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2.0117 Deutsche Volksgruppe(n) in Rumänien




1. Vorwort – Einleitung


Im November 2014 wurde der deutschstämmige Klaus Johannis zum Präsidenten Rumäniens gewählt. Der aus Siebenbürgen stammende frühere Bürgermeister von Hermannstadt (Sibiu) gilt als Hoffnungsträger, der seine Heimatstadt als Bürgermeister gründlich sanierte und damit dafür sorgte, dass Hermannstadt 2007 europäische Kulturhauptstadt wurde.[1]
Durch dieses außergewöhnliche Wahlergebnis wurde der Blick auch wieder auf die deutsche Minderheit in Rumänien gelenkt, die über Jahrhunderte maßgeblich die Geschichte von heute zu Rumänien gehörenden Gebieten mitgestaltet hat und zur gesamtdeutschen Kultur wesentliche Beiträge leistete.

Bereits seit dem 12. Jahrhundert leben auf dem Gebiet des heutigen rumänischen Staates deutsche Bürger, die von den ungarischen Königen und später den Habsburger Herrschern ins Land gerufen wurden.

Durch den 2. Weltkrieg und seine Folgen sowie aufgrund der Politik der kommunistischen Nachkriegsregierungen hat sich die Zahl der Deutschen in Rumänien - insbesondere nach der politischen Wende im Ostblock in den 1990er-Jahren - dramatisch reduziert.



2. Lage und Siedlungsgebiete


Durch den Kriegseintritt Rumäniens auf Seiten der Entente gewann der rumänische Staat in den Friedensverträgen von 1919 erhebliche Gebiete hinzu, so dass das vorherige rumänische Staatsgebiet ungefähr verdoppelt wurde.  Die nachfolgende Karte gibt einen Überblick über die historischen deutschen Siedlungsgebiete im Rumänien der Zwischenkriegszeit. Lediglich in diesem Zeitraum gehörten die gesamte  Bukowina und Bessarabien (bzw. die heutige Republik Moldau) zu Rumänien.
Erst nach dem 1. Weltkrieg entstand der Begriff der Rumänien-Deutschen, denn bis dahin gab es wenig Verbindendes zwischen den verschiedenen deutschen Volksgruppen auf dem Gebiet heutigen rumänischen Staates, wie er nach 1918 als Groß-Rumänien entstand. So gehörten z. B. die Siebenbürger Sachsen überwiegend der evangelischen Kirche an, während die Banater Schwaben in der Mehrheit katholisch waren. Auch hatten die Siebenbürger Sachsen über Jahrhunderte eine eigene Selbstverwaltung aufgebaut. Nach dem ersten Weltkrieg kamen deutsche Volksgruppen aus der Bukowina und Bessarabien hinzu, die vorher zu Österreich bzw. Russland gehörten. Jede Gruppe pflegte auch ihre eigenen Dialekte und gehörte geschichtlich zu unterschiedlichen politischen Systemen. Erst die gemeinsame Abwehr gegen Maßnahmen des neuen vergrößerten Staates Rumänien schweißte die verschiedenen deutschen Gruppen und Stämme zusammen, dies umso mehr nach dem 2. Weltkrieg und den folgenden Deportationen, Enteignungen und Diskriminierungen.

                                     Karte Deutsche Volksgruppen in Rumänien

Die zahlenmäßig größten Gruppen sind bis heute die Siebenbürger Sachsen im Zentrum des heutigen Rumänien und die Banater Schwaben im Westen. Nachstehend zunächst eine Beschreibung der einzelnen Siedlungsgebiete und ihrer geschichtlichen Entwicklung:

2a.) Siebenbürgen, Siebenbürger Sachsen
Die Region Siebenbürgen (rumänisch: Transilvania) ist das älteste deutsche Siedlungsgebiet im heutigen Rumänien. (siehe 3. Gemeinsame Geschichte) Bereits im 12 Jahrhundert rief der ungarische König Geysa II (1141-1161) deutsche Siedler nach Siebenbürgen, um dieses Land zu kultivieren und um gleichzeitig ein Bollwerk gegen Mongolen- und Tataren-Einfälle zu errichten. Ihnen wurden eine Reihe von Privilegien eingeräumt, z. B. die freie Richter- und Pfarrerwahl, die Gerichtsbarkeit nach eigenem Gewohnheitsrecht und freie Märkte. Zum Schutz gegen Eindringlinge aus dem Osten wurden Kirchenburgen und Wehrkirchen errichtet, die z. T. noch heute von den architektonischen und künstlerischen Leistungen der deutschen Siedler Zeugnis geben. Der Name „Sachsen“ hat in diesem Fall nichts mit der Herkunft zu tun. Vielmehr kamen die Siedler aus dem Westen Deutschlands, vor allem dem Bereich Koblenz / Trier und Luxemburg, was auch an der Verwandtschaft des Dialektes mit dem Moselfränkischen erkennbar ist.
Weitere deutsche Siedler kamen in der Zeit nach der Gegenreformation unter Kaiser Karl VI und Kaiserin Maria-Theresia hinzu. Es waren Protestanten aus  österreichischen Erblanden (Kärnten, Steiermark) sowie dem Fürstbistum Salzburg, die sogenannten „Landler“, die wegen ihres Glaubens nach Siebenbürgen in drei Gemeinden „umgesiedelt“ wurden.

Siebenbürgen ist seit Jahrhunderten eine multiethnische Region, in der neben den Deutschen vor allem Ungarn und Rumänen gemeinsam lebten. Siebenbürgen gehörte zum Königreich Ungarn, war dann von 1541-1687 ein den Türken tributpflichtiges Fürstentum und wurde nach dem Sieg der Österreicher über die Türken bei Ofen (1687) im Jahre  1691 als Kronland in die Habsburg-Monarchie eingegliedert. Dabei wurde den Bewohnern Siebenbürgens durch Kaiser Leopold I im sogenannten „Leopoldinischen Diplom“ zugestanden, dass er alle bisher festgelegten Rechte des Adels und der Bevölkerung anerkennt, vor allem die Achtung der Glaubensfreiheit und eine Selbstverwaltung mit einem Landtag. Diese Rechte kamen vor allem den Deutschen und Ungarn zugute, die wirtschaftlich, politisch und kulturell das Land beherrschten. Diese an sich fortschrittliche Regelung hatte allerdings einen schwerwiegenden Mangel. Der dritte hier ansässige Volksstamm, die Rumänen, wurde praktisch nicht berücksichtigt, sie waren weder im Landtag von Siebenbürgen, noch in der Landesregierung vertreten. Die rumänisch orthodoxe Kirche wurde nur geduldet. Aufstände der unterdrückten rumänischen Bauern 1784 wurden gewaltsam niedergeschlagen und eine Bittschrift rumänischer Intellektueller an Kaiser Leopold II um Anerkennung des rumänischen Volkes in Siebenbürgen als eigene Nation neben Deutschen, Ungarn und Szeklern wurde abgelehnt. Dieser Sündenfall sollte sich später rächen. Im aufkeimenden Nationalitäten-Konflikt des 19. Jahrhunderts versuchte der deutsch-siebenbürgische Publizist Stephan Ludwig Roth diesen Missstand anzuprangern, indem er in einer aufsehen erregenden Schrift „Der Sprachkampf in Siebenbürgen“ sich für die Anerkennung der am weitesten in Siebenbürgen verbreiteten Sprache, das Rumänische, einsetzte. Er trat dabei gleichzeitig für die Anerkennung der Rumänen als dritte Nation und die Gleichberechtigung aller Sprachen und Religionen ein. Dieser mutige – aus heutiger Sicht moderne Nationalitäten-Politiker – wurde im Zuge der Niederschlagung der Unruhen in den Jahren 1848/49 in Klausenburg am 11. 5. 1849 zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die letzte Möglichkeit zur Schaffung eines friedlichen, multinationalen Siebenbürgens wurde damit endgültig vertan.[2]

2b) Banat, Banater Schwaben
Nach den Türkeneinfällen  im 15. und 16. Jahrhundert und mehr als 150jähriger Türkenherrschaft war das Banat stark entvölkert. Nach der Eroberung durch die Österreicher wurde es eine Provinz Österreichs. Die Habsburger riefen in einer groß angelegten Kolonisierungsaktion Anfang des  18. Jahrhunderts deutsche Kolonisten ins Land, um das verwüstete, versumpfte und menschenleere Land wieder zu kultivieren und um Handel und Gewerbe zu beleben. Die Siedler kamen vor allem aus dem Südwesten Deutschlands (Rheinpfalz, Rheinhessen, Trier, Elsass, Lothringen, Franken und Schwarzwald), in geringerer Zahl auch aus Bayern. Der Begriff „Schwaben“ stammt von den nichtdeutschen Nachbarvölkern, obwohl nur der geringste Teil der deutschen Siedler aus schwäbischen Gebieten kam. Sie erhielten später (nach dem 1. Weltkrieg) den gemeinsamen Namen Donauschwaben. Im Bergland des Banats kamen zur  gleichen Zeit Siedler aus den österreichischen Alpenländern, vor allem der Steiermark, hinzu. Schließlich gründeten ab 1828 Deutsche aus dem Böhmerwald und dem Egerland, so genannte Deutschböhmen[3], vier Dörfer im unwegsamen und von ihnen gerodeten Buchenwald des Banater Berglands. Sie waren vom österreichischen Kriegsminister angeworben worden, um eine Lücke in der K.u.K.-Militärgrenze zu schließen.[4]  Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Banat zwischen Rumänien und Serbien aufgeteilt und nur ein kleiner Bezirk im Norden verblieb bei Ungarn. Durch die neuen Grenzen wurden Jahrhunderte währende Verbindungen zerschnitten. Die Geschichte der Donauschwaben in Serbien (bzw. der Vojvodina) verläuft daher nach 1918 getrennt von den Banater Schwaben im Osten des historischen Banat. 

                               Karte Dreiteilung des Banat nach 1919 bzw. 1924

2c) Sathmarer Schwaben
Im spanischen Erbfolgekrieg (1701-13) kämpften auch Ungarn und Türken gegen Kaiser Karl VI. Zur Belohnung für den erfolgreichen Kampf gegen die  Türken wurde Alexander Karolyi mit dem Grafentitel ausgezeichnet und erhielt große Ländereien im Nordwesten des heutigen Rumänien im Umkreis von Sathmar / Satu Mare. Mit Genehmigung des Kaisers rief Graf Karolyi katholische Siedler aus Oberschwaben in das verwüstete und dünn besiedelte Land. Die Sathmarer Schwaben führen somit den Namen Schwaben zu Recht. Nach Hungerjahren und Krankheiten (u. a. auch der Pest) in den Anfangsjahren hat sich die schwäbische Bevölkerung in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts stark vermehrt und viele neue Dörfer gegründet, Sathmar und Groß-Karol entwickelten sich zu größeren Städten. Durch die überlegenen Techniken (u. a. Dreifelder-Wirtschaft), die die Siedler aus ihrer Heimat kannten, waren sie gegenüber den Ungarn und Rumänen sehr erfolgreich und brachten es so zu relativem Wohlstand. Der Kinderreichtum führte zu vermehrtem  Landkauf in benachbarten rumänischen Siedlungen. Weiteres Ackerland wurde durch Entwässerungssysteme (u. a. durch den Bau des 170 km langen Krasna-Kanals)  Ende des 19. Jahrhunderts gewonnen. Der 1. Weltkrieg mit seinen Folgen – Übergang an den Staat Rumänien, Inflation und eine Agrarreform zu Lasten vieler deutscher Siedler - brachte besonders im ländlichen Bereich einen Rückschlag für die Schwaben, aber parallel entwickelte sich um so besser das Handwerk und Gewerbe . Besonders Groß-Karol wurde ein vorbildliches deutsches Handwerks-Zentrum, gleichzeitig wurden nach deutschem Vorbild Genossenschaften und Konsumvereine gegründet.
Positiv war der Übergang an Rumänien zunächst für das Schulwesen der deutschen Minderheit. (siehe 3.Gemeinsame Geschichte) Neben der Einrichtung neuer Volksschulen im Sathmarer Gebiet konnten Schüler nun auch höhere deutsche (Internats-) Schulen im Banat, in Siebenbürgen oder der Bukowina besuchen. So bildete sich für die kleine Minderheit eine beachtliche Führungsschicht heraus. Diese positive Entwicklung der Zwischenkriegszeit wurde durch den 2. Weltkrieg gestoppt. Durch die Wiener Schiedssprüche von 1940 (siehe 2.33 Ungarn, Magyaren) wurde das Sathmarer Gebiet wieder an Ungarn angegliedert. Noch schlimmer kam es dann nach 1944, als sowjetische Truppen  Sathmar besetzten, den Gebrauch der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit untersagten und deutsche Schulen geschlossen wurden. Nun teilten die Schwaben das weitere Schicksal aller Rumäniendeutschen (siehe Geschichte). Viele von Ihnen flohen bei und nach Kriegsende - bis 1947 - und fanden eine neue Heimat vor allem im Raum Kempten im Allgäu. Bereits 1947 wurde in Kempten eine Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben gegründet, die sich um die schnelle Integration, aber auch um Kontakte zur verlassenen Heimat bemühte.[5]

2d) Deutsche Siedler in der Zips (Zipser Deutsche)
Schon Anfang des 12. Jahrhunderts kamen deutsche Siedler in die abgelegene Bergwelt der Mamuresch im äußersten Nordosten des heutigen Rumänien. Sie waren vor allem im Erzbergbau tätig und gründeten u. a. die Bergbaustädte Oberwischau und Pfefferfeld. Parallel entstanden deutsche Bergwerkssiedlungen in der sogenannten Oberzips in der heutigen Slowakei (siehe Deutsche Volksgruppe in der Slowakei/Karpatendeutsche). Ende des 18. Jahrhunderts wurden erneut deutsche Siedler aus anderen österreichischen Kronlanden -unter anderem aus Böhmen und auch aus der Oberzips - als Arbeiter für dieser Bergwerksregion angeworben und angesiedelt.
Oberwischau war bis zum Ausbruch des 2. Weltkriegs halb deutsch und halb jüdisch. Allerdings gab es hier – wie im benachbarten Sighet – nur wenige säkulare Juden, der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel stammt aus Sighet.  Alle Juden sprachen auch den dortigen deutschen  Dialekt. Und fast alle Juden wurden von den Nazis bzw. ihren ungarischen Erfüllungsgehilfen in Waggons verladen – Ziel wahrscheinlich Auschwitz oder Transnistrien. Der wohl letzte lebende Jude aus Oberwischau sagt rückblickend zu der gemeinsamen deutschen und jüdischen Gemeinschaft „War a schajne Welt, das kinnen sagen die, was haben gesehn“[6]

2e) Buchenlanddeutsche in der Bukowina
Ende des 18. Jahrhunderts – 1774 -  wurde die Bukowina nach dem Russisch-Türkischen Krieg (1768-1774) durch österreichisches Militär besetzt und von Österreich annektiert. In der Folge – ab 1782 - wurden auch hier deutsche Bauern und Handwerker angesiedelt. Sie kamen aus Südwest-Deutschland, Böhmen, dem Banat und der Zips. Die Bukowina war bis 1918 österreichisches Kronland mit der Hauptstadt Czernowitz und war das wohl interessanteste multikulturelle Gebiet Europas. Es wurde bis zum Ende der Donau-Monarchie auch als das Jerusalem am Pruth, Klein-Wien oder jüdisches Eldorado Österreichs bezeichnet. Durch das Juden-Ordnungs-Patent Josef II von 1789 wurde Juden freie Berufswahl und Pachtrechte zugesichert, was zur verstärkten Ansiedlung von Juden aus verschiedenen Bereichen der Habsburg-Monarchie und auch aus Russland führte.[7]  Juden, die sich mehrheitlich an der deutschen Kultur orientierten, bildeten über viele Jahrzehnte hinweg den bedeutendsten kulturellen und wirtschaftlichen Faktor in Czernowitz, der Landeshauptstadt der Bukowina (seit1854) und sorgten mit einem dichten Netz an Wohltätigkeits- und Bildungsvereinen für eine außerordentliche wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung. Dazu trugen auch die deutschen Siedler aus Schwaben bei, die innerhalb der deutschen Volksgruppe das Bild der Deutschen in Czernowitz und der Bukowina prägten. Die deutschen Siedler in diesem Bereich werden als Buchenland-Deutsche (oder Bukowina-Deutsche), teilweise auch als Zipser Deutsche bezeichnet. Neben Deutschen und Juden lebten hier insbesondere Ukrainer (Ruthenen), Rumänen und Polen, dazu noch weitere Nationalitäten u. a. Russen und Ungarn
1910 bekannten sich 22% der Bevölkerung der Bukowina (von 730.000 Einwohnern) zur deutschen Sprache, davon ca. 96.000 Juden und 72.000 Bukowina-Deutsche. In der Landeshauptstadt Czernowitz gaben 1910 sogar 48,4 % der Stadtbewohner Deutsch als ihre Umgangssprache an.

Nach dem ersten Weltkrieg fiel die Bukowina aufgrund der Pariser Vorortverträge an das vergrößerte Rumänien. Aufgrund des Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspaktes vom 23. 8. 1939 wurden die Einflussbereiche beider Mächte abgegrenzt. Dabei wurde Bessarabien zum sowjetischen Interessenbereich erklärt. Daraufhin besetzte die Sowjet-Union am 28. 6. 1940 nicht nur Ost-Polen und Bessarabien, sondern auch die Nordbukowina. Gleichzeitig wurde ohne Hinzuziehung der deutschen Minderheit zwischen Moskau und Berlin eine „Vereinbarung über die Umsiedlung der deutschstämmigen Bevölkerung aus den Gebieten Bessarabiens und der nördlichen Bukowina in das deutsche Reich“ beschlossen. Die Bukowina-Deutschen – freiwillig auch viele aus dem bei Rumänien verbliebenen Südteil - wurden in das deutsche Reich, vornehmlich in Gebiete des besetzten Polens, umgesiedelt.
Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in die Sowjet-Union im Juli 1941 wurde die Nord-Bukowina wieder von rumänischen Truppen und gleichzeitig einem deutschen Sonderkommando besetzt, die gemeinsam jüdische Einrichtungen zerstörten, mehrere hundert Juden hinrichteten und die übrigen Juden in Ghettos oder Lager deportierten.  Als sich der Krieg 1944 wendete, flohen die noch verblieben und die nach Polen umgesiedelten Bukowina-Deutschen vor den heranrückenden sowjetischen Truppen nach Westen. Nur wenige Einzelpersonen sind nach 1945 in ihre Heimat zurückgekehrt. Seit dem Ende des 2. Weltkriegs (Offiziell seit 1947) gehört die nördliche Bukowina zur Ukrainischen SSR und seit 1991 zur unabhängigen Ukraine.
                                             
Nachdem Deutsche umgesiedelt und geflüchtet, Juden nach Sibirien und Transnistrien deportiert, Rumänen nach Rumänien ausgesiedelt waren, kam es unter Sowjetischer Herrschaft zu einem gesteuerten Zuzug von Ukrainern und Russen in die nördliche Bukowina (Oblast Czernowitz), so dass im Endeffekt ein fast vollständiger Bevölkerungs-Austausch im Vergleich zur Vorkriegszeit stattfand.[8] Auch in der bei Rumänien verbliebenen Südbukowina gab es nach Kriegsende nur noch wenige Deutsche bzw. kehrten auch nur wenige nach dorthin zurück.

2f) Deutsche in Bessarabien
Bessarabien gehörte bis 1812 zum rumänischen Fürstentum Moldau (Ost-Moldau), das damals dem osmanischen Reich tributpflichtig war. Im Türkenkrieg 1806 – 1812 besetzten russische Truppen das Gebiet und gliederten es als Gouvernement Bessarabien in das Zarenreich ein. Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden unter russischer Herrschaft u. a. auch Deutsche In das dünn besiedelte, brachliegende aber fruchtbare Bessarabien angesiedelt. Den deutschen Siedlern räumte Zar Alexander I erhebliche Privilegien ein (zum Teil „auf ewig“): Landschenkung, zinsloser Kredit, Steuerfreiheit auf 10 Jahre, Selbstverwaltung, Religionsfreiheit und Freiheit vom Militärdienst. Die Siedler kamen aus Württemberg und Baden, aber vor allem aus Gebieten, die nach den polnischen Teilungen an Preußen gefallen waren. Die Siedler folgten gern dem Werben Russlands, da sie den Wirren, Missernten, Hungersnöten und dem Militärdienst in den napoleonischen Kriegen entkommen wollten. Hinzu kamen religiöse Anschauungen (Pietismus, Chiliasmus), die man in der alten Heimat nicht frei leben konnte. Wegen einer oft ähnlichen Geschichte zählt man die Bessarabien-Deutschen auch zu den Schwarzmeer-Deutschen (siehe Russlanddeutsche).
Lediglich in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen sowie von 1941-1944 gehörte Bessarabien als östliche Provinz zu Rumänien. Die deutsche Volksgruppe teilte nach 1940 das Umsiedlungs-Schicksal der Bukowina-Deutschen.(s.o.) Im Zuge der Umsiedlung in das Deutsche Reich verließen ca. 93.000 Bessarabien-Deutsche das Land. Ein Nachfahre der umgesiedelten Bessarabien-Deutschen ist der spätere Bundespräsident Horst Köhler (siehe oben unter Buchenland und[9]). Das historische Bessarabien ist heute wesentlicher Bestandteil der Republik Moldawien, siehe dazu meinen Post http://euro-ethnien.blogspot.de/2016/08/223-rumanen-romanische-volksgruppen-auf.html (Punkt 3.2) Lediglich der Süden und der äußerste Norden gehören zur Ukraine. Deutsche sind hier nur noch vereinzelt anzutreffen.[10]

2g) Deutsche in der Dobrudscha und in Altrumänien (Moldau und Walachei)
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts sind deutsche Siedler aus Bessarabien und Südrußland  in die damals noch osmanische Dobrudscha eingewandert. Es gab kaum rein-deutsche Dörfer, wohl aber geschlossene Dorfviertel. Die  Zahl der Dobrudscha-Deutschen lag 1930 bei ca. 12.500. Die kulturelle, schulische und kirchliche Betreuung ließ zu wünschen übrig. Hinzu kamen schon in den 1930er Jahren soziale Probleme so dass schon in dieser Zeit bei vielen ein Wunsch nach Rückwanderung bestand. So fiel es den Nationalsozialisten nicht schwer mit ihrer Kampagne „Heim ins Reich“. Aufgrund einer 1940 getroffenen Absprache zwischen Hitler-Deutschland und Rumänien wurden die ca. 14.000 Dobrudscha-Deutschen zunächst in Übergangslager in Mainfranken und Nieder-Österreich gebracht und dann vor allem im Warthegau und im Protektorat Böhmen-Mähren angesiedelt. Gegen Ende und nach dem 2. Weltkrieg flohen die meisten nach Süddeutschland und Österreich, viele ließen sich im Landkreis Heilbronn nieder. Nach der politischen Wende 1989 wurde in Konstanza die Vereinigung der Deutschen in der Dobrudscha gegründet und im früheren Gebäude der evangelischen Schule eine Begegnungsstätte mit deutschem Kindergarten eingerichtet. Bei der Volkszählung 2002 lebten 398 Deutsche in der Dobrudscha.[11]

Auch in den altrumänischen Fürstentümern Moldau und Walachei lebten seit dem 18. Jahrhundert deutsche Kaufleute und Handwerker über das Land verstreut. Sie werden auch als Regatsdeutsche oder Altreich-Deutsche bezeichnet. Bei der Volkszählung1930 lebten in der Walachei und in der westlichen Moldau über 32.000 Deutsche (davon 14.200 in Bukarest)

3. Gemeinsame Geschichte der deutschen Volksgruppen –      
    Entwicklung und Zahlen
Durch den sogenannten Ausgleich von 1867 sollte sich die Situation für die Deutschen – und auch für die übrigen nichtungarischen Völker – in der ungarischen Reichshälfte der Doppelmonarchie für Jahrzehnte zunehmend verschlechtern. Denn Siebenbürgen einschließlich des Sathmarer Gebiets und das Banat gehörten nun zu Ungarn, das einen ungarisch dominierten Nationalstaat anstrebte. Sonderrechte gingen verloren und die deutschen Volksgruppen waren wie die übrigen Minderheiten im ungarischen Reichsteil einer starken Magyarisierung ausgesetzt. In welchem Umfang z. B. das deutsche Schulwesen eingeschränkt wurde, zeigen folgende Zahlen: 1855 gab es im gesamten ungarischen Gebiet 2.400 deutsche Volksschulen, ihre Zahl sank 1869 auf 1262, 1880 auf 867 und bis 1918 auf 417.[12]

Das Schicksal der Geschichte wendete sich dann nach dem 1. Weltkrieg zugunsten der Rumänen. Nachdem sich Rumänien im 1. Weltkrieg auf die Seite der Kriegsgegner Österreich-Ungarns gestellt hatte, erhielt es hierfür in den Friedensverträgen von 1919 reiche Beute, sein Staatsgebiet wurde praktisch verdoppelt (siehe obige Karte unter 2., siehe auch weitere Hinweise zur ungarischen Geschichte unter 2.33 Ungarn, Magyaren). Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben hatten sich in den sogenannten Karlsburger Beschlüssen am 1. 12. 1918 eindeutig für den ‚Anschluss an das Königreich Rumänien ausgesprochen und dafür Zusagen der rumänischen Regierung hinsichtlich besonderer Minderheitenrechte erhalten. Diese Zusagen wurden später aber nicht oder nur teilweise eingehalten. Positiv war der Übergang an Rumänien zunächst für das Schulwesen der deutschen Minderheit. Nach den starken Magyarisierungs-Versuchen der Ungarn in der Vorkriegszeit  (Nationalitäten-Gesetz von 1868 und Schulgesetz von 1907) konnten  nun wieder deutsche Schulen eingerichtet werden. Der muttersprachliche Unterricht wurde zwar in der Folge durch Einführung rumänisch-sprachiger Pflichtfächer reduziert, konnte aber ansonsten ungehindert erfolgen. Dadurch konnte sich die deutsche Minderheit gut behaupten. Es gab eine freie deutschsprachige Presse und Vertreter der Minderheit im rumänischen Parlament.[13]
Neben ungarischen Gebieten erhielt Rumänien aber auch die Bukowina (von Österreich) und Bessarabien (von Russland) zugesprochen. Das besondere Schicksal der dortigen deutschen Volksgruppen habe ich oben bereits im Wesentlichen dargestellt.
In den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts verband sich die rumänische Regierung mit den Achsenmächten. Nach einer Vereinbarung zwischen Hitlerdeutschland und der rumänischen Regierung erfolgte der Erlass vom 20. 11. 1940, der der deutschen Volksgruppe in Rumänien Sonderrechte einbrachte. Zu diesen „Sonderrechten“ gehörte allerdings auch, dass die Rumäniendeutschen zur deutschen Wehrmacht und zur Waffen-SS eingezogen werden konnten. Diese „Vorzugsstellung“ sollte später in bitteres Leid umschlagen, denn die Kriegslage änderte sich bald. 1944 wechselte Rumänien die Front und verbündete sich „in letzter Minute“ mit den siegenden Alliierten. Nach dem Einzug sowjetischer Truppen und der Einbeziehung Rumäniens in den sowjetischen Machtbereich begann für die deutsche Volksgruppe eine Zeit der Entrechtung, Enteignung und Diskriminierung. Rumänien legt allerdings Wert darauf, dass es hier keine Vertreibung wie in anderen Ostblockstaaten gab. Aber mehr als 80.000 Deutsche wurden zur Zwangsarbeit in die Sowjet-Union verbannt, viele starben dort und etwa 20% kamen nicht zurück. Durch die sogenannte „Agrarreform“ von 1945 verloren deutsche Bauern ihren landwirtschaftlichen Besitz, auch alle deutschen Schulen wurden verstaatlicht und Kirchenbesitz enteignet.
Ab 1949 und vor allem in den 1960er und 1970er Jahren konnte sich die deutsche Minderheit wieder etwas stabilisieren, da Rumänien im Ostblock zunächst einen begrenzten Liberalisierungskurs einschlug. Die Verfassung von 1952 legte die Gleichberechtigung aller rumänischen Staatsbürger ohne Unterschied von Rasse, Nationalität, Sprache und Religion fest. In diesem Jahr zogen auch erstmals nach dem Krieg 7 deutsche Abgeordnete ins das rumänische Parlament ein. Das Eigentum an ihren Häusern erhielten – bis auf wenige Ausnahmen – alle Deutschen Mitte der 1950er-Jahre zurück. Innerhalb der noch geschlossenen deutschen Siedlungsgebiete gab es ein gut entwickeltes deutsches Schulsystem, das es jedem deutschen Kind ermöglichte, vom Kindergarten bis zum Abitur in deutschsprachigen Klassen zu lernen.(siehe unter 4. Deutsches Schulwesen und deutsche Kultur)
Die liberalere Politik Rumäniens dauerte aber nur begrenzte Zeit. Spätestens  mit dem Beginn der 1980er-Jahre verschlechterte sich die Lage der Deutschen in Rumänien wieder  erheblich. Wegen der kommunistischen Verstaatlichung der gesamten Wirtschaft  kam es immer wieder zu Mängeln in der Versorgung, auch gab es massive Eingriffe in den individuellen Lebensbereich und deshalb große Unzufriedenheit  der Bürger. Daher verließen nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien im Jahre 1967 bereits jährlich zwischen 12.000 und 16.000 Angehörige der deutschen Volksgruppe das Land in Richtung Bundesrepublik.[14]  Unter dem kommunistischen Diktator (Conducator) Ceauşescu wurde das Land zu einem der ärmsten in Europa. Zudem führte seine stalinistische Politik verbunden mit rigoroser Industrialisierung bei der deutschen (und ungarischen) Minderheit immer mehr zu der Erkenntnis, dass ihre kulturelle Identität verlorengeht. Dies führte in den 1980er-Jahren dazu, dass in manchen deutschsprachigen Ortschaften bis zu 90% der Deutschen einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik stellten. Das war dem Regime gar nicht so unrecht, denn für jeden Ausreisenden Deutschen verlangte man von der deutschen Bundesregierung ein Kopfgeld, das dringend benötigte Devisen ins Land brachte.[15] Laut Dekret des Staatsrats vom 22. 10. 1982 wurde festgelegt, dass „alle Personen, die …sich für immer im Ausland niederlassen“ in Valuta ihre gesamten Ausbildungskosten von der Schule bis zur Universität zurückzahlen müssen, bevor ihnen die Ausreise gestattet wird. So sollte ein Akademiker pro Studienmonat 200 Dollar bezahlen. Dass die Bundesrepublik Deutschland in Verhandlungen mit der rumänischen Regierung die Ausreisewilligen unterstützte, weckte nur neue Begierden und Forderungen nach einem noch höheren Kopfgeld. Ceauşescu soll einmal höhnisch gesagt haben, dass Erdöl, Deutsche und Juden Rumäniens wichtigste Exportartikel  seien. Der von der Bundesrepublik Deutschland gezahlte Pauschalbetrag für jeden ausreisenden Deutschen stieg von 5.000 DM im Jahre 1978 auf 7.800 DM zum Zeitpunkt der Wende, so dass man zu Recht von einem üblen Menschenhandel sprechen kann. über 200.000 Menschen wurden so von der Bundesregierung freigekauft.[16] Inzwischen ist von dem aus Temeswar stammenden Rumänen Razvan Georgescu ein Dokumentar-Film über den Freikauf der Rumäniendeutschen unter dem Titel „Pass für Deutschland“ gedreht worden. Razvan Georgescu hat persönlich erlebt, wie seine deutschen Kollegen und Freunde aus Temeswar ständig weniger wurden, oft Abschiedsfeiern stattfanden, aber keiner genaues wusste, warum die Deutschen verschwanden.[17]
Durch diese Nachkriegspolitik  wurden die deutschen Volksgruppen erheblich geschwächt.  Als dann schließlich im Dezember 1989 die kommunistische Diktatur gestürzt wurde und Reisefreiheit herrschte, verließen innerhalb von 6 Monaten 111.150 Deutsche ihre rumänische Heimat.[18] Das Misstrauen der Rumäniendeutschen war inzwischen so groß, dass sie das Risiko eines Neubeginns im fernen Deutschland der noch ungewisseren Zukunft im neuen Rumänien vorzogen. Dabei hatte die neue rumänische Verfassung von 1991 (2003 novelliert) das Recht der Minderheiten auf  Bewahrung, Entwicklung und Äußerung ihrer ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität verankert. Die 1945 zur Zwangsarbeit in die Sowjet-Union deportierten Deutschen wurden ebenso entschädigt, wie die bei der Bodenreform besonders diskriminierten Bauern. Auch verstaatlichte deutsche Körperschaften wurden wieder hergestellt. Ein am 21. 4. 1992 geschlossener Partner-Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien sicherte die kulturelle und humanitäre Unterstützung deutscher Einrichtungen ab. Dennoch verließen  weitere Deutsche in der Folge ihre Heimat in Siebenbürgen und im Banat. Diese Entwicklung  und das Verschwinden deutscher Sprache und Kultur verdeutlichen am besten die folgenden Zahlen:
Bei der Volkszählung des Jahres 1930 bekannten sich 745421 (4,1 Prozent) von insgesamt 18.057.028 rumänischen Staatsbürgern zur deutschen Nationalität. Damals gehörte Bessarabien zu Rumänien und bis zum Hitler-Stalin-Pakt 1939 lebten in Bessarabien ca. 100.000 Bürger deutscher Nationalität. 1977 wiesen die rumänischen Statistiken (nun wieder ohne Bessarabien) 359.109 (=1,7%) Deutsche aus. Beim Zensus 1992 hatten sich noch 119.462 Personen als der deutschen Minderheit zugehörig erklärt. Bei der Volkszählung im Frühjahr 2002 waren es schließlich nur noch ca. 60.000 Einwohner Rumäniens und bei der letzten Volkszählung 2012 sank die Zahl der Deutschen nochmals auf ca. 36.000 (= 0,19%). Damit ist ein Kapitel deutscher Siedlungsgeschichte in Rumänien in seiner bisherigen Form zu Ende gegangen. Die Zahl der Deutschen aus Rumänien, die sich seit 1950 in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassen haben, lag bereits zum Ende des Jahres 1999 bei rund 430000 und ist danach weiter gewachsen.[19] Einen Überblick über die Entwicklung bei den einzelnen deutschen Volksgruppen gibt die nachstehende Tabelle[20]:
Die deutschen Volksgruppen Rumäniens im 20. Jahrhundert in ca.-Zahlen
Volksgruppe
1930
1977
2002
Siebenbürger Sachsen
230.000
170.000
18.000
Banater Schwaben
237.000
138.000
19.000
Sathmarer Schwaben
27.000
8.000
6.000
Banater Berglanddeutsche
37.000
22.000
6.000
Landler
6.000
4.000
250
Bukowinadeutsche
75.000
      *)
      *)
Dobrudschadeutsche
12.000
      *)
      400
Bessarabiendeutsche
81.000
      *)
      **)
*) Nach den Umsiedlungen sind diese Volksgruppen bis auf wenige Einzelpersonen praktisch ausgestorben. 
**) Bei einem Besuch des Beauftragten der Bundesregierung für nationale Minderheiten Hartmut Koschyk in der Republik Moldau im Jahre 2017 konnte dieser jedoch feststellen, dass die kleine verbliebene deutsche Minderheit sich stabilisiert hat. Diese unterhält ein Kultur- und Begegnungszentrum in der Hauptstadt Kischinau und Koschyk zeigte sich beeindruckt über die gute Nachwuchsarbeit der kleinen deutschen Minderheit in der Republik Moldau, (Globus Nr. 3/2017)

4. Deutsches Schulwesen und deutsche Kultur in Rumänien
Basis der Kultur einer Minderheit ist in aller Regel die Sprache. Siebenbürger Sachsen weisen mit Stolz darauf hin, dass sie eines der ältesten Volksschulsysteme Europas schufen und schon 150 Jahre vor England allen Kindern den Schulbesuch zur Pflicht machten. Dies ist vor allem auch das Verdienst eines Mannes, der in der südosteuropäischen Kulturgeschichte zu den bedeutendsten Humanisten zählt: der aus Kronstadt stammende Johannes Honterus (1498-1549). Er war ein vielseitig begabter Universalgelehrter, der in Siebenbürgen die Reformation einführte und sich dabei sowohl auf Luther wie auch auf Zwingli stützte. So formte er bei den Deutschen Siebenbürgens eine protestantische Volkskirche besonderer Art, die alle Lebensbereiche – von der Schule bis zum politischen Kampf um die Wahrung der deutschen Identität umfasste und die für die folgenden Jahrhunderte die Entwicklung in Siebenbürgen prägte.[21]  
Der bedeutendste Dichter aus dem Banat ist Nikolaus Lenau (1802-1850), eigentlich Franz Nikolaus Niembsch (Lenau ist ab 1830 in Zeiten der Metternich’schen Zensur sein Pseudonym). Er gilt als der deutsche Dichter mit dem größten Wortschatz nach Goethe, viele seiner Gedichte wurden von bedeutenden Komponisten (wie Franz Liszt, Robert Schumann, Richard Strauß u. a. ) vertont. Er war ein unruhiger Geist, vielgereist, mit einem großen Freiheitsdrang und dennoch auch ein Melancholiker, der mit seinen Eltern schon früh das Banat verlassen musste, aber in seiner Dichtung und aufgrund von Erzählungen seiner Schwester  dieses Land und darüberhinaus  die Pußta und die  Zigeuner-Romantik eindrucksvoll beschrieb.[22]
Eine erste Belastung für die deutsche Sprache war die Zeit der Magyarisierung zwischen 1867 und  1918. Besonders aus dem Banat wanderten viele Intellektuelle und Lehrer ins Ungarische ab, so dass es vor dem 1. Weltkrieg in manchen Bergdörfern des Banat keine deutschen Schulen mehr gab und deutsche Schüler wurden in den ungarischen Schulen durch übereifrige Lehrer gezwungen, sogar in den Pausen ungarisch zu sprechen. Der Übergang in den rumänischen Staat hat tatsächlich viele Banater Schwaben vor der Magyarisierung gerettet. Obwohl diese neue Staat auch zwischen den Zugeständnissen an die Minderheiten und eigenen nationalpolitischen Zielen schwankte, hatten die deutschen Volksgruppen in der Zwischenkriegszeit stets ihre eigenen Schulen, die teils staatliche, teils konfessionelle Träger hatten. Neben den Schulen gab es in der Zwischenkriegszeit eigene deutsche Zeitungen, Zeitschriften, eine deutsche Literatur, deutsche Theater und deutsche Kunstlandschaft. Dabei waren die Rumäniendeutschen nach dem 1. Weltkrieg nur noch bedingt nach Wien hin ausgerichtet. Vor allem orientiert man sich am Deutschen Reich (leider auch am 3. Reich) und später an der Bundesrepublik Deutschland. Lediglich zwischen 1945 und 1949 war die Minderheit nicht anerkannt und es fehlte  ein geordneter deutscher Unterricht.[23] Danach wurde Deutsch als Muttersprache in Kindergärten, Grundschulen (Klasse 1 – 4) eingeführt. Ab Klasse 5 bis Klasse 8 gab es auch an Gymnasien wöchentlich 5 Stunden Deutsch als Muttersprache  und auch an Lyzeen (Klasse 9 – 12) wurde Wert  auf muttersprachlichen Unterricht mit Schwerpunkt Literatur gelegt. Allerdings waren nun alle Schulen staatlich und der Unterricht war geprägt durch die Ideologie des Kommunismus/Stalinismus. Patriotische Gedichte (teils Übersetzungen aus dem Rumänischen) standen am Anfang eines jeden Lehrbuchs. Aber es gab auch klassische deutsche Dichtung und Literatur (Goethe, Mörike, Morgenstern) sowie Märchen und Sagen. In den höheren Schulklassen wurde auch deutsche Literatur der Nachkriegszeit (Borchert, Grass) gelesen (obwohl Grass in der DDR tabu war). Zwar wurde ein etwas altertümliches Deutsch mit vielen rumänischen und ideologiebedingten Einsprengseln vermittelt, aber in einwandfreien sprachlichen Strukturen. Besonders drei große deutsche Gymnasien (Bruckenthalschule, Hermannstadt – Lenauschule, Temeswar – Honterusschule, Kronstadt) waren richtungsweisend und hatten die Zielsetzung, dass ein rumäniendeutscher Schüler in deutscher Literatur bewanderter sein sollte,  als ein Altersgenosse aus dem deutschen Sprachraum. 15 % der Schüler erreichten tatsächlich dieses Niveau. Deshalb ist es auch erklärbar, dass in diesem Nachkriegsrumänien eine große Zahl deutscher Schriftsteller herangewachsen ist –wobei natürlich an erster Stelle die Literatur-Nobelpreisträgerin des Jahres 2009, Herta Müller, genannt werden muss. Dazu kommen eine große Zahl weiterer bekannter Schriftsteller, die in deutscher Hochsprache veröffentlichten, wegen der ideologischen Hemmnisse oft im lyrischen Bereich.  Zu nennen sind vor allem neben Herta Müller die aus der Bukowina stammenden Rose Ausländer und Paul Celan, beide Juden, die trotz Verfolgung an der deutschen Sprache festhielten und beeindruckende Zeugnisse vom Geschehen dieser schweren Zeiten hinterließen. Die FAZ schrieb am 13. 11. 1995 in einer Würdigung von Rose Ausländer: „Am Ende hat Rose Ausländer, der Sprache sich hingebend, den Deutschen ein Wortkunstwerk geschenkt, wie es stärker im Ausdruck, feiner in der Form und präziser in der Aussage kaum zu denken ist.“ Ihr Werk von über 100 Buchausgaben im deutschen Sprachraum und international hat die für Lyrik sensationelle Millionenauflage überschritten. Vor allem der Stadt Czernowitz und der viersprachigen multikulturellen Bukowina hat sie mit ihrem Werk ein Denkmal gesetzt, wozu aber leider ihr Fazit lautete: „Eine versunkene Stadt. Eine versunkene Welt“. Und der 1920 in Czernowitz geborene Paul Celan sagte 1958 bei der Verleihung des Bremer Literaturpreises: „Die Welt aus der ich zu Ihnen komme…. Ist die Landschaft, in der ein nicht unbeträchtlicher Teil jener chassidischen Geschichten zu Hause war, die Martin Buber uns allen auf Deutsch wiedererzählt hat.“[24]
Aus Siebenbürgen kommen u. v. a. die Schriftsteller und Dichter Franz Hodjak, Joachim Wittstock, Oskar Pastior und Dieter Schlesak sowie aus der sogenannten Banater Aktionsgruppe  Rolf ‚Bossert und der schon erwähnte Richard Wagner (siehe Anmerkung 21).[25] Fast alle deutschen Dichter und Schriftsteller sind nach und nach in die Bundesrepublik übergesiedelt, haben hier meist breitere Leserkreise gefunden und wertvolle Beitrage zur gesamtdeutschen Literatur und Kultur geleistet. Vor diesem Hintergrund hatten die rumäniendeutschen Übersiedler in der Bundesrepublik (und in Österreich) auch keine sprachlichen Probleme bei der Eingliederung – ganz im Gegensatz z. B. zu den Spätaussiedlern aus Polen und der ehemaligen Sowjet-Union.
Nach 1990 und dem ständigen Rückgang muttersprachlich deutscher Schüler ist ein Wandel im Unterricht der Schulen eingetreten. Selbst formal deutschsprachige Schulen haben mehrheitlich anderssprachige – vor allem rumänische -  Schüler. So kam es zu einem Übergang von der Muttersprachlichkeit zur gehobenen Fremdsprachlichkeit. Daran hat auch der rumänische Staat aus wirtschaftlichen Gründen großes Interesse.[26]              Heute gibt es trotz des zahlenmäßigen Rückgangs der deutschen Minderheit in Rumänien insgesamt 61 allgemeinbildende staatliche Grundschulen sowie 21 Gymnasien mit deutscher Abteilung oder als vollständig deutschsprachige Schulen, an denen fast 17.000 Schüler unterrichtet werden. Etwa 90 Prozent davon gehören der rumänischen Mehrheitsbevölkerung an.[27]

5. Die deutsche Volksgruppe in Rumänien heute – 
    welche Zukunft hat sie?
Trotz der Rückschläge, die die deutsche Volksgruppe in Rumänien wegen der massiven Auswanderung verkraften musste, ist inzwischen auf kleinerem Niveau eine Stabilisierung eingetreten. Dazu hat wesentlich das 1990 gegründete „Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien“ (DFDR) beigetragen. In dieser Organisation haben sich fünf regionale Foren der Deutschen zusammengeschlossen. Zu jedem Regionalforum gehören wiederum Zentrums- und Ortsforen. Dies veranschaulicht die nachstehende Grafik:
                                     DFDR – Landes und Regionalforen
Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien hat es sich zur Aufgabe gesetzt, im Rahmen der rumänischen Verfassung und der internationalen Minderheitenrechte  die Bürger Rumäniens, die sich zur deutschen Nationalität bekennen, zu vertreten, und zwar sowohl im politischen, sozialen und kulturellen Bereich. Damit will es zur Erhaltung und Entfaltung der Identität der deutschen Minderheit beitragen. Seit 1990 ist das DFDR durch einen Abgeordneten im rumänischen Parlament vertreten. Durch ihren Einsatz konnte das deutsche Schulwesen gefestigt werden (siehe oben unter 4. Deutsches Schulwesen und deutsche Kultur). Es wurden eine Reihe sozialer und gemeinschaftsfördernder Einrichtungen geschaffen und über hundert Landwirtschaftsvereine gegründet.
Das DFDR ist zwar keine Partei, wird aber nach dem rumänischen Parteiengesetz so behandelt, was einen Abgeordnetensitz im rumänischen Parlament garantiert. Insbesondere bei Kommunalwahlen hat die DFDR - gemessen an der Größe der Minderheit - oft überdurchschnittliche Erfolge erzielt. Der größte Erfolg war zweifellos die eingangs erwähnte Wahl von Klaus Johannis zum Staatspräsidenten. Er verkörpert ideal das Bild des heutigen Deutschen in Rumänien. Nach dem Sturz der Ceauşescu-Diktatur gingen seine Eltern und seine Schwester nach Deutschland, sie leben heute in der Nähe von Würzburg – Klaus Johannis blieb, er engagierte sich in der Kommunalpolitik und wurde Bürgermeister seiner Heimatstadt Hermannstadt (Sibiu).  Er ließ die Innenstadt sanieren, so dass sie 2007 europäische Kulturhauptstadt wurde, führte eine effiziente Verwaltung ein und lockte deutsche und österreichische Investoren an. Mit seinem Image als Macher und Saubermann verbündete er sich mit der Nationalliberalen Partei und muss nun auf nationaler Ebene seinen Ruf begründen. Ein hartes Stück Arbeit liegt vor ihm, denn Rumänien ist noch immer das Armenhaus Europas, ist bekannt für Korruption und eine miserable Minderheitenpolitik gegenüber den vielen Roma (der spätstärksten Minderheit nach den Ungarn – siehe 3.1032 Roma in Rumänien.)
Das DFDR ist der zentrale Ansprechpartner der deutschen Botschaft in Bukarest und der Bundesregierung, die aufgrund des Vertrages vom 21. 4. 1992 laufende Zuwendungen an rumäniendeutsche Einrichtungen gibt und damit sowohl humane, kulturelle wie auch wirtschaftliche Unterstützung leistet.[28]
So bleibt zu hoffen, dass sich die deutschen Volksgruppen in Rumänien weiter stabilisieren, zumal sie inzwischen in Rumänien mit anderen Augen gesehen werden. So brachte die rumänische Tageszeitung "Jurnalul National" bereits 2004 eine umfangreiche Dokumentation über die deutsche Minderheit, in der wiederholt der große Verlust für Rumänien bedauert wird, der durch den Fortgang (den „Verkauf“) eines Großteils der Deutschen eingetreten ist. U. a. heißt es darin: „Sie haben ihre Demütigungen, an denen andere Völker erloschen wären, ertragen…Diese Menschen verdienen unsere Hochachtung aus unendlich vielen Gründen.“[29] Dem ist nichts hinzuzufügen.


[2] Volkstum zwischen Moldau, Etsch und Donau (Ethnos 10), darin Otto Folberth: „Vision und Wirklichkeit in der Geschichte Siebenbürgens“
[3] der Begriff Sudetendeutsche entstand erst nach dem 1. Weltkrieg
[4] Wilhelm Wunderlich „Die Deutschböhmen im rumänischen Banat“ in Globus1/1984
[5] Franz Einholz „Die Sathmarer Schwaben – 275 Jahre Siedlungsgeschichte“ in Globus 4/1987
[6] „Rumäniendeutsche – Es war ein Tanz in Ketten“ Spiegel Special 2/2002
[7] http://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/orte/czernowitz-cernivci/

[8] Siehe auch meine Posts 2.320 Ukrainer.ukrainisch.Ukraine und 2.01.20 Russlanddeutsche
[9] http://www.bessarabien.de/umsiedlung_flucht.php
[10] http://de.wikipedia.org/wiki/Bessarabiendeutsche
[11] Dr. Josef Salanz: „Die Deutschen in der Dobrudscha“ in Globus 3/2007
[12] Globus 4/1987 – siehe Anmerkung 3
[14] http://www.bukarest.diplo.de/Vertretung/bukarest/de/06/seite__minderheiten.htm
[15] Südkurier vom 1. 10. 1988 „Im Herbst säen wir Weizen – im Frühjahr wachsen die Wohnblocks“
[16] Globus 6/1982 – Curd Bregenz „Menschenhandel mit Deutschen“ sowie Globus 3/2007 und http://www.dw.de/als-ceausescu-die-rumäniendeutschen-verkaufte/a-17190211

[17] http://www.adz.ro/banater-zeitung/artikel-banater-zeitung/artikel/film-ueber-den-freikauf-der-rumaeniendeutschen-in-temeswar-gezeigt/


[18] Globus 3/2007 – Dr. Anneli Ute Gabanyi: „Die Deutschen in Rumänien“
[19] http://www.agdm.fuen.org/land/ro.html und . http://www.adz.ro/artikel/artikel/die-deutschen-und-ungarn-erreichten-historisches-tief/  adz = Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien und Wege und Wandlungen, Die Deutschen in der Welt heute, darin Franz Heinz: „Sie wollen bleiben, was sie sind – Die Rumäniendeutschen und ihre Zweifel an der Heimat“ Westkreuz-Verlag, Berlin/Bonn 1981

[20] http://de.wikipedia.org/wiki/Rumäniendeutsche - Hannelore Baier, Martin Bottesch, u. a.: Geschichte und Traditionen der deutschen Minderheit in Rumänien (Lehrbuch für die 6. und 7. Klasse der Schulen mit deutscher Unterrichtssprache). Mediaș 2007, S. hier 19-36

[21] Curd Bregenz: „Die Reformation des Johannes Honterus“ in Globus, Heft 1 – Januar/Februar 1986
[22] Dr. Hans Dama „“Dichter aus dem Banat – Nikolaus Lenau – Liebling der Komponistenin Globus, Heft 1 – Januar/Februar 1986

[23] Richard Wagner: „Der Spiegel der Identität einer Minderheit ist ihre Sprache“ – Die Rumäniendeutschen zwischen Isolation, Stalinismus, Assimilation und Nationalismus in Frankfurter Rundschau v. 22. 7. 1991
[24] Helmut Braun: „Czernowitz gibt es wirklich…“ in Globus 3/2013
[25] Dieter Schlesak: „Unser Erbe, das Nichts – die gestundete Zeit der Rumäniendeutschen und ihrer Literatur“ in Die ZEIT Nr. 42 vom 14. 10. 1988
[26] Sorin Gadeanu: „Besonderheiten des muttersprachlichen ‚Deutschunterrichts in Rumänien in der Zeitspanne von 1980 – 1993“ in Ruth Wodak, Rudolf de Cillia (Hg), Passagen-Verlag, Wien 1995
[27] Deutsche Welle vom 17.11.2014 - http://www.dw.de/stichwort-deutsche-minderheiten-in-rumänien/a-18069831

[29] Globus 3/2004

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