Deutsche Volksgruppen in der Russischen Föderation, in der Ukraine und in den übrigen GUS-Staaten
1. Vorwort – Einführung
Die Ereignisse in der Ukraine haben auch den Blick auf
Minderheiten in den Staaten der ehemaligen Sowjet-Union gelenkt, die zum Teil erst nach dem Zerfall der Sowjet-Union entstanden sind. Besonders aktuell
ist die Lage der Russen und der russisch-sprachigen Bevölkerung der Ukraine.
Dazu mehr in meinem Post 2.32 Ukrainer, ukrainisch,Ukraine. Für viele Deutsche war es aber auch interessant, dass in der
Ukraine und auf der Krim noch eine deutsche Minderheit lebt. So stellt sich von selbst die Frage nach der heutigen Situation der Russlanddeutschen und der deutschen Volksgruppen in den Nachfolgestaaten der Sowjet-Union und ihren geschichtlichen
Hintergrund.
2. Begriffsbestimmung
Die Beziehungen der Deutschen zu Russland haben eine lange
Geschichte (siehe Pkt.3 Geschichte). In mehreren Phasen haben sich deutsche
Einwanderer und Siedler in verschiedenen Bereichen Russlands niedergelassen.
Daher gab es bis in das 20. Jahrhundert hinein kein einheitliches Bewusstsein
der Russland-Deutschen. Nach ihren verschiedenen Siedlungsgebieten sprach man
vielmehr von
►Wolga-Deutschen (im Bereich der unteren Wolga um Saratow und
Samara), den
► Wolhynien-Deutschen (heute der nordwestliche Teil der Ukraine), den
►Schwarzmeer-Deutschen (im Bereich der heutigen Süd- und Ost-Ukraine mit dem Schwerpunkt Odessa sowie am Dnjepr und auf der Krim – außerdem zählte man zeitweise auch die Deutschen in Bessarabien und am Don zu den Schwarzmeer-Deutschen), den
► Deutschen im Kaukasus (vor allem im heutigen Georgien), den
► Deutschen in Kasachstan
► Sibirien-Deutschen, bei denen zwischen Erst-Siedlern aus dem 19. Jahrhundert und – wie bei den Deutschen Kasachstans - den später nach dort hin zwangsweise verbannten Russland-Deutschen zu unterscheiden ist.
► Darüber hinaus gab es viele Deutsche in Moskau und St. Petersburg und in einer Reihe weiterer kleinerer Siedlungsgebiete über das ganze Land verstreut.
► Wolhynien-Deutschen (heute der nordwestliche Teil der Ukraine), den
►Schwarzmeer-Deutschen (im Bereich der heutigen Süd- und Ost-Ukraine mit dem Schwerpunkt Odessa sowie am Dnjepr und auf der Krim – außerdem zählte man zeitweise auch die Deutschen in Bessarabien und am Don zu den Schwarzmeer-Deutschen), den
► Deutschen im Kaukasus (vor allem im heutigen Georgien), den
► Deutschen in Kasachstan
► Sibirien-Deutschen, bei denen zwischen Erst-Siedlern aus dem 19. Jahrhundert und – wie bei den Deutschen Kasachstans - den später nach dort hin zwangsweise verbannten Russland-Deutschen zu unterscheiden ist.
► Darüber hinaus gab es viele Deutsche in Moskau und St. Petersburg und in einer Reihe weiterer kleinerer Siedlungsgebiete über das ganze Land verstreut.
Vor 1914 lebten deutsche Siedler vor allem in konfessionell
geschlossenen Dörfern, Die Konfession war das entscheidende Gruppenmerkmal. Man
fühlte sich als Lutheraner, Mennonit, Reformierter oder Katholik und benutzte
die deutschen Dialekte der Herkunftsregionen (siehe Sprache). Da man sich
gemeinsam gegen die orthodoxen Russen und Ukrainer abgrenzte und nur innerhalb
der eigenen Konfession heiratete, erfüllte die Konfession indirekt auch eine
nationale Funktion.[1]
Nach dem Ende des russischen Bürgerkriegs (1920) und der Bildung
der Sowjet-Union lagen viele deutsche Siedlungsgebiete außerhalb Russlands in
den neuen Gliedstaaten der Sowjet-Union (Ukraine, Weißrussland, Kasachstan,
Georgien, Kirgisien u. a.). Die Bezeichnung Russland-Deutsche wurde für diese
außerhalb der russischen Sowjet-Republik lebenden Deutschen dennoch
beibehalten. So sprechen wir auch heute von Russland-Deutschen, wenn es sich um
Aussiedler aus Kasachstan handelt.[2]
Wolhynien kam in zwei Schritten zu Russland (Ostwolhynien bei der zweiten Teilung Polens 1793, Westwolhynien 1795 bei der dritten Teilung Polens). Nach dem 1. Weltkrieg kam im Frieden von Riga 1921 Westwolhynien wieder an Polen, fiel aber bereits durch den Hitler-Stalin-Pakt 1939 wieder an die Sowjet-Union und nach dem zweiten Weltkrieg wurde ganz Wolhynien der Ukraine zugeschlagen. Das Schicksal der Wolhynien-Deutschen wird von mir daher auch unter diesem Post „Russland-Deutsche“ zusammengefasst.
Wolhynien kam in zwei Schritten zu Russland (Ostwolhynien bei der zweiten Teilung Polens 1793, Westwolhynien 1795 bei der dritten Teilung Polens). Nach dem 1. Weltkrieg kam im Frieden von Riga 1921 Westwolhynien wieder an Polen, fiel aber bereits durch den Hitler-Stalin-Pakt 1939 wieder an die Sowjet-Union und nach dem zweiten Weltkrieg wurde ganz Wolhynien der Ukraine zugeschlagen. Das Schicksal der Wolhynien-Deutschen wird von mir daher auch unter diesem Post „Russland-Deutsche“ zusammengefasst.
Nicht zu den Russland-Deutschen zählt man die Balten-Deutschen und
die Deutschen im Kongress-Polen vor 1918 (Weichsel-Deutsche), obwohl sie über
ein Jahrhundert zum russischen Reich gehörten. Für sie habe ich jeweils einen
eigenen Post vorgesehen.
Ein gemeinsames Bewusstsein als Russland-Deutsche entstand unter
all den verschiedenen Gruppen erst Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge eines sich
verstärkenden Panslawismus in Russland und besonders nach Ausbruch des 1.
Weltkriegs und der damit verbundenen Repressalien gegen alle Deutschen. Es
verstärkte sich nach den Stalin-Verfolgungen und den Deportationen im 2.
Weltkrieg und den gemeinsam erlittenen Verfolgungen, Deportationen und vielfältigen Leiden. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg bis zum Ende
der Sowjet-Union Anfang der 1990er-Jahre sprach man – wegen der Zerstreuung der
Deutschen über das gesamte Staatsgebiet - auch von Sowjet-Deutschen.
3. Geschichte
Deutsche waren schon immer die wichtigsten Ausländer in Russland. „Nemzy“ – die Deutschen – war im Russischen ursprünglich der
Sammelbegriff für alle Ausländer aus dem Westen. Schon im 12.
Jahrhundert gibt es Deutsche in Moskau und 1250 richteten Lübecker Kaufleute
ein Hansekontor in Nowgorod ein. Zar Peter der Große, der Russland modernisieren
wollte, holte Ende des 17. Jahrhunderts viele deutsche Handwerker, Gelehrte und
Ingenieure in sein Land.[3] Weit größere Ausmaße hatte die
3.1 Einwanderung deutscher Siedler im 18. und 19. Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert dehnte sich das
russische Reich in Kriegen mit dem Osmanischen Reich nach Süden und durch die
polnischen Teilungen nach Westen aus. In dieser Zeit waren aber weite Gebiete
Russlands – besonders an der Wolga, im Kaukasus und am Schwarzen Meer noch
unbesiedelt. Gleich nach ihrem Amtsantritt erließ daher die Zarin Katharina II
– eine Prinzessin aus dem deutschen Fürstenhaus Anhalt-Zerbst – ein Manifest, das Ausländer, vor allem aber ihre deutschen
Landsleute einlud, sich in diesen unbewohnten Bereichen anzusiedeln und sie zu
kultivieren.
Den Neubürgern wurde Reisegeld erstattet, wurden günstige Kredite
für den Hausbau und die Viehzucht und Selbstverwaltung zugesichert. In einem
zweiten Manifest von 1763 garantierte sie Befreiung vom Kriegsdienst,
Steuerfreiheit für 30 Jahre und – was für viele Zuwanderer wichtig war –
absolute Religionsfreiheit. So verwundert es nicht, dass die Anwerber / Makler
in Deutschland bei verarmten Bauern und religiösen Minderheiten große Erfolge
hatten. Damit waren die deutschen Siedler in vielerlei Hinsicht gegenüber den russischen Bauern
bevorteilt, die damals noch als Leibeigene lebten.
Die ersten Zuwanderer – vor allem aus Hessen, Baden, der Pfalz,
Schwaben und dem Elsass siedelten vor allem an der Wolga, wo sie keineswegs ein
Paradies sondern harte Pionierarbeit erwartete, die sich erst später auszahlte.
Unter den Nachfolgern Katharinas, den Zaren Paul I und Alexander I, wurde die
Anwerbung von Siedlern fortgesetzt.
Neben Rumänen und Griechen kamen in den Jahren 1784 bis 1824 wieder viele
Deutsche und zwar Mennoniten aus dem Raum Danzig/Westpreußen und weitere
süddeutsche Zuwanderer. Nach den napoleonischen Kriegen und einer damals wirtschaftlich sehr schlechten Lage in Deutschland zogen 1816-1817 ca. 6.000 Siedler - vor allem aus dem Raum Württemberg - in den Kaukasus. Sie siedelten zunächst in der Nähe von Tiflis (Georgien) in der Siedlung Marienfeld, andere zogen weiter bis in das heutige Aserbaidschan. Weitere Familien folgten in den folgenden Jahren. Neben Marienfeld entstanden 8 weitere deutsche Kolonial-Dörfer. Das größte war Katharinenfeld mit 116 Familien, einer deutschen Zeitung, einer deutschen Schule und Theatergruppe sowie einem Sportverein. Auch in Tiflis siedelten sich Deutsche an und erbauten den deutschen Stadtteil Neu-Tiflis. Im Jahre 1819 wanderten ungefähr 5000 deutsche Familien aus dem heutigen Baden-Württemberg in das heutige Aserbaidschan ein und siedelten sich im Westen des Landes an. Ihre kulturellen Leistungen wurden inzwischen von der heutigen aserbaidschanischen Regierung anerkannt. Im 1. und 2. Weltkrieg erlitten sie die gleichen Schicksale wie die übrigen deutschen Siedler.
Größere Zuwanderer-Gruppen kamen noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts aus eigenem Antrieb aus Schlesien, Pommern und Westpreußen und ließen sich in Wolhynien, dem Gebiet der heutigen Nord-Ukraine nieder. Eine letzte Gruppe vorwiegend aus Württemberg kam in dieser Zeit nach Bessarabien und an das Schwarze Meer.(zu den Bessarabien-Deutschen siehe auch unter Deutsche Volksgruppe(n) in Rumänien [4]
Größere Zuwanderer-Gruppen kamen noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts aus eigenem Antrieb aus Schlesien, Pommern und Westpreußen und ließen sich in Wolhynien, dem Gebiet der heutigen Nord-Ukraine nieder. Eine letzte Gruppe vorwiegend aus Württemberg kam in dieser Zeit nach Bessarabien und an das Schwarze Meer.(zu den Bessarabien-Deutschen siehe auch unter Deutsche Volksgruppe(n) in Rumänien [4]
Die deutschen Siedler brachten es bis zum 1. Weltkrieg zu einem
gewissen Wohlstand. Ein kleineres Problem ergab sich aus dem großen
Kinderreichtum der Siedlerfamilien. Dies wurde in der Regel dadurch gelöst,
dass durch Landzukauf für die Nachkommen weitere Tochterkolonien im Umland der
Erstsiedlungen entstanden. Andere Nachkommen wanderten in die Städte (vor allem
nach Saratow und Odessa) ab, und schließlich zog ein weiterer Teil weiter nach
Osten bis nach Sibirien und leistete dort als Neusiedler Pionierarbeit. Auch
als in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wachsende Deutschen-Feindlichkeit
verbunden mit Panslawismus aufkam, lebten die deutschen Kolonisten bis 1914 im
allgemeinen in Frieden mit ihrer Umgebung. 1871 wurden zwar die besonderen
Privilegien abgeschafft und 1874 auch für deutsche Siedler die Wehrpflicht
eingeführt. Dies führte zu einer ersten Ausreisewelle. Fast 300.000 deutsche
Siedler – vor allem Mennoniten – verließen das Land in Richtung Amerika. Die
Eigenverwaltung in den deutschen Siedlungsgebieten blieb jedoch erhalten und in
den geschlossenen deutschen Gemeinden war die Umgangssprache das Deutsche. Das
wurde auch nicht beeinträchtigt als 1874 Russisch als Unterrichtssprache in den
Schulen eingeführt wurde, auf dem Schulhof wurde deutsch gesprochen, ebenso bei
Gericht und in der Gemeindeverwaltung.[5]
Die erste allgemeine Volkszählung von
1897 im russischen Zarenreich verzeichnete 1,8 Mio. Einwohner deutscher
Muttersprache (1,4 % der Gesamtbevölkerung). Davon gehörten 76 % zur
lutherischen Konfession, 13,5 % waren Katholiken, 3,7 % Mennoniten, 3,6 %
Reformierte und 3,2 % gehörten anderen Konfessionen an. Mehr als drei Viertel
der Deutschen lebten auf dem Land, 57,7 % waren in der Land- und
Forstwirtschaft tätig. Die wichtigsten Siedlungsgebiete der Deutschen waren die
untere Wolga (326.861 Deutsche in den Gouvernements Saratov und Samara), das Schwarzmeergebiet
(377.798 in den Gouvernements Cherson, Taurien, Ekaterinoslav, Bessarabien und
Dongebiet), in Wolhynien waren es 171.331 und in den beiden Hauptstädten St. Petersburg 46.550
und in Moskau 17.717. Der
Vollständigkeit halber nenne ich auch die Einwohnerzahlen in Russisch Polen und
dem Baltikum: In den sogenannten Weichselgouvernements wohnten damals 407.274 deutsche
Bürger und in den Ostseeprovinzen (Livland, Estland und Kurland) 165.627. Darüber
hinaus arbeiteten deutsche Handwerker, Unternehmer, Gewerbetreibende, Ärzte,
Apotheker, Offiziere, Beamte und Gelehrte – um typische Berufe zu
nennen – beinahe über das gesamte russische Reich verstreut.[6]
3.2 Das 20. Jahrhundert – die Weltkriege und ihre Folgen[7]
Mit Beginn des 1. Weltkriegs begann eine
Zeit der Leiden und Schicksalsschläge für die Russlanddeutschen. Sofort nach
Kriegsbeginn wurden deutsche Schulen verboten, deutsche Zeitungen behindert und
die deutsche Sprache in der Öffentlichkeit verboten, im Schwarzmeergebiet sogar
der Gebrauch in den Gottesdiensten. 1915 wurde ein Gesetz über die „Liquidation
des deutschen Grundbesitzes“ erlassen mit der Folge, dass weit über 100.000
Deutsche über Nacht von ihrem Besitz vertrieben und nach Sibirien verbannt
wurden. Viele sind dabei umgekommen. Die Oktober-Revolution 1917 beendete zwar
diese Maßnahmen, aber die in der Folge herrschenden Bolschewiken störten sich
nicht an Privateigentum und beschlagnahmten Vorräte aller Art bis hin zum
Saatgut. Erst 1922 beruhigte sich die Lage und obwohl der Landbesitz der
Deutschen stark reduziert war, kam es zu einer vorübergehenden Erholung.
Mit dem Ende des 1. Weltkriegs und des folgenden
Bürgerkriegs kamen viele Deutsche im Westen des alten Zarenreichs zu Polen
(Westwolhynien und Weichsel-Deutsche) oder zu den nunmehr selbständigen
baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland. Bessarabien und seine
deutsche Minderheit fiel an Rumänien. Viele Russlanddeutsche gehörten nun nicht
mehr zur russischen Sowjetrepublik, sondern zu anderen Sowjet-Republiken, z. B.
der Ukraine (s. o. unter Begriffsbestimmung). Unter der Sowjetherrschaft
erhielten viele nichtrussische Minderheiten nun aber zumindest nominell einen
Autonomiestatus. So wurde auch 1924 an der unteren Wolga die Autonome Sowjetrepublik der
Wolgadeutschen auf einer Fläche mit
der Größe Belgiens gegründet. Diese deutsche ASSR der Wolgadeutschen erhielt
eine eigene Regierung, der u. a. auch der spätere Berliner Bürgermeister Ernst
Reuter angehörte. Nun keimten unter den Russlanddeutschen wieder Hoffnungen
auf, denn die autonome deutsche Region wurde zeitweise in offiziellen
Publikationen als „Stalins blühender Garten“ bezeichnet und es gab einen
bemerkenswerten Aufschwung des Bildungs- und Schulwesens. Es gab hier 171
deutsche Schulen, 11 technische Lehranstalten, 5 Hochschulen, 20 Kulturhäuser
und 1 deutsches Theater. Das hatte auch eine positive Wirkung auf die übrigen
Deutschen in der Sowjet-Union, denn die Wolgadeutsche Republik galt nun als
„Kaderschmiede“, wo Fachleute aus den anderen deutschen Gebieten ausgebildet
wurden.
Auch in anderen Bereichen der
Sowjet-Union wurden deutsche nationale Bezirke (Rayons) gegründet und dort der
Schulunterricht in der Muttersprache gestattet (8 Bezirke in der Ukraine und je
einer auf der Krim, in der Region Altai / Sibirien, in Georgien und in
Aserbaidschan). 1929 gab es in der UdSSR außerhalb der Wolgarepublik und der Rayons
insgesamt 550 deutsche Dorfsowjets.
Die kurze Blütezeit endete jedoch schon 1929, denn nun
begann Stalin unter Terror mit der Kollektivierung der Landwirtschaft. . Die Autonome
Sozialistische Republik der Wolgadeutschen wurde bis zum 1. Juli 1931 zu 95
Prozent kollektiviert. Ehemals wohlhabende Bauern wurden enteignet und mit
ihren Familien in entlegene Gegenden im hohen Norden Russlands, nach Sibirien
und in die Trockensteppen Mittelasiens verbannt. Dieses Schicksal erlitten
nicht nur die Deutschen aus verschiedenen Landesteilen, sondern auch
Hunderttausende Bauern anderer Volkszugehörigkeit. Einige tausend deutsche
Bauern konnten rechtzeitig vor einem Ausreiseverbot 1929 das Land auf legalem
Weg verlassen und wanderten vor allem nach Amerika aus.
Die
Kollektivierung der Landwirtschaft führte in den Jahren 1932/1933 zu einer verheerenden Hungerskatastrophe, der
mehrere Millionen Sowjetbürger zum Opfer fielen, darunter auch etwa 350.000
Russlanddeutsche. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in
Deutschland kam es zu Verhaftungen vieler angeblicher Spione und in der Zeit
der Stalin‘schen Säuberungen 1937/38 wurden u. a. auch tausende Russlanddeutsche zum Tode
oder zu langen Haftstrafen verurteilt. Einer vorübergehenden Entspannung nach
dem Hitler-Stalin-Pakt folgte mit Beginn des Krieges gegen die Sowjet-Union 1941 die Deportation aller Deutschen aus dem
europäischen Bereich der Sowjet-Union nach Sibirien, Kasachstan und andere
Sowjet-Republiken im asiatischen Teil der Sowjet-Union. Grundlage war ein
Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 28. 8. 1941. Er stellte alle Deutschen
unter die Pauschalanklage, "zehntausende von Spionen und Diversanten"
zu decken. Die Wolgadeutsche Republik und alle nationalen deutschen Bezirke
wurden aufgelöst. Nur mit dem Nötigsten an Lebensmitteln und Kleidung wurden deutsche
Männer, Frauen und Kinder in Güterwagen und zum Teil per Schiff nach Osten
transportiert. Der Umsiedlung der Wolgadeutschen folgte die Deportation der
Deutschen aus den Städten Moskau und Leningrad (St. Petersburg), dem
Nordkaukasus und den transkaukasischen Republiken. Insgesamt wurden nach
Schätzungen über 900.000 Menschen deportiert. Männer und Söhne wurden von den
Familien getrennt und in Zwangsarbeitslager eingewiesen, deutsche Frauen
mussten z. T. in Bergwerken arbeiten. Alle Deportierten, die nicht kaserniert
waren, wurden in Sondersiedlungen unter z. T. menschenunwürdigen Bedingungen
untergebracht. Viele verbannte Deutsche überlebten die harten Bedingungen unter
Schwerstarbeit, Hunger und Kälte nicht. Wie viele Russlanddeutsche letztlich in
den Sondersiedlungen oder auf dem Weg dorthin umgekommen sind, ist jedoch bis
heute nicht völlig geklärt. Offizielle Zahlen nennen 45.000 Tote, was von
einigen Forschern als zu niedrig eingeschätzt wird.
Lediglich die Wolhynien-Deutschen
und ein großer Teil der Schwarzmeerdeutschen entgingen wegen des raschen
Vormarsches der deutschen Armee der Deportation nach Sibirien. Sie wurden
größtenteils in den sogenannten Warthegau und teilweise ins Deutsche Reich
umgesiedelt. Nach dem Einmarsch der Russen in Polen und Deutschland wurden
jedoch zwei Drittel von ihnen wegen „Verrats an der sozialistischen Heimat“ ebenso
nach Russland und in die Verbannung nach Sibirien oder Kasachstan verschleppt. Besonders
tragisch war das Schicksal von Russlanddeutschen, die sich bis in die
westlichen Besatzungszonen durchgeschlagen hatten und dann von den Westmächten
wegen ihrer sowjetischen Pässe auch an die Sowjets ausgeliefert wurden.
Die Hälfte der zwischen 1927 und 1952
aus den westlichen Getreideregionen der Sowjet-Union (vor allem Wolga und
Schwarzmeerbereich) nach Sibirien deportierten zwei Millionen Bauern, der sog.
Kulaken oder Sondersiedler, waren
Deutsche. Während des Zweiten Weltkrieges (1941–1945) wurden außerdem ca. 1
Million deutsche Kriegsgefangene nach Sibirien verschleppt, wo sie oft zusammen
mit den Deportierten im GULag Zwangsarbeit im Bergbau, Straßenbau und anderen
Industrien leisteten. Die Lagerbedingungen für deutsche Kriegsgefangene und
Sibirien-Deutsche unterschieden sich nicht. 40 % der Gefangenen starben an Unterernährung,
an Krankheiten und infolge massiver körperlicher Misshandlungen. Noch 1948
verkündete der Oberste Sowjet, dass die Verbannung „auf ewig“ gelten solle.
Nach
Stalins Tod und dem Adenauer-Besuch 1955 kehrten die
überlebenden deutschen Kriegsgefangenen in die Bundesrepublik Deutschland
zurück (sog. Spätheimkehrer). Auch für die Sibirien-Deutschen und die übrigen Deutschen in der Sowjet-Union
traten nun gewisse Erleichterungen ein, denn durch einen Erlass des Obersten
Sowjets vom 13. 12. 1955 wurde eine
rechtliche Gleichstellung mit allen Sowjetbürgern angeordnet, eine Ausreise in
die Bundesrepublik oder eine Rückkehr in die angestammten Siedlungsgebiete
wurde jedoch gleichzeitig ausdrücklich verweigert, ebenso eine Rückgabe des
konfiszierten Vermögens. Allerdings gab es nun zwei deutsche Zeitungen, „Neues
Leben“ und „Rote Fahne“ und einige lokale Radiosendungen in deutscher Sprache. Diese
deutschsprachigen Medien wurden zwar vornehmlich zur Vermittlung der
kommunistischen Politik benutzt, aber sie stoppten vorübergehend den
fortschreitenden Verlust der deutschen Muttersprache. Auch entwickelte sich
wieder eine deutsche Literatur unter den Russlanddeutschen, die allerdings nur
gedruckt wurde, wenn sie absolut linientreu war. In den 1960er Jahren begann zudem eine Zeit
des „Tauwetters“, was sich vor allem in der Rücknahme des Erlasses von 1941
zeigte. In einem Beschluss des Präsidiums des Obersten Sowjet von 1964 wurde
die Kollektivschuld von den Russlanddeutschen genommen indem es hieß: „…das
Leben hat gezeigt, dass diese pauschalen Beschuldigungen unbegründet und ein
Zeichen der Willkür unter den Bedingungen des Personenkultes Stalins
waren.“ Die Wiederherstellung
national-kultureller Eigenständigkeit wurde jedoch weiterhin verweigert. Offiziell
wurde nun auch muttersprachlicher Unterricht für deutsche Kinder zugelassen. Aber
es gab keine geschlossenen deutschen
Siedlungen mehr, in denen deutsche Dialekte als Umgangssprache herrschten, auch
gab es keine geschlossenen Kirchengemeinden der verschiedenen Konfessionen.
Bemühungen um eine Wiederherstellung der deutschen Wolgarepublik scheiterten an
einer Hinhaltetaktik der Sowjet-Regierung und am Protest der nun an der Wolga
wohnenden Russen. Zeitweise wurde daher auch erwogen, eine Autonomiezone für
Russlanddeutsche im Gebiet von Kaliningrad / Königsberg zu errichten.
Nach der Schlussakte der Konferenz
über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) von Helsinki vom 1. 8. 1975
gab es vermehrt Ausreise-Anträge von Russlanddeutschen unter Berufung auf die
dort vereinbarte Familien-Zusammenführung. Diese Anträge wurden aber bis zum
Ende der Sowjet-Union sehr restriktiv behandelt, so dass es bis 1988 nur zur
Ausreise einiger 10.000 Russlanddeutscher in die Bundesrepublik kam. 1989 waren
es dann aufgrund der liberaleren Politik unter Gorbatschow bereits fast
100.000. In den Folgejahren stieg die Auswanderungswelle lawinenartig an.
3.3 Russlanddeutsche heute in der Russischen Föderation und den Nachfolgestaaten der Sowjet-Union
Bei der Volkszählung 1989 wurden in
der gesamten Sowjet-Union 2.038.603 Personen gezählt, die sich zur deutschen Nationalität bekannten. Davon
lebten 957.518 in Kasachstan, 842.295 in der Russischen Föderation, 101.309 in
Kirgisien, 39.809 in Usbekistan, 37.849 in der Ukraine, 32.671 in
Tadschikistan, 7.335 in Moldawien und weitere Gruppen unter 5.000 in
Turkmenistan, Lettland, Weißrussland, Estland, Litauen, Georgien, Aserbeidschan
und Armenien.[8] Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele
Deutsche nach wie vor aus Angst vor Diskriminierung sich nicht zu ihrer Ethnie
bekannten und dass es inzwischen viele Mischehen gab, in denen nur ein Partner
noch mehr oder weniger die deutsche Sprache beherrschte, der andere Partner und
die Kinder jedoch nur noch russisch
sprachen.
Die Politik der Bundesregierungen
nach der Wende war stets zweigleisig ausgerichtet. Zum einen wollte man
Ausreisewilligen Personen mit deutschen Wurzeln die Übersiedlung ermöglichen,
andererseits unterstützten sie aber auch alle Maßnahmen zur Verbesserung der Lage
vor Ort. Auch die Bemühungen der deutschen Minderheit in Russland um eine
nationale Eigenstaatlichkeit wurden in
Verhandlungen mit der russischen Regierung massiv unterstützt. Im November 1991
keimten große Hoffnungen, als Bundeskanzler Helmut Kohl und der russische
Präsident Boris Jelzin eine gemeinsame Erklärung unterzeichneten, in der sich
Russland dazu bekannte, die Republik der Deutschen an der Wolga wieder
herzustellen und in den gegenwärtigen
Siedlungsgebieten nationale Kreise zu schaffen. Jedoch schon im Januar 1992
ruderte Jelzin zurück und machte bei einem Besuch in Saratow deutlich, das in
absehbarer Zeit nicht mit der Wiederherstellung der Wolgarepublik zu rechnen
ist.[9] Später wurde in einem „Protokoll über die
Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen
Föderation zur stufenweisen Wiederherstellung der Staatlichkeit der
Russlanddeutschen“ eine entsprechende Vereinbarung getroffen, die am 23. 3.
1993 in Kraft trat.[10]
Aber diese Vereinbarung kam zu spät und traf
bei vielen Russlanddeutschen auf Skepsis. Der Drang der
Russlanddeutschen zur Ausreise war größer, denn man hatte in der Geschichte zu
oft erlebt, dass man nicht auf Zusagen der Herrschenden bauen konnte.
Etwa 2,5 Millionen Menschen verließen
ab 1990 Russland und die Staaten der ehemaligen Sowjet-Union. Sie kamen als
sog. Spätaussiedler in die neue Bundesrepublik, um hier der endgültigen Russifizierung
zu entgehen, aber auch um eine bessere wirtschaftliche Perspektive zu haben.
Das ging nicht ganz ohne Probleme wie nachstehend noch unter „Russlanddeutsche
Spätaussiedler in der Bundesrepublik“ zu
berichten ist.
Deutsche in der Russischen Föderation
Nach dem Scheitern der
verschiedenen Bemühungen um die Wiederherstellung einer deutschen
Eigenstaatlichkeit in Russland, insbesondere nach Jelzins Rücknahme seiner Zusage über die Wiederherstellung der
Autonomen Wolgarepublik, kam es zum großen Exodus der Russlanddeutschen, die
nun ihre Zukunft nur noch in Deutschland sahen.[11]
Russlanddeutsche sind heute noch verstreut über die ganze russische Föderation
zu finden. Ihre Zahl wird auf ca. 500.000 bis 600.000 geschätzt. Bei der Volkszählung 2010 gaben 394.138 Einwohner
Russlands als Nationalität „Deutsch“ an, nachdem jedoch keine Eintragung der
Nationalität mehr im Pass erfolgt, sind die Angaben oft fragwürdig, zumal 5
Millionen Menschen gar keine Nationalität angaben. Die größten Ballungsräume sind nach wie vor
Sibirien, die Region Altai und der Ural. Doch auch in anderen Teilen Russlands leben heute noch viele Nachfahren der
nach dort deportierten Russlanddeutschen, und auch an der Wolga und im
nördlichen Ostpreußen gibt es eine Anzahl von innerrussischen deutschen Rückkehrern
bzw. Umsiedlern. Im nördlichen Ostpreußen
wurden Anfang der 90er Jahre etwa 60.000 Deutsche unter einer Million
Einwohnern gezählt. Ein großer Teil von ihnen kam aus Kasachstan (s.u.). Der größte Teil dieser Zuwanderer ist allerdings weiter
nach Deutschland gezogen, da man von dem heruntergekommenen und
infrastrukturschwachem Gebiet enttäuscht war. Nach Angaben des Internetportals
„inrussland“ leben heute im Oblast Kaliningrad ca. 25.000 Russlanddeutsche. Es
gibt eine russlanddeutsche Vereinigung „Eintracht“, das Deutsch-Russische Haus in
Kaliningrad/Königsberg als Stätte der Begegnung und seit 2004 ein deutsches Generalkonsulat, das die
deutsche Minderheit berät und unterstützt.[12]
Anfang der 90er Jahre
wurden die Deutschen Nationalrayons Halbstadt in der Altai Region (1991)
und Asowo im Gebiet Omsk (1992) gebildet. Es entstanden der
Internationale Verband der deutschen Kultur (1991), mehrere Zentren der
deutschen Kultur, Gesellschaften „Wiedergeburt“, später auch
national-kulturelle Autonomien der Russlanddeutschen und weitere gesellschaftliche
Organisationen der Russlanddeutschen..[13]
Der Internationale
Verband der deutschen Kultur (IVDK) vereinigt Begegnungszentren vieler Regionen
Russlands. Zu den
Gemeinschaftsmitgliedern des Verbands gehören auch nationale Organisationen der
Deutschen in Weißrussland, Moldau, Usbekistan, Aserbaidschan, Georgien und
Estland sowie einige deutsche Gesellschaften in Kirgisien, Kasachstan und in
der Ukraine. Hauptziel der Verbandstätigkeit ist die Erhaltung der kulturellen
Identität und Gemeinschaft der Russlanddeutschen. Dafür werden Festivals und
Tage der deutschen Kultur, Gemäldeausstellungen und Ausstellungen historischer
Materialien veranstaltet, Seminare und wissenschaftliche Konferenzen
organisiert sowie Bücher, Zeitungen und Zeitschriften zur Geschichte und Kultur
der Russlanddeutschen herausgegeben. Der IVDK erarbeitete ein Programm zur „Entwicklung des
sozial-wirtschaftlichen und kulturellen Potentials der Russlanddeutschen in den
Jahren 2008–2012“, dessen Konzept Ende August 2007 von der russischen Regierung
unterzeichnet wurde. Das Programm sieht die Unterstützung der Kompaktsiedlungen
der Russlanddeutschen wie z.B. der deutschen Nationalrayons in Asowo, im Altai
und den Dorfadministrationen an der Wolga vor. Die Organisation erhält Mittel
vom russischen Staat wie auch aus Deutschland, die zum Erhalt der kulturellen Identität der
Russlanddeutschen beitragen sollen. Der Verband ist seit 2004 Mitglied der Föderalistischen
Union Europäischer Volksgruppen und die Russlanddeutsche Olga Martens gehört
seit 2010 dem Präsidium dieser Vereinigung an. [14]
Deutsche Minderheit in der Ukraine
Wie unter Geschichte
ausgeführt war die heutige Ukraine ein Siedlungsschwerpunkt der Deutschen im
Zarenreich. Schwerpunkte waren die Metropole Odessa und bäuerliche Siedlungen
im Schwarzmeergebiet und in Wolhynien. Heute leben noch ca. 33.000 ethnische
deutsche in der Ukraine (auf Basis der Volkszählung von 2001), vornehmlich
Rückwanderer aus den östlichen Teilen der ehemaligen Sowjet-Union. Der Rat der
Deutschen in der Ukraine bezweifelt
diese Zahlen und geht von mehr als 40.000 Ukraine-Deutschen aus. Er verweist
auf deutsche Begegnungszentren in 68 ukrainischen Orten. Ein beliebter Treffpunkt der Deutschen ist die lutherische Kirche St.
Katherinen in Kiew. Es gibt aber keine
geschlossenen deutschen Siedlungen mehr, sondern Deutsche sind über das ganze
Land verteilt. Die deutsche Minderheit wird von der Dachorganisation „Rat der Deutschen in der Ukraine“ vertreten,
der Mitglied in der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen ist. Sie erhält
Unterstützung durch das deutsche Bundesministerium des Inneren, das über die
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die
Selbstorganisation der Minderheit, die Sozial- und Jugendarbeit fördert.[15]
Basis dafür ist ein am 3. 9. 1996 geschlossenes Deutsch-Ukrainisches Abkommen
über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der in der Ukraine lebenden Personen
deutscher Abstammung.
Im aktuellen
Ukraine-Konflikt hat sich der Rat der Deutschen in der Ukraine deutlich auf der
Seite der ukrainischen Regierung positioniert und die Angliederung der Krim durch
Russland verurteilt.[16]
Deutsche Minderheit auf der Krim
Auf der Krim leben heute
etwa 2.500 Menschen deutscher Abstammung. Sie sind organisiert in der
Gemeinschaft „Wiedergeburt“ unter Leitung von Juri Gempel. In einem Interview
mit NTV hat sich Gempel deutlich für den Anschluss der Krim an Russland
ausgesprochen und dargelegt, dass die große Mehrheit seiner Landsleute ebenso
denken, denn sie sprechen kein ukrainisch, nur russisch und sähen in Russland
bessere wirtschaftliche
Entwicklungsmöglichkeiten.[17]
Der Focus Nr.13/2014 berichtet in ähnlicher Weise von einem Deutschen, der in Kasachstan geboren wurde und mit seinen 'Eltern als einer der ersten deutschen Rückkehrer sich wieder auf der Krim ansiedelte. Er übernahm eine ehemalige Kolchose und betreibt dort Viehwirtschaft. Er bemängelt ebenso wie Eduard von Dinzer, der Vizechef des Vereins der Krimdeutschen, dass sich die Regierung in Kiew nie um die Entwicklung der Krim gekümmert habe. Auch habe man rückkehrwilligen Deutschen versprochen, Siedlungen für sie zu bauen, aber es tat sich nichts. So verwundert es nicht, dass die verbliebenen Krimdeutschen nun für den Anschluss an Russland gestimmt haben.
Der Focus Nr.13/2014 berichtet in ähnlicher Weise von einem Deutschen, der in Kasachstan geboren wurde und mit seinen 'Eltern als einer der ersten deutschen Rückkehrer sich wieder auf der Krim ansiedelte. Er übernahm eine ehemalige Kolchose und betreibt dort Viehwirtschaft. Er bemängelt ebenso wie Eduard von Dinzer, der Vizechef des Vereins der Krimdeutschen, dass sich die Regierung in Kiew nie um die Entwicklung der Krim gekümmert habe. Auch habe man rückkehrwilligen Deutschen versprochen, Siedlungen für sie zu bauen, aber es tat sich nichts. So verwundert es nicht, dass die verbliebenen Krimdeutschen nun für den Anschluss an Russland gestimmt haben.
Unmittelbar nach der
Angliederung der Krim an Russland hat der russische Präsident Putin in einem
Erlass die deportierten Deutschen und Krimtataren rehabilitiert. Juri Gempel
ist überzeugt, dass nun bis zu 20.000 Russlanddeutsche aus Sibirien und Kasachstan
zurück auf die Krim kommen wollen, selbst aus Deutschland lägen ihm Anfragen
von dortigen Spätaussiedlern vor.[18]
Die weitere Entwicklung
bleibt hier ebenso wie bei den Krimtataren abzuwarten.
Russlanddeutsche in Kasachstan
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts
siedelten Deutsche in den schwach entwickelten Regionen des Zarenreiches, dem
heutigen Kasachstan. Durch Zwangsdeportationen nach dem Beginn des Krieges
zwischen Hitler-Deutschland und der Sowjet-Union (s. o.) wurde Kasachstan zu
einem neuen Schwerpunkt der deutschen Minderheit in der Sowjet-Union. Trotz
hoher Verluste durch Zwangsarbeit, Unterernährung und schlechte
Wohnverhältnisse in den Jahren bis 1959 wuchs die deutsche Minderheit aufgrund
einer hohen Geburtenrate entsprechend der Volkszählung im Jahre 1989 auf 957.518 Deutsche an. Das
entsprach 5,8% der Gesamtbevölkerung Kasachstans.[19]
Vor allem in der damaligen Hauptstadt Alma-Ata konzentrierten
sich die kulturellen Aktivitäten der deutschen Nationalität: Hier erschienen
deutsche Zeitschriften und Bücher, es gab ein deutsches Theater.[20]
1979 scheiterte der Versuch, ein
autonomes deutsches Gebiet in Kasachstan in der Gegend von Zelinograd (heute
Astana) zu gründen am Widerstand der russischen und kasachischen Bevölkerung.
Daraufhin begann in den 1980er-Jahren und vermehrt nach der Wende eine massive
Abwanderung der meisten Russlanddeutschen nach Deutschland, in den Jahren
1993-1997 waren es ca. 100.000 Personen im Jahr.[21] Ein
kleinerer Teil der Deutschen kehrte in die ehemaligen Siedlungsgebiete an der
Wolga, in der Ukraine bzw. auf die Krim zurück oder siedelte sich im Bereich
Kaliningrad / Königsberg an.
Entsprechend der Volkszählung des Jahres 2012 leben heute noch etwa 180.000 ethnische Deutsche in
der Republik Kasachstan, besonders viele von ihnen in Gebieten Nord- und
Ostkasachstans. Vertreten werden sie von der Bewegung "Wiedergeburt", die sich im Jahr 1992 als Dachorganisation
"Assoziation der gesellschaftlichen Vereinigungen der Deutschen
Kasachstans 'Wiedergeburt'" (AgVDK) etabliert hat. Mitglieder der
Organisation sind 20 regionale Vereinigungen der Minderheit mit über 50
Begegnungsstätten. Die Assoziation kooperiert mit zahlreichen Verbänden
deutscher Minderheiten und ist Mitglied in der Föderalistischen Union
Europäischer Volksgruppen.
Wöchentlich erscheint
die Deutsche Allgemeine Zeitung mit einer Auflage von ca. 2000 Exemplaren
zweisprachig (deutsch-russisch) und versteht sich nicht nur als Organ der
verbliebenen Deutschen sondern auch als Brücke zur gesamten zentralasiatischen
Region und zu deutschen Touristen, Geschäftsleuten, Studierenden und
NGO-Vertretern.[22]
Die Bundesregierung hat
verschiedene Abkommen mit dem Kasachischen Staat zur Förderung der deutschen
Minderheit geschlossen und unterstützt die AgVDK über ihre Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ).[23]
Russlanddeutsche in den übrigen Staaten der ehemaligen Sowjet-Union (GUS-Staaten)
Das Auswärtige Amt der
Bundesregierung gibt die Zahl der ethnischen Deutschen in den übrigen
GUS-Staaten (Stand 2013) wie folgt an:
Armenien: 400
Aserbeidschan: 500
Georgien: 651
Kirgisistan: 8.766
Moldau: 2.000
Tadschikistan: 1.000
Turkmenistan: 500
Usbekistan: 10.000
Weißrussland: 2.474
Demnach gibt es noch
größere Gruppen in Kirgisistan und Usbekistan. In der Mehrzahl sind sie Nachkommen
der 1941 nach Zentralasien deportierten Russlanddeutschen aus dem Wolgaraum.
Von ursprünglich ca.
100.000 Deutschen in Kirgisistan
leben die angegebenen knapp 9.000 heute vor allem im Norden des Landes,
insbesondere in und um die Hauptstadt Bischkek. Interessensvertreter der deutschen Minderheit in der
Republik Kirgistan ist der Volksrat der Deutschen Kirgistans. Der Volksrat
arbeitet in acht Begegnungsstätten in verschiedenen Regionen des Landes
(Bischkek, Sokuluk, Belowodskoje, Kara-Balta, Kant, Tokmok, Osch und Talas).
Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gab es deutsche
Zuwanderer in Usbekistan,
die vor allem aus den baltischen Provinzen Russlands kamen. Die Mehrzahl der
Deutschen sind aber auch hier Nachkommen der 1941 nach Zentralasien
deportierten Russlanddeutschen aus dem Wolgaraum. Die Angehörigen der deutschen
Minderheit leben heute größtenteils in den Städten Taschkent, Buchara, Samarkand
und Fergana. In diesen vier Städten sind sie auch in Deutschen Kulturzentren
organisiert. Seit 2002 ist das Republikanische Kulturzentrum der
Usbekistandeutschen Mitglied der Föderalistischen Union der europäischen
Volksgruppen.
Die deutsche Minderheit sowohl in Kirgisien wie auch
in Usbekistan wird durch Fördermaßnahmen der Deutschen Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) vor allem auf sozialem Gebiet unterstützt.
In den übrigen GUS-Staaten
ist die deutsche Minderheit bis auf Restgruppen (siehe obige Zahlen) fast
vollständig ausgewandert oder spricht in der Regel russisch als Muttersprache.
In Georgien gibt es eine Assoziation der Deutschen Georgiens „Einung“, die seit
2003 Mitglied in der FUEV ist. Sie zählt 2.000 Mitglieder vor allem in Tiflis,
bietet Deutschkurse an und unterhält einen Kindergarten und ein Jugendtheater.[24]
Erfreulich ist in Georgien anzumerken, dass sich hier die Länder deutscher
Sprache – Bundesrepublik, Österreich und Schweiz – unter dem Motto „Drei Länder
eine Sprache“ gemeinsam um die Vermittlung deutscher Sprache und Kultur bemühen
und im April/Mai 2014 diverse Info-Veranstaltungen angeboten haben.
Bei einem Besuch des Beauftragten der Bundesregierung für nationale Minderheiten Hartmut Koschyk in der Republik Moldau im Jahre 2017 konnte dieser feststellen, dass die kleine verbliebene deutsche Minderheit sich stabilisiert hat. Diese unterhält ein Kultur- und Begegnungszentrum "Hoffnung" in der Hauptstadt Kischinau und bemüht sich sehr um die Bewahrung der kulturellen und muttersprachlichen Identiät. Koschyk zeigte sich beeindruckt über die gute Nachwuchsarbeit der kleinen deutschen Minderheit in der Republik Moldau, und sicherte weitere Unterstützung der Bundesregierung Deutschlands zu. (Globus Nr. 3/2017)
Bei einem Besuch des Beauftragten der Bundesregierung für nationale Minderheiten Hartmut Koschyk in der Republik Moldau im Jahre 2017 konnte dieser feststellen, dass die kleine verbliebene deutsche Minderheit sich stabilisiert hat. Diese unterhält ein Kultur- und Begegnungszentrum "Hoffnung" in der Hauptstadt Kischinau und bemüht sich sehr um die Bewahrung der kulturellen und muttersprachlichen Identiät. Koschyk zeigte sich beeindruckt über die gute Nachwuchsarbeit der kleinen deutschen Minderheit in der Republik Moldau, und sicherte weitere Unterstützung der Bundesregierung Deutschlands zu. (Globus Nr. 3/2017)
4. Sprache
Mit der Zuspitzung der
internationalen Beziehungen in Europa Ende der dreißiger Jahre schränkte Stalin
die Rechte der Deutschen in der Sowjetunion weiter ein. Der Unterricht in den
deutschen Rayons außerhalb der ASSR der Wolgadeutschen, wurde ab dem Schuljahr
1938/39 in Russisch oder in Ukrainisch erteilt. Im Sommer 1938 lösten die
Behörden den deutschen Rayon im Altai und Ende März 1939 sämtliche deutschen
Rayons in der Ukraine auf, 1941 wurde die Wolgadeutsche Repzblik aufgelöst. Nach der Deportation endete abrupt eine Phase deutscher Kultur in
Russland und den Republiken der Sowjet-Union. Deutsch wurde aus den Schulen
verbannt und sogar im öffentlichen Raum verboten. So verwundert es nicht, dass
schon 1980 nur etwa 57% der Deutschen in der damaligen UdSSR noch einigermaßen
Deutsch beherrschten. Mit dem allmählichen Abgang der älteren Generation, die
im Familienkreis noch die Muttersprache pflegten, verstärkte sich diese
Tendenz.[26] Bei den heutigen
Russlanddeutschen und den Aussiedlern aus der ehemaligen Sowjet-Union beherrschte
nur noch die ältere Generation die deutsche Sprache, wenn auch mit russischen
Akzent und vielen Lücken. Die etwa bis 1960 Geboren verstehen meist noch (etwas)
deutsch, können sich darin aber nur schlecht ausdrücken und die nach 1960
geborenen beherrschen oft nur russisch.
5. Russlanddeutsche Spätaussiedler in der Bundesrepublik
Nach der Wende und dem Zerfall der
Sowjet-Union standen viele Russlanddeutsche vor der Frage „Bleiben oder
gehen?“. Wie schon ausgeführt hat sich der überwiegende Teil der
Deutschstämmigen für die Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland
entschieden. 1996 berichtete die Zeit, dass die Bundesregierung mit
Millionensummen versucht, Russlanddeutsche zum Bleiben zu bewegen – vergebens![27]
Nachdem Präsident Jelzin die Zusage zur Wiederbelebung der Wolgarepublik
zurücknahm und als halbherzigen Kompromiss zwei deutsche nationale Landkreise
bewilligte, waren Geduld und Vertrauen der meisten Russlanddeutschen nicht mehr
vorhanden. Zudem machte man sich Vorstellungen vom heutigen Deutschland, die
fern jeder Realität waren. Ähnlich der Bevölkerung in der DDR hatte man in noch
stärkerem Umfang die staatslenkende Wirtschaft erlebt und z. T. auch
verinnerlicht, aber noch einschneidender war der Abstand zur deutschen Sprache,
Kultur und Lebensgewohnheit geworden. Häufig kam es in der Zerstreuung zu
Mischehen mit Russen oder Angehörigen anderer Völker der Sowjet-Union, ein
Unterricht in deutscher Sprache fand selten oder gar nicht statt und aus den
Erzählungen der Großeltern formte man sich ein Wunsch-Bild von einem
Deutschland, das es so nicht mehr gab.
Die Eltern hatten erzählt,
Deutschland sei ein christliches Land, wo alle Menschen ehrlich sind, dass dort
nicht gestohlen und gelogen wird und dann kam bei der Übersiedlung ein
Kulturschock.[28]
Dementsprechend war die Ankunft im
Deutschland der 90er und der beginnenden 2000er Jahre für viele
Russlanddeutsche ein böses Erwachen. In Russland, Kasachstan und den übrigen
GUS-Staaten wurden sie nach wie vor als Deutsche diskriminiert und hier
angekommen betrachtete man sie nun als „Russen“, denn die meisten von ihnen
beherrschten ja nur unzulänglich oder gar nicht die deutsche Sprache. Dies galt
vor allem für viele Jugendliche, die oft gegen ihren Willen die gewohnten
Stätten ihrer Kindheit, ihre Freunde und Bekannten verlassen mussten. Deshalb blieben Reibereien zwischen Spätaussiedlern und deutschen Mitbürgern aufgrund unterschiedlicher Lebensgewohnheiten zunächst nicht aus.
Wie bei vielen Migranten kam es auch bei den rückkehrenden Russlanddeutschen oft zu komprimierten Ansiedlungen in
verschiedenen Teilen Deutschlands, z.B. in Ostwestfalen, im Oberbergischen Land
und im Badischen bei Lahr, wo dann die gegensätzliche Lebenswesen aufeinander
stießen. Viele Veröffentlichungen
berichten von persönlichen Schicksalen und Missverständnissen auf beiden
Seiten. Hier nur eine kleine Auswahl:
- „Heimat erreicht, Heimat verloren –
Sie kommen durchs offene Tor und finden sich wieder am Rand der Gesellschaft“
(Die Zeit – Dossier – v. 5. 4. 1996)
- „Eine Dienstreise von zweihundert
Jahren geht zu Ende – In Sibirien fühle ich mich deutsch in Deutschland fühle
ich mich russisch (FAZ v. 11. 6. 1995)
- „Zu Hause ist, wo ich nicht bin –
Russlanddeutsche zwischen Karaganda, Hamburg und Irgendwo“ (Sendungsmanuskript
DeutschlandRadio 2000 - www.dradio.de/dlf/sendungen/langenacht_alt/001209.rtf)
- „Zuhaus in der zweiten Heimat –
Russlanddeutsche in Detmold“ (Deutschlandradio Kultur Beitrag vom 19. 7. 2013 -
http://www.deutschlandradiokultur.de/zuhaus-in-der-zweiten-heimat.1001.de.html?dram:article_id=254645)
- Turgen ist für mich
keine Heimat mehr (Interview in der DAZ – siehe Anmerkung 22 – vom 1. 5. 2014)
- Unsere Landsleute aus Karaganda (Die Zeit 12/2004)
- Russische Seele - deutsche Heimat (Deutsche Allgemeine Zeitung, Kasachstan v. 4. 4. 2004
- "Zwischenwelten. Russlanddeutsche Jugendliche in der Bundesrepublik" (Archiv der Jugendkulturen, Berlin 2003
- Unsere Landsleute aus Karaganda (Die Zeit 12/2004)
- Russische Seele - deutsche Heimat (Deutsche Allgemeine Zeitung, Kasachstan v. 4. 4. 2004
- "Zwischenwelten. Russlanddeutsche Jugendliche in der Bundesrepublik" (Archiv der Jugendkulturen, Berlin 2003
Deshalb war bei den Russlanddeutschen nun wieder Pioniergeist gefragt
und man kann heute - ca. 15 Jahre nach der größten Einwanderungswelle - feststellen, dass die überwiegende Mehrheit der
Spätaussiedler integrationswillig die
neue Herausforderung annahm, intensiv deutsch lernte, bereitwillig zunächst
jede Arbeit annahm und heute weitgehend integriert ist. Dazu beigetragen haben sicherlich auch diverse Hilfsangebote von Städten und Gemeinden, Hilfs- und Jugendorganisationen. Hierüber berichtet z. B. eine Dokumentation des Bundesministeriums des Innern von 2002 "4. Bundeswettbewerb Vorbildliche Integration von Aussiedlern". Manche Spätaussiedler aus Russland oder Kasachstan sind
inzwischen bekannte und berühmte Persönlichkeiten, wie der erste russlanddeutsche
Bundestagsabgeordnete Heinrich Zertik (geboren 1957 in Kastek/Kasachstan, 1989
nach Deutschland übergesiedelt) oder die Sängerin und Fernseh-Entertainerin
Helene Fischer (geb. 1984 in Krasnojarsk), die mit über 5 Millionen verkauften
Tonträgern zu den erfolgreichsten ihrer Zunft im deutschen Sprachraum gehört.
Manche russlanddeutsche
Übersiedler kamen allerdings mit der neuen deutschen Umgebung nicht zurecht.
Bei ihnen ist die Illusion vom gelobten Land umgeschlagen in Heimweh nach
bekannter Umgebung. Zudem wächst in Kasachstan die Wirtschaft und die Regierung lockt
sogar Arbeitskräfte aus dem Ausland mit Vergünstigungen an. Das bringt manchen Spätaussiedler auf den Gedanken zur abermaligen Rückkehr, denn er fühlt sich in Deutschland immer noch fremd, hat Komplexe wegen der
Sprache, ist von der deutschen Umgebung isoliert oder arbeitet oft in
Bereichen, die nicht seiner Qualifikation entsprechen, was Verlust sozialer
Anerkennung bedeutet. So gibt es eine nennenswerte nicht genau bekannte Zahl
von Russlanddeutschen, die in ihre „Heimat“ nach Sibirien oder Kasachstan
zurückkehren oder zurückkehren wollen. Um sie bemühen sich Beratungsstellen z.
B. die Wohlfahrtsorganisation „Heimatgarten“, ursprünglich ein Projekt der AWO
Bremerhaven, mit einer speziellen Anlaufstelle in Bielefeld. Man unterscheidet
dort in einer Grafik zwischen dem Rückkehrgrund „ökonomisch bedingt“ und „mental
bedingt“. Oft gehen die Probleme aber ineinander über. Aber auch die
abermaligen Rückkehrer treffen wieder auf Probleme, denn das alte Umfeld
existiert nicht mehr und auch die nachkommunistische Gesellschaft ist im
Wandel. [29]
Im Gegensatz zu anderen
Migranten (z. B. den Türken in Deutschland) sind die aufgezeichneten Probleme für über 2
Millionen Russlanddeutsche aber innerhalb einer Generation erledigt. Wer als
Erwachsener nach Deutschland kam, denkt oft noch an die einstige Heimat, reist
im Urlaub nach dort hin oder engagiert sich in russlanddeutschen Verbänden. Für ihre hier
aufgewachsenen Kinder ist die Herkunft ihrer Eltern und Vorfahren jedoch Familiengeschichte
und selten ein Thema. Sie sehen sich nicht mehr als Russlanddeutsche, sondern
einfach als Deutsche.[30] Leider muss man nach Ausbruch des Ukrainekrieges im Februar 2022 feststellen, dass im Lager der Russlanddeutschen ein Zwiespalt zwischen sogenannten "Putin-Verstehern" und "Ukraine-Freunden" entstanden ist. Die öffentliche Debatte ist dabei oft wenig von Fakten und mehr von Emotionen geprägt. Leider kam es auch zu Ausschreitungen gegenüber Russlanddeutschen und russischen Exilanten in Deutschland. Hier wäre Aufklärung dringend erforderlich. Siehe dazu meine Stellungnahme im Post 2.32 Ukrainer, ukrainisch,Ukraine.
[4] Nelly Kosko: „Die Letzten unter den
Gleichen – die Deutschen in der UdSSR“ in „Wege und Wandlungen – Die Deutschen
in der Welt heute Band 1“Westkreuz-Verlag Berlin/Bonn 1981 -
"Die Auswanderung von Deutschen nach Südkaukasien" in Globus 1/2018
"Die Auswanderung von Deutschen nach Südkaukasien" in Globus 1/2018
[5] „Die Deutschen in der Sowjetunion“ in
„Handbuch der europäischen Volksgruppen“ (Ethnos8), S. 458ff
[7] Zusammengestellt unter Benutzung von
Hinweisen in den Büchern Nelly Kosko: „Die Letzten unter den Gleichen – die
Deutschen in der UdSSR“ in „Wege und Wandlungen – Die Deutschen in der Welt
heute Band 1“, „Die Deutschen in der Sowjetunion“ (siehe Anmerkung 5) und der Internetseiten http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/dossier-migration/56417/russlanddeutsche?p=all
und http://www.fuldaerzeitung.de/artikelansicht/artikel/396268/zur-geschichte-der-russlanddeutschen-767883 und
[8] Globus Heft 3, Mai/Juni 1991
[9] Informationen zur politischen Bildung Nr.
267, 2. Quartal 2000
[10] Hartmut Gassner: „Aussiedlerpolitik“
erschienen in „Migration und Flucht“, Schriftenreihe der Bundeszentrale für
politische Bildung Band 342 von 1997
[11] http://www.russlanddeutschegeschichte.de/geschichte/teil4/glasnost/autonomie.htm
[12] Globus 1/2004 - http://www.germania.diplo.de/Vertretung/russland/de/04-kali/6-kultur-bildung/6-1-deutsche-minderheiten/deutsche-minderheiten.html - http://www.inrussland.net/index-kal.html
[16] http://deutsche.in.ua/de/news/271.html
[17] http://www.n-tv.de/politik/Krim-Deutsche-waehlen-Russland-article12468496.htmlSamstag,
15. März 2014
[18] http://german.ruvr.ru/2014_05_19/Heimkehr-der-unter-Stalin-Deportierten-Krim-erwartet-bis-zu-20-000-Deutsche-4533/
[19] Barbara Dietz/Peter
Hilkes " Rußlanddeutsche: Unbekannte im Osten ", Olzog Verlag, 1992
[20] http://www.kulturforum.info/de/topic/1019478.kasachstan.html
[21] http://www.agdm.fuen.org/land/kz.html
[23] http://www.aussiedlerbeauftragter.de/AUSB/DE/Themen/deutsche-minderheiten/deutsche-minderheiten-gus/republik-kasachstan/republik_kasachstan_node.html
[24] http://www.aussiedlerbeauftragter.de/AUSB/DE/Themen/deutsche-minderheiten/deutsche-minderheiten-gus/nachfolgestaaten-sowjetunion/nachfolgestaaten-sowjetunion_node.html und http://www.agdm.fuen.org/kurzbeschreibung.html
[25] Nelly Kosko: „Die Letzten unter den
Gleichen – die Deutschen in der UdSSR“ in „Wege und Wandlungen – Die Deutschen
in der Welt heute Band 1“, S.233ff
[26] Wie vor S. 235
[27] Die Zeit v. 5. 4. 1996 „Geld schafft kein
Heim“
[28] http://www.deutschlandradiokultur.de/zuhaus-in-der-zweiten
heimat.1001.de.html?dram:article_id=254645
[29] http://www.deutschlandfunk.de/so-schnell-wie-moeglich-zurueck.862.de.html?dram:article_id=123357
- http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Zurueck-in-die-Heimat/20070505
Herzlichen Dank für die Verfassung, endlich mal eine objektiver Bericht!
AntwortenLöschenIch bin selbst sogenannte "Russlanddeutsche". In unserer Familiengeschichte kann man exemplarisch die allgemeine Geschichte (mit allen Wirren) von den Auswanderer im 18-19.Jh bis den Aussiedlern aus der Sowjetunion darstellen. Mein Onkel, Gerhard Walter, hat die Familien-Geschichte in ein Buch verfast. Im Spielfilm "Mitten im Sturm" wird das Schicksal meines Großonkels, Anton Walter (gespielt vom Ulrich Tukur) dargestellt. Ich bin mit meiner Familie 1991, als Aussiedlerin, nach Deutschland gekommen. Wir sind deutsche, obwohl oft als Russen bezeichnet werden. Ich beschäftige mich mit dem Thema: Identität, da ich Lehrerin bin und mit Kindern aus unterschiedlichen Kulturen täglich zu tun habe. Selbst meine Mutter, die im Waldorf (heutige Ukraine) geboren ist, in der Zeit des 2. Weltkrieges im deutschem Reich war und nach dem Krieg in den Ural deportiert wurde, konnte mir die Frage: "Wo ist Ihre Heimat, nicht eindeutig beantworten.
Ich möchte mich bei Ihnen noch mal bedanken.
Lilli Becking, Eschborn