2.052 Die dänische Volksgruppe in Südschleswig



a) Einleitung

Die Situation der dänischen Minderheit in Deutschland (Süd-Schleswig) und der deutschen Minderheit in Dänemark (Nord-Schleswig) unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der Lage anderer Minderheiten in Europa. Dies liegt sicherlich zu einem großen Teil daran, dass seit Jahrhunderten eine enge Beziehung zwischen den Volksgruppen besteht und die Verwandtschaft der Sprachen und Dialekte ein relativ leichtes Erlernen der zweiten oder dritten Sprache ermöglichen. So sind die Schleswiger beiderseits der heutigen Grenze in der Regel zweisprachig, meist sogar dreisprachig. Hinzu kommt, dass inzwischen beiderseits der Grenze das Bekenntnisprinzip als alleinige Basis anerkannt ist (Däne / Deutscher ist, wer sich als Däne / Deutscher bekennt)

b) Lage und Zahlen

Die dänische Volksgruppe in Südschleswig lebt verstreut in den Landkreisen Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, im nördlichen Teil des Kreises Rendsburg-Eckernförde und in Kiel.Der Schwerpunkt liegt in der Stadt Flensburg (ca. 20% der Bevölkerung). Da das Bekenntnis-Prinzip gilt (siehe 2.01.10) gibt es keine exakten Statistik-Zahlen. Aufgrund von Angaben der dänischen Organisationen umfasst die Volksgruppe ca. 50000 Personen, das sind etwa 12 % der Bevölkerung innerhalb dieses Gebiets (ohne Kiel)1
Nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker und des dänischen Instituts für Grenzregionsforschung kann man von ca 20.000 dänischen Muttersprachlern ausgehen und von 8.000 bis 10.000 Personen , die Dänisch im Alltag nutzen.
Eine anschauliche Einführung in das Thema bietet ein Kurzbeitrag des Südtiroler Fernsehens minet tv unter:

http://www.minet-tv.com/videos/die-daenen-in-deutschland-m19-70-1.html

c) Sprache
Die dänische Sprache in Südschleswig ist vom Wortschatz her stark vom Niederdeutschen beeinflusst. Dennoch ist die Sprachgrenze zu den deutschen Dialekten in linguistischer Hinsicht keine fließende, sondern eine harte. Sie verlief historisch auf einer Linie EiderTreeneEckernförde. Seit dem hohen Mittelalter setzte sich jedoch auch nördlich der Eider die deutsche Sprache immer stärker durch. Heute ist die deutsch-dänische Grenze zugleich Sprachgrenze, mit Minderheiten nördlich und südlich der Staatsgrenze. Standardsprache ist das so genannte Reichsdänisch (rigsdansk), auch rigsmål („Reichssprache“) genannt, das auf der gehobenen Sprache in Kopenhagen (radiokøbenhavnsk) basiert2 Es wird als Hochsprache an den Schulen unterrichtet.
Im Gegensatz zu anderen ethnischen Minderheiten ist die Sprache in Nord- und Süd-Schleswig nicht das entscheidende Kriterium für die Zugehörigkeit zur Volksgruppe. Basis ist vielmehr die ganz persönliche Einstellung zur deutschen oder dänischen Kultur und Lebensart (Bekenntnisprinzip). Die Erst- oder Haussprache kann hiervon durchaus abweichend sein. Wichtiger ist oft die Mitgliedschaft in Vereinen und Organisationen der Minderheit, die Art wie man mit seinen Freunden Feste feiert oder welchen Sozialdienst man in Anspruch nimmt. Auch die Wahl der Schule, die Zugehörigkeit zur Kirchengemeinde und die Auswahl der Medien (Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen) stellen wichtige Kriterien hinsichtlich der Zugehörigkeit zur einen oder anderen Volksgruppe dar.
In der Bonn-Kopenhagener Erklärung ist in Abt. II, Art. 2 festgelegt, dass Angehörige der Minderheit am Gebrauch der gewünschten Sprache in Wort und Schrift nicht behindert werden dürfen. Da in allen öffentlichen Einrichtungen Südschleswigs deutsch die Amtssprache ist, steht z. B. vor Gericht den Angehörigen der dänischen Minderheit ein Dolmetscher zu. Da die allermeisten Angehörigen der Minderheit jedoch zweisprachig sind oder teilweise – entsprechen dem Bekenntnisprinzip – sogar Deutsch die Muttersprache ist, wird von diesem Recht praktisch kein Gebrauch gemacht. Auch in anderen öffentlichen Bereichen wird die Minderheitssprache nicht benutzt, so waren z. B. bis zum Jahre 2007 alle Straßen- und Hinweisschilder einsprachig deutsch.3



d) Geschichte

Die geschilderte Situation Schleswigs ist das Ergebnis der Geschichte, insbesondere des 19. und 20. Jahrhunderts. Da diese Geschichte Schleswigs bei Dänen, Deutschen und Nordfriesen eng ineinander verwoben ist, wird sie zur Vermeidung von Doppelungen in einer Übersichtstabelle unter 2,0110 Deutsche Volksgruppe in Nordschleswig ausführlich dargestellt.


e) Kultur

Kulturträger der dänischen Minderheit ist der Südschleswigsche Verein (Sydslesvigsk Forening – SSF). Nach der Teilung Schleswigs 1920 wurde er als „Den slesvigske Forening“ gegründet und war auch gleichzeitig als politische Partei der dänischen Minderheit tätig. Nach dem 2. Weltkrieg erfolgte unter dem Druck der britischen Besatzungsmacht eine Aufteilung der politischen und kulturellen Aktivitäten (siehe weiter unten: Politische Situation).
Der SSF ist die kulturelle Hauptorganisation der dänischen Minderheit mit gegenwärtig rund 16.000 Mitgliedern. Er ist Träger und verantwortlich für vielfältige und sehr unterschiedliche Aufgaben. Ziel der Arbeit des SSF ist es, die dänische Sprache zu verbreiten und zu pflegen, die dänische Kultur sowie das dänische Wirken in Südschleswig zu schützen und zu fördern, Dem SSF sind 24 Vereine (u.a. Landwirtschafts- und Wirtschaftsverbände, Volkstanzgruppen Hausfrauenverbände, Arbeitervereine, 2 Kunstvereine, eine Journalistenvereinigung). mit rund 13.000 Mitgliedern und das Danevirke Museum in der Gemeinde Dannewerk (Kreis Schleswig-Flensburg) sowie ca. 40 Versammlungshäuser im Landesteil Schleswig. Er führt dort oder in kommunalen Einrichtungen Sprachkurse durch, betreibt Altenclubs und Vorlesungen in Volkshochschulen und organisiert Ferien für Schüler bei dänischen Familien.
In der Saison 2001/02 wurden über 20 Theatervorstellungen mit etwa 3500 Besuchern durchgeführt. Außerdem unterhält er Rentnerwohnungen in Flensburg, Schleswig, Eckernförde und Rendsburg. Jährlich findet das dänische Jahrestreffen (Årsmøde)
statt. Es hat eine lange Tradition ist die Hauptattraktion im kulturellen Jahreskalender der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein.4

Koordiniert wird die Arbeit im Dänischen Generalsekretariat (Dansk Generalsekretariat) in Flensburg. Der SSF unterhält ein Informationsbüro auf Christiansborg, dem Sitz des dänischen Parlaments, in Kopenhagen.

Der dänische Jugendverband (Sydslesvigs danske Ungdomsforeninger,
SdU) ist die Dachorganisation von 65 Einzelvereinen mit über 12000 Mitgliedern. Er unterhält 12 Jugend und Freizeitheime (davon 6 in Flensburg) und organisiert 28 Jugendtreffs.

Der dänische Gesundheitsdienst betreibt Sozialstationen in Flensburg, Schleswig; Husum und Leck, 21 Schwesternstationen im Landesteil Schleswig und führt regelmäßig Untersuchungen durch praktische Ärzte und Zahnärzte an dänischen Schulen und Kindergärten durch.5


f) Politische Situation

Die parteipolitische Vertretung der dänischen Minderheit ist der Südschleswigsche Wählerverband (SSW). Er wurde 1948 als neue politische Organisation der dänischen Minderheit und der nationalen Friesen (siehe 3.053) gebildet und von der damaligen britischen Besatzungsmacht als Partei zugelassen. Die Briten machten jedoch die Auflage, dass keine aktive Politik hinsichtlich einer Grenzkorrektur betrieben werden darf. „Den slesvigske Forening“ (Schleswigscher Verein – siehe oben unter Kultur) hatte zuvor keine Zulassung als politische Partei erhalten, seine Mitglieder kandidierten als Unabhängige zu den Kommunalwahlen 1946 und für den Landtag 1947. Der Erfolg war – aufgrund der katastrophalen Lage im geschlagenen Deutschland (Speckdänen) – zunächst außerordentlich groß (33 % für dänische Kandidaten bei den Landtagswahlen im Landesteil Schleswig). Der SSW verfolgte ab 1948 eine heimatorientierte Politik für den Landesteil Schleswig – insbesondere auch mit einer Stoßrichtung gegen die dauerhafte Ansiedlung von deutschen Flüchtlingen aus dem Osten. Die anfänglichen Erfolge gingen mit der zunehmenden wirtschaftlichen Konsolidierung in der Bundesrepublik ab 1948 jedoch kontinuierlich zurück.6
Im 1. deutschen Bundestag stellte der SSW einen Abgeordneten (Hermann Clausen aus Schleswig), da bei der 1. Bundestagswahl die 5 % Sperrklausel nur auf Länderebene galt. Ab 1953 konnte kein Abgeordneter des SSW mehr in den Bundestag gelangen. Seit 1965 nimmt der SSW nicht mehr an der Bundestagswahl teil. Aufgrund der Bonn-Kopenhagener Erklärung wurde ein Kontaktausschuss beim Bundesinnenministerium gebildet.
Auch bei den Landtagswahlen 1950 konnte der SSW die geltende 5% Hürde überspringen und damit Abgeordnete im Kieler Landtag stellen. 1954 scheiterte er an der 5 % Klausel. Mit der Bonn-Kopenhagener Erklärung wurde dem SSW bei Bundestags- und Landtagswahlen eine Befreiung von der 5 % Klausel zugesichert. Hierdurch war es dem SSW möglich, ab 1958 jeweils mit mindestens 1 oder 2 Abgeordneten in den Landtag von Schleswig-Holstein einzuziehen. Seit der zur Landtagswahl am 27. Februar 2000 erfolgten Einführung des Zweistimmenwahlrechts ist der SSW wie jede andere Partei in der Lage, mit einer Landesliste im gesamten Land Zweitstimmen zu erringen, die dann als Berechnungsgrundlage für den Verhältnisausgleich dienen. Seitdem ist der SSW mit mindestens drei Abgeordneten im Landtag vertreten, so auch bei der jüngsten Landtagswahl 2017. Erstmals nach der Landtagswahl 2012 hat sich der SSW an einer Landesregierung Schleswig-Holsteins (gemeinsam mit der SPD und den Grünen)  beteiligt. Als Grund für diesen Paradigmenwechsel nannte man insbesondere  Kürzungen der Landesregierung bei den dänischen Schulen (s. u.) Die Problematik dieses  Paradigmenwechsels und die Aufgabe der bis dahin geübten Neutralität wurde beiderseits der Grenze Schleswigs heftig und kontrovers diskutiert.  Der Chefredakteur des "Nordschleswiger", Siegfried Matlok, hat in einem Leitartikel vom 8. 5. 2012 m. E. treffend darauf hingewiesen, dass sich der SSW mit diesem Politikwechsel auf Dauer wohl keine Freunde bei den Wählern macht..7
Tatsächlich bekam der SSW bei der Landtagswahl 2017 auch die Quittung für diesen "Sündenfall" und sank auf 3,3% der Zweitstimmen im Lande ab, dem schlechtesten Ergebnis seit der Wahlrechtsreform des Jahres 2000.  Nur Dank Ausgleichsmandaten ist der SSW seitdem wieder mit 3 Abgeordneten im Landtag vertreten. Die bisherige Ministerin und langjährige Sprecherin des SSW, Anke Spoorendonk, ging daraufhin in den politischen Ruhestand. Vorsitzender der Landtagsfraktion ist Lars Harms, ein Vertreter der friesischen Volksgruppe.
Auch bei der Kommunalwahl 2018 musste der SSW Stimmverluste verbuchen.Bei Kommunalwahlen gilt seit 2008 eine Befreiung von der 5%-Sperrklausel.  Seit dieser letzten Kommunalwahl ist der SSW in 3 Kreistagen (Nordfriesland, Schleswig-Flensburg und  Rendsburg-Eckernförde), 2 kreisfreien Städten und in 63 Gemeinden im Rat vertreten. Die kreisfreie Stadt Flensburg ist nach wie vor eine Hochburg der dänischen Minderheit, wo man 2018 trotz Stimmenverlusten 17,6% und 8 Sitze errang.  Das beste Einzelergebnis erzielte der SSW in der Stadt Arnis an der Schlei mit 45,8%..8
1988 wurde bei der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung als direkter Ansprechpartner der Minderheiten das Amt des Grenzlandbeauftragten der Ministerpräsidentin geschaffen. Dieser berät die Ministerpräsidentin in allen Minderheitsfragen, beobachtet die Situation der Minderheiten und verfolgt Entwicklungen und Umsetzungen von Minderheiten- und Volksgruppenrechten auf internationaler Ebene.9

g) Schulen und Kindergärten

Das dänische Schulwesen einschließlich der Kindergärten wird durch den Dänischen Schulverein (Dansk Skoleforening for Sydslesvig) mit Sitz in Flensburg betreut. Als seine Aufgabe sieht er: ....den Schüler/innen die Kenntnis der dänischen Sprache zu vermitteln, sie in die dänische Kultur einzuführen und die dänische Gemeinschaft zu festigen. Weiterhin sollen sie auf ein Leben als Mitbürger in der Bundesrepublik Deutschland vorbereitet werden.10
Der dänische Schulverein betreibt (2010-11) 46 Schulen in Südschleswig mit etwa 5700 Schülern und etwa 600 Lehrern. Vom Schuljahr 2011/12 an gibt es neben den 37 Grundschulen insgesamt neun Gemeinschaftsschulen. Sieben dieser Gemeinschaftsschulen sind jeweils mit einer Grundschule verbunden. Die Gemeinschaftsschulen Duborg-Skolen in
Flensburg und A. P. Møller Skolen in Schleswig, haben jeweils eine gymnasiale Oberstufe,
die zum Abitur führt. An insgesamt sieben Schulen ist ein Förderzentrumsteil eingerichtet. Die Examen werden in Deutschland und Dänemark anerkannt. Weiterhin unterhält der dänische Schulverein eine Heimvolkshochschule in Jarplund und eine Jugendinternatschule in Ladelund.11 Die Schulen sind staatlich anerkannt und werden in freier Trägerschaft geführt (Art. 5 und 6 der Verfassung für Schleswig-Holstein in der Neufassung von 1990). Sie unterstehen der Aufsicht des Kultusministeriums in Kiel. Bekannteste und traditionsreichste dänische Schule in Deutschland ist die Duborg-Skolen in Flensburg, die bis 2008 das einzige dänische Gymnasium in Deutschland war. Mit der A. P. Møller-Skolen wurde am 1. September 2008 in Schleswig ein weiteres dänisches Gymnasium eröffnet; es ist ein Geschenk im Wert von 40 Mio. € des Kopenhagener Schiffsreeders Mærsk McKinney Møller an die dänische Minderheit in Deutschland. In Schleswig-Holstein gibt es darüber hinaus eine Reihe öffentlicher deutscher Schulen, an denen Dänisch-Unterricht als Fremdsprache angeboten wird12
Der dänische Schulverein (Dansk Skoleforening for Sydslesvig
e.V.) unterhält in Südschleswig 55 Kindergärten (davon 15 in Flensburg) mit ca. 2000 Kindern. 13
Aufgrund der angespannten Finanzlage des Landes Schleswig-Holstein hatte 2910 die Landesreierung aus CDU und FDP beschlossen, ab dem Jahr 2011 den Kostenersatz für die (Privat-)Schulen der dänischen Minderheit von bisher 100 Prozent auf 85 Prozent
des aktuellen öffentlichen Schülerkostensatzes abzusenken. Dies führte zu erheblichen Protesten bei der dänischen Minderheit. Der damalige dänische Regierungschef Løkke Rasmussen erachtete die Frage als so gravierend, dass er sich mehrmals direkt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber unterhielt. Wegen des massiven außenpolitischen Drucks entschied sich die Bundesregierung in Berlin einzuspringen und überwies 2010 und 2011 3,5 Millionen Euro an den dänischen Schulverein, um den entstandenen finanziellen Schaden teilweise (Kürzungen ca. 4.7 Millionen Euro) zu kompensieren. Die dänische Minderheit freute sich über die finanzielle Unterstützung aus Berlin – doch an ihrer Forderung nach 100%-Gleichstellung der dänischen Minderheitenschulen hielt sie fest. Die Regierung in Kiel argumentiert: den dänischen Schulen geht es viel besser als den deutschen Vergleichsschulen. Sie bekommen nämlich auch Geld aus Dänemark und es seien auch nicht alle Schüler in den Einrichtungen „wirklich dänisch“.
Die Kürzung wurde vom SSW, der Partei der dänischen Minderheit zum Wahlkampfthema bei der Landtagswahl am 6. 5. 2012 gemacht und führt möglicherweise zum Regierungswechsel in Schleswig-Holstein. Zum ersten Mal würde sich dann der SSW an einer Regierung beteiligen und damit der SPD und den Grünen zur Mehrheit verhelfen.14
h) Kirche

Die dänische Kirche in Südschleswig (DKS) ist Teil der Dänischen Kirche im Ausland (Dansk Kirke i Udlandet). Die dänische Kirche im Ausland ist wiederum Teil der dänischen Volkskirche (Dansk Folkekirke) und wird von dieser unterstützt. Als Freikirche hat die Kirche in Südschleswig die Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Insgesamt gibt es 35 dänische Kirchengemeinden verteilt über ganz Südschleswig, wovon 15 Kirchen nach 1948 neu erbaut wurden. Diese Gemeinden werden von 24 dänischen Pastoren betreut, die zwar von den örtlichen Kirchenvorständen gewählt, aber von der Dänischen Kirche im Ausland angestellt werden. Die Zahl der Mitglieder der DKS wird mit 6600 angegeben, wobei ein einzelnes Mitglied oft aber eine ganze Familie repräsentiert. Hauptkirche ist die Heiliggeistkirche (Helligåndskirke) in Flensburg. Hier finden bereits seit 1588 Gottesdienste in dänischer Sprache statt.15

i) Medien

Seit 1869 wird die Tageszeitung „Flensborg Avis“ in dänischer Sprache herausgegeben (seit 1974 mit einer deutschsprachigen Beilage). Die Auflage liegt heute bei ca. 7000 Exemplaren. Jeweils am Donnertag erscheint eine fünf- bis siebenseitige Beilage „Kontakt“ in der Verantwortung von Sydslesvigsk Forening. Diese Donnerstagsausgabe erscheint daher in einer Auflage von 20000 (weil alle Mitglieder des Südschleswigschen Vereins ein Exemplar zugestellt erhalten). Finanziert wird die Zeitung von den verschiedenen dänisch-gesinnten Organisationen Schleswigs und vom dänischen Staat. Flensborg Avis ist die wichtigste Informationsquelle der dänischen Minderheit. Die Zeitung ist Anteilseigner von Radio Schleswig-Holstein (RSH), das täglich Nachrichten auf dänisch in Kooperation produziert und mehrfach täglich ausgestrahlt.16
Das dänische Büchereiwesen umfasst eine Zentralbibliothek in Flensburg mit 2 Filial-Büchereien in Schleswig und Husum sowie 2 Bücherbussen. Im Jahre 2011 wurden ca. 586000 Bücher und andere Medien an Benutzer aus der Minderheit ausgeliehen.17
Rundfunk- und Fernsehprogramme aus Dänemark können in Schleswig ohne Probleme empfangen werden. Darüber hinaus senden der NDR und Radio Schleswig-Holstein einige Sendungen in dänischer Sprache. Jeden ersten Mittwoch im Monat wird eine Modellsendung von NDR 3 und TV Syd (Dänemark) grenzüberschreitend ausgestrahlt.18

k) Zukunft der dänischen Minderheit

Auf den ersten Blick betrachtet erscheint die Situation der dänischen Minderheit in Südschleswig als Idealfall und Vorbild für andere Minderheiten. Dennoch sind gewisse Probleme nicht zu übersehen. In den Grundschulen der Minderheit werden (aufgrund des Bekenntnisprinzips und der guten Ausstattung der Schulen) häufig Kinder angemeldet, deren Mutter- und Familiensprache Deutsch ist. Daher müssen die Lehrer zunächst Deutsch als Unterrichts-Hilfssprache verwenden und zusätzlich gibt es eine wöchentliche „Spielstunde“ auf Dänisch, um die Kinder an „ihre“ Minderheitensprache heranzuführen. Manche Kinder und Jugendliche empfinden dies als ein „überstülpen“ der dänischen Sprache und Kultur. Sie erfahren Dänisch in der Schule als „Machtsprache“. Dies führt dann häufig dazu, einen bewussten oder unbewussten Wiederstand gegen das Dänische zu entwickeln und es außerhalb der Schule nicht zu verwenden.19 Povl Skadegard, der langjährige Generalsekretär der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen, kommt daher zu der bangen Frage, ob die „Diskriminierung mit umgekehrten Vorzeichen“ für eine Minderheit nicht auch eine große Gefahr bedeutet. Der größte (hinterhältige) Feind der dänischen Minderheit in Südschleswig (wie auch der deutschen Minderheit in Nordschleswig) sei die Gleichgültigkeit gegenüber den nationalen Problemen. Er lehne zwar die freundschaftlichen Hilfeleistungen durch den Mutterstaat nicht ab, aber eine nationale Minderheit, der nahezu alles bezahlt wird, die ihre Rechte nicht mehr erkämpfen muss, gerät in die Gefahr passiv und eben gleichgültig zu werden.20

1 Handbuch der mitteleuropäischen Minderheiten, S. 34 und Minderheiten-Bericht 2011 der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung
2 http://de.wikipedia.org/wiki/Diedaenische_Sprache
3 wie vor, S. 41 – 43 In jüngster Zeit gibt es allerdings Bestrebungen und die Möglichkeit, zweisprachige Ortstafeln (deutsch/dänisch) und Straßenschilder aufzustellen, nachdem es diese Möglichkeit für friesische Gemeinden bereits seit einiger Zeit gibt. ( Minderheitenbericht der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung für 2009-2012)
4 www.sydslesvigsk-forening.de und Minderheiten-Bericht 2011 der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung
5 www.sydslesvigsk-forening.de
6 Die Jahrhundertstory des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags, Folge 32 Uwe Danker:“Südschleswig 1945-1955 - siehe auch die Tabelle unter 2.1.10 und zu den nationalen Friesen unter 3.053
7 www.nordschleswiger.dk
8 https://de.wikipedia.org/wiki/Südschleswigscher_Wählerverband
9 1. Bericht der BRD zum Schutz nationaler Minderheiten, S. 32
10 Handbuch der mitteleuropäischen Volksgruppen, S. 44
11 www.sydslesvigsk-forening.de und Minderheitenbericht der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung für 2009-2012
12 http://de.wikipedia.org/wiki/Diedaenische_Sprache
13 Minderheitenbericht der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung für 2009-2012
14 z. B. http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wahl-in-schleswig-holstein-2012/landtagswahl-in-schleswig-holstein-spd-spitzenkandidat-albig-die-schleswig-holstein-ampel-steht-11741742.html?selectedTab=comments
15 http://de.wikipedia.org/wiki/Die_daenische_Kirche_in_Suedschleswig
16 Minderheitenbericht der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung für 2009-2012 und Handbuch der mitteleuropäischen Sprachminderheiten, S. 38
17 www.sydslesvigsk-forening.de
18 1. Bericht BRD Regional- u. Minderheitensprachen, S. 78ff
19 Handbuch der mitteleuropäischen Sprachminderheiten, S. 55
20 Povl Skadegard: „Politisch-philosophische Betrachtungen über die Förderung der Existenz der Volksgruppen“ in: Volkstum zwischen Moldau, Etsch und Donau, S. 328.
Der SSW Flensburg meint allerdings, dass der deutsche Staat für seine Minderheit nur einen Bruchteil dessen bezahlt, was vergleichbare deutsche Einrichtungen (z. B. Schulen) kosten.

11 Kommentare:

  1. "So sind die Schleswiger beiderseits der heutigen Grenze in der Regel zweisprachig, meist sogar dreisprachig." - Lieber Herr Heckerott, wo haben sie diese absurde Behauprung her? Das hat - in Maßen - für das frühe 19. Jahrhundert vielleicht noch gestimmt...Bitte Beleg!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

      Löschen
    2. 1/ Die Aussage, dass die Bevölkerung beiderseits der Grenze zweisprachig sei, beschreibt die Lage bis vor 50 Jahren, und besonders in den landwirtschaftlichen Gebieten innerhalb 10 km der Grenze.

      Das lag daran, dass die einheimische Bevölkerung südlich der Grenze (jedenfalls westlich von Flensburg) immer noch dänischen Dialekt sprach. Die älteste Generation tut es wohl teilweise immer noch.

      Die Sprachgrenze lag also etwas südlicher der Staatsgrenze.

      Da die Muttersprache im Grenzland eigentlich keine Beziehung zur nationalen Gesinnung hatte, war also die einheimische Bevölkerung in diesem Gebiet (von Süderlügum/Ladelund bis Handewitt) meistens deutschgesinnt und dänischsprechend (südjütisch).

      Nördlich der Grenze gab es ebenso sehr viele deutschgesinnte und dänisch-(südjütisch)sprechende Einwohner. Nur waren die dänischgesinnten hier meistens in einer vorerst knappen Mehrheit, die sich nach 1945 verstärkte.

      Natürlich kennen die Einwohner südlich der Grenze auch Hochdeutsch, und gewissermaßen Plattdeutsch, das hier aber nicht sehr verwurzelt ist.

      Diese Lage veränderte sich in den 1950er Jahren, als die Landesregierung Neusiedler in den grenznahen Dörfern forderte. Dies war eine Förderung des strukturschwachen Gebietes, hatte aber auch als Ziel, das grenznahe Gebiet stärker deutsch zu machen. Infolge des Zuzuges von Leuten, die den örtlichen südjütischen Dialekt nicht kannten, wechselten viele nach Hochdeutsch.

      In ganz Nordschleswig hat man traditionell auch gute Deutschkenntnisse, obwohl fast keine deutsche Muttersprache haben (im Sinne von der Erstsprache, die man von den Eltern lernt). Die Generation, die um 1910 geboren war, hatte noch deutsche Schulen besucht. Die bis 1945 geborene Generation wuchsen im dänischen Nordschleswig auf, aber die deutsche Präsenz war sehr stark. Heute aber sind die deutschkenntnisse des durchschnittlichen jungen Nordschleswigers fast bis auf die Ebene anderer Dänen gesunken. (Man lernt fast immer Deutsch in der Schule). Aber das ist immerhin besser als die Dänischkenntnisse der Deutschen.

      Löschen
    3. 2/
      Die deutsche Minderheit in Nordschleswig haben meistens den dänischen Dialekt Südjütisch als Muttersprache, besonders die auf dem Lande aufgewachsenen. (Die deutsche Tradition ist recht stark unter (Groß-)Bauern). Die Angehörigen der deutschen Minderheit in den Städten haben entweder südjütisch, hochdänisch oder hochdeutsch als Muttersprache. Die Identität der jugendlichen “deutschen“ Nordschleswiger hat sich so geändert, dass ich “deutsch“ in Anführungszeichen zu schreiben wage. Sie nennen sich eher zweiströmig oder Schleswiger (das behaupten die Minderheitenorganisationen jedenfalls), aber in vielen Fällen sehen sie sich einfach als Dänen die eine starke regionale Zugehörigkeit haben und eine deutsche Schule besuchen. Ebenfalls wie südlich der Grenze werden die Minderheitenschulen auch von Kindern mit Problemen oder den Wunsch einer anderen Lernkultur gesucht.

      In Flensburg ist die Bevölkerung gar nicht so zweisprachig. Man merkt als Besucher wenig, das bis zu 25 % eine dänische Schule besuchte. Die Minderheit spricht dänisch unter sich, aber auf der Straße ist deutsch die Lingua Franca.

      Löschen
    4. 3/
      Auf dem Lande südlich von Flensburg und in Angeln war die Sprachwechsel recht abrupt. Im Laufe des 19. Jh. wählte man meistens die Plattdeutsche Sprache (die man sich vorher kannte, aber als Fremdsprache, für die Kommunikation mit Deutschsprachigen). Die meisten wählten auch die deutsche Gesinnung und waren besonders antidänisch. Die dänischen Sympathien sowie die dänische (südjütische) Sprache hielten sich am besten bei “kleinen Leuten“, vor allem auf dem armen Geest (d.h. süd-südwestlich von Flensburg).

      In Flensburg selbst sprach die Bürgerschaft seit den 15. oder 16. Jahrhundert deutsch, der Übergang bedeutete wohl aber sehr lange, dass man zweisprachig war. Die ganze Umgebung der Stadt sprach ja dänisch bis 1850, und im Norden/Westen bis heute. Die Unterschicht und Dienstleute der Stadt sprachen auch oft dänisch.

      Summa summarum, es ist nicht korrekt das die Bevölkerung in Flensburg und südlich Flensburgs meistens durchgehend zweisprachig ist. Aber weiter westlich war man es bis vor kurzem, und nördlich der Grenze immer noch, wenn man die Schuldeutschkenntnisse der Dänen mit hineinzieht.

      P.S. Ich bin kein Grenzlandbewohner, aber habe die Geschichte und Sprachlage sehr eingehend studiert. Bitte berichtigen, wenn ich die heutige Lage nicht richtig beschreiben sollte.

      Löschen
  2. Lieber (leider anonymer) Kommentar-Schreiber,
    danke für den Hinweis, der mir Gelegenheit gibt meine vielleicht zu allgemein gehaltene Aussage über die Dreisprachigkeit vieler Schleswiger zu präzisieren:
    In Schleswig finden wir auf kleinem Gebiet je nach Klassifizierung fünf bis sechs traditionelle Sprachen/Dialekte: Hochdeutsch, Niederdeutsch, Nordfriesisch, Dänisch, (Reichsdänisch, rigsdansk), Sydslesvigdansk und Südjütisch/plattdänisch
    (Sønderjysk). Sydslesvigdansk (auch: Südschleswigdänisch, Sydslesvigsk, Südschleswigsch) wird in Schleswig-Holstein von der Mehrheit der Dänischen Minderheit gesprochen. Überwiegend wird es als Varietät des Standarddänischen (Reichsdänischen) betrachtet. Es trägt Züge einer Kontaktsprache zwischen Dänisch, Hochdeutsch und Niederdeutsch.
    Südjütisch (Synnejysk, Südjütländisch, Plattdänisch, Sønderjysk) wird noch in grenznahen Gemeinden zwischen Flensburg und Niebüll gesprochen. Üblicherweise wird das Südjütische heute als Dialekt des Dänischen eingestuft; nach anderen Ansichten handelt es sich dabei um eine eigene skandinavische Sprache, um einen Dialekt der eigenen Sprache Jütisch oder um eine dänisch-niederdeutsche Mischsprache.
    Von den ca. 50.000 Angehörigen der dänischen Minderheit in Südschleswig sprechen ca. 8.000–10.000 deutsche Staatsbürger dänisch im Alltag bzw. 20.000 Dänisch als Muttersprache jedoch in unterschiedlichen Varianten: "reines" Standarddänisch, Sydslesvigdansk, Sønderjysk. Vom einem großen Teil der dänischen Minderheit in Südschleswig wird neben der dänische Hochsprache innerhalb der Familie und im Alltag jedoch meistens Hochdeutsch oder Niederdeutsch gesprochen.
    (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Däninische_Sprache#In_S.C3.BCdschleswig und http://de.wikipedia.org/wiki/Sprachen_und_Dialekte_in_Schleswig-Holstein sowie http://de.wikipedia.org/wiki/Sydslesvigdansk)


    So finden wir also in Südschleswig folgende Zwei- oder Dreisprachigkeits-Varianten:
    a) Hochdeutsch – Niederdeutsch – dänisch und/oder Südschleswigdansk
    b) Sønderjysk und/oder Reichsdänisch – Hochdeutsch – Niederdeutsch
    c) Im Bereich der friesischen Sprachen finden wir zusätzlich die Varianten: Hochdeutsch – niederdeutsch – friesisch und seltener Hochdeutsch – niederdeutsch – friesisch - dänisch in den verschiedenen Varianten
    d) Bei der deutschen Volksgruppe in Nordschleswig haben wir die Varianten: Südjütisch (Südjütländisch, Sønderjysk) - Dänisch(Reichsdänisch, rigsdansk) - Hochdeutsch

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Herr Heckerott,

      Sie antworten nicht auf meine Frage. Ihre Herleitung der Schleswiger Sprachen und Sprachvarietäten ist ja korrekt - wenn man von Ihrem etwas unbedarften Kenntnissen über die sehr junge Geschichte des sogenannten "Sydslesvigdansk" einmal absieht. Zu meiner Anmerkung: Sie sprachen von "die Schleswiger" - ich bin übrigens auch einer, also ein "Schleswig-Holsteiner" aus Flensburg, was durchaus etwas anderes ist. Nach ihrer Rechnung käme man auf ca. 40.000 - nehmen wir die Friesen mal dazu -, also sehr sehr[!] hoch geschätzte 80.000 Sprecher des Friesischen und Dänischen (Sönderjysk ist seit den 80er Jahren südlich der Grenze nicht mehr fassbar), die alle auch Hochdeutsch sprechen; dazu noch ca. 25.000 Angehörige der deutschen Minderheit (Sönderjysk bzw. Hochdeutsch), macht etwa 100.000 per defintionem 'zweisprachige" Schleswiger. Soviele Menschen leben aber gerade einmal in Flensburg und Umgebung, im ganzen ehemaligen Herzogtum Schleswig aber leben rund 800.000 Menschen. Davon sprechen sicher mehr auf der dänischen Seite auch etwas hochdeutsch (es werden aber immer weniger), auf deutscher Seite aber kaum einer dänisch (wenn wir vom Verkäuferdänisch mal absehen). Ihre Behauptung ist also absurd - die wenigsten "Schleswiger" (zählen Zugereiste auch? Die Minderheitenfanatiker leben ja oft in einer seltsam anachronistisch-regional-unmobilen Vorstellungswelt...) sind zweisprachig, geschweige den dreisprachig. Sie gehen den Harmonie-Phantasien der offiziellen Sonntagsrede-Politik auf den Leim, die meint, es müsste so sein, wie man es sich in seinen Modellen schönredet. Ich selbst habe reichlich Verwnadtschaft in der dänischen Minderheit, die wären froh, wenn sie auch nur annähernd so gut dänisch könnten wie ich, der ich mich als deutscher Schleswig-Holsteiner verstehe...

      Löschen
    2. Lieber Herr Heckererott,

      nur als Nachtrag, damit deutlich wird, was ich an Ihren Ausführungen kritisiere. Sie nennen qualitative Sprachkombinationen, die im deutsch-dänischen Grenzland möglich sind - oder denkbar, verknüpfen dies aber mit einer quantitativen Aussage, die suggeriert, eine Mehrheit beiderseits der Grenze sei folgerichtig zwei- bzw. dreisprachig. Das ist - und ich vermute Sie sind noch nicht einmal Flensburger, so wie ich - noch nicht einmal im unbestrittenen Zentrum der dänischen Minderheit, nämlich in der Fördestadt der Fall. Noch einmal: Sie lassen sich von der bloßen Existenz der Sprachen verleiten, davon auszugehen, diese würden auch extensiv von "den Schleswigern" gesprochen, was keiner Überprüfung der Realität standhält.

      Löschen
    3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

      Löschen
  3. Lieber anonymer Kritiker,

    zunächst einmal vielen Dank für Ihr Interesse an meinem Beitrag. Sie haben recht, ich bin kein Schleswig-Holsteiner, aber habe dort oft geschäftliche Besuche durchgeführt und meinen Urlaub verbracht. Dabei habe ich sehr oft mehrsprachige Schleswiger und Holsteiner kennengelernt, denn ich zähle Niederdeutsch bei meiner Betrachtung auch zu den Sprachen. Im übrigen bin ich mit meiner Meinung nicht allein. Lesen Sie den Bericht des Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein – Staatskanzlei – für 2009-2012 - wo es u. a. heisst:
    104. Die Angehörigen der dänischen Minderheit
    verstehen und sprechen die dänische Sprache zum ganz überwiegenden Teil. Die ständige Nutzung und Förderung der dänischen Sprache ist die Grundlage der gesamten Minderheitenarbeit. Die dänischen Schulen
    und Kindergärten (g3.1.3) sind dabei von besonderer Bedeutung.

    213. Nordfriesisch gehört zu den nach der Sprachencharta geschützten Minderheitensprachen. Etwa 10.000 Menschen beherrschen nach Angaben der Volksgruppe die friesische Sprache. Passive Sprachkenntnisse haben
    ungefähr doppelt so viele. Die friesische Sprache ist für die friesische Volksgruppe das wichtigste,aber nicht allein bestimmendes Identifikationsmerkmal. Nordfriesisch als Familienund Alltagssprache hat sich insbesondere auf den Inseln und im Raum Risum-Lindholm erhalten.
    Und auf der aktuellen Internetseite Ihres Landes ist zu lesen:
    Die Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark ist kaum spürbar: Viele Menschen sprechen deutsch und dänisch. Und etwa 50.000 Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit bekennen sich zur dänischen Minderheit. (http://www.schleswig-holstein.de/Portal/DE/LandLeute/Minderheiten/Daenisch/daenisch_node.html
    Die Beispiele lassen sich fortführen, z. B. der Sprachforscher Nils Arhammar schreibt :"Die Nordfriesen sind im allgemeinen dreisprachig...", was ich selbst auf Föhr und Amrum erfahren habe.
    Ich gebe Ihnen recht, es kommt immer auf die Betrachtungsweise an. So habe ich keine quantitativen Behauptungen aufgestellt, die nicht auch an anderer Stelle zu finden sind. Auch habe ich in meinem Blog durchaus kritisch angemerkt, dass viele Jugendliche eine ablehnende Haltung zum Dänisch-Unterricht haben. Letztlich kommt es mir darauf an: Halte ich Sprachenvielfalt für wünschens- und schützenswert oder nicht.Deshalb möchte ich mit einem plattdeutschen Zitat meine Antwort schließen: “Vel Lüüd - meent, dat weer doch so schöön, wenn de Düütschen all een Spraak harrn, alltosamen hoochdüütsch spreken den. - Düsse Lüüd müch ik blot fragen: schüllt wi ni dat ganze düütsche Land mit Lupinen, Rappsaat oder Semp opsai’n? Dat geev in de Blööt all een Klöör, all gel, æverall gel as Maibodder! Allerdings, uns Herrgott sai’t anners un dorüm is de Welt so schöön, wenn allens in Blööt steit. (so der große plattdeutsche Dichter Johann Hinrich Fehrs)

    AntwortenLöschen
  4. Lieber Herr Heckerott,

    dann liegen ja wir ja doch nicht so weit auseinander; dass die Angehörigen der nationalen Minderheiten und der friesischen Volksgruppen die genannten Sprachen sprechen oder zumindest zum großen Teil verstehen ist klar. bei 2,8 Millionen Schleswig-Holsteinern fällt das aber wenig ins Gewicht, so dass ich noch mal betone, dass die "Mehrsprachigkeit" selbst im Grenzland wenig auffällt, weil sie eben weit weniger verbreitet ist, als gemeinhin angenommen wird Ich begrüße übrigens die Schreibweise "Schleswig-Holsteiner", was im übrigen auch unserer polititischen Gliederung entspricht. Die Minderheitenberichte der Staatskanzlei kenne ich gut und weiß auch, wie sie zustande kommen...

    Bester Gruß und viel Erfolg bei Ihrer Arbeit,

    AntwortenLöschen