorhergegangenen Vertreibungen von Kroaten, als serbische Truppen einen Großteil Kroatiens besetzt hatten. Man beschuldigt sich gegenseitig, Kriegsverbrechen begangen zu haben, kehrt die eigenen aber unter den Tisch. Vergangenheitsbewältigung gibt es auf beiden Seiten nur in Ansätzen. Ähnlich verhält es sich mit Bosnien und Herzegowina und dem Kosovo. Aber das Schlimmste ist, sagt Biljana Kovacevic-Vuco, dass rechte nationalistische Parteien weiter "verbalen" Krieg führen zur Rettung des angeblich bedrohten Serbentums“. [26]

Eine aktuelle Umfrage des Washingtoner Pew Research Centers ergab auf den ersten Blick, dass die Befragten in allen Nachfolgestaaten Jugoslawiens zwar keine ethnisch-religiösen Grenzziehungen wünschen, bei entsprechender Nachfrage  die Trennung aber für besser halten und eine große Mehrheit massives Misstrauen gegenüber der jeweils anderen Bevölkerungsgruppe äußerte. [27]

Eine Chance besteht in dem Wunsche vieler Serben nach Beitritt zur EU. Ein erster Schritt in die richtige Richtung war die Auslieferung der Kriegsverbrecher Milosevic und Mladic an den Gerichtshof in den Haag.

Den Stand der augenblicklichen Situation der West-Balkanländer im Hinblick auf eine (spätere) Mitgliedschaft in der EU zeigt die folgende Karte:

                                              Karte 9:  Westbalkan EU Beitritt

Bei Beitrittsverhandlungen muss die EU darauf dringen, dass Serbien und Montenegro eine demokratische Gesellschaft aufbauen, die auf den Wertvorstellungen der westlichen Demokratien beruht. Das setzt laut Biljana Kovacevic-Vuco aber voraus, dass sich die aktuellen Regierungen öffentlich zu Serbiens Verantwortung in den  Kriegen bekennen und dies auch der Öffentlichkeit klar sagt.

In der Praxis zeichnen sich die politischen Systeme Serbiens und Montene­gros allerdings durch weit­gehende Abwesenheit eines demokratischen Rechtsstaates aus . Die Macht konzentriert sich bei der Exekutive (im Fall Serbiens verfassungswidrig im Präsidialamt). Die Regierungsparteien dominie­ren die staatlichen Institutionen und begünstigen ihre Klientel, die Pfründe gegen Loya­lität tauschen, Das Parlament ist entsprechend machtlos. Es finden kaum echte Debatten in den Ausschüssen statt und schon gar nicht im Plenum. Gesetze werden oft im Eilverfahren durchgewinkt. Die Justiz ist ineffizient und beeinflussbar und ein Großteil der Medien ist personell und fi­nanziell von der Regierung abhängig. Die landesweiten Fernsehkanäle, über die sich das Gros der Bevölkerung informiert, dienen als Plattformen für propagandistisch an­mutende Auftritte der Exekutive. Deshalb muss man z. Zt. Serbien und Montenegro als gelenkte Demokratien bezeichnen. [28]

Wir Deutschen sollten hier eine vermittelnde Rolle übernehmen, denn wir mussten in unserer Geschichte auch lernen, Abstand von Groß-Deutschland zu nehmen, Gebietsverluste zu akzeptieren und zu erkennen, dass nur eine demokratische Gesellschaft und eine  Aussöhnung mit ehemaligen Feinden zu einer dauerhaften Befriedung und dadurch auch zur Anerkennung bei den anderen Völkern führt. Auch musste bei uns eine Generation mit der „Gnade der späten Geburt“ lernen, dass man einen Genozid weit größeren Ausmaßen als Srebenica als Verantwortung für die Zukunft mittragen muss. Vielleicht kann der Nobelpreisträger Peter Handke doch ein Brückenbauer zwischen uns und dem serbischen Volk sein, weil er einen anderen Blick auf die Ereignisse auf dem Balkan richtet, einen Blick ohne Hass und Vorverurteilung, vielmehr fragend, in Frage stellend und nach einem friedlichen Weg suchend, nach einem neuen Mit-  statt Gegeneinander. Auch wenn man seine grundsätzliche Parteinahme für Serbien nicht teilt, sollte man einer differenzierten Betrachtung Raum gebe. Man sollte m. E. Handke zugestehen, dass er sich nicht ganz so klar über Gut und Böse ist, wie viele Journalisten in Westeuropa und vor allem im deutschen Sprachraum. Differenzierendes Abwägen heißt nicht Wegschauen und Passivität. [29]  

Eine Brückenfunktion übernehmen aber auch die vielen friedlichen und gut integrierten Serben in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die hier eine neue – oder vorübergehend neue – Heimat gefunden haben.

Um die „serbische Seele“ zu versöhnen, sollte es bei entsprechenden Verhandlungen auch keine Tabus wie bisher geben. Wie bereits bei meinem Post Kosovo plädiere ich auch an dieser Stelle für die Notwendigkeit, den Norden Kosovos an Serbien anzugliedern. Bereits im Jahre 2010 berichtete die österreichische Zeitung „Der Standard“, dass die Belgrader Regierung  einen Gebietsaustausch in der Weise vorgeschlagen hat, dass der Norden des Kosovo an Serbien fällt und dafür das Kosovo einen Teil des Presovo-Tals im Süden Serbiens erhalten solle, wo 80% der Bevölkerung Albaner sind. Bei erneuten Verhandlungen im Jahre 2018 unter Federführung der EU-Kommission einigten sich die Präsidenten Serbiens, Aleksandar Vucić, und des Kosovo, Hashim Thaci, erneut auf einen solchen Gebietstausch. Die damalige EU-Außenbeauftragte, Federica Mogherini,  unterstützte diese Überlegungen, um bei beiden Staaten einen friedlichen Ausgleich herbeizuführen und somit einen Beitritt zur EU zu erleichtern. Washington und Paris signalisierten Zustimmung, aber leider hat die deutsche Regierung diesen lobenswerten Vorstoß nicht unterstützt, weil man fürchtet, dies könnte weitere Forderungen nach neuen Grenzziehungen auf dem Balkan fördern. M. E. wird man mit diesem Beharren auf Vorkriegsgrenzen nie zu einem friedlichen Ausgleich kommen. Dabei hätten es die beiden Präsidenten auch in ihren eigenen Staaten schwer, diesen Kompromiss durchzusetzen. Umso mehr ist das Veto aus Deutschland zu bedauern. [30]  Aber die Verhandlungen um den EU-Beitritt gehen ja weiter und vielleicht sieht man irgendwann auch in Berlin ein, dass es ohne Kompromisse keinen Fortschritt und keine Aussöhnung auf dem Balkan gibt.

Darüber hinaus ist es m. E. auch notwendig über einen weiteren Tabubruch nachzudenken, nämlich den Anschluss der bosnisch-serbischen Teilrepublik an Serbien. Die Serben in diesem Teil Bosniens werden sich nie mit ihrer jetzigen Rolle zufrieden geben, haben faktisch ohnehin einen Staat im Staate geschaffen und blockieren mit ihrem Veto die Funktion des Staates Bosnien-Herzegowina (siehe meinen Post Bosnien-Herzegowina). Auch das Selbstbestimmungsrecht der dortigen Serben muss m. E. anerkannt werden. Sicherlich kann dann auch die Föderation aus Bosniaken und Kroaten zerbrechen,  weil die bosnischen Kroaten ebenfalls einen Anschluss an Kroatien wünschen. Dann wird der Einwand kommen, ein Bosnien der Bosniaken sei ohne den serbischen und kroatischen Teilgebiete nicht lebensfähig. Das ist m. E, aber absurd, wenn man z. B. Montenegro und andere Kleinstaaten betrachtet. Selbstverständlich muss Serbien einen EU-konformen Minderheitenschutz für die verbleibenden Minderheiten in vollem Umfang gewährleisten. Ein so befriedetes Serbien kann eine Bereicherung für den ganzen Balkan und damit für Europa werden.

Leider sehen die Perspektiven heute – Stand Ende 2020 – nicht besser aus, als 2018. Auf allen Seiten gibt es Blockierer. Die Gründe sind vielfältig und liegen bei mehreren Verantwortlichen. Wie oben dargestellt, blockiert Deutschland einen Fortschritt in den Grenzfragen, Frankreich und weitere EU-Staaten wollen z. Zt. gar keine EU-Erweiterung und sind froh, wenn der Prozess stockt. Der starke Mann in Serbien - Aleksandar Vučić – (er wurde 2017 bereits im 1. Wahlgang mit deutlicher Mehrheit zum Präsidenten gewählt) spielt ein doppeltes Spiel. Einerseits verhandelt er mit der EU, andererseits pflegt er gute Kontakte zu Russland und China. 2016 versprach Aleksandar Vučić in einer Rede vor dem Parlament, dass Serbien alle 35 Kapitel des EU-Rechts am Ende des Mandats im Jahr 2020 geschlossen haben werde. Doch Serbien ist jetzt, wo Vučićs selbst gesetzte Frist zu Ende geht, weit davon entfernt. Im Gegenteil: Es gibt sogar Rückschritte, wenn es um eine unabhängige Justiz, die undurchsichtigen Geheimdienste, die Freiheit der Medien und den Kampf gegen die Korruption geht. Vučić betont zwar, dass es weiterhin Ziel sei, der Europäischen Union beizutreten, doch es fehlt an sichtbaren Schritten, dass er oder die Regierung dies ernst meinen. „Mangelnde Fortschritte in den wichtigsten Kapiteln 23 und 24 sowie die Verschlechterung bei demokratischen
Prozessen und der Medienfreiheit werfen Zweifel am politischen Reformwillen der Regierung auf", heißt es in einer Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung. Tatsächlich gelingt es der serbischen Regierung und dem Präsidenten, die Lage so darzustellen, als ob es tatsächlich noch einen EU-Beitrittsprozess gebe, aber die EU Serbien einfach nicht integrieren wolle. Die meisten Bürger in Serbien wissen nicht, dass der Mangel an Fortschritt daran liegt, dass die serbische Regierung einfach keine Reformen umsetzt.
Immer mehr Menschen stellen daher den EU-Beitritt als unumstößliches Ziel infrage. Gab es in den 2000er Jahren in allen Staaten des Westbalkan noch Zustimmungsraten über 70 oder 80 Prozent für einen EU-Beitritt, sind diese in den ver­gangenen Jahren kontinuierlich gesunken. So stimmen 2017 etwa 32 Prozent der Ser­ben, 28 Prozent der Ma­zedonier und 33 Prozent Bürger von Bosnien-Herzegowina der Aussage zu, dass ihre Länder nie der Europäischen Union beitreten werden. Gleichzeitig scheint sich in denselben Staaten eine Hinwendung zu anderen für die Region re­levanten geopolitischen Akteuren zu vollziehen. So schätzten in Serbien Anfang 2017  61 Pro­zent der Befragten den Einfluss Russlands als sehr positiv für das Land ein, und 32 Prozent gaben an, einen Beitritt Serbiens zu einer Eu­roasiatischen Union unter russischer Führung zu begrüßen, während immerhin noch 35 Prozent den Einfluss Deutschlands positiv sahen,  aber nur fünf Prozent sprachen sich für eine Mitgliedschaft in der Nato aus­.  [31]

Bei dieser Ausgangslage ist Skepsis angebracht, aber es bleibt das Prinzip Hoffnung und es ist nicht nur meine Meinung, dass es ohne eine vernüntige Integration der Balkan-Staaten in die EU keine bleibende friedliche Lösung auf dem Balkan gibt.

 

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Anmerkungen und Quellen

[1] https://www.liportal.de/serbien/gesellschaft/ -  https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/laender/serbien - https://de.wikipedia.org/wiki/Serbienhttp://www.vienna.mfa.gov.rs/serbia.php https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/fischer-weltalmanach/65788/serbien - http://www.vienna.mfa.gov.rs/serbia.php - https://www.mdr.de/nachrichten/osteuropa/ostblogger/serben-vermehrt-euch-100.html

[2] Wegweiser zur Geschichte – Bosnien-Herzegowina – Verlag Ferdinand Schöning Paderborn, München, Wien, Zürich 2007

[3]  APuZ 40–41/2017 16 -   https://de.wikipedia.org/wiki/Jugoslawienkriege  Christian Promitzer: Vorkrieg: Das Habsburger Reich und die Südslawen bis zum Jahr 1914

[4] KLEINE GESCHICHTE JUGOSLAWIENS  in APuZ 40–41/2017 - Johann Georg Reißmüller: Der Krieg vor unserer Haustür“, DVA Stuttgart 1992, S.10ff https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_I._(Jugoslawien)

[5] Doz. Dr. Milan Ristović: Diktatur, Kollaboration und die patriarchale autoritäre Utopie: General Milan Nedić und Serbien 1941-1944. Veröffentlicht in: Autoritäre Regime in Ostmitteleuropa 1919-1944. Hrsg. von Erwin Oberländerim Zusammenarbeit mit Rolf Ahman, Hans Lemberg und Holm Sundhaussen, - Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn-München-Wien-Zürich, 2001, s. 633 – 687.

[6]  APuZ 40–41/2017 + https://de.wikipedia.org/wiki/Jugoslawienkriege#Massaker_von_Bleiburg - Wegweiser zur Geschichte – Bosnien-Herzegowina – Verlag Ferdinand Schöning Paderborn, München, Wien, Zürich 2007, S. 112ff

[7] Milovan Djilas: „Die neue Klasse“, Verlag Kindler 1957 + https://de.wikipedia.org/wiki/Josip_Broz_Tito

[8] Ksenija Cvetković-Sander: Die unmögliche Nation - Jugoslawen im Land von „Brüderlichkeit und Einheit“ in Südosteuropäische Hefte, Berlin 2012    -   APuZ 40–41/2017 16

[9] wie vor

[10] https://de.wikipedia.org/wiki/SANU-Memorandum

[11] Holm Sundhausen :Zur Machtkonzeption Slobodan Milosevics
(Vortrag am 12.6.99 in der Europäischen Akademie)-
https://web.archive.org/web/20140520185442/http:/www.eaue.de/SO-Europa/so-eur04.htm https://de.wikipedia.org/wiki/Slobodan_Milošević

[12] Holm Sundhaussen: „ Der Zerfall Jugoslawiens und dessen Folgen“ in "Aus Politik und Zeitgeschichte" Nr. 32/2008 und ders. "Staatenbildung und ethnisch-nationale Gegensätze in Südosteuropa" in "Aus Politik und Zeitgeschichte" Nr. 11/2003

[13] Sebastian Wenzlitschke: „Jugoslawien, Gellner und der allgegenwärtige Nationalismus - Die Entstehung von Nation und Nationalismus im multinationalen Raum der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien“ in Zur Konstruktion von Nation und Nationalismus – Therorien, konzeptionelle Überlegungen und das östliche Europa, April 2012

[14] https://de.wikipedia.org/wiki/Kosovokrieg Das Parlament – Ausgabe 22-23 2011

[15]  https://de.wikipedia.org/wiki/Serben#Serbien

[16]  https://www.deutschlandfunk.de/serbische-minderheit-in-kroatien-wer-sich-nicht-als-patriot.795.de.html?dram:article_id=453086

[17] https://de.wikipedia.org/wiki/Serben_und_Montenegriner_in_Albanien https://web.archive.org/web/20141027112939/http://www.setimes.com/cocoon/setimes/xhtml/en_GB/features/setimes/features/2014/01/23/feature-01 https://web.archive.org/web/20160803180835/http://dediserver.eu/hosting/ethnodoc/data/AlbanienSerben.pdf

[18] Corina Anderl und Josef Sallanz: „Nationale Minderheiten in der Globalisierung: Die serbische und die ukrainische Minorität in den rumänischen Grenzregionen Banat und Dobrudscha nach der Wende von 1989“ in geographische revue 1/2006

[19] https://www.dw.com/de/kommentar-montenegro-der-krieg-des-praesidenten-gegen-die-kirche/a-51905236

[20] https://de.wikipedia.org/wiki/Montenegro#cite_note-37  - http://www.pesterlloyd.net/2011_21/215jahreMONTE/215jahremonte.html

[21] Silvija Railić: „Minderheitenschutz im östlichen Europa – Serbien und Montenegro + https://de.wikipedia.org/wiki/Montenegro

[22]  https://de.wikipedia.org/wiki/Montenegro

[23] https://de.wikipedia.org/wiki/Montenegro#Religionen -    https://www.dw.com/de/kirchenstreit-in-montenegro/a-52032224    - https://de.euronews.com/2020/02/20/kirchenstreit-in-montenegro-verscharft-sich -   Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2019 - https://de.wikipedia.org/wiki/Montenegrinisch-orthodoxe_Kirche.

[24] Die Angaben zur Serbokroatischen Sprache und den Nachfolgesprachen habe ich im wesentlichen unter Verwendung folgender Quellen zusammengestellt:
 a) http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2005/10/15/a0044 
b) https://www.uni-trier.de/index.php?id=55477,  http://de.wikipedia.org/wiki/Kroatische_Sprache, www.kas.de - "Sprache und Sprachpolitik auf dem Gebiet Ex-Jugoslawiens" - pdf Dokument der Konrad-Adenauer-Stiftung- Auslandsbüro Kroatien
c) Sprache und Sprachpolitik auf dem Gebiet
Ex-Jugoslawiens (pdf-Dokument)  
d) https://www.deutschlandfunk.de/eine-sprache-viele-erben.700.de.html?dram:article_id=79232
e) Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache - Serie A  - 13/2009 - Herausgegeben von: Schwerpunkt: Lesen. Prozesse, Kompetenzen, Förderung HansJürgen Krumm und Paul R. Portmann -Tselikas 
f)  https://www.nzz.ch/international/die-flexibilitaet-der-slawischen-muslime-ld.1320149 und Cyrill Stieger „Wir wissen nicht mehr, wer wir sind – Vergessene Minderheiten auf dem Balkan“bpb-Schriftenreihe Band 10292, Seite 31ff                                                                                                       g) https://de.wikipedia.org/wiki/Serbokroatische_Sprache Vedad Smailagić: „Bosnisch - Kroatisch – Montenegrinisch – Serbisch (BKMS) – Kodifizierung zwecks Differenzierung“                                h) Mišo Ešić: „Die Wiener Vereinbarung“                                                                                                  i) Gordana lIić Marković; „Bosnisch/Kroatisch/Serbisch: Die Auswirkung der Koexistenz mehrerer Standardsprachen auf den Sprachunterricht“ - Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache - Serie A  - 13/2009

[25] Katharina Holst: „Vier gewinnt? Die Zukunft des BKMS als Amtssprache in der Europäischen Union“ November 2015

[26]Holm Sundhaussen: „ Der Zerfall Jugoslawiens und dessen Folgen“ in "Aus Politik und Zeitgeschichte" Nr. 32/2008 und ders. "Staatenbildung und ethnisch-nationale Gegensätze in Südosteuropa" in "Aus Politik und Zeitgeschichte" Nr. 11/2003 + Das Parlament Nr. 46 / 09.11.2009  und https://www.mdr.de/nachrichten/osteuropa/ostblogger/serbien-bittere-schokolade-100.html    

[27] siehe Publik-Forum Heft 11/2017

[28] Andreas Ernst: „Echoraum, nicht Pulverfass“ in APuZ Nr. 40/41/2017, Oktober 2017

[29]  Noch einmal für Jugoslawien: Peter Handke“ herausgegeben von Thomas Deichmann, Suhrkamp taschenbuch 2906978-3-518-39406-9 3. Auflage 2017, Darin „Einleitung“ von Thomas Deichmann und Hannes Kraus: „Gerechtigkeit für Peter Handke“ + https://www.dw.com/de/debatte-um-literaturnobelpreis-f%C3%BCr-peter-handke-berechtigte-wut-oder-monstr%C3%B6se-unterstellung/a-51536180

[30] http://derstandard.at/1277337738019/Belgrad-bietet-Gebietstausch-an und:
https://www.welt.de/politik/ausland/article181446148/Serbien-und-Kosovo-Loesen-neue-Grenzen-den-Konflikt-auf-dem-Balkan.html  

[31] https://www.derstandard.de/story/2000118175909/serbien-machte-in-den-letzten-vier-jahren-kaum-schritte-in – Vedran Džihić:“Verlorene Strahlkraft? Die Nachfolgestaaten Jugoslawiens zwischen EU, Russland und Türkei“ in  APuZ Nr. 40/41/2017, Oktober 2017

 

3 Kommentare:

  1. Angaben zu der Opferzahl in Bosnien-Herzegowina sind falsch. Die ensprechende Staatskommission hat die Gesamtzahl von etwas unterhalb von 100000 Toten festgestellt.

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  2. Siehe dazu meine Überarbeitung des Absatzes
    2 b) Bosnien - Herzegowina

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  3. Frau Christy Walton vergibt Kredite an Unternehmen und Privatpersonen mit einem niedrigen und angemessenen Zinssatz von 2 %. E-Mail an: (christywalton355@gmail.com)

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