1. Allgemeiner Überblick
In meinem Post 3.100 Roma in Europa - Punkt 1b und 5) habe ich bereits auf die besondere Problematik der Roma in Osteuropa hingewiesen. Daher soll dieser Post ihre besondere Situation schildern, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Roma in allen Staaten Osteuropas diskriminiert werden und der Großteil von ihnen am
Rande der Gesellschaft lebt.
Auch in den osteuropäischen Staaten verstehen sich Roma weder als ein einheitliches Volk noch als eine staatsübergreifende nationale Minderheit. Roma sind aufgesplittert in sehr differenzierte Gruppen und Sippen, je nach Herkunft, Sprache, handwerklicher Tätigkeit, Handel und sozialer Stellung. Aufgrund dieser Situation ist es auch sehr schwierig genauere Angaben über die Zahl der Roma in den verschiedenen Staaten zu machen. Die offiziellen Zahlen von Volkszählungen oder Landesstatistiken sind in der Regel wesentlich niedriger, als die Angaben von Minderheits-Organisationen oder anderen neutralen Stellen. Der Grund liegt darin, dass viele Roma aus Furcht vor Diskriminierung bei Volkszählungen oder Befragungen angeben, zur Mehrheitsbevölkerung zu gehören. Oft ist auch gar kein nationales oder ethnisches Bewusstsein vorhanden, da viele Roma in diesen Staaten auch nur die Sprache der Mehrheitsbevölkerung sprechen und ihre traditionelle Romanes-Sprache gar nicht oder nur passiv kennengelernt haben. Die folgende Karte gibt einen Überblick über die ungefähre geschätzte Zahl der Roma in osteuropäischen Staaten und farblich dargestellt ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung.
Auch in den osteuropäischen Staaten verstehen sich Roma weder als ein einheitliches Volk noch als eine staatsübergreifende nationale Minderheit. Roma sind aufgesplittert in sehr differenzierte Gruppen und Sippen, je nach Herkunft, Sprache, handwerklicher Tätigkeit, Handel und sozialer Stellung. Aufgrund dieser Situation ist es auch sehr schwierig genauere Angaben über die Zahl der Roma in den verschiedenen Staaten zu machen. Die offiziellen Zahlen von Volkszählungen oder Landesstatistiken sind in der Regel wesentlich niedriger, als die Angaben von Minderheits-Organisationen oder anderen neutralen Stellen. Der Grund liegt darin, dass viele Roma aus Furcht vor Diskriminierung bei Volkszählungen oder Befragungen angeben, zur Mehrheitsbevölkerung zu gehören. Oft ist auch gar kein nationales oder ethnisches Bewusstsein vorhanden, da viele Roma in diesen Staaten auch nur die Sprache der Mehrheitsbevölkerung sprechen und ihre traditionelle Romanes-Sprache gar nicht oder nur passiv kennengelernt haben. Die folgende Karte gibt einen Überblick über die ungefähre geschätzte Zahl der Roma in osteuropäischen Staaten und farblich dargestellt ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung.
2. Geschichte
Zur Herkunft der Roma und ihrer Geschichte nach der Einwanderung nach Europa verweise ich auf meinen Post Roma in Europa. Im 14. und 15. Jahrhundert eroberten die Osmanen nach und nach das
oströmische Reich von Byzanz. Im Zuge dieser Eroberungskriege siedelten
sich immer mehr Roma aus dem byzantinischen Reich kommend auf dem
Balkan an. Einige zogen weiter nach Norden. Um 1500
wurden die Fürstentümer Moldau und Walachei von den Osmanen erobert,
später auch Serbien und Teile Ungarns. Die örtlichen Fürsten behielten
aber eine gewisse innere Selbständigkeit, waren jedoch den Osmanen
tributpflichtig. Um die Tributzahlungen aufbringen zu können, wurden in weiten
Bereichen des Balkans Roma
versklavt. Dabei gab es allerdings zwei sehr unterschiedliche
Sklavenarten:
a) sogenannte Haus-Sklaven = Vatrasch, die in Hausgemeinschaft mit ihren
Herren als Diener, Haushaltshilfen und Arbeiter lebten und
b) den Tribut-Sklaven = Lajasch. Diese konnten sich im Land frei bewegen, aber durften kein Land erwerben. Sie lebten als umherwandernde Händler oder Handwerker von ihren Dienstleistungen. Dazu gehörten vor allem das Herstellen und der Verkauf von Haushalts- und Metallwaren, Reparaturen, Pferde beschlagen oder als Musiker oder Gaukler auftreten. Aus den verschiedenen Handwerks-Gruppen entstanden später Sippen wie z. B. als bekannteste die Kalderash (Kesselhersteller) . Einmal im Jahr, am Fest des Heiligen Dimutru mussten sie ihrem Herrn den fälligen Tribut zahlen, wobei es diesem egal war, wie sie das Geld aufbrachten.
b) den Tribut-Sklaven = Lajasch. Diese konnten sich im Land frei bewegen, aber durften kein Land erwerben. Sie lebten als umherwandernde Händler oder Handwerker von ihren Dienstleistungen. Dazu gehörten vor allem das Herstellen und der Verkauf von Haushalts- und Metallwaren, Reparaturen, Pferde beschlagen oder als Musiker oder Gaukler auftreten. Aus den verschiedenen Handwerks-Gruppen entstanden später Sippen wie z. B. als bekannteste die Kalderash (Kesselhersteller) . Einmal im Jahr, am Fest des Heiligen Dimutru mussten sie ihrem Herrn den fälligen Tribut zahlen, wobei es diesem egal war, wie sie das Geld aufbrachten.
In Ungarn (einschließlich dem heutigen Siebenbürgen und der Slowakei) gab es zwar keine Sklaven, die dort lebenden Roma hatten aber im wesentlichen das gleiche Schicksal wie die Lajasch-Sklaven in den Fürstentümern Moldau und Walachei. In Ungarn bildete sich die besondere Sippe der Lovara heraus (= Pferde-Beschläger von ungarisch Lo = das Pferd).
Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ging der Einfluss der Osmanen zurück und die Fürstentümern Moldau und Walachei gerieten unter russischen Einfluss. 1850 wurde die Leibeigenschaft formal aufgehoben, aber aufgrund der Vergangenheit blieben die Roma weiterhin in ihrer benachteiligten Situation. Nach der Niederlage Russlands im Krimkrieg 1856 endete die russische Vorherrschaft und 1862 wurden die beiden Fürstentümer Moldau und Walachei unter dem Namen Rumänien selbständig. Nach dem ersten Weltkrieg fiel Siebenbürgen und das östliche Banat an Rumänien.
Deshalb besteht auch heute noch ein großer Unterschied zwischen den Roma in Alt-Rumänien (Moldau und Walachei) und den Roma-Gruppen in Siebenbürgen und dem Banat, die erst nach dem 1. Weltkrieg zu Rumänien kamen. Es leuchtet ein, dass die ehemaligen Haussklaven viel von ihrer Identität verloren haben und praktisch nur noch rumänisch als ihre Muttersprache beherrschen.
In der Zeit des Kommunismus fand eine weitere Entwurzelung der Roma durch Abwanderung vom Land in die Städte statt. In den sozialistischen Staatssystemen wurden alle Roma in den Arbeitsprozess eingebunden. Aufgrund mangelnder Bildung verrichteten Roma vor allem einfache Tätigkeiten im Bergbau, in der Bauindustrie, in der Ziegelproduktion, im Straßenbau und bei der Straßenreinigung. So kann man mit Recht die Roma als die größten Verlierer der Wende bezeichnen, denn - so makaber es klingt - unter den kommunistischen Regimen wurden sie zwar auch diskriminiert, aber sie hatten Arbeit in den staatlichen Betrieben. Nach der Wende und der Umstrukturierung der Wirtschaft gingen diese Arbeitsplätze als erste verloren, und die Roma waren die ersten, denen gekündigt wurde. Nach dem Verlust des Arbeitsplatzes verarmten sie, konnten oft ihre Miete nicht bezahlen und gelangten so in die Slums am Rande der großen Städte.
3. Situation der Roma in den verschiedenen Staaten Osteuropas
Vorab verweise ich auf meinen Post https://euro-ethnien.blogspot.com/2013/01/3100-roma-und-sinti.html#more und dort vor allem auf den Punkt 5. Politische Situation und Perspektiven. Um die Lage
der Roma in den Staaten Osteuropas zu verbessern, ist es notwendig, dass die EU
ihr beschlossenes „Roma-Strategie“-Papier in den folgenden Jahren konsequenter
als bisher umsetzt, um die Lage der Roma in den osteuropäischen Staaten
entscheidend zu verbessern. Die prekäre Situation der Roma in den verschiedenen
Staaten Osteuropas schildere ich nun in den folgenden Abschnitten oder verweise
auf die entsprechenden Länder-Posts.
3.1 Roma in Rumänien
3.11 Lage und Zahlen
Besonders schwierig ist
es, genaue Zahlenangaben zu den Roma-Angehörigen in Rumänien zu bekommen.
Bei der letzten Volkszählung im Jahre 2011 erkärten 619.007 Personen, zur Volksgruppe der Roma zu gehören, 2002 waren es 535.140[1]. Bereits Mitte der achtziger Jahre schätzten Experten ihre Zahl auf 1 Million, heute schwanken die Schätzungen zwischen 2 und 3 Millionen. Eine andere Quelle geht sogar von einer Schwankungsbreite zwischen 2 und 5 Millionen Roma in Rumänien aus. [2]
Bei der letzten Volkszählung im Jahre 2011 erkärten 619.007 Personen, zur Volksgruppe der Roma zu gehören, 2002 waren es 535.140[1]. Bereits Mitte der achtziger Jahre schätzten Experten ihre Zahl auf 1 Million, heute schwanken die Schätzungen zwischen 2 und 3 Millionen. Eine andere Quelle geht sogar von einer Schwankungsbreite zwischen 2 und 5 Millionen Roma in Rumänien aus. [2]
Die Differenzen sind, wie im Übersicht-Blog 3.100 Roma in Europa und und oben unter 1. bereits angesprochen, sowohl mit der Furcht vor Diskriminierung, als auch im
fehlenden ethnischen Bewußtsein und mit mangelnder Bildung zu erklären.
Norbert Mappes-Niediek berichtet von Rosia bei Hermannstadt in Siebenbürgen, für jeden und alle aus den Nachbarorten klar und unmissverständlich ein Roma-Dorf mit 1200 Zigeunern und etwa 200 Rumänen. Bei der Volkszählung haben sich jedoch nur zwei Dutzend Einwohner als Roma deklariert. Manche sind zwar nicht im Melderegister verzeichnet, bekommen auch keine Sozialhilfe und ihre Kinder gehen nicht zur Schule, aber eine plausible Erklärung außer der Angst vor Diskriminierung und vor jeglicher Art von Erfassung kann keiner geben, obwohl ja die Diskriminierung durch die Selbstdeklaration nicht geringer wird.(3)
Norbert Mappes-Niediek berichtet von Rosia bei Hermannstadt in Siebenbürgen, für jeden und alle aus den Nachbarorten klar und unmissverständlich ein Roma-Dorf mit 1200 Zigeunern und etwa 200 Rumänen. Bei der Volkszählung haben sich jedoch nur zwei Dutzend Einwohner als Roma deklariert. Manche sind zwar nicht im Melderegister verzeichnet, bekommen auch keine Sozialhilfe und ihre Kinder gehen nicht zur Schule, aber eine plausible Erklärung außer der Angst vor Diskriminierung und vor jeglicher Art von Erfassung kann keiner geben, obwohl ja die Diskriminierung durch die Selbstdeklaration nicht geringer wird.(3)
3.12 Heutige Situation
Erst durch die
Zuwanderung vieler Roma nach dem Beitritt Rumäniens zur EU und der Öffnung der
Grenzen ist vor allem das Armutsproblem der rumänischen Roma in den Blickpunkt
der Deutschen und der Westeuropäer gerückt. Bevor man sich ein abwertendes
Urteil aufgrund katastrophaler Verhältnisse in den Unterkünften der ungebetenen
Zuwanderer bildet, sollte man die Ursachen bedenken, die diese Menschen zum
Verlassen ihrer Heimat gezwungen haben. Da sie oft keine oder nur eine schlechte
Schulbildung haben (um die Jahrtausendwende waren 44 % der Männer und
59 % der Frauen Analphabeten) ist ihre Chance auf einen Arbeitsplatz
gering und so ist ein überproporzionaler Teil von ihnen arbeitslos. Sie leben z. T. unter unwürdigen Bedingungen
am Rande der Städte (teilweise in Unterkünften ohne Strom und fließendem
Wasser) und werden bei vielen Gelegenheiten diskriminiert. Viele Kinder leben auf
der Straße.[4]
Eine
ausführliche Schilderung dieser Verhältnisse geben die unter Fußnote 2
und 3 bereits angeführten Veröffentlichungen. Im Hauptblog 3.100 Roma in Europa ist unter Pkt.5 eine ausführliche Darstellung des
Armutsproblems von Norbert Mappes-Niediek nachzulesen. Da
die wirtschaftliche Situation auch für andere Rumänen nicht rosig ist,
schüren
autonome Nationalisten den Hass auf die Roma. Das schlechte Beispiel
einiger
Roma-Clanführer, die vor allem durch Schrotthandel reich wurden und den
Reichtum zur Schau stellen, unterstützen mit ihrem Negativ-Beispiel die
Rechtsaußen bei ihren Attacken auf die Roma als die angeblichen
Schmarotzer der
Gesellschaft. Besonders abstoßend fällt dabei eine Aktion dieser
extremen
Nationalisten auf, die jeder Roma-Frau eine Belohnung von 300 Lei (rund
70 Euro) versprechen, wenn sie einen von einem Arzt beglaubigten
Sterilisationsnachweis vorzeigt.[5]
3.13 Perspektiven
Viele
rumänische Roma sehen für sich und ihre Familie in
Rmänien keine Perspektive, da sie in diesem Staat – bis heute mit
stillschweigender Billigung der Behörden – diskriminiert und
benachteiligt
werden. Wie schon an anderer Stelle betont, muss seitens der
westeuropäischen
Regierungen viel mehr Druck auf die rumänische Regierung ausgeübt
werden, diese
Benachteiligungen zu beenden. Tatsächlich werden EU-Hilfsgelder von der
rumänischen Regierung gar nicht abgerufen, zum Teil wegen der fehlenden
Co-Finanzierung, zum Teil fehlt es am politischen Willen und zum Teil
liegt es aber auch daran, dass es die Behörden in Rumänien nicht
schaffen, entsprechende Projekte nach den EU-Vorschriften zu beantragen
und auf die Beine zu stellen (WAZ vom 14. 1. 2014). Hier wäre auch eine
wirksame Hilfestellung vor Ort durch die EU vorzugeben und zu
organisieren. Nach Ansicht vieler Kenner der örtlichen Szene ist vor
allem Wert auf schulische
und berufliche Bildung der Roma zu legen, weil hierdurch mehr erreicht
wird, als wenn irgendwo Häuser für Roma gebaut werden, die zudem noch
den Neid der übrigen Bevölkerung hervorrufen.
Dass durch gezielte wirksame Hilfe vor Ort die
Situation verbessert werden kann und damit auch eine Ausreise nach Westeuropa
unterbleibt, zeigen die Erfolge privater Hilfsorganisationen. So leben z. B. in dem früher
überwiegend von Deutschen (Siebenbürger Sachsen) bewohnten Probstdorf
(rumänisch Stejaris) in der Nähe von Hermannstadt (Sibiu) heute überwiegend
Roma, die die Häuser der nach Deutschland gezogenen Siebenbürger Sachsen
übernommen haben. Mit Hilfe der Stiftung Au-Ro (Österreich-Rumänien) wurden
verschiedene Maßnahmen in Gang gesetzt, die vor allem eine fundierte
Berufsausbildung sowohl der Erwachsenen wie auch der Roma-Kinder zum Ziele
haben. Hier gibt es seitdem keine Schulabbrecher mehr und im Dorf herrscht
inzwischen im Vergleich zum übrigen Land ein relativer Wohlstand. Zwar fahren
einige Bewohner zur Erntezeit nach Deutschland, um als Erntehelfer zusätzliches
Geld zu verdienen, sie kommen aber ausnahmslos zurück.[6]
Ein ähnliches Projekt hat
der Verein TransSilvania E.V. aus Dorsten (Westfalen) in Rupea (deutsch: Reps, ebenfalls
in Siebenbürgen) initiiert. Zunächst hat man mit Hilfstransporten aus Deutschland versucht, die dortige Not zu
lindern. Nun hat man aber mit
Spendengeldern den Bau einer Qualifizierungswerkstatt für Holzverarbeitung
finanziert und damit Hilfe zur Selbsthilfe gegeben. Z. Zt. gibt es dort schon
18 Ausbildungsplätze. Mit jeder weiteren Spende aus Deutschland kann der
positive Trend verstärkt werden. Wer das Projekt unterstützen möchte kann dies mit einer Spende auf das folgende Konto von TransSilvania e.V. Dorsten machen: IBAN: DE43 426501500016016016
Allen Helfern ein herzliches Danke!
3.2 Roma in Ungarn
3.21 Namen, Zahlen und Sprache
Man unterscheidet in Ungarn drei Hauptgruppen der Roma-Minderheit. Die größte ist mit ca. 70 % die Gruppe der Rumungre oder Romungrók (auch Ungo-Rom), die zur ältesten Schicht der Einwanderer im Mittelalter zählt und inzwischen hauptsächlich ungarisch als Muttersprache sprechen, teilweise noch das Romungre-Romani oder das Vend-Romani vermischt mit vielen ungarischen Bestandteilen. Die Olah-Roma (auch Lovara) sind mit ca. 20 % die zweitgrößte Gruppe und sprechen Romani (in der Lovara-Variante) als Muttersprache. Schließlich gehören 8 – 10 % zu den Beas-Zigeunern, die eine archaische Romanes-Sprache verwenden und nicht als Roma bezeichnet werden möchten.
Vorstehende Zahlen und weitere Angaben zur Geschichte, Kultur, Minderheitenpolitik in Ungarn u. a. können unter http://de.wikipedia.org/wiki/Roma_in_Ungarn abgerufen werden.
3.22 Heutige Situation der Roma in Ungarn
Die kritische Lage der ungarischen Roma hat sich seit der
letzten Wahl, die zur Regierungsübernahme durch die rechtsgerichtete Regierung
Orban führte, weiter verschlechert. Die
rechtsextreme Jobbik-Partei schürt bewußt mit alten
Vorurteilen Ängste in der Bevölkerung und will daraus politisches Kapital
schlagen. Demgegenüber hat die rechtsnationale Regierung Orban zwar eine
Nationale Roma-Strategie ausgearbeitet, um
vor allem die soziale Lage der Roma zu verbessern. Ob diese Strategie
auch umgesetzt wird, ist z. Zt. allerdings noch völlig offen, was von neutralen
Beobachtern angezweifelt oder
kritisiert wird. Über die neue Situation
berichtete der Deutschlandfunk in seiner Sendung Europa heute. Siehe: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/europaheute/1929915/
3.3 Roma in Mazedonien
Eine Schilderung über die Lage der Roma gibt mein Post 2.181 Mazedonien - Volksgruppe der Roma bes. unter Pkt. 53.4 Roma, Aschkali und "Balkan-Ägypter" im Kosovo
Nach den Kosovo-Kriegen und der neuen Staatlichkeit des Kosovo leiden die verschiedenen Roma-Gruppen nach wie vor unter Diskriminierungen. Einzelheiten beschreibt mein Post2.022 Kosovo, Kosovo-Albaner - Pkt. 5 Ethnien im Kosovo
3.5 Roma in Albanien
siehe dazu Angaben unter Punkt 5.4 in meinem Post 2.021Albanien - albanisches Volk3.6 Roma in Bulgarien
3.61 Lage und Zahlen
Bulgarien
hatte im Jahre 2017 ca. 7 Millionen
Einwohner, davon zählten gemäß der Volkszählung von 2011 ca. 4,9%zur
Volksgruppe der Roma, also ca. 345,000. Demgegenüber wird die Zahl der Roma vom
Europarat jedoch wesentlich höher eingeschätzt, nämlich auf rund 800.000, d. h.
fast 12%. Wie auch in anderen Balkanstaaten machen Roma aus Angst vor
Diskriminierungen falsche Angaben zu ihrer Nationalität und bekennen sich
entweder als Bulgaren oder Türken.(7)
3.62 Heutige Situation
Die frühesten Berichte über Roma in Bulgarien stammen aus dem 11. Jahrhundert, von größeren Ansiedlungen berichten Quellen aus dem 12. Und 15. Jahrhundert. Traditionell waren Roma als Handwerker (Schuhmacher, Kesselflicker, Korbmacher, Metzger u. a.) oder als Wanderschauspieler, Tänzer und Musiker beschäftigt. Erst in der Zeit des Kommunismus nach 1945 änderte sich diese Situation. Der autoritäre Staat zwang die Roma zur Aufgabe ihrer traditionellen Berufe und die noch umherziehenden Nomaden wurden sesshaft gemacht. Sie wurden vorwiegend in der sozialistisch-planwirtschaftlich organisierten Industrie oder in staatlichen Organisationen für untergeordnete Arbeiten eingesetzt, z. B. in der Müllabfuhr. Als Ergebnis der staatlichen Programme verbesserte sich auch der Bildungsgrad und die Gesundheitsversorgung der Roma, so dass Ende der 1980er-Jahre eine verhältnismäßig gute Integration in die Gesellschaft erreicht wurde.(8)
Doch nach der politischen Wende nach 1989
wurde diese Fürsorge des Staates für alle Bürger aufgegeben. Staatliche
Betriebe wurden privatisiert, kamen aber wirtschaftlich nicht voran, so dass
Arbeitsplätze eingespart werden mussten. Dies traf vor allem die Roma, da sie
wegen geringer Qualifikation zum einen in weniger wichtigen Bereichen tätig
waren zum anderen von der Mehrheitsbevölkerung als Sündenböcke herhalten
mussten. Roma werden seitdem in Bulgarien überall diskriminiert. Es herrscht
eine kollektive Verachtung, was in einigen Regionen zu separaten Behandlungsräumen
in Krankenhäusern und zu getrenntem Unterricht in einigen Schulen geführt hat.
Bei der Arbeitssuche werden Roma stets als letzte berücksichtigt, so dass die
Arbeitslosenquote bei ihnen besonders hoch ist. 60 bis 70% haben keine
geregelte Arbeit. Lediglich in der Müllabfuhr und Straßenreinigung sind sie
noch überproportional vertreten.
Rechte
Parteien machen Stimmung gegen Roma und der Hass hat an manchen Orten schon zu
Gewaltakten geführt. So z. B. in Gabrowo im gebirgigen Norden Bulgariens. Hier
herrschten Anfang 2019 pogromartige Zustände, Roma-Familien wurden bedroht und
aus der Stadt gejagt, Häuser wurden niedergebrannt. Die Regierung in Sofia
sprach durch den stellvertretenden Premierminister Krassimir Karakatschanow von „immer unverschämteren Zigeunern“
und die Stadtregierung von Gabrowo ließ angeblich illegal von Roma errichtete
Häuser durch Bagger abreißen.
Unter der Überschrift "Bulgarien: Bulldozer gegen Roma-Hütten" hat der
Spiegel einen erschütternden Bericht über die Roma-Feindlichkeit in
Bulgarien veröffentlicht. Es geht zunächst um Ausschreitungen in dem
Dorf Garmen im südwestgbulgarischen Rhodopen-Gebirge, aber der Artikel
zeigt auf, dass es derartige Zwischenfälle im ganzen Land (wie in
anderen Ländern Osteuropas) gibt und die Regierungen bei der Roma-Frage
völlig versagt haben. (9)
Das
schlechte Image der Roma wird allerdings auch durch einige skrupellose
Geschäftsleute befördert. Christo Warbanow , genannt der „Papst“, ist Chef der
Organisation Meschare. Er ernannte sich
selbst zum Roma-Richter von Plowdiw und kam vor Gericht, weil er einen
Geschäftsmann 500.000 Euro erpresst haben soll. Ein anderer – Zwetelin
Kantschew, genannt Don Zezi, ist Chef der Partei Euro-Roma und und musste für 2
Jahre wegen Entführung ins Gefängnis. Besonders aufgefallen ist Kiro Raschkow,
der landesweit als Schmuggler und Schwarzhändler agiert und und sich als
Roma-König feiern ließ. Er hat Kontakt zu korrupten Politikern, die er mit
Schmiergeldern für sich einnimmt und gehörte nach 1990 zum Kreis der
„Unberührbaren“, denen die Polizei nichts anhaben konnte. Trotz nachgewiesener
Schwarzbrennerei wurde er vom Gericht auf Kaution freigelassen. In Stolipinowo
hat er auf einem riesigen Areal ein pompöses Anwesen errichtet, das von
aufgebrachten Dorfbewohnern angezündet wurde, als herauskam, dass er den Enkel
der Bürgermeisterin durch einen „Beauftragten“ überfahren ließ. Der
Zwischenfall sorgte im ganzen Land wieder für Hass auf die Zigeuner und wurde voön rechten Parteien
für ihre Zwecke ausgeschlachtet. Der kriminelle Oligarch nutzte diese Situation
sogar für sich aus, indem er von Diskriminierung und Verfolgung armer Roma sprach. Leider ist
dies auf dem Balkan kein Einzelfall. Lokale selbsternannte Roma-Könige
kontrollieren ihre Reviere und gehen dabei sicher, weil sie ihre Macht mit
Bestechungen absichern.(10)
3.63 Perspektiven
Neben
all diesen negativen Erscheinungen gibt es aber auch positive Beispiele. Die
Bildungsreinrichtung Amalipe hat mit ihrem Leiter Dejan Kolew mit ca. 280
Schulen in Bulgaien einen Kooperationsvertrag geschlossen, um Kindern aus
Romafamilien eine Ausbildung zu garantieren. Im Stadtteil Stolipinowo von Plowdiw - der Kulturhauptstadt Europas
2019 – hat sich eine Roma-Stiftung gebildet. Sie unterstützt seit Jahren
finanziell benachteiligte Roma bei Amtsgängen, dem Ausfüllen von Formularen und
gibt Familienberatung. Auch wurde dafür gekämpft, dass Wohnhäuser mit EU-Geldern
saniert werden, die häufig von der Regierung nicht abgerufen oder nicht dort
ankommen, wo sie am dringendsten benötigt werden. Hier muss die EU wirksamer einschreiten!
Einen Ausweg
sehen viele Roma in der Migration ins Ausland, wo es ihnen trotz vieler
Schwierigkeiten immer noch besser geht als in Bulgarien. Viele von ihnen zieht
es nach Deutschland und hier besonders in Ruhrgebiet, wo bereits Verwandte auf
sie warten, die allerdings auch hier häufig von skrupellosen Geschäftemachern
ausgebeutet werden. (11)
3.7 Roma in der Ukraine
siehe dazu Angaben unter Punkt 6.4 in meinen Posthttp://euro-ethnien.blogspot.de/2014/05/232-ukrainer-ukrainisch-ukraine.html
3.8 Roma im ehemaligen Jugoslawien
siehe dazu meine Posts:
+
+
siehe dort Punkt 5.2
4. Literaturhinweise
Einen Überblick über die
Situation der Roma in Osteuropa (teilweise auch zu Gesamt-Europa oder
westeuropäische Staaten) geben folgende Drucksachen bzw. Veröffentlichungen im
Internet:
- Aus Politik und
Zeitgeschichte – herausgegeben von der Bundeszentrale für poitische Bildung (www.bpb.de/apuz) - Heft 22/23 v. 30. 5. 2011
zum Thema „Sinti und Roma“ u. a. mit den Artikeln:
●
Markus End „Bilder und Sinnstruktur des Antiziganismus“
●
Herbert Heuss „Roma und Minderheitenrechte in der EU“
●
M- Demir, J. Orsós, V. Rodriguez, G. Caldararu, E. Elmazi „Die
größte Minderheit in Europa"
- Eine sehr überzeugende Schilderung der Lage der Roma in Osteuropa gibt
der Journalist Norbert Mappes-Niediek mit seinem Buch "Arme Roma, böse
Zigeuner", der vor allem darauf hinweist, dass Armut das Hauptproblem der
Roma in Osteuropa ist. Eine Leseprobe finden Sie unter 3.100 Roma in Europa
Punkt 5
größte Minderheit in Europa"
- Eine sehr überzeugende Schilderung der Lage der Roma in Osteuropa gibt
der Journalist Norbert Mappes-Niediek mit seinem Buch "Arme Roma, böse
Zigeuner", der vor allem darauf hinweist, dass Armut das Hauptproblem der
Roma in Osteuropa ist. Eine Leseprobe finden Sie unter 3.100 Roma in Europa
Punkt 5
- Gesellschaft für
bedrohte Völker (http://www.gfbv.de/volk.php?id=1)
mit Angaben zu vielen Artikeln über die Roma in Osteuropa
- Freie Universität
Berlin – Osteuropa-Institut (http://www.oei.fuberlin.de/Projektkurse/2006_7/reinventing/teilprojekte/roma/roma_in_osteuropa_studie.pdf)
„Roma in Osteuropa – Transformation des Romabildes im wissenschaftlichen
Diskurs“
-
http://www.welt.de/kultur/article12158567/So-sind-sie-halt-die-Zigeuner.html
- „Die Welt“ vom 15. 1. 2011 - Schriftsteller und Fotograf Rolf Bauerdick
suchte in Osteuropa die freiheitswilden Roma – und fand ein Volk, das sich
selbst ausbeutet
- Unicef-Information "Roma in Europa" als PDF-Dokument über Google abrufbar.
- Unicef-Information "Roma in Europa" als PDF-Dokument über Google abrufbar.
Anmerkungen
[1] Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien: http://www.adz.ro/artikel/artikel/die-deutschen-und-ungarn-erreichten-historisches-tief/[2] http://anti-ziganismus.de/artikel/roma-in-rumaenien/ und http://de.wikipedia.org/wiki/Roma_in_Rumaenien [3] Norbert Mappes-Niediek: „Arme Roma, böse Zigeuner“ – Bundeszentrale für politische Bildung Band 1385, Bonn 2013
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Strassenkinder_in_Rumaenien
[5] http://www.taz.de/Roma-Diskriminerung-in-Rumaenien/!108873/
[6] http://www.dw.de/dorfleben-mit-perspektive-für-roma/a - eINE sENDUNG DER dEUTSCHEN wELLE
(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Bulgarien#Ethnien
(8) Nation und Minderheit in Bulgarien – Magisterarbeit von Konstantin Sachariew 2006 (pdf)
(9) http://www.spiegel.de/politik/ausland/bulgarien-mobilmachung-gegen-roma-a-1041544.htm
(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Bulgarien#Ethnien
(8) Nation und Minderheit in Bulgarien – Magisterarbeit von Konstantin Sachariew 2006 (pdf)
(9) http://www.spiegel.de/politik/ausland/bulgarien-mobilmachung-gegen-roma-a-1041544.htm
(10) Norbert Mappus-Niediek: „Arme Roma,
böse Zigeuner“ – Bundeszentrale für politische Bildung – Schriftenreihe Band
1385, S. 196f
(11) https://www.derstandard.de/story/2000090007319/im-vergessenen-roma-viertel-bulgariens und https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-05/bulgarien-roma-angriffe-diskriminierung-rechtsradikalismus-gabrowo-eu-wahlen
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