a) Einleitung - Geschichte
Bei der
geschichtlichen Betrachtung gehe ich von Ungarn in den heutigen
Grenzen (bzw. den Grenzen des Friedensvertrages von Trianon) aus. Bei
den Ungarndeutschen handelt es sich vor allem um Donauschwaben, die
nach der Vertreibung der Türken ab 1683 angesiedelt wurden. Ein
kleinerer deutscher Bevölkerungs-Anteil ist bereits seit dem
Mittelalter im östlichen Burgenland ansässig. Die Ungarndeutschen
verband mit den Banater und Sathmarer Schwaben aus Rumänien und den
Schwaben im späteren Jugoslawien ein gemeinsames Schicksal im historischen
Ungarn bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Sie verstehen sich
deshalb auch als Teil der Volksgruppe der Donauschwaben. Siehe dazu auch meinen Post "Deutsche Volksgruppen in Rumänien".
Der nach den Türkenkriegen geschlossene Vertrag von Sathmar im Jahre 1711 zwischen der Habsburg-Monarchie (Kaiser Karl VI) und den ungarischen Ständen war die Basis für die Ansiedlung von Deutschen in den fruchtbaren aber im Kriege unsicheren Ebenen Ungarns, da viele Bewohner in die Städte geflüchtet waren, Bauernhöfe waren verlassen und das Land unbearbeitet. Durch die Initiative privater Grundherren wie auch staatlicher Behörden wurden im Verlauf des 18. Jahrhunderts ca. 400.000 Siedler aus deutschen Landen in Ungarn ansässig. Für verarmte deutsche Bauern bot sich hier die Möglichkeit mit relativ geringem Kapital (100 bis 200 Gulden - in Deutschland war das Zehnfache erforderlich) einen Bauernhof zu erwerben und ihre Existenz auf fruchtbarem Boden zu sichern. Selbst für etwa ein Drittel der Siedler, die über keine Mittel verfügten, bot sich über die Tätigkeit als Tagelöhner bald die Möglichkeit des Erwerbs von Land und der soziale Aufstieg. Das wichtigste Kapital für den Erfolg waren aber die mitgebrachten Kenntnisse in einer für ungarische Verhältnisse modernen Bewirtschaftung der Bodenflächen mit besseren Geräten und Methoden und besseren Kenntnissen in der Vermarktung. Die Pionierleistung der Deutschen wurde von den Ungarn ausdrücklung anerkannt und die hauptsächliche Siedlungsregion im Südosten Ungarns ab Mitte des 19. Jahrhunderts von den Ungarn als Schwäbische Türkei bezeichnet. Dabei bedeutete der Begriff "Schwabe" bereits seit dem Mittelalter in Ungarn als Synonym für Deutsche(r). Die Ungarndeutschen konnten dort ihre Kultur und Religion ohne Einschränkung pflegen. Eine Änderung der Situation trat
nach der Niederlage Österreichs gegen Preußen 1866 ein. Im sogenannten "Ausgleich" wurde die Position des ungarischen Staates in der K und K-Monarchie erheblich gestärkt. Ungarn war ein völlig selbständiger Staat, der nur durch den Monarchen und eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik mit Österreich verbunden blieb. Seit diesem Zeitpunkt setzte im ungarischen Reichsteil eine forcierte Magyarisierung ein. Das Nationalitätengesetz von 1868 und das Schulgesetz von 1907 bedeuteten Höhepunkte der ungarischen Assimilationspolitik. Auf diese Gesetze berief sich der ungarische Staat bis 1945 Auch nach dem ersten Weltkrieg wurden keine Gesetze über die Rechtsstellung der Minderheiten geschaffen.1 Diese Grundzüge der ungarischen Minderheitspolitik wirkten sich auch auf die Art und Weise der seit 1869 durchgeführten Volkzählungen aus.
Der nach den Türkenkriegen geschlossene Vertrag von Sathmar im Jahre 1711 zwischen der Habsburg-Monarchie (Kaiser Karl VI) und den ungarischen Ständen war die Basis für die Ansiedlung von Deutschen in den fruchtbaren aber im Kriege unsicheren Ebenen Ungarns, da viele Bewohner in die Städte geflüchtet waren, Bauernhöfe waren verlassen und das Land unbearbeitet. Durch die Initiative privater Grundherren wie auch staatlicher Behörden wurden im Verlauf des 18. Jahrhunderts ca. 400.000 Siedler aus deutschen Landen in Ungarn ansässig. Für verarmte deutsche Bauern bot sich hier die Möglichkeit mit relativ geringem Kapital (100 bis 200 Gulden - in Deutschland war das Zehnfache erforderlich) einen Bauernhof zu erwerben und ihre Existenz auf fruchtbarem Boden zu sichern. Selbst für etwa ein Drittel der Siedler, die über keine Mittel verfügten, bot sich über die Tätigkeit als Tagelöhner bald die Möglichkeit des Erwerbs von Land und der soziale Aufstieg. Das wichtigste Kapital für den Erfolg waren aber die mitgebrachten Kenntnisse in einer für ungarische Verhältnisse modernen Bewirtschaftung der Bodenflächen mit besseren Geräten und Methoden und besseren Kenntnissen in der Vermarktung. Die Pionierleistung der Deutschen wurde von den Ungarn ausdrücklung anerkannt und die hauptsächliche Siedlungsregion im Südosten Ungarns ab Mitte des 19. Jahrhunderts von den Ungarn als Schwäbische Türkei bezeichnet. Dabei bedeutete der Begriff "Schwabe" bereits seit dem Mittelalter in Ungarn als Synonym für Deutsche(r). Die Ungarndeutschen konnten dort ihre Kultur und Religion ohne Einschränkung pflegen. Eine Änderung der Situation trat
nach der Niederlage Österreichs gegen Preußen 1866 ein. Im sogenannten "Ausgleich" wurde die Position des ungarischen Staates in der K und K-Monarchie erheblich gestärkt. Ungarn war ein völlig selbständiger Staat, der nur durch den Monarchen und eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik mit Österreich verbunden blieb. Seit diesem Zeitpunkt setzte im ungarischen Reichsteil eine forcierte Magyarisierung ein. Das Nationalitätengesetz von 1868 und das Schulgesetz von 1907 bedeuteten Höhepunkte der ungarischen Assimilationspolitik. Auf diese Gesetze berief sich der ungarische Staat bis 1945 Auch nach dem ersten Weltkrieg wurden keine Gesetze über die Rechtsstellung der Minderheiten geschaffen.1 Diese Grundzüge der ungarischen Minderheitspolitik wirkten sich auch auf die Art und Weise der seit 1869 durchgeführten Volkzählungen aus.
b) Lage und Zahlen
Daher
sind Zahlenangaben zur deutschen Volksgruppe in Ungarn bis in die
heutige Zeit mit großer Vorsicht zu betrachten. Für die Zeit
zwischen 1910 und 1930 schwanken die Angaben zwischen 500000 und
700000 Deutschen. Eine Besonderheit der ungarischen Volkszählungen
bis heute ist die Frage nach der Nationalität und der Muttersprache.
Hierbei ging der ungarische Staat ähnlich dem französischen von der
Staats-Nation (Nationalität) aus.2
Bei der Volkszählung
1941 bekannten sich 303419 Personen zur deutschen Nationalität und
zur deutschen
Muttersprache. Darüber hinaus gaben 477057 zwar „Deutsch“ als
ihre Muttersprache an, bekannten sich aber zur ungarischen
Nationalität.3
Bei diesem Personen muss man von einer bereits weit fortgeschrittenen
Madyarisierung ausgehen.
Mit
der am 20. 8. 1949 verkündeten neuen volksdemokratischen Verfassung
wurde dann die Diskriminierung der deutschen Volksgruppe offiziell
beendet, die völlige Gleichstellung erfolgte jedoch erst mit der
Ministerrats-Verordnung vom 25. 3. 1950.4
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Zahl der Ungarndeutschen durch
Deportation, Vertreibung und Kriegswirren bereits mehr als halbiert.
Schätzungen sprachen von 220000 bis 300000 in Ungarn verbliebenen
Deutschen.5
Bei den offiziellen Volkszählungen bekannten sich demgegenüber weit
weniger Deutschstämmige zu ihrem Volkstum:
1949:
22455, 1960: 50763, 1970: 35594.6
In diesen Zahlen spiegelt sich bereits das Dilemma einer Volksgruppe
wieder, die nach starker Dezimierung durch Vertreibung, Flucht und
Deportation resignierte und nun selbst eine Madyarisierung hinnahm ,
um im neuen sozialistischen Ungarn überleben zu können.
c) Geschichte nach dem 2. Weltkrieg bis zur „Wende“ 1989
Mit
dem Ende des 2. Weltkriegs begann für die Ungarndeutschen der
gleiche Leidensweg wie in den anderen osteuropäischen Staaten.
Bereits im Winter 1944/45 wurden bei dem Einmarsch der sowjetischen
Truppen ca. 60.000 Männer und Frauen deutscher Volkzugehörigkeit
zur Zwangsarbeit in die Sowjet-Union deportiert. Auf der Potsdamer
Konferenz im August 1945 wurde dann die Aussiedlung der
Ungarndeutschen genehmigt. Bis 1948 wurden ca. 260000 Ungarndeutsche
nach Deutschland und Österreich ausgewiesen, ihr Vermögen wurde
beschlagnahmt. Besonders die deutsche Bevölkerung in Westungarn, dem östlichen Burgenland, wurde vertrieben oder ausgesiedelt. 1948 kam die Aussiedlung zum Stillstand, weil sich
insbesondere britische und amerikanische Besatzungsbehörden
weigerten, weitere Aussiedler-Transporte aufzunehmen.7
Nach
dem Ungarn-Aufstand 1956 bemühte sich das kommunistische Regime zwar
auffallend wohlwollend um seine Deutschen. Der Deutschunterricht an
Schulen und in Kindergärten wurde wieder aufgebaut, allerdings unter
erheblichen Mängeln (fehlende Lehrer, fehlendes
Unterrichtsmaterial). 1958 gab es 131 Elementar- und 3 Oberschulen
mit deutscher Unterrichtssprache. 1960 wurde aufgrund der erwähnten
Schwierigkeiten jedoch zu einem bedeutenden Einschnitt für die
deutsche Volksgruppe. Der rein muttersprachliche Unterricht wurde
wieder eingestellt und ein zweisprachiger Unterricht eingeführt. In
der Praxis bedeutete dies, dass außer Deutsch (Sprache und
Literatur), Geschichte und Geographie praktisch alle anderen Fächer
auf ungarisch unterrichtet wurden.8
Die „brüderliche“ Unterstützung der Ungarndeutschen durch die
„DDR“ war dabei aufgrund des ideologischen Übergewichts auch
wenig hilfreich. Hinzu kam, dass durch die Ereignisse der
Nachkriegszeit die geschlossenen Gebiete dezimiert und viele Deutsche
unter einem erdrückenden Mehrheit von Ungarn in Budapest und im
Landesinneren lebten, so dass nur etwa ein Viertel der Deutschen ihre
Kinder in erreichbare deutsche Schulen schicken konnten.9
Erfreulicherweise
wurden durch das kommunistische Ungarn – im Gegensatz zur
Vorkriegszeit – keine amtlichen Hindernisse für deutsche
Kulturbestrebungen errichtet. Seit 1957 erschien die „Neue Zeitung“
als Wochenblatt des Deutschen Verbandes. Der Generalsekretär dieses
Verbandes, Herr Dr. Wild, saß als Abgeordneter im Budapester
Parlament, Kulturtätigkeiten (Laienspiel, Volkstanz ) wurden
staatlicherseits bezuschusst. Der Rundfunk in Budapest und
Fünfkirchen sendete regelmäßig auf deutsch. Dennoch nahm durch die
Macht des Faktischen die Zahl der deutschen Muttersprachler ständig
ab.
d) Politische Situation, deutsche Kultur und Sprache nach der „Wende“
Während
der Nachkriegszeit bis zur „Wende“ haben viele Ungarndeutsche
ihren Wohnort im ländlichen Raum aufgegeben und sind in die
Anonymität der Städte geflüchtet, was zumindest für die
nachfolgende Generation mit der Aufgabe der Muttersprache identisch
war. Aber auch in den früher deutschen Dörfern im Süden Ungarns
hatten viele resigniert. Der ständigen Drangsalierung und
Benachteiligung überdrüssig, gab man nach und nach seine
Muttersprache auf. Georg Reißmüller schildert sehr eindrucksvoll
seine Eindrücke beim Besuch der Deutschen in der Branau im Süden
Ungarns.10
Hieraus
erklärt sich auch – bis auf den heutigen Tag - die große
Differenz zwischen den Bekenntnis-Deutschen bei Volkszählungen und
den Schätzungen von Minderheitsorganisationen. Die Zahl der Ungarndeutschen lag bei der Volkszählung von 2001
bei 62.233. Diese
Zahl von 62233 Personen, die sich bei der Volkszählung 2001 zur
deutschen Nationalität bekannten, bedeutete zunächst gegenüber der
letzten Zählung im Jahre 1990 eine Verdoppelung. So erfreulich diese
Tatsache auf den ersten Blick erscheint, ergab die Volkszählung aber
gleichzeitig, dass die Zahl der deutschen Muttersprachler im gleichen
Zeitraum von 37511 auf 33792 zurückging. 11
Bei der Volkszählung im Jahre 2011 hat sich diese Zahl der Ungarndeutschen interessanterweise nochmals mehr als verdoppelt und lag nun bei 132.000. Dies zeigt einerseits, dass sich mehr Ungarndeutsche wieder zu ihrer Natonalität bekennen, andererseits aber auch die Schwierigkeit, eine tatsächliche Zahl aller Deutschen in Ungarn zu benennen. Schätzungen schwanken daher zwischen 180.000 bis 200.000.12
Gegenüber
der Vorkriegszeit haben wir es nun mit einer gegenläufigen Situation
zu tun: Viele Deutschstämmige bekennen sich wieder zu ihrer
Nationalität und ihren deutschen Wurzeln, obwohl sie ihre
Muttersprache gar nicht, schlecht oder nur als Fremdsprache beherrschen.
Nicht
zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen erkennen viele Ungarndeutsche
nun wieder den Wert „ihrer“ Sprache. Der ungarische Staat
unterstützt aus gleichen Gründen die deutsche Minderheit und
fördert das deutsche Schulwesen.
Basis
hierfür und für eine politische Beteiligung der Minderheiten bei
der Selbstverwaltung bietet das beinahe vorbildliche Minderheitengesetz von 199313, in dem es einleitend heißt: „Ziel
dieses Gesetzes ist die Formulierung und Schaffung von
Voraussetzungen, durch welche die Möglichkeit geboten wird, dem
Assimilationsprozess der Minderheiten Einhalt zu bieten bzw. diesen
rückgängig zu machen.“ Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgabe
löste sich nach fast 40jährigem Bestehen 1992 der Verband der
Ungarndeutschen (VdU) selbst mit der Begründung auf, dass künftig
die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) die einzig
legitime Vertretung der Ungarndeutschen sei. Die LdU bezeichnet sich
selbst als das politische und Interessenvertretungsorgan der
deutschen Volksgruppe in Ungarn auf Landes und Regionalebene.
Höchstes Ziel bestehe in der Förderung des Erhalts, der Entwicklung
und Entfaltung der Sprache, der Sach- und Mentalkultur, der
geschichtlichen Traditionen und anderer mit der
Nationalitäten-Existenz der ungarländischen Deutschen zusammen
hängenden Spezifika.14
Das aus 53 Mitgliedern bestehende „Parlament“ dieser
Selbstverwaltung begann im Januar 1999 seine zweite „Amtszeit“.
In einem Beitrag für das Wochenblatt „Neue Zeitung“ lobte der
Vorsitzende der LdU das in der 1. Legislaturperiode erreichte. Er
betonte aber auch, dass man Probleme mit dem zweisprachigen
Unterricht und dem Nachwuchs an (Lehr-)Fachkräften habe. Da müsse
man in den nächsten Jahren einfach Erfolge haben.15
e) Heutige Probleme
Einen
Rückschlag für alle Minderheiten in Ungarn brachten die Parlaments-Wahlen
2010, mit einem drastischer
Rechtsruck: Die Konservativen (Fidesz) von Viktor Orbán gewannen die
Parlamentswahl mit rund 53 Prozent und die Rechtsextremen (Jobbik)
landeten mit 16,7 % knapp hinter den bisher regierenden
Sozialdemokraten, die auf rund 19 Prozent abstürzten. Seitdem ist
die EU besorgt um die demokratische Entwicklung in Ungarn und auch
die verschiedenen Minderheiten des Landes sind in Sorge um die
weitere Entwicklung, insbesondere im Hinblick auf ein neues
Minderheitengesetz.
Beispielhaft
für diese Sorgen zitiere ich eine Resolution der Jugendorganisation
europäischer Volksgruppen, die auf Initiative der Gemeinschaft
Junger Ungarndeutscher und der Organisation junger Slowaken in
Ungarn beim Ostertreffen 2012 der JEV in Südtirol verabschiedet wurde:
Die
JEV…ist besorgt über die Inkraftsetzung des neuen
Minderheitengesetzes in Ungarn.
Mit diesen neuen Regelungen ist der in ganz Europa als vorbildlich angesehene
Minderheitenschutz verschwunden. Das neue Minderheitengesetz beschneidet sowohl die
Rechte als auch die zur Verfügung gestellten Mittel in drastischer Weise.
…Zudem möchten wir betonen, dass das verabschiedete Gesetz
….nicht geeignet ist, den Erhalt der Minderheiten zu unterstützen.
Aus diesen
Gründen fordern wir, dieses neue, nicht europataugliche Gesetz nochmals
zu begutachten und in Zusammenarbeit mit Vertreter/innen von Minderheitsorganisationen
zu ändern.16
Ob
dies gelingt, wird z. T. vom Druck der EU abhängen, letztlich liegt
die Zukunft aber bei den Ungarndeutschen selbst. Vorsichtig optimistisch äußert sich Johann Schuth, Chefredakteur
der in Budapest erscheinenden "Neuen Zeitung". Schuth leitet auch den
1992 gegründeten Verband Ungarndeutscher Autoren und Künstler (VUdAK)
und issst Mitglied der Landesselbstverwaltung. Er berichtet, dass es
2017 neben der Landesselbsstverwaltung 13 regionale und ca. 400
kommunale Selbstverwaltungen der Ungarndeutschen gibt. Wichtig für den
Bestand der deutschen Minderheit in Ungarn seies heute, die kulturelle
Autonomie auszubauen, wozu besonders die deutschen Schulen, die "Neue
Zeitung" und der VUdAK einen wichtigen Beitrag leisten. Die
verschiedenen deutschen Selbstverwaltungen streben für 2018 an, bei der
Parlamentswahl einen vollwertigen Sitz im ungarischen Parlament zu
erreichen.17
Eine
leise Zuversicht klingt aus einem in Stein gemeißelten Vers der 1998
verstorbenen ungarndeutschen Schriftstellerin Valeria Koch, den man
in Fünfkirchen lesen kann, wenn man das Haus des bekanntesten
ungarndeutschen Dichters Nikolaus Lenau, die daneben befindlichen
Minderheiten-Selbstverwaltung und die vor diesen Gebäuden 1997
errichtete Statue eines vertriebenen Donauschwaben besucht:
Wir
feiern mit leisen, versöhnenden Tönen,
gedenken
des Schicksals von Vätern und Söhnen,
von
missbrauchten Kindern, die wir damals waren,
wir
wollen der Zukunft jeden Hass ersparen.18
1
Arnold Weingärtner: „Nation und Staat“, S. 32 (Ethnos 17) und Globus 2/2011
2
Fritz Zimmermann: „Historisch-ethnographische Analyse der
deutschen Besiedlungsgebiete Westungarns“,
S. 7ff.
Hierin wird zur Verdeutlichung der Situation u. a. auf die amtliche
Veröffentlichung „Ergebnisse der Volkszählung 1881, I. Band,
Budapest 1882, verwiesen, in der es u. a. heißt: ....Die
Bestimmung der eigenen Nationalität ist .....unbestreitbar ein
individuelles Recht. ....Und hier sind lediglich zwei Fälle denkbar
.....Entweder steht der Betreffende auf einem so niederen Niveau der
Bildung, dass er von der Nationalität gar keinen Begriff hat
...dann gibt er ganz einfach den Stamm an, dem er angehört, und
bekennt sich als Slowake, Rumäne usw.; oder er ist imstande,
zwischen Stamm und Nationalität, Nationalität und Nation einen
Unterschied zu machen, und dann bekennt er sich einfach als Ungar,
der seinem Ursprung nach diesem oder jenem Stamm angehört
3
Handbuch der europäischen Volksgruppen Seite 409
4
Handbuch der europäischen Volksgruppen S. 410f
5
Die in Budapest erscheinende deutschsprachige Wochenzeitung „Freies
Leben“ berichtete am 18. 2. 1956 von 300000, am 13. 10. des
gleichen Jahres von 220000 Deutschen in Ungarn.
6
Wege und Wandlungen – Die Deutschen in der Welt heute - darin:
Hans Christ „Deutsche in Ungarn – gestern, heute, morgen“ S.
184
7
Staatsbürgerliche Informationen der Bundeszentrale für
Heimatdienst, Bonn, Folge 92, März-April 1961, S. 9 und Handbuch
der europäischen Volksgruppen S. 409
8
Handbuch der europäischen Volksgruppen S. 415
9
Guy Héraud: Die Völker als die Träger Europas - S. 172
10
FAZ v. 3. 1. 2002 „In der Branau spricht Gott in allen Sprachen –
nur nicht gern Schwäbisch“. u. a. ...Besucher aus Deutschland
schmelzen dahin, wenn sie in einem deutschen, also deutschsprachigen
Kindergarten Gedichte und Lieder in einem seltsamen Deutsch
hören....aber das was sie hören ist nicht schwäbisch, wie die
Mundart der Deutschen in Ungarn sich nennt, sondern ungarisch
ausgesprochenes Hochdeutsch, das die Kinder von ihrer
Kindergärtnerin hören, die, ob donauschwäbischer Abstammung oder
nicht, Deutsch nur als Hochdeutsch, und auch das nur als
Fremdsprache, gelernt hat und es auch nur so weitergeben kann. Das
Schwäbische, die Muttersprache der Ungarndeutschen durch mehr als
ein Vierteljahrtausend, ist dabei auszusterben.
11
http://de.wikipedia.org/wiki/Ungarndeutsche und Globus 3-4/2002: „Zahl der Ungarndeutschen verdoppelt“
12 Globus 4/2017
13
Globus 1/99, S. 3: ...Das ungarische Parlament verschleppt eine im
Minderheitengesetz vorgeschriebene parlamentarische Vertretung der
Minderheiten. Zudem gibt es Abgeordnete in den Bezirksverwaltungen
der Ungarndeutschen, die weder Deutsch können, noch zur Minderheit
gehören – nur um Diäten zu kassieren (Ethnobusiness). So wird
das an sich gute Bekenntnisprinzip missbraucht.
14
Globus 2/1995, S. 24
15
Globus 1/1999, S. 3
16
Neue Zeitung Budapest Nr. 17/2012 S. 13
17
Globus 3/2001 aus einer Reportage über „Hessen in der
Schwäbischen Türkei“:....In der Branau-Ortschaft Nimmersch
erleben wir eine für die aktuelle Situation bezeichnende
ungarndeutsche Hochzeit mit uriger Blaskapelle und zahlreichen alten
wie jungen Trachtenträgern. Alles scheint zu passen; schließlich
ist die Braut als Aktivistin der lokalen deutschen Kulturarbeit und
Leiterin der Kindervolkstanzgruppe bekannt. Doch zur Enttäuschung
vor allem älterer einheimischer Gäste hört die Betonung der
Zugehörigkeit des Paares zur Minderheit gleich hinter den
Kirchtüren auf. Im Rahmen des Traugottesdienstes wird nur ein
einziges deutsches Lied gesungen alles andere läuft in ungarischer
Sprache ab. –
Ähnliches
berichtet Reißmüller (FAZ v. 3. 1. 2002 - siehe Anmerkung 10). Er
weist vor allem darauf hin, dass die Pfarrer entweder Ungarn sind
oder auch bei schwäbischer Herkunft ihre Muttersprache meiden.
Teils weil sie gern echte Ungarn sein wollen, teils weil sie den
Unmut der Kirchgänger fürchten. Siehe auch Globus 4/2017
18
Globus 3/2001
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