Gliederung - Übersicht
1.
Einleitung
2.
Migration – Begriffsbestimmung
3.
Geschichte der Migration – wichtige Beispiele
3.1
Die Bibel und das jüdische Volk
3.2
Das Zeitalter der Entdeckungen, Eroberungen und der Kolonisation
3.3
Wanderungsbewegungen und Umsiedlungen nach dem 1. Weltkrieg
3.4
Flucht, Vertreibung, Aus- und Umsiedlung nach dem 2. Weltkrieg
3.5
Neue Migrationsbewegungen im 21. Jahrhundert
4.
Integration
4.1
Definition – Was ist Integration?
4.2
Systemintegration und Sozialintegration
4.21
Systemintegration
4,22
Sozialintegration
4.3
Assimilation oder multiethnische Gesellschaft?
4.31
Assimilation
4.32
multiethnische Gesellschaft
4.33
Mischformen und Übergangsstufen zwischen Multiethnischer
Gesellschaft und
Assimilation - neue Minderheiten
5.
Besondere
Integrationsprobleme in Deutschland
5.1
Staatsangehörigkeit
und Gastarbeiter
5.2
Struktur
der Migranten in Deutschland – Menschen mit Migrationshintergrund
5.3
Besondere
Migrationsprobleme mit
türkischen
Migranten und
Muslimen
5.31
Türkische Migranten
5.32
Aleviten in Deutschland
5.33
Kurden in Deutschland
5.34
Vielfalt der Identitäten bei Migranten aus der Türkei
5.4
Muslime in Deutschland
6.
Konsequenzen und Perspektiven
1. Einleitung
Bei
der Vorbereitung weiterer Posts über europäische Ethnien und
Minderheiten sind mir immer wieder Parallelen zu den aktuellen
Problemen mit Migranten, Zuwanderern und Asylanträgen in Deutschland
bewusst geworden. Bei den derzeitigen Diskussionen in Deutschland und
anderen europäischen Staaten und auch bei der Beschäftigung mit
früheren Wanderungsbewegungen der Menschheit stößt man auf eine
Vielzahl von Begriffen, die nicht eindeutig definiert sind. Dabei
denke ich besonders an die Begriffe Migration, Integration,
Assimilation, aber auch Akkulturation, (nationale) Identität,
Multikulturalismus und alle damit gedachten Prozesse, ihre
Hintergründe und praktischen Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Daher
möchte ich den Versuch unternehmen, etwas Licht in das Dunkel dieser
Begriffe zu bringen, ohne dabei den Anspruch zu erheben, dass meine
Ausführungen vollständig sind. Nein, vor mir haben viele
Wissenschaftler – vor allem Soziologen – versucht, eindeutige
Definitionen zu finden, was aber auch ihnen nur unzureichend gelungen
ist. Dennoch sind verschiedene Erkenntnisse aus der Soziologie
hilfreich, die ablaufenden Prozesse bei der Migration besser zu
verstehen. Ebenso kann es hilfreich sein, sich der vielen
Migrationsbewegungen der Vergangenheit bewusst zu sein und auch
daraus Schlüsse für die heutigen Herausforderungen zu ziehen.
Auch
habe ich gelernt, dass sich in diesem Zusammenhang immer wieder neue
Probleme ergeben, die von früheren Generationen gar nicht bedacht
wurden. So spielen z. B. in der jüngsten Zeit aufgrund gewachsener
Mobilität auch Prozesse der Transnationalisierung eine große Rolle,
die mit dem Begriff Transmigration und den verschieden ausgeprägten
doppelten Staatsbürgerschaften zu beschreiben sind.[1]
Ich
halte es deshalb für notwendig, dass die bereits eingetretenen
Veränderungen in unserer deutschen und europäischen
Bevölkerungsstruktur bewusst gemacht werden. Vor allem muss bei
den Europäern die Erkenntnis wachsen,
dass die bereits abgelaufenen Prozesse nicht umkehrbar sind. Deshalb
gilt es, ohne Emotionen und Vorurteile über sie zu sprechen und
Lösungen für ein friedliches Zusammenleben in unserer Gesellschaft
zu finden. Das wird nicht leicht sein, zumal
das Thema in diesem Jahr 2017 durch verschiedene politische
Ereignisse besonders emotional und kontrovers diskutiert wird.
Tatsächlich
gibt es aber keine Alternative zur friedlichen Integration auch von
Migranten aus fremden Kulturen, die bei uns angekommen sind und mit
hoher Wahrscheinlichkeit in großer Zahl auch dann bleiben, wenn sich
in ihren Heimatländern die politische Situation ändert.
2. Migration - Begriffsbestimmung
Migration
(von lateinisch:
migratio = Aus-wanderung,
migrare = wandern, wegziehen) hat es zu allen Zeiten der Menschheit
gegeben. Die Ursachen sind vielfältig und betreffen sowohl
Einzelpersonen, Familien, Gruppen und ganze Bevölkerungen bzw.
ethnische Gemeinschaften.
Die
Vorstellung, dass Menschen sesshaft sind, ist nur im oberflächlichen
Sinne zutreffend. In der Realität bleiben sie selten ein Leben lang
dort, wo sie geboren sind. Sie sind in Bewegung und ständig auf der
Suche nach neuen und besseren Lebensbedingungen und Lebensoptionen.
Der amerikanische Soziologe Robert E. Park (Universität Chicago) hat
bereits in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts die These
vertreten, dass die Fortschritte in der Geschichte und die Prozesse
der Zivilisation nur durch kontinuierliche Migrationsbewegungen von
Menschen und die dadurch eintretenden Vermischungen von Völkern und
Kulturen möglich geworden sind.
Zu
unterscheiden sind freiwillige Gründe,
die zur Auswanderung führen, z. B. neue berufliche oder private
Ziele, besondere (vor allem wirtschaftliche) Anreize fremder Staaten,
staatliche und private Anwerbeaktionen und / oder schlechtere
berufliche Bedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten am angestammten
Wohnort. Nach gründlicher Prüfung, Einholen von Informationen
erfolgt dann der Entschluss zur Migration, z. B. zum Umzug im eigenen
Land oder zur Auswanderung in nähere oder fernere „Welten“.
Konkrete Gründe sind: neue oder besser bezahlte Arbeitsplätze,
Möglichkeiten des Landerwerbs, Möglichkeiten zur Gründung von
Handels-, Handwerks- oder Industriebetrieben, aber auch familiäre
Gründe (Heirat, Familien-Zusammenführung u.a.)
Davon
zu unterscheiden ist die unfreiwillige
bzw. aufgezwungene Migration:
z. B. die Abwanderung oder Flucht aus politischen, religiösen,
ethnischen oder rassistischen Gründen, bei Diskriminierung durch die
Mehrheitsgesellschaft oder staatlichen Zwangsmaßnahmen gegen Einzelne
oder Gruppen bis hin zu Vertreibungen, ethnischen Säuberungen,
Deportationen, Umsiedlungen u. a., aber auch Hunger, Armut, Zerfallen
gewachsener Strukturen, Bürgerkriege und zunehmend
Umweltveränderungen (Ausbreiten der Wüsten, Anstieg der Weltmeere,
Überschwemmungen u. a.)[2]
Generell
ist die Verlegung des Wohnsitzes innerhalb der eigenen Staatsgrenzen
zwar auch eine Migration. Diese Binnen-Migration soll im Rahmen
dieser Abhandlung aber nicht näher betrachtet werden. Vielmehr geht
es hier um die Verlagerung des ständigen Lebensmittelpunktes in
einen anderen Staat, ggf. sogar einen anderen Kontinent und besonders
einen anderen Kulturkreis. Man spricht hier von internationaler
Migration. Aufgrund der Kriege und Verfolgungen im Nahen Osten, der
Bevölkerungsexplosion in Afrika, Asien und Südamerika bei
gleichzeitiger Verarmung weiter Bevölkerungskreise ist das
Thema Migration zur Zeit sowohl in Europa wie in Nordamerika und
Australien hochaktuell.
3. Geschichte der Migration – wichtige Beispiele
Migration
hat es – wie schon erwähnt - zu allen Zeiten der Menschheit
gegeben, ja man kann sogar sagen, dass erst durch die Auswanderung
des Homo Sapiens aus Afrika die eigentliche Menschheitsgeschichte
begann. Sie setzte sich fort in den Wanderbewegungen der Sammler- und
Jägerkultur, der Nomaden- und Völkerwanderungen. Die aus meiner
Sicht wichtigsten Migrationsbewegungen habe ich nachfolgend
zusammengestellt:
3.1 Die Bibel und das jüdische Volk
Das
Alte Testament – die hebräische Bibel – beschreibt eigentlich
unablässig die Wanderungsbewegungen des jüdischen Volkes, damit
aber auch symbolisch
den Exodus der ganzen Menschheit. Die Bibel, das Grundbuch
abendländischer Kultur, berichtet in Geschichten, Mythen, Bildern,
Liedern, Gebeten, Klagen und Visionen von Vertriebenen, Ausgezogenen,
Geflohenen, Entkommenen und Heimatlosen, von Heimatverlust und
Heimatsuche. Es beginnt mit der Vertreibung aus dem Paradies,
oberflächlich die Geschichte von erster Sünde und Strafe. Aber man
kann sie auch als Grunderfahrung des Menschen lesen, der nach der
Kindheit in die eigenverantwortliche Welt entlassen wird
und sich als Erwachsener einen neuen Lebensmittelpunkt suchen
muss.[3]
Es
folgen die Sintflut-Geschichte – als Beispiel für Migration
aufgrund von Umweltkatastrophen -, der Turmbau zu Babel als Erklärung
der Wanderungsfolgen,
die babylonischen Gefangenschaft als Beispiel von politisch bedingter
Zwangs-Migration.
Nach
der Zeitenwende bis in unsere Tage ist das jüdische Volk wohl eines
der bekanntesten Beispiele für freiwillige und unfreiwillige
Wanderungsbewegungen. Es beginnt mit der Zerstreuung in alle Länder
der damals bekannten Welt nach der Niederschlagung des Aufstands der
Israeliten gegen die Römer im Jahre 70 n. Chr., wobei es - wie wir
aus der Bibel wissen -schon vorher eine große jüdische Diaspora
gab. Ihr religiöses Anderssein verhinderte fast immer eine
Assimilation und führte nicht selten zu weiterer erzwungener
Migration. Denken wir nur an die Pogrome des Mittelalters und der
Neuzeit in verschiedenen Ländern, die Vertreibung der sephardischen
Juden aus Spanien 1492 und 1513, die sie
vor allem ins Osmanische Reich (auf den Balkan und nach Nordafrika),
aber auch nach Nordeuropa (Niederlande, Frankreich,
Norddeutschland) führte, und in der Folge bis nach Übersee. Im
Unterschied zu den Sepharden hatten sich die Aschkenasim bereits nach
vielen Wanderungsbewegungen im Nahen und mittleren Osten und in
Mittel- und Osteuropa niedergelassen.
Im
20. Jahrhundert beginnt schließlich im Zeichen des von Theodor Herzl
begründeten Zionismus eine Rückwanderung ins „gelobte Land“
nach Palästina. Aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgung und
der Shoa nach 1933 erfolgt eine Auswanderungswelle europäischer
Juden im großen Umfang vor
allem nach
Palästina, aber
auch in die Vereinigten Staaten und
nach Nordafrika (vor allem Marokko und Algerien). Nach dem Ende des
2. Weltkriegs und der Gründung des Staates Israel folgte die 2.
große Einwanderungswelle in den neu gegründeten jüdischen Staat,
die bis zur Stunde noch nicht abgeschlossen ist. Vor allem die
gewachsene antisemitische Haltung in den arabischen Staaten führte
wiederum zur Migration von Juden aus Nordafrika und nahezu allen
islamischen Ländern. So ist die Zahl der Juden in Marokko seit 1948
von 265.000 auf weniger als 5.000 zurückgegangen. Die meisten Juden
Algeriens sind heute Bürger Frankreichs. So besteht beispielsweise
die jüdische Gemeinde von Paris mit ca. 200.000 Mitgliedern
vornehmlich aus algerischen und marokkanischen Juden.[4]
Schließlich
sei noch erwähnt, das die in Deutschland durch die NS-Herrschaft
fast ausgestorbene jüdische Gemeinde nach der Wende in den
1990er-Jahren wieder erstarkte, weil viele Juden aus Russland und der
ehemaligen Sowjetunion wegen dort anhaltender Diskriminierung nach
Deutschland auswanderten
und hier nun neues jüdisches Leben begonnen hat.
3.2 Das Zeitalter der Entdeckungen, Eroberungen und Kolonien
Mit
der Entdeckung Amerikas, des Seewegs nach Indien, der Entdeckung
Australiens und Ozeaniens begann eine bis dahin nicht bekannte
Migrationsbewegung. Vor allem Engländer, Spanier und Portugiesen,
aber auch Franzosen und Niederländer begannen die Landnahme und
Besiedlung der neuen Kontinente und teilten sie unter sich auf.
Deutschland und Italien kamen Ende des 19. Jahrhunderts als „späte
Nationen“ dazu. Aus allen europäischen Ländern machten sich
Auswanderer auf den Weg in eine ungewisse Zukunft. Befördert wurde
die Auswanderung – vor allem nach Nordamerika (USA und Kanada)
durch die Religionskriege nach der Reformation, die zur kompletten
Auswanderung nicht geduldeter religiöser Minderheiten führte
(Calvinisten, Wiedertäufer, Mennoniten, Hutterer, Amische, aber auch
Katholiken, Lutheraner und Reformierte aus anders regierten Staaten,
weil dort das Motto herrschte: cuius regio, eius religio oder „wes
der Fürst, des der Glaub“).
Bis
zum Beginn des Industriezeitalters im 19. Jahrhundert setzt sich die
Auswanderung fort, aus Deutschland vor allem aus armen ländlichen
Regionen, wo die nachgeborenen Söhne keine Entwicklungsmöglichkeiten
hatten und zum Teil auch große Hungersnöte herrschten. Zwischen
1815 und 1930 emigrierten mehr als 50 Millionen Europäer aus
ökonomischen oder politischen Gründen nach Übersee, davon 38
Millionen in die USA.[5]
Parallel
zur europäischen Auswanderung wurden Sklaven aus Afrika unter
menschenunwürdigen Bedingungen zwangsweise nach Nord- und Südamerika
als billige Arbeitskräfte gebracht, deren Nachkommen dort noch heute
in der Regel zu den sozial unteren Schichten gehören und immer
wieder rassistischen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Aus dem
indischen Subkontinent wurden 12 bis 37 Mio. "indentured worker"
durch die "Britisch East India Company" rekrutiert, um in
britischen Kolonialgebieten (z. B. Südafrika, Malaysia) für
eine vertraglich vereinbarte Zeit zu arbeiten. Wie oft bei Migranten
wurden sie am Ort ihrer Tätigkeit sesshaft.[6]
Der
afrikanische
Kontinent
wurde im 18. Und 19. Jahrhundert unter den europäischen Mächten
aufgeteilt und von diesen für den eigenen Markt ausgebeutet. Außer
Verwaltungsbeamten und Militärs siedelten sich auch hier europäische
Bauern, Handwerker und Händler an, allerdings in unterschiedlicher
Zahl in den einzelnen Staaten. Bevorzugt wurden die für Europäer
klimatisch günstigeren Regionen im Norden und Süden (Franzosen in
Algerien, Briten und Kapholländer = Buren in Südafrika, Deutsche in
Namibia)
Die
Einwohner Australiens
haben alle – bis auf die weniger als 2% Aborigines – einen
Migrationshintergrund. Seit 1788 haben die britischen Behörden die
Aborigines weitgehend ausgerottet oder in unwirtliche Zonen
vertrieben, Siedler angeworben, ihre Reisekosten im
wesentlichen übernommen und Sozialdienste für sie eingerichtet. Bis
zum 2. Weltkrieg verfolgte Australien eine rassistische
Einwanderungspolitik. Zunächst wurden vor allem britische
Einwanderer – u. a. auch viele Sträflinge – angesiedelt. Andere
Europäer wurden zwar geduldet, hatten zunächst aber einen
schwereren Stand. Vor allem fürchtete man die asiatische
Einwanderung, die gelbe Gefahr. Noch in den 40er Jahren des vorigen
Jahrhunderts wurden britische Einwanderer bevorzugt, indem sie ihre
Überfahrt subventioniert bekamen und ihre Familien sofort mit
einreisen durften. Um die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern,
wurden seit 1947 aber auch andere Europäer ins Land gerufen, u. a.
auch viele Deutsche. Bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts
wanderten jährlich zwischen 50 und 185.000 Europäer nach Australien
ein. Nach einem wirtschaftlichen Abschwung in den 1970er-Jahren wurde
die Einwanderungspolitik nochmals geändert, indem vor allem nur noch
hochqualifizierte und wenig ungelernte Zuwanderer akzeptiert wurden.
Aber gleichzeitig wurde auch ein Schlusspunkt unter die
ausschließlich weiße Einwanderung gesetzt. Als erstes wurden viele
Vietnamflüchtlinge aufgenommen. Es folgten Einwanderer aus Indien,
China und nach der „Wende“ im Ostblock aus Russland und
Ex-Jugoslawien. Heute ist Australien ein Land des Multikulturalismus,
so die 1989 verkündete „National Agenda for a Multicultural
Australia“.
Damit
wurde jeder Einwanderungsgruppe zugesichert, ihre besondere nationale
oder religiöse Identität zu pflegen.[7]
3.3 Wanderungsbewegungen und Umsiedlungen nach dem 1. Weltkrieg
Die
Folgen des 1. Weltkriegs sind bis auf den heutigen Tag zu spüren.
Die multinationalen Staaten Österreich-Ungarn und Osmanisches Reich
brachen auseinander. Es entstand – vor allem in Mittel- und
Osteuropa sowie auf dem Balkan – eine neue Landkarte mit neuen
Nationalstaaten und neuen ethnischen Minderheiten. Nicht nur
freiwillige Auswanderung war die Folge, sondern das folgenreiche
Negativmodell der ethnischen Säuberung durch Aus- und Umsiedlung
wurde geboren. Insgesamt waren etwa 6 Millionen Menschen von
Zwangsumsiedlung, ethnischer Säuberung und Grenzveränderung
betroffen.[8]
Die wichtigsten Wanderungsbewegungen als Folge des 1. Weltkriegs:
►über
1,5 Millionen Griechen wurden nach dem Friedensabkommen von Lausanne
1923 aus Kleinasien und aus der sogenannten Pontos-Region nach
Griechenland ausgewiesen. Im Gegenzug mussten über 400.000
muslimische Türken, Pomaken und Roma Griechenland verlassen. Siehe
dazu meinen Post 2.10Griechen, Griechenland, Zypern, griechische Minderheiten. Bereits
1919 hatten
Griechenland und Bulgarien
einen
Bevölkerungsaustausch vereinbart. Siehe meinen Post 2.180Mazedonier, Slawo-Mazedonier – historische Region Mazedonien
►Deutsche
und deutsche Juden emigrierten teils freiwillig, teils gezwungen aus
den neuen Nationalstaaten Polen, Tschechoslowakei, Rumänien und den
baltischen Ländern sowie aus Elsass-Lothringen nach Deutschland und
Österreich. Im Gegenzug wanderten viele Polen (Ruhr-Polen)
aus Deutschland zurück in den wieder gegründeten polnischen Staat,
aber auch in die nordfranzösischen Bergbaugebiete
►Infolge
der russischen Oktober-Revolution verließen etwas 1,5 Millionen
Russen, Ukrainer und Weißrussen die neu gegründete Sowjet-Union[9]
3.4 Flucht, Vertreibung, Aus- und Umsiedlung nach
dem 2. Weltkrieg
Die
Auswirkungen des 2. Weltkriegs und besonders die Beschlüsse der
Alliierten von Teheran 1943, Yalta und Potsdam 1945 übertrafen alle
bis dahin bekannten Migrationsbewegungen. Umsiedlungsaktionen hatten
bereits nach dem Hitler-Stalin-Pakt 1939 begonnen, mit dem sich die
beiden Diktatoren zunächst ihre Interessengebiete gegeneinander
abgrenzten. Hunderttausende Volksdeutsche aus Ostpolen, Rumänien und
aus der Sowjet-Union wurden vor allem in die neue eroberten Gebiete
in Polen (Warthegau und Westpreußen) umgesiedelt. Gleichfalls
sollten in diesen eroberten Gebieten auch die Optanten für
Deutschland
aus Südtirol angesiedelt werden. (siehe meine Posts Südtirol/deutsche Südtiroler
und Deutsche Volksgruppen in Rumänien). Mit dem Vordringen der sowjetischen Truppen begann
die Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung sowohl aus den
Siedlungsgebieten außerhalb der alten Reichsgrenzen als dann
auch aus den reichsdeutschen Gebieten östlich der Oder-Neisse-Linie.
Diese neue Westgrenze Polens hatte Stalin als Ausgleich an den
polnischen Staat für verlorene Ostgebiete gefordert, was
von den West-Alliierten „blauäugig“ akzeptiert wurde. Der
tiefere Grund war jedoch, den neuen polnischen Staat
fest
an die Sowjet-Union anzubinden. Tatsächlich lebte in den polnischen
Ostgebieten jenseits der Curzon-Linie die polnische Volksgruppe
neben überwiegend Ukrainern und Weißrussen. Die genaue Zahl
geflüchteter und vertriebener Reichs- und Volksdeutscher ist nur
schwer zu bestimmen, da sich viele Schicksale überlagern. So sind
bei der Flucht und Vertreibung ca. 1,2 bis 1,6 Millionen deutsche
Menschen ums Leben gekommen.[10]
Insgesamt
schätzt man, dass bis zu 17 Millionen Deutsche aus den deutschen
Ostgebieten und den deutschen Siedlungsräumen im Osten geflüchtet
sind,
vertrieben oder
ausgesiedelt
wurden oder
auf der Flucht und in russischen oder polnischen Lagern umkamen.
12 – 13 Millionen fanden
eine neue Heimat in der Bundesrepublik und der ehemaligen DDR. Allein
in den von Polen übernommenen Ostgebieten wohnten 1945 ca. 9
Millionen Deutsche. Hinzu kommen aus der Tschechoslowakei ca. 3
Millionen Sudeten- und Karpathen-Deutsche[11]
und
weitere Volksdeutsche aus der Sowjet-Union, Jugoslawien u. a.
Ossteuropäischen
Staaten.
Nach
1950 kommen ca. 4 Millionen sogenannte Spätaussiedler,
vor allem aus Polen, den Staaten der Sowjet-Union und Rumänien
hinzu – siehe dazu meine Posts Russlanddeutsche und Deutsche Volksgruppen in Rumänien- die auf dem Gebiet der heutigen
Bundesrepublik eine neue Heimat suchten und fanden. Nicht zu
vergessen sind die Fluchtbewegungen aus der DDR in die
Bundesrepublik.
Neben
der großen Zahl deutscher Migranten sind aber auch die Umsiedlungen
der Polen (aus den vor 1939 polnischen Gebieten, die nun zu den
Sowjet-Republiken Ukraine und Weissrussland gehörten) und aus
Innerpolen zu erwähnen, die durchaus nicht immer freiwillig in den
neuen Westgebieten Polens angesiedelt wurden.
Große
Migrationsbewegungen waren auch die Folge der Entlassung
ehemaliger europäischer Kolonialgebiete in die Unabhängigkeit.
Insbesondere Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und Belgien
hatten eine große Zahl von Zuwanderern aus ihren ehemaligen Kolonien
zu verzeichnen und waren im Europa der Nachkriegszeit die ersten
Staaten mit Problemen der Integration von Angehörigen fremder
Kulturen.
Am
20. Dezember 1955 schloss Deutschland ein Anwerbeabkommen mit
Italien. Italienische Einwanderer waren somit die ersten, die Mitte
der 1950er Jahre als "Gastarbeiter"
in die Bundesrepublik kamen. Für
Deutschland war es der Startschuss auf dem Weg in ein
Einwanderungsland. Es folgten
Abkommen mit Spanien, Portugal, Griechenland, dem früheren
Jugoslawien und der Türkei. Alle,
die damals in unser Wirtschaftswunderland kamen, hatten einen festen
Arbeitsplatz sicher und bereiteten der deutschen Gesellschaft kaum
Probleme, denn man sah in ihnen ja Gastarbeiter auf Zeit. Deshalb
wurden auch keine Anstrengungen im Hinblick auf ihre Integration
unternommen, im Gegenteil sie wurden darin bestärkt, ihren eigenen
Lebensstil zu bewahren, auch als ihre Familien nachgeholt und
Gastarbeiter-Kinder in Deutschland geboren wurden. Man
gab sich über Jahrzehnte der Illusion hin, die Gastarbeiter würden
ja wieder in ihre Heimat zurückziehen.
Aber sie blieben und so
wurden aus Gastarbeitern Einwanderer auf Dauer. Heute, zwei
Generationen später, haben von 82 Millionen Menschen in Deutschland ca. 17 Millionen (einschließlich
der Spätaussiedler – s. o.)
eine Zuwanderungsgeschichte, das
sind über 20 Prozent der
Gesamtbevölkerung. Von diesen 17 Millionen stellen Zuwanderer aus der Türkei und ihre Nachkommen mit ca. 3 Millionen nach den Spätaussiedlern die größte Gruppe mit z. Zt. auch den größten Problemen. Ihnen habe ich nachstehend unter 5.3 ein eigenes Kapitel gewidmet.
In
den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts kam es infolge der Kriege
in Ex-Jugoslawien zur Flucht und Vertreibung vor allem von
Menschen aus Bosnien und dem Kosovo (Siehe dazu meine Posts Serbien - Montenegro - Bosnien und Kosovo, Kosovo-Albaner). Obwohl diese sich z. T. sehr gut
integrierten, müssen sie nun Deutschland wieder verlassen, weil ihre
Herkunftsländer zu sicheren Staaten erklärt wurden.
3.5 Neue Migrationsbewegungen im 21. Jahrhundert
Kriege
in Afghanistan, im Libanon, Palästina, Irak und Syrien, Kriege,
Bürgerkriege und Hungersnöte in Afrika und Asien und eine große
Zahl von sogenannten „Wirtschafts-Flüchtlingen“ aus Ost- und
Südeuropa, aber auch aus Süd- und Mittelamerika (die
in die USA einwandern wollen),
bestimmen die Diskussion der ersten Jahre dieses Jahrhunderts bis auf
den heutigen Tag. Einen guten Überblick gibt der Atlas über
Migration, Integration und Asyl des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge (Minas) und der Migrationsbericht 2015 des gleichen
Bundesamtes[12]
Populistische
Parteien haben großen Zulauf bekommen, weil sie mit vermeintlich
einfachen Lösungen die Probleme angehen wollen. Dabei werden diffuse
Ängste in der Bevölkerung geschürt, ohne die tatsächlichen Fakten
zu berücksichtigen. (siehe weiter unten unter Integration,
Assimilation und…) Zu bedenken ist aber auch, dass bei vielen
Europäern Ängste vor Überfremdung und unsicheren Arbeitsplätzen
herrschen. Schließlich muss man realistisch anerkennen, dass die
europäischen Staaten nicht grenzenlos aufnahmefähig sind.
Allerdings ist umstritten, wo die Grenzen der Belastbarkeit liegen.
Siehe dazu weiter unten die Ausführungen zur Integration.
Tatsächlich
sind die Probleme viel komplexer. Die Probleme mit Zuwanderern aus
ärmeren europäischen Ländern werden in der Rückschau als gelöst
oder lösbar erscheinen. Demgegenüber ist die Migration aus dem
nahen Osten und Afrika in ihrer Dynamik nur zu lösen, wenn die
„reichen“ Staaten des Nordens ihrer Verantwortung für den lange
von ihnen wirtschaftlich ausgebeuteten Süden besser gerecht werden.
Das gleiche gilt für das Verhältnis der reichen nordamerikanischen
Staaten zu den lateinischen Staaten in Mittel- und Südamerika. Das
ist leichter gesagt als getan. Aber unbestritten reichen die bisher
aufgewandten Mittel der Entwicklungshilfe bei weitem nicht aus, will
man die Probleme vor Ort wirksam angehen. Sicher müssen die Gelder
der Entwicklungshilfe auch effizienter eingesetzt und kontrolliert
werden. Und nicht zuletzt müssen neue Handelsregeln vereinbart
werden, damit nicht durch billige Exporte aus Europa die Wirtschaft
vor Ort in den Entwicklungsländern ruiniert wird. Wenn dies nicht
geschieht, wird sich zwangsläufig der Druck auf die Festung Europa
noch weiter verstärken. Nicht zuletzt deshalb ist es erforderlich,
die Fakten besser zu kennen und sich damit auseinander zu setzen.
4. Integration
4.1 Definition – Was ist Integration?
Integration
ist die Eingliederung von Migranten (Fremdnationalen, Minderheiten)
in den Gesamtzusammenhang eines offenen und pluralen
gesellschaftlichen Systems.[13]
Der
Begriff Integration ist aber nicht so eindeutig, wie vorstehend
formuliert. Man muss sich bewusst machen, dass Integration ein (meist
längerer) Prozess ist, dessen Ablauf von den kulturellen Prägungen
der Migranten, wie auch der politischen Grundhaltung der
Aufnahmeländer abhängt. Integration ist daher ein Oberbegriff, der
zu definieren ist, denn sein Gebrauch impliziert in der
Öffentlichkeit „stets zugleich Bewertungen und Erwartungen, in
welcher Weise und in welche Richtung die Integration von Immigranten
zu verlaufen hat“ (Aumüller 2009). Oft wird der Begriff verwendet,
wenn eigentlich Assimilation gemeint ist.[14]
Wie
diffus der Begriff Integration benutzt wird, zeigt z.
B. die
bekannte Rede des türkische Ministerpräsidenten Erdogan bei einer
Kundgebung am 10. 2. 2008 in Köln. Dabei rief er seine
Landsleute in Europa auf, weiterhin ihre türkische Kultur zu
bewahren und sich keiner Assimilation zu unterwerfen, denn diese sei
ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In der gleichen Rede
forderte er aber auch, dass türkische Kinder schon im frühen Alter,
noch vor dem Schulbesuch, beginnen sollten, die Sprache des
jeweiligen Aufnahmelandes zu erlernen, um nicht in eine Situation der
Benachteiligung zu fallen.[15]
Damit
hat er jedoch gleichzeitig – wenn auch ungewollt – zur
Integration in die Gesellschaft des Aufnahmelandes aufgerufen, denn
die Beherrschung der Sprache und gleichberechtigte Teilnahme am
Arbeitsleben sind wichtige Voraussetzungen zur Integration, wie wir
nachstehend sehen.
4.2 Systemintegration und Sozialintegration
Hartmut
Esser gilt als einer der führenden deutschsprachigen Soziologen, der
sich intensiv mit dem Thema Integration beschäftigt hat.[16]
Esser
übernimmt eine These des britischen Soziologen David Lockwood die
klarstellt, dass
zwei
verschiedene Sichtweisen des Integrationsbegriffes zu unterscheiden
sind, die, wenn man sie nicht auseinander hält, leicht zu
Verwirrungen führen können. Denn man kann bei der Erörterung der
Integration den Blick vornehmlich auf das gesamte System der
Gesellschaft richten, oder aber auf die einzelnen Akteure
beziehungsweise einzelne Gruppen.
Daraus
resultiert die Unterscheidung von Systemintegration
und von Sozialintegration.
4.21 Systemintegration
Die
Systemintegration bezieht sich auf die Integration in
das
System einer Gesellschaft als Ganzheit. Dabei wird der
Integrationsbegriff nicht mehr nur einseitig auf Migranten und deren
Nachkommen bezogen, sondern auf die gesamte Gesellschaft ausgeweitet.
Integration wird dabei auch zur Aufgabe der gesamten Bevölkerung,
für die der Staat die Strukturen bereitstellen muss.
Ziel
ist es, das politische System zu einer Strukturveränderung zu
führen, die Diskriminierung und gesellschaftliche Ungleichheit
überwindet und dadurch den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.
Die Migrationsforscher Klaus J. Bade und Michael Bommes haben bereits
2004 für den damaligen Zuwanderungsrat Integration folgendes
definiert: Integration ist die messbare Teilhabe aller an den
zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, das heißt an
Erziehung, Bildung, Ausbildung, Arbeitsmarkt, Recht, Sozialem bis hin
zur politischen Partizipation.[17]
Bei
der Systemintegration hat zunächst vor allem der Staat eine
Bringschuld. Er muss den gesetzlichen Rahmen schaffen und auch die
nötigen Mittel bereitstellen, dass eine gleichberechtigte Teilhabe
der Migranten am gesellschaftlichen Leben möglich ist. Er fordert
aber auch die aufnehmende Gesellschaft heraus, die
Integration immer noch vor allem als Anpassung von Migranten
versteht.
Dies hängt in Deutschland vor allem damit zusammen, dass man bis zur
Jahrtausendwende nicht akzeptieren wollte, dass Deutschland zum
Einwanderungsland wurde. Es hängt auch mit der deutschen
Betrachtungsweise zusammen, dass man Deutscher nur sein, aber nicht
werden könne. Auch die Ansicht, dass Migranten nur Gastarbeiter auf
Zeit sind, hat sich sehr lange in deutschen Köpfen festgesetzt.
Durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 2000 hat
der deutsche Staat hier einen Paradigmenwechsel vollzogen, der in
weiten Teilen der Bevölkerung jedoch noch nicht angekommen ist.[18]
(siehe
weiter unten unter Assimilation und Multikulturalismus)
4.22 Sozialintegration
Meist
ist im Zusammenhang mit der „Integration“ von Migranten und
fremdethnischen Gruppen die Sozialintegration gemeint: Der Einbezug
der Akteure in das gesellschaftliche Geschehen, etwa in Form der
Gewährung von Rechten, des Erwerbs von Sprachkenntnissen, der
Beteiligung am Bildungssystem und am Arbeitsmarkt, der Entstehung
sozialer Akzeptanz, der Aufnahme von interethnischen Kontakten und
Freundschaften, der Beteiligung am öffentlichen und am politischen
Leben und auch der emotionalen Identifikation mit dem Aufnahmeland.
Hartmut Esser unterscheidet bei der Sozialintegration der Akteure
vier Dimensionen: Kulturation, Plazierung, Interaktion und
Identifikation, wobei die Identifikation in unterschiedlichen Graden
der „Hingabe“ an das soziale System vorkommt. Im einzelnen
versteht Esser darunter:
Kulturation:
Erwerb von Wissen,
Kompetenz und Humankapital – Voraussetzung = Erwerb von
Sprachkompetenz
Plazierung:
gewährte
Rechte in Anspruch nehmen, Positionen besetzen, Akzeptanz erfahren,
ökonomisches, institutionelles oder politisches Kapital entwickeln
Interaktion:
Netzwerke
entwickeln, Positionen besetzen und dabei Anerkennung erfahren,
kulturelle und soziale Kompetenz entwickeln, z. B. in Sportvereinen,
im kulturellen Bereich u. a.
Identifikation:
Werte des
Aufnahmelandes anerkennen und dafür einstehen, Bürgersinn
entwickeln, negative Fakten hinnehmen. Identifikation mit der
politischen Gemeinschaft, mit den politischen Werten ihrer
Verfassung, Rechtsordnung und den politischen Institutionen.
Eine
wichtige Voraussetzung dafür ist die Einbettung in eine
als erfreulich erlebte und auch sonst interessante soziale Umgebung.
Dazu aber kann es nur kommen, wenn die erforderlichen kulturellen
Fertigkeiten, insbesondere sprachlicher Art, beherrscht werden und
wenn die entsprechenden Kontakte auch von den möglichen Partnern als
interessant erlebt werden können.[19]
Oft
wird der Begriff Sozialintegration verwendet, wenn eigentlich
Assimilation gemeint ist. In einem Rechtsstaat ist vollständige
(Sozial-) Integration jedoch auch ohne vollständige Assimilation
durchaus möglich. Gemeint ist der Zustand einer Gesellschaft mit
einem möglichst geringen Grad an gesellschaftlichen Konflikten, in
einem Staat, in dem die Einhaltung der Menschenrechte gesichert ist
und allen Bürgern die gleichen Chancen auf gesellschaftliche
Teilhabe gewährleistet werden. In einem solchen Rechtsstaat muss
kein Bürger - auch keine soziale, ethnische oder religiöse Gruppe
(Minderheit) - Diskriminierungen befürchten und jeder Migrant wird
als gleichberechtigter Bürger in der Aufnahmegesellschaft
akzeptiert. Wer allerdings die Verfassungs- und Rechtsnormen dieses
Staates verletzt (z.B. als fundamentalistischer Terrorist), den muss
auch die Bestrafung des Rechtsstaates in vollem Umfang treffen. Eine
besondere Identität (ethnischer oder religiöser Art) wird jedoch
von allen Teilen der Gesellschaft (zumindest der großen Mehrheit)
respektiert und sogar von vielen als Bereicherung empfunden. (siehe
weiter unten unter Assimilation und Multikulturalismus)
4.3 Assimilation oder multiethnische Gesellschaft?
In
den „klassischen“ Einwanderungsländern, wie die USA, Australien,
Israel und zunächst auch Kanada, war lange Zeit das Konzept der
Assimilation selbstverständlich. Vorstellungen eines
multikulturellen Nebeneinanders der Gruppen waren allenfalls als
Übergangsstadien gedacht. Inzwischen hat aber auch in diesen Ländern
ein Umdenken stattgefunden, auch wenn immer wieder um Lösungen
politisch gerungen wird. In Deutschland und Westeuropa war bis in
die 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts Konsens, dass sich Zuwanderer
nicht nur sozialökonomisch, sondern auch kulturell und religiös
weitgehend an die Wertvorstellungen und Verhaltensnormen der
Mehrheitsgesellschaft anzupassen haben. In Westeuropa ist die
Assimilation – historisch betrachtet – der erprobte und
gewissermaßen „erwartete“ Fall. Erst in den letzten Jahrzehnten
ist die Erkenntnis gewachsen, dass erhebliche Konflikte entstehen,
wenn man nicht unterscheidet zwischen sozial-ökonomischen Formen der
Anpassung, die notwendig +und kulturell-religiösen Prägungen,
die zu tolerieren sind.
Will
man systematische und dauerhafte Konflikte zwischen den verschiedenen
Gruppen einer Gesellschaft vermeiden, kommt als vertretbares Konzept
der Beziehungen zwischen Migranten und Einheimischen wohl nur die
Systemintegration in Frage. Dann muss man aber entscheiden, ob dies
unter ethnischer Heterogenität oder Homogenität geschehen soll oder
wird. Es ist die Frage nach einer Integrationspolitik, die entweder
am Konzept der Assimilation festhält oder an dem einer
multiethnischen Gesellschaft orientiert ist. Die Bedingungen der
Systemintegration sind im vorhergehenden Abschnitt beschrieben, sie
umfassen vor allem: das Erlernen und die Verwendung der Landessprache
in der Öffentlichkeit, das Recht und die Pflicht zur schulischen
Ausbildung, das Erlernen gängiger Berufe und deren Ausübung, die
weitgehende Übernahme landesüblicher Umgangsformen und darüber
hinaus die Übernahme von Bildungs- und Wohlstandsidealen sowie in
der Folge eine zunehmende Identifikation mit dem Aufnahmeland. [20]
Daher
ist es notwendig sich mit beiden Konzepten näher auseinander zu
setzen und vor allem zu fragen, ob sie in ihrer ursprünglich
gedachten Form heute überhaupt noch umsetzbar sind.
4.31 Assimilation
Assimilation
bezeichnet in der Soziologie
das Einander-Angleichen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen (bis
hin zur Verschmelzung) und ist demnach ein Prozess
des Kulturwandels.[21]
Der Begriff kommt von lateinisch: ähnlich machen und ist zumeist
ein von selbst erfolgender, häufig mit staatlichen Mitteln
geförderter, oft auch gewaltsam erzwungener Prozess der Aufnahme von
(rassischen, sprachlichen, konfessionellen) Minderheiten in eine
bisher fremde Mehrheit.[22]
Sie
bedeutet eine einseitige
Anpassung einer Minderheit an ihr soziales Umfeld und
im weiteren Verlauf ein Aufgehen
in der Mehrheit durch biologische Vermischung.
Nach
Hartmut Esser ist der Begriff Assimilation nicht eindeutig und wirft
viele Fragen auf. Denn im Gegensatz zu der Situation in den frühen
Einwanderungsstaaten (Nordamerika, Australien) haben wir in Europa
in langen geschichtlichen Prozessen gewachsene
Gesellschaftsstrukturen. Die Mehrheitsgesellschaft zeigt hier
Abwehrreaktionen, zum Teil aus Angst vor Wettbewerb um Arbeitsplätze
mit der zugewanderten Gruppe, zum Teil aber auch aus diffusen Ängsten
vor dem Ansteigen der Kriminalitätsrate und einer Überfremdung. Von
Einzelpersonen und relativ kleinen Zuwanderergruppen wird diese
Haltung der Aufnahmegesellschaft in der Regel akzeptiert, da für sie
trotzdem eine Verbesserung zu der Situation im Herkunftsland
empfunden wird und sich kleine Gruppen oder Einzelpersonen von
Migranten relativ machtlos fühlen. Eine solche Situation
beschleunigt natürlich die Assimilation. Bei größeren
Migrantengruppen führt die Abwehrreaktion der Mehrheitsgesellschaft
jedoch dazu, dass sich Migranten gleicher ethnischer oder religiöser
Zugehörigkeit in Vereinen, Organisationen und vor allem religiösen
Zentren zusammenfinden. Dabei betonen sie häufig ihr ethnisches oder
religiöses Anderssein mehr, als in ihrem Heimatland oder kurz nach
der Ankunft im Aufnahmeland. Das führt wiederum zu einer erhöhten
Sichtbarkeit der migrantischen Gruppe, was zu einer verstärkten
sozialen Differenzierung führt. Dies beobachten wir z. Zt. In
Deutschland bei vielen Türken bzw. Deutschtürken der zweiten und
dritten Generation.
Assimilation
kann hier – wenn überhaupt – nur in sehr langen Prozessen über
mehrere Generationen erfolgen. Eine Beschleunigung kann jedoch durch
bessere Bildung, Teilhabe und Anerkennung in Organisationen der
Mehrheitsgesellschaft oder auch bei Heirat mit einem Partner des
Aufnahmelandes und die folgende Familien-Integration erfolgen.
Das
Konzept der Assimilation steht zum Begriff der Integration in einem
besonderen Verhältnis. Oft werden beide Begriffe gleich gesetzt, was
jedoch nicht zutrifft. Integration im Sinne der oben beschriebenen
Sozialintegration bedeutet eben nicht die spurenlose „Assimilation“
von Migranten und ethnischen Minderheiten.
Mit
der Unterscheidung der vier Dimensionen der Sozialintegration laut
Esser: Kulturation, Plazierung, Interaktion und Identifikation,
lassen sich auch die vier Dimensionen der Assimilation
auseinanderhalten. Dies sind die kulturelle, strukturelle, soziale
und Identifikations-Assimilation. Die kulturelle Assimilation
bedeutet die Angleichung im Wissen und in den Fertigkeiten,
insbesondere in der Sprache; die strukturelle Assimilation die
Besetzung von Positionen in den verschiedenen Funktionssystemen, etwa
im Bildungsbereich und vor allem auf dem Arbeitsmarkt, sowie die
Inanspruchnahme bestimmter Rechte; die soziale Assimilation die
Angleichung in der sozialen Akzeptanz und in den Beziehungsmustern,
etwa im Heiratsverhalten; und die emotionale (oder „identifikative“)
Assimilation, die Angleichung in der gefühlsmäßigen Identifikation
mit der Aufnahmegesellschaft.
Bei
der Betrachtung der Assimilationstheorien kommt man an dem
amerikanischen Soziologen Milton
M. Gordon nicht vorbei, der 1964 seine Theorie der Kulturellen
und strukturellen Assimilation aufstellte.
Obwohl
Gordon vom amerikanischen Beispiel ausging, ist es ihm gelungen, eine
Theorie zu entwickeln, die sich auf andere Fälle übertragen ließ
und sich in Einzelstudien bewährt hat. Er unterteilte den Prozess
der Assimilation in sieben Stadien, die
in der nachstehenden Tabelle dargestellt werden:
Tabelle
1:
Die sieben Teilprozesse der Assimilation nach Milton M. Gordon
(übernommen
von Petrus
Han in:
Soziologie
der Migration,
Stuttgart: Lucius & Lucius, 2005, S. 58)
Subprozesse
bzw. Bedingungen
|
Teilprozesse
der Assimilation
|
engl.
Bez. nach Milton M. Gordon
|
Wandel
der kulturellen Verhaltensmuster in Richtung auf Angleichung mit der Aufnahmegesellschaft |
Kulturelle oder verhaltens-mäßige Assimilation - Akkulturation | cultural assimilation - acculturation |
Eintritt
in Cliquen, Vereine und Institutionen der Aufnahmegesellschaft auf der Basis der Primärbeziehungen |
Strukturelle Assimilation | structural assimilation |
Entstehen interethnischer Heiratsmuster | eheliche Assimilation | marital assimilation |
Entwicklung des Zugehörigkeitsgefühls zur Aufnahmegesellschaft | Identifikation mit der Mehrheitsbevölkerung | identificational assimilation |
Fehlen von Vorurteilen | Übernahme von Einstellungen | Attitude receptional Assimilation |
Fehlen von Diskriminierungen | Übernahme von Verhaltensweisen | Behavioral receptional Assimilation |
Fehlen von Wertkonflikten und Machtkämpfen | Zivile Assimilation - Assimilation als Voll-Bürger | civic assimilation |
Schließlich
sei noch auf die Assimilationstheorie
von Robert E. Park und Ernest W. Burgess, zwei
amerikanischen Soziologen von der so genannten Chikagoer Schule
hingewiesen. Nach dieser Theorie vollzieht sich die
Assimilation in einem Zyklus von 5 Phasen (Kontakt, Wettbewerb,
Konflikt, soziale Anpassung (Akkomodation), Assimilation.
Entscheidend im Prozess der Assimilation ist die Akkomodationsphase.
Sie bezeichnet die soziale Anpassung, die im Laufe der sozialen
Interaktion als
Erfahrung von
jedem selbst persönlich gesammelt wird. Laut Park und Burgess
bemerken Personen in dieser Phase den langsamen Prozess der
Assimilation nicht bewusst. Die letzte Phase kann schnell oder
weniger schnell erreicht werden, dies ist sehr abhängig von den
ersten sozialen Kontakten, umso intensiver diese zwischen den Gruppen
sind, desto schneller passiert die Assimilation. Die
wichtigste
Voraussetzung dafür ist die Beherrschung einer gemeinsamen Sprache.
Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist Ziel dieser Phase.
Assimilation bedeutet letztlich, man will in der Gegenwart leben und
nicht in der Vergangenheit, nicht in Erinnerungen an die
Herkunftsgesellschaft.[23]
4.32 Multiethnische Gesellschaft
Als
Alternative zur Assimilation wird der Multikulturalismus gesehen bzw.
eine multiethnische oder multikulturelle Gesellschaft. In der
Idealvorstellung bedeutet dies ein friedliches Nebeneinander
ethnisch verschiedener Gruppen in einem gemeinsamen Staat, was sowohl
den Interessen der Migranten entgegenkommt wie auch zu einer
kulturellen Bereicherung der Aufnahmegesellschaft führen wird –
zumal es in diesem Rahmen jedem frei steht, auch den oft mühsamen
Weg der „Assimilation“ dennoch zu gehen, wenn man das für
angeraten ansieht.[16]
Eine
multikulturelle Gesellschaft wurde in der Vergangenheit besonders in
Deutschland und Österreich heftig bekämpft. Dabei wurde aber
übersehen, dass es auch bei uns eine homogen kulturelle
Gesellschaft niemals gab, denken wir nur an die verschiedenen
deutschen Identitäten in Nord und Süd, Ost und West, die
Unterschiede der christlichen Bekenntnisse, die wiederum
unterschiedliche Identitäten hervorgebracht haben. Schließlich gab
es auch in der Vergangenheit immer wieder Zuwanderungsprozesse,
angefangen mit Hugenotten und vor allem im Zeitalter der schnell
wachsenden Industrie und des Bergbaus im Ruhrgebiet. In meinem Post "Polen in Deutschland - Ruhrpolen" habe ich die Integrationsprobleme bei den zugewanderten Ruhrpolen in den Jahrzehnten vor dem 1. Weltkrieg geschildert. Heute werden diese oft als Musterbeispiel der Integration angeführt, was jedoch die tatsächlichen historischen Abläufe völlig verkennt. Demgegenüber kann man jedoch die nach 1950 aus Polen und den ehemaligen deutschen Ostgebieten zugewanderten Migranten mit polnischer Muttersprache als sehr gut in Deutschland integriert bezeichnen.
Tatsächlich sind auch Zuwanderer aus den gleichen Staaten oder Regionen keineswegs immer eine homogene Gruppe. Denken wir in Deutschland z. B. an die Unterschiede zwischen Spätaussiedlern aus Polen und Russland, die in der Fremde ihre deutsche Identität behalten und verteidigt haben und Zuwanderern aus den gleichen Staaten mit polnischer oder russischer Muttersprache und kultureller Bindung.
Eine offensichtliche Differenz besteht zwischen Zuwandern aus dem christlich geprägten Europa und der vom Islam geprägten Türkei und neuerdings den Staaten des nahen und mittleren Ostens, aus Nord- und Zentral-Afrika. Aber auch Zuwanderer aus der Türkei sind keineswegs nur ethnische Türken, sondern auch Kurden, nicht nur sunnitische Muslime, sondern auch Aleviten.(siehe dazu die Ausführungen unter nachstehenden Punkten 5.31 und 5.32)
Tatsächlich sind auch Zuwanderer aus den gleichen Staaten oder Regionen keineswegs immer eine homogene Gruppe. Denken wir in Deutschland z. B. an die Unterschiede zwischen Spätaussiedlern aus Polen und Russland, die in der Fremde ihre deutsche Identität behalten und verteidigt haben und Zuwanderern aus den gleichen Staaten mit polnischer oder russischer Muttersprache und kultureller Bindung.
Eine offensichtliche Differenz besteht zwischen Zuwandern aus dem christlich geprägten Europa und der vom Islam geprägten Türkei und neuerdings den Staaten des nahen und mittleren Ostens, aus Nord- und Zentral-Afrika. Aber auch Zuwanderer aus der Türkei sind keineswegs nur ethnische Türken, sondern auch Kurden, nicht nur sunnitische Muslime, sondern auch Aleviten.(siehe dazu die Ausführungen unter nachstehenden Punkten 5.31 und 5.32)
Auch
der Aspekt der Bereicherung einer Gesellschaft durch Zuwanderung wird
oft nicht gesehen. Denken wir nur daran, dass wir Deutschen heute
eine völlig andere, vielfältigere Esskultur haben als noch vor
einigen Jahrzehnten, dass wir gerne zum Italiener, Griechen, Kroaten
usw. zum Essen gehen und Döner ebenso geschätzt werden, wie Gyros,
Pizza, Tappas, Espresso und südeuropäische Weine.
Befürchtet
werden bei der
Zuwanderung größerer
Migrantengruppen
die Entstehung von Parallelgesellschaften, wie
sie sich vor allem in den s. g. „Arrival
Cities“ zeigen.
Gemeint sind damit die Ankunftsorte, wo sich die Migranten ansiedeln,
weil dort bereits Landsleute ansässig sind, die Hilfestellung bei
Sprachschwierigkeiten, Behördengängen und der Wohnungssuche geben
können und so den Start in eine neue
Zukunft unterstützen. Diese Ankunftsorte sind häufig Stadtviertel,
in
denen der Wohnraum preiswert ist,
die aber
als
Problemviertel gelten und deshalb in die Schlagzeilen der Presse geraten.
Doch der weltweit anerkannte Migrationsexperte, der Kanadier Doug
Saunders macht Mut. Seine Recherche zur Migration in Europa zeigt,
dass Einwanderung immer auch große Chancen für Zuwanderer und
Einwohner birgt – vorausgesetzt, die Migranten finden dort
Bedingungen vor, die es ihnen ermöglichen, selbst aktiv zu werden,
Bürgerrechte, Bildungschancen und soziale Aufstiegschancen
wahrzunehmen.
Wenn die Ankunftsorte zumindest der zweiten Generation diesen
Aufstieg durch erworbene Bildung und Ausbildung, die Möglichkeit der Existenzgründungen, beginnend mit Kleinunternehmen,
ermöglichen, dann entwickeln sich diese Stadtviertel häufig zu angesagten
Szenevierteln und beliebten Wohngegenden für die Mittelschicht. Als
Beispiel nennt er Berlin-Kreuzberg.[24]
Wenn
die vorgenannten Voraussetzungen allerdings nicht vorhanden sind bzw.
von Staat und Gesellschaft nicht
oder nur unzureichend gewährt
werden, können diese Ankunftsorte auch zu dauernden Problemvierteln
werden, wie z. B. die Vororte bzw. Trabantenstädte im
Umfeld von Paris, wo bis zu 50% Jugendarbeitslosigkeit herrscht und
Jugendliche ohne Perspektive dann auch zu
Gewalt und Krawallen
neigen
– häufig ein Notruf !
Dann
kann es in solchen Vierteln zur sogenannten Segmentation
kommen, d. h. zur
Ausbildung
ethnischer Gemeinden und Kolonien. Diese erschweren oder verhindern
die strukturelle Sozialintegration bzw. die strukturelle Assimilation
der Migranten. Segmentation
findet aber auch über „Arrival
Cities“ hinaus statt, denn früher oder später erfolgt die
Organisation ethnisch oder religiös gleicher Migranten in Vereinen
und Organisationen verschiedenster Art (z. B. religiöse
Kultstätten, Sportvereine,
Volkstanzgruppen, Büchereien u. a., später
auch Dachorganisationen mit dem Anspruch ethnische oder religiöse
Gruppen im Aufnahmeland zu vertreten).
Die Bildung religiöser Organisationen mit entsprechenden Räumen zur
Ausübung religiöser Kulte, aber
auch als Treffpunkt zum Austausch von Erfahrungen und Meinungen,
sind dabei von besonderer Bedeutung, weil sie im Unterschied zu
anderen Organisationsformen ein
größeres Beharrungsvermögen haben und auf Dauer angelegt sind.
Segmentation
kann für Migranten der ersten Generation bedeutsam
sein,
weil
sie in ethnischen Gemeinden Entlastung von dem Druck der
Migrationssituation finden, da diese sie auffangen und ihnen eine
vertraute Umgebung und Schutz vor belastenden Alltagssituationen im
Aufnahmeland bieten können. Doch mit zunehmender Größe und
Vielfalt der ethnischen Gemeinde kann es zu einer institutionellen
Vollständigkeit kommen, die die Segmentation dauerhaft verfestigt.
Wenn sich der gesamte Alltag in der ethnischen Gemeinde abspielt und
bewerkstelligen lässt, gibt es für Migranten kaum Anlass, sich in
die Aufnahmegesellschaft sozial zu integrieren. Auch
ist in derartigen von einer Migrantengruppe geprägten Stadtteilen
die soziale Kontrolle größer, ähnlich der Situation in vielen
deutschen Dörfern
noch
vor wenigen
Jahrzehnten. (Wer geht zur Kirche bzw. in die Moschee? Welche Frau
trägt kein Kopftuch? Wer nimmt es mit dem Fasten nicht so genau?)
Dieser
Teufelskreis kann
nur durchbrochen
werden, wenn
der Staat
ein gutes Angebot vorschulischer und schulischer Bildung,
aber auch der Erwachsenenbildung anbietet
und sich dadurch die Chancen von Männern und Frauen auf dem
Arbeitsmarkt verbessern. Aber auch Angebote zur
sportlichen und musischen Betätigung durch die jeweilige
Kommune, durch
örtliche Vereine
und die
örtliche Zivilgesellschaft
helfen
Migranten und Migrantinnen sich besser zu integrieren.
4.33 Mischformen und Übergangsstufen zwischen
Multiethnischer Gesellschaft und Assimilation - neue
Minderheiten
Aus
den Grenzregionen des deutschen Volkes kennen wir den Begriff des
„schwebenden Volkstums“ (z. B. in Oberschlesien, im Elsass und
Lothringen, in Südkärnten – siehe dazu meinen Post Volk,Nation, Staat – Definition der Begriffe
).
Eine ähnliche Situation finden wir auch bei Migranten, insbesondere
bei der 2. und 3. Generation. In
Deutschland kennen wir dazu viele Beispiele, z. B. bei jungen
Deutschtürken, aber auch bei Spätaussiedlern aus Russland. Sehr
schöne Beispiele bringt dazu das Jugendmagazin „Fluter“ der
Bundeszentrale für politische Bildung – bpb -Heft Nr. 61 / Winter
2016-2017. Einem
jungen Russlanddeutsche wird seine deutsche Identität bewusst, als er bei einer Zugfahrt durch Russland erfährt,
wie man Ihn als Deutschen bezeichnet und für deutsche Politik
verantwortlich macht.
Deshalb
kann
ich dem bekannten Migrations- und Integrationsforscher Klaus J. Bade
nur zustimmen, wenn er schreibt: „Es gibt bei Fragen der
Integration keine maßgeschneiderten Lehren der Geschichte. Die
Integrationsgeschichte ist kein Steinbruch mit passgerechten
Antwortblöcken für Fragen der Gegenwart, aber sie lehrt das Gebot
der Geduld. Man sollte lernen, heute laufende Integrationsprozesse
...als lange dauernden, mitunter intergenerativen Kultur- und
Sozialisationsprozess zu verstehen.[25]
Ich
möchte
daher
zwei
weitere Begriffe meines schon
erwähnten
Posts Volk,Nation, Staat – Definition der Begriffe
aufgreifen: Staatsnation
und Kulturnation,
denn
ich glaube, wir sollten auch über einen neuen Inhalt dieser heute
etwas außer Mode gekommenen Begriffe nachdenken. Statt
dieser Begriffe kann man auch unterscheiden zwischen loyalen Bürgern
eines Staates (einer Staatsnation) und Angehörigen einer Sprach- und
Kulturgemeinschaft (Kulturnation).
Ein
Migrant aus der Türkei, vom Balkan, aus dem nahen Osten oder aus
Schwarzafrika wird sich möglicherweise im laufe seines Lebens soweit
integrieren, dass er ein bewusster deutscher (oder französischer u.
a.) Staatsbürger wird, die Sprache seines Aufnahmelandes
befriedigend bis gut beherrscht und sich mit diesem weitgehend
identifiziert. Er wird dennoch niemals ein ethnischer Deutscher, der
mit der deutschen Kultur und Lebensart voll verwachsen ist. Etwas
anders sieht es bereits bei der nachfolgenden Generation aus. Hier
haben es Zuwanderer aus Europa wesentlich leichter, sich zu
integrierenoder sogar zu assimilieren, als außereuropäische Migranten mit anderer Religion,
anderen Wertvorstellungen und anderen Lebensgewohnheiten. Die
Familienbindung und evtl. auch die Wohnsituation (s.o. Segmentation)
verzögern dann die Integration – möglicherweise sogar auf Dauer.
Zur Klarstellung möchte ich aber ausdrücklich betonen, dass ich
nicht der Meinung bin, den früher gebrauchten Rassebegriff als
Identitätsfaktor neu zu beleben. Im Gegenteil: Das Kind eines
Schwarzafrikaners und einer deutschen Mutter, das in einer deutschen
Umgebung aufwächst und Deutsch als Muttersprache spricht ist für
mich ethnisch deutsch. Die Hautfarbe ist kein Unterscheidungsmerkmal
mehr, von dieser überholten Vorstellung müssen wir uns
verabschieden. Die besonderen Merkmale des deutschen Volkes habe ich in meinen Posts Das Deutsche Volk in Europa und die Deutsche Sprache beschrieben.
Bisher
haben wir den Begriff Kulturnation im deutschen und osteuropäischen
Raum stets so verstanden, dass damit zum einen die
in den
deutschen (oder z. B. ungarischen) Staaten lebenden Bürger und die
außerhalb dieser Staaten lebenden deutschen (oder z.B. ungarischen)
Minderheiten gemeint
waren.
Zwar gab und gibt es auch in Deutschland (Ungarn) Minderheiten, die
also nicht zur deutschen (oder anderen) Kulturnation gehören. Deren
Größe war aber nicht so dominant, dass sie das Bild von
einer weitgehend geschlossenen Zugehörigkeit
zur
(deutschen)
Kulturnation störten, zumal sich z. B. die Sorben in Deutschland
auch der deutschen Kultur verbunden fühlen.
Die
neue Situation in Europa mit vielen Zuwanderergruppen führt mich zu
der Erkenntnis, dass der Begriff Kulturnation bzw. Sprach- und
Kulturgemeinschaft nun grenzenlos gedacht werden muss. Das
bedeutet in der Praxis, dass auf dem Boden eines Staates (einer
Staats-Nation) durchaus mehrere Kulturnationen leben können. In
multiethnischen Staaten (wie Belgien oder der Schweiz) war dies
bisher schon Realität, aber in anderen Staaten (besonders Frankreich
und Großbritannien) ging man stets davon aus, dass
jeder
französische
Bürger (Citoyen) ein
Franzose
war,
auch
wenn er einer ethnischen
Minderheit (Bretonen, Korsen, Elsässer usw.) angehörte.
Inzwischen
toleriert man in Frankreich – wenn auch ohne rechtlich deutliche
Konsequenzen die Existenz dieser besonderen Ethnien und hat dazu eine
großen Anteil an Migranten (vor
allem aus früheren Kolonien)
mit eigener Identität. Umgekehrt
fühlt man auch in Frankreich eine starke emotionale Bindung an
ethnische
Franzosen in der Wallonie, in der Welsch-Schweiz oder in Quebec.
Die
Identifikation mit einer Kulturnation, einer Sprach- und
Kulturgemeinschaft, ist stets ein individueller und
über Staatsgrenzen hinaus gehender
Akt, der
zu akzeptieren ist, er
darf vom jeweiligen Staat nicht hinterfragt, bestritten
oder nachgeprüft
werden. Die Organisation in entsprechenden Kultur-Organisationen darf nicht unterbunden, sondern muss vom Staat sogar gefördert werden. Diese Auslegung der nationalen Identität wurde in einer
Vereinbarung zwischen der BR Deutschland und dem dänischen Staat
hinsichtlich des Schutzes der beiderseitigen Minderheiten
festgeschrieben und kann als Musterbeispiel einer gelungenen
Minderheitenpolitik gelten. (siehe dazu meine Posts 2.052Die dänische Volksgruppe in Südschleswig
und 2,01.10 Deutsche Nordschleswiger).
Das
Bekenntnis zu einer anderen Ethnie oder Kulturgemeinschaft, die
Mitgliedschaft
in deren Vereinen und
Organisationen oder die
Teilnahme an
religiösen Kulten
muss demnach nicht nur gestattet, sondern vom Staat ausdrücklich
geschützt werden. Dieser Rechtsstaat kann dann aber auch
eine loyale Haltung und Respektierung seiner gesetzlichen Grundlagen
einfordern.
Die Erkenntnisse führen zwangsläufig zu der Frage "Wann werden aus Migrantengruppen neue Minderheiten?" Bisher machen die eurpäischen Staaten und Institutionen (wie der Europarat und die EU) noch den Unteschied zwischen autochthonen und allochthonen Minderheiten, also
Alteingesessenen (wie z. B. Sorben und Friesen in Deutschland) und Migranten der letzten Jahrzehnte (wie z. B. Türken und Kurden in Deutschland). Wann wird aus letztgenannten eine neue Minderheit? Zweifellos kann man Migrantengruppen, die sich zwar in das System ihrer neuen Heimat eingegliedert haben, aber ihre besondere kulturelle Eigenheit weiter pflegen möchten, den Status einer anerkannten Minderheit auf Dauer nicht verweigern.In Schweden und Ungarn gibt es dazu einen pragmatischen Ansatz, den man ernsthaft bedenken sollte. Dort kann eine solche Migrantengruppe den Status einer nationalen Minderheit mit allen dazu gehörenden Rechten und Pflichten erhalten, wenn diese mehr als 100 Jahre im Lande gelebt hat und an einer eigenständigen Identität festhalten möchte. [25a]
Die Erkenntnisse führen zwangsläufig zu der Frage "Wann werden aus Migrantengruppen neue Minderheiten?" Bisher machen die eurpäischen Staaten und Institutionen (wie der Europarat und die EU) noch den Unteschied zwischen autochthonen und allochthonen Minderheiten, also
Alteingesessenen (wie z. B. Sorben und Friesen in Deutschland) und Migranten der letzten Jahrzehnte (wie z. B. Türken und Kurden in Deutschland). Wann wird aus letztgenannten eine neue Minderheit? Zweifellos kann man Migrantengruppen, die sich zwar in das System ihrer neuen Heimat eingegliedert haben, aber ihre besondere kulturelle Eigenheit weiter pflegen möchten, den Status einer anerkannten Minderheit auf Dauer nicht verweigern.In Schweden und Ungarn gibt es dazu einen pragmatischen Ansatz, den man ernsthaft bedenken sollte. Dort kann eine solche Migrantengruppe den Status einer nationalen Minderheit mit allen dazu gehörenden Rechten und Pflichten erhalten, wenn diese mehr als 100 Jahre im Lande gelebt hat und an einer eigenständigen Identität festhalten möchte. [25a]
5. Besondere Integrationsprobleme in Deutschland
5.1 Staatsangehörigkeit und Gastarbeiter
Bis
zum 1. 1. 2000 galt in Deutschland ein Staatsangehörigkeitsgesetz,
das auf der Basis des Abstammungsprinzips (jus sanguinis) beruhte. Es
ging von der Fiktion einer einheitlichen deutschen Leitkultur aus und
der weiteren Fiktion, dass Deutsche von deutschen Eltern abstammen
(dabei wurde der Begriff deutsch allerdings schon sehr weit gefasst,
d. h. abweichend
vom Territorium des deutschen Staates (oder deutscher Staaten) galten
auch Volksdeutsche in diesem Sinne als Deutsche, ebenso deutsche
Staatsbürger innerhalb der Grenzen des deutschen Reiches oder der
Bundesrepublik (z. B. Elsässer vor 1918, heute
Sorben,
Friesen, Sinti und Roma, Slowenen in Kärnten u. a.). Alle
deutschen Staaten hatten
zudem schon immer eine
sehr vielfältige,
unterschiedlich
ausgeprägte Kultur, die sowohl von der Religion/Konfession als auch
der landsmannschaftlichen Prägung
bestimmt
war. Selbst die von Völkischen und Nazis ausgegrenzten deutschen
Juden vor 1933 waren in ihrer übergroßen Mehrheit Teil des
deutschen Volkes und der deutschen Kultur, sie wollten deutsch sein
wie alle anderen Deutschen, ausgenommen ihrer Religion. Deshalb hat
der Politikwissenschaftler
Volker Heins von der
Universität Bochum zu
Recht festgestellt: "Es
gibt keine monokulturellen Gesellschaften, es hat sie in der
Weltgeschichte noch nie gegeben, der Nationalstaat des 19. und 20.
Jahrhunderts hat uns sozusagen vorgetäuscht, dass es so etwas gibt
wie eine Leitkultur, an der sich alle ausrichten."
Dennoch
hat man an dieser Fiktion lange festgehalten. Darauf beruht das lange
Festhalten
am Prinzip „Gastarbeiter“. Sowohl
die Politik aber
auch die Betroffenen gingen lange Zeit davon aus, dass „die
Gastarbeiter“ der ersten Generation nach einigen Jahren, spätestens
jedoch nach Erreichen des Rentenalters in ihre Herkunftsländer
zurückkehren würden. Als man seit Anfang der 80er Jahre
feststellte, dass
sich diese Erwartung nicht erfüllte,
setzte die Politik noch eine Zeitlang
auf freiwillige Rückkehranreize – ohne eine grundlegende Änderung
der Situation
zu bewirken.[26]
Dass
es so etwas wie die »Einheit der Verschiedenen« geben könnte, war
den
Deutschen unheimlich und
dieses Gefühl ist leider bei vielen immer noch vorhanden.
Interessanterweise ist es besonders dort ausgeprägt, wo es sehr
wenige Migranten gibt und deshalb auch kaum Kontakte zu
ihnen,
wie in weiten Bereichen der ostdeutschen Bundesländer aber
auch im
Westen Deutschlands, vor allem in den ländlichen Räumen.
Dass
Gastarbeiter nicht in ihre Heimat zurückkehrten,
verdeutlicht
z.
B.
die
Tatsache, dass
76,9%
der Personen mit türkischem Migrationshintergrund mindestens seit 20
Jahren, teilweise seit 40 Jahren in Deutschland leben. Ähnlich
verhält es sich bei den „Gastarbeitern“ aus Italien, Kroatien
und Griechenland.
5.2 Struktur der Migranten in Deutschland – Menschen mit Migrationshintergrund
Deshalb
ist es sicher hilfreich, wenn wir uns in Deutschland bewusst
machen, dass im Jahre 2015 von den 81,4 Millionen Einwohnern der
Bundesrepublik 17,1
Millionen (= ca. 21%)
Personen einen Migrationshintergrund im engeren Sinne hatten. Das
Statistische Bundesamt definiert dabei Menschen mit
Migrationshintergrund folgendermaßen: „Eine Person hat einen
Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil
die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt.“
Diese Definition umfasst zugewanderte und nicht zugewanderte
Ausländer, zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte,
(Spät-)Aussiedler sowie die als Deutsche geborenen Nachkommen dieser
Gruppen.
Ende
2015 lebten insgesamt etwa 9,11 Millionen Menschen mit einer
ausländischen Staatsangehörigkeit in Deutschland, davon stellten
Staatsangehörige aus der Türkei mit 1,51 Millionen Personen
(=16,5%)
die
größte ausländische Personengruppe. Die Zahl der türkischen
Staatsangehörigen sank damit im Vergleich zum Vorjahr um etwa 21.000
Personen. Bereits in den Vorjahren war jeweils ein Rückgang der
türkischen Staatsangehörigen zu verzeichnen. Die zweitgrößte
Nationalitätengruppe bildeten die polnischen Staatsangehörigen mit
0,74 Millionen Personen (8,1%), vor Personen aus Italien mit 0,60
Millionen Staatsangehörigen (6,5%). Zu den weiteren quantitativ
bedeutsamen Nationalitätengruppen zählen Staatsangehörige aus
Rumänien mit 453.000 Personen (5,0%) und infolge der starken
Zuwanderung Schutzsuchende aus Syrien (367.000 Personen; 4,0%).
Damit hat Syrien Griechenland (340.000 Personen; 3,7%) 2015 vom
fünften Platz verdrängt. Hinsichtlich
der vergleichsweise hohen Zahl polnischer Zuwanderer ist allerdings
auf die Problematik der Spätaussiedler aus den deutschen Ostgebieten
hinzuweisen, deren Eltern oder Großeltern Deutsche waren und in den
Jahren nach Kriegende nicht geflüchtet sind oder vertrieben wurden.
Insgesamt
wurden seit dem Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechts
(im
Jahre 2000)
1.981.537 Personen in
Deutschland eingebürgert.
Eine
größere Zahl davon konnte jedoch seine bisherige
Staatsangehörigkeit zusätzlich beibehalten (doppelte
Staatsbürgerschaft). Diese wird
grundsätzlich allen Ausländern aus einem anderen Mitgliedstaat der
Europäischen Union und der Schweiz gewährt. Zudem Ausländern, in
denen das Recht der
Herkunftsstaaten ein
Ausscheiden aus deren Staatsangehörigkeit nicht vorsieht oder stets
verweigert.[27]
Wie
wir an Hand der vorstehenden Zahlen sehen, ist Deutschland also
längst ein Einwanderungsland bzw. ein Land mit einer
multikulturellen Gesellschaft. Alte Muster der Identität und des
deutschen Patriotismus treffen daher auf eine große Gruppe unserer
Bürger nicht mehr zu. Nach
der Wiedervereinigung der beiden deutschen Nachkriegsstaaten
entwickelten
daher
Dolf Sternberger und Jürgen Habermas das Konzept des
Verfassungspatriotismus als Antwort auf die besondere
Situation
der Bundesrepublik mit
ihren vielen Zuwanderern.
Sie
plädierten
dabei
für die rationale Identifikation mit den universellen Werten und
Prinzipien des Grundgesetzes als
gemeinsame Basis aller deutschen Staatsbürger,
Nur
diese
Form des Patriotismus sei
in der Lage,
in den
durch
Migration kulturell vielfältiger gewordenen
Nationalstaaten
eine
gemeinsame
Solidarität und kollektive Identifikation zu stiften. Hierüber
gab es in Deutschland lange Debatten, die auch heute noch nicht
beendet sind. Insbesondere wurden die Traditionen und Werte des
christlich-jüdischen Abendlandes (deutsche
Leitkultur)
beschworen, auf die auch Zuwanderer sich einlassen sollten. Diese
Forderungen können aber zwangsläufig von Muslimen, Hindus,
Buddhisten und religiös Ungebundenen kaum akzeptiert werden.
Deshalb neige ich zu der Auffassung von Jörg Lau, dass Leitkultur
und Multikultur nicht mehr als Gegensätze anzusehen sind, vielmehr
sind sie eine
Scheinalternative bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme. Gerade
eine de facto multikulturelle Gesellschaft wie unsere, formuliert
Jörg Lau, braucht eine Leitkultur, aber
eine Leitkultur anderer Art, als bisher gedacht.
Es geht darum, die neue Vielfalt dieses Landes – in kultureller,
ethnischer und religiöser Hinsicht – anzuerkennen und mit ihr
leben zu lernen, ohne dabei in einen Werte-Relativismus
abzugleiten.[28]
5.3 Besondere Migrationsprobleme in Deutschland mit türkischen Migranten und Muslimen
Tatsächlich
ist nicht zu übersehen, dass sich die
Integrationsprobleme in Deutschland vor allem auf muslimische
türkische
und seit
einigen Jahren weitere muslimische
Migranten (aus
Nordafrika, dem Libanon, Syrien, Irak und Afghanistan)
konzentrieren, während
der Integrationsprozess anderer Zuwanderer (Polen, Italiener,
Griechen, Kroaten) deutlich unproblematischer verläuft. Auch die
anfänglichen Schwierigkeiten mit Jugendlichen Russlanddeutschen, die
teilweise nur widerwillig ihren Eltern nach Deutschland gefolgt
sind, sind weitestgehend überwunden.
5.31 Türkische Migranten in Deutschland
Laut Statistischem Bundesamt (Stand Ende 2015) stellen Personen mit türkischem Migrationshinergrund mit knapp 2,9 Millionen die größte Gruppe innerhalb der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Davon sind 1,4 Millionen bzw. 47,8% selbst zugewandert, während 52,2% schon in Deutschland geboren wurden. Andere Quellen sprechen von 3,5 Millionen Menschen mit einem türkischen Migrationshintergrund. Die Zahlen sind z. T. widersprüchlich und berücksichtigen z. B. nicht die Tatsache, dass hierbei stets Kurden und andere Nationalitäten mitgezählt werden, die ihren Ursprung in der Türkei haben.
Es
ist aber leider nicht zu übersehen, dass die Migrationsgruppe aus der Türkei in allen Belangen deutlich weniger in die Bundesrepublik Deutschland
sozial integriert ist als z. B. Italiener, Spanier, Polen oder
Migranten aus Ex-Jugoslawien. Dies gilt auch für die zweite und
folgende Generation, in der es bei den übrigen Europäern eine
weitaus stärkere Tendenz zur Assimilation gibt. Zwar vollzieht sich
das Tempo des Spracherwerbs zwischen den Generationen bei Türken und
den anderen europäischen Migranten ähnlich (wobei man
bei
Türken von einem im Durchschnitt niedrigeren Bildungsniveau
ihrer Eltern ausgehen muss).
Aber für die soziale und die emotionale Assimilation gibt es
deutliche Unterschiede: Die Türken bleiben deutlich eher unter sich, sie sind ihrer Herkunftsgesellschaft auch sehr viel stärker emotional
verbunden als die übrigen Europäer. Einen negativen Aspekt in
diesem Zusammenhang sollte man nicht übersehen, es ist die
Möglichkeit über Satellit ohne Probleme türkisches Fernsehen zu
empfangen, und
bei regelmäßigem Konsum dieser Medien entfernt
man sich ein Stück weit von der deutschen Wirklichkeit und
wird zudem von einem staatlich gelenkten Fernsehen politisch nicht
unbeträchtlich beeinflusst.
So
bleibt die
Segmentation vieler
Türken auch bei Angehörigen
der
zweiten und dritten Generation erhalten, obwohl die sprachlichen Fertigkeiten
hier eine derartige Zurückhaltung nicht erzwingen müsste. [29]
Unterschiedliche
Religion und Wertvorstellungen sind sicherlich das größte
Hindernis. Hinzu kommen – im Verhältnis zur Mehrheitsgesellschaft,
auch aufgrund geringerer Bildung und Ausbildung – häufiger prekäre
Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitslosigkeit, was zur sozialen
Desintegration führt. Dies gilt aber in gleicher Weise –
bei ähnlichen sozialen Verhältnissen -
für ethnisch deutsche Bürger,
wobei gerade der hohe deutsche Lebensstandard und das hohe
Sicherheitsbedürfnis eine Ausgrenzung zumindest im Empfinden der
Betroffenen nach sich zieht. Bei türkischen Bürgern verstärkt dies
ein Beharren in ihren Parallelgesellschaften.
Ein
weiteres Vorurteil in den Köpfen der deutschen Mehrheitsbevölkerung
trägt allerdings auch dazu bei, dass die Integration aller
türkischen Zuwanderer problematisch gesehen wird. Vielen Deutschen
ist gar nicht bewusst, dass es sich bei den Zuwanderern aus der
Türkei um eine sehr heterogene Gruppe handelt, die man nicht
pauschal unter dem Begriff „Türken“ betrachten kann. Sowohl
der Grund der Migration (Arbeitserlaubnis, Studium, Familiennachzug,
Asyl) ist sehr unterschiedlich, aber auch der ethnische und religiöse
Hintergrund. Man
nimmt vor allem die Kopftuch tragende türkische Frau in langen Kleidern wahr und türkische Männer, die im Autokorso türkische Fahnen schwingen. Dagegen sieht man nicht die emanzipierten, selbstbewussten Frauen und Männer, die
im Beruf und in der Freizeit (z.B. beim Sport) anerkannt sind, deutsche Freunde haben und in politischen und
religiösen Fragen eine liberale Haltung einnehmen. Man sieht die
vielen Türken vor den Wahllokalen (meist Konsulaten), die ihr
Stimmrecht als türkische Bürger ausüben, z.B. bei Wahlen des Präsidenten oder des
Parlaments der Türkei und jüngst bei der Abstimmung über eine neue türkische Verfassung mit einer Ausweitung der Kompetenzen des Präsidenten. Man weiß aber kaum, dass nur ca. 1,4 Millionen von bis zu 3,5 Millionen Türkischstämmigen überhaupt bei diesen Wahlen stimmberechtigt waren und dass davon bei der aktuellen Abtimmung über eine Verfassungsänderung nur 48,73% d. h. weniger als 700.000 von ca. 1,4 Millionen der wahlberechtigten Türken in Deutschland an der Abstimmung teilgenommen haben, (WAZ vom 11.4.2017) und dass trotz (oder wegen) des erbitterten nach Deutschland hineingetragenen emotionalen Wahlkampfes Mehr als die Hälfte aller Personen mit türkischem Migrationshintergrund ist also bei Wahlen der Türkei in Deutschland überhaupt nicht abstimmungsberechtigt. Zieht man davon die Minderjährigen ab, verbleibt ein nicht unbeträchtlicher Anteil von Türkischstämmigen, die entweder bereits deutsche Staatsbürger sind oder aus verschiedensten Gründen an Wahlen für Belange der Türkei nicht teilnehmen wollen. Unsere
Presse ist mitverantwortlich für die falsche Einordnung, wenn die
Überschriften lauten: „AKP-Wahlerfolg
-
Türken in Deutschland wählten Erdogan-Partei“ (Spiegel)
oder „Überproportional viele Türken in Deutschland wählten AKP“
(FAZ). Die Ja-Sager für einen mächtigeren Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdigan sind mit 63% der hier abgegebenen Stimmen sehr lautstark als Sieger in Erscheinung getreten und der überwiegende Teil der deutschen Medien hat dazu ebenfalls ein falsches Bild der Lage gezeichnet. (z. B. WAZ vom
18. 4.2017: "Türken im Revier feiern Erdogan") Trotz massiver Propaganda und Einschüchterungen gegenüber Nein-Sagern bedeutet dies doch, dass lediglich ca, 440.000 Wahlberechtigte von ca. 1,4 Millionen (= ca. 30%) für Erdogan gestimmt haben und nur ca 13% aller in Deutschland lebenden Bürger mit einem türkischen Migrationshintergrund.
Dennoch muss man auf Grund der genannten Besonderheiten und Hindernisse leider festzustellen, dass seit etwa 2012 die Verbundenheit der türkischstämmigen Migranten mit Deutschland tendenziell eher abgenommen oder stagniert hat, während die Verbundenheit mit der Türkei tendenziell eher zunahm. Einen nicht unbedeutenden Anteil an dieser Entwicklung hat der türkische Präsident Erdogan mit seiner konservativ-islamistischen AKP. Sie gibt den hier lebenden, sozial nicht anerkannten und in die deutsche Gesellschaft schlecht integrierten Menschen das Gefühl der Anerkennung, man nennt sie "stolze Erben des osmanischen Reiches" und Botschafter der türkischen Tugenden in einer Welt, die die Türkei nicht versteht. Dies drückt sich dann in dem oben erwähnten Wahlverhalten der ca. 440.000 "Ja-Sager" aus. Bei einer besser gelungenen Integration dieser Türkischstämmigen wäre es für den türkischen Präsidenten und seine AKP wahrscheinlich nicht erstrebenswert, um die Wählergunst der Türkeistämmigen in Deutschland zu buhlen. [30]
18. 4.2017: "Türken im Revier feiern Erdogan") Trotz massiver Propaganda und Einschüchterungen gegenüber Nein-Sagern bedeutet dies doch, dass lediglich ca, 440.000 Wahlberechtigte von ca. 1,4 Millionen (= ca. 30%) für Erdogan gestimmt haben und nur ca 13% aller in Deutschland lebenden Bürger mit einem türkischen Migrationshintergrund.
Dennoch muss man auf Grund der genannten Besonderheiten und Hindernisse leider festzustellen, dass seit etwa 2012 die Verbundenheit der türkischstämmigen Migranten mit Deutschland tendenziell eher abgenommen oder stagniert hat, während die Verbundenheit mit der Türkei tendenziell eher zunahm. Einen nicht unbedeutenden Anteil an dieser Entwicklung hat der türkische Präsident Erdogan mit seiner konservativ-islamistischen AKP. Sie gibt den hier lebenden, sozial nicht anerkannten und in die deutsche Gesellschaft schlecht integrierten Menschen das Gefühl der Anerkennung, man nennt sie "stolze Erben des osmanischen Reiches" und Botschafter der türkischen Tugenden in einer Welt, die die Türkei nicht versteht. Dies drückt sich dann in dem oben erwähnten Wahlverhalten der ca. 440.000 "Ja-Sager" aus. Bei einer besser gelungenen Integration dieser Türkischstämmigen wäre es für den türkischen Präsidenten und seine AKP wahrscheinlich nicht erstrebenswert, um die Wählergunst der Türkeistämmigen in Deutschland zu buhlen. [30]
Aber
auch die ethnische und religiöse Vielfalt ist weitaus größer, als
dies wahrgenommen wird. Bekannt
ist vor allem der Gegensatz zwischen ethnischen Türken und Kurden,
aber
auch zwischen sunnitischen Muslimen und Aleviten. Nicht erfasst ist die große Zahl der Türkischstämmigen, die religiös
nicht gebunden sind oder sich mit Minderheiten wie der Sufi-Bewegung
verbunden fühlen. Siehe dazu weiter unter 5.4. Deshalb
ist es hilfreich, sich mit den Migranten aus der
Türkei und ihren Nachkommen etwas eingehender zu beschäftigen, die ethnisch oder religiös von der Mehrheit der Türkei-Migranten abweichen.
Daher nachstehend einige Fakten zu den beiden größten Minderheiten
innerhalb der Migranten aus der Türkei und deren Nachkommen und in Kapitel 5.4 über die unterschiedlichen Gruppen der Muslime, ihre offiziellen Repräsentanten und dem Grad ihrer Anerkennung durch Muslime in Deutschland.
5.32 Aleviten in Deutschland
In
Deutschland nehmen wir bei den
türkischen Migranten vor allem die Muslime sunnitischen Glaubens
wahr (Kopftuchträgerinnen),
die mit Unterstützung der türkischen Regierung (Religionsbehörde)
mit vielen z. T. prachtvollen
Moscheen auch im Bild unserer Städte in Erscheinung treten. Dagegen
wird die große Gruppe der Aleviten kaum beachtet und leider auch von
deutschen Behörden fälschlicherweise dem sunnitischen Islam zugerechnet.
Daher
geht man in Deutschland fälschlicherweise davon aus, dass 95% der Türken in Deutschland
Muslime sind, der Rest sei konfessionslos oder gehört anderen
Religionsgemeinschaften an, z. b. Christen und Yeziden. Dabei zählt
man die große Zahl der Aleviten zum Islam, obwohl die Frage der
Zugehörigkeit sowohl bei sunnitischen Muslimen wie auch bei den
Aleviten selbst umstritten ist. Orthodoxe Muslime werfen den Aleviten
vor, sie seien Ungläubige. Dennoch gelten sie in der Türkei
zwangsweise als Muslime. Nach vielen Verfolgungen und
Einschüchterungen in ihrem Herkunftsland Türkei wurden sich viele
Aleviten in der Freiheit in Deutschland erst ihrer besonderen
alevitischen Identität bewusst und es gibt innerhalb der Gemeinde
heftige Diskussionen um den religiösen Standort. Einig sind sich Aleviten in der Überzeugung, dass der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen ist, das für sein Leben selbst die Verantwortung trägt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind und dass ihr Glauben sie zu großer Toleranz gegenüber anderen Ethnien und Religionen verpflichtet.
Man unterscheidet z. Zt. 5 verschiedene Strömungen bei den Aleviten:
Man unterscheidet z. Zt. 5 verschiedene Strömungen bei den Aleviten:
-
Eine Gruppe sieht sich – vor allem durch den Druck in der Türkei
geprägt – als Teil der Muslime sunnitischen Glaubens.
-
die zweite Gruppe sieht sich als eigenständige Konfession des Islam
und steht in Opposition zum Sunnitentum
-
eine weitere Gruppe sieht das Alevitentum als völlig eigenständige
Religion, die älter ist als der Islam und durch diesen lediglich mit
beeinflusst wurde (ähnlich dem Christentum, das durch das Judentum
beeinflusst wurde)
-
insbesondere bei Kurden sieht man das Alevitentum vor allem als
vorislamische Religion mit Wurzeln im Zoroastrismus und bei
vorislamischen Naturreligionen
-
eine relativ kleine Gruppe sieht das Alevitentum in der Nähe der
Schiiten und wird vor allem vom Iran unterstützt.
Abgesehen
von der ersten Gruppe, die in Deutschland kaum vertreten ist, beten
Aleviten nicht in der Moschee und leben nicht nach den Vorschriften
des Koran. Ganz generell lehnen sie eine dogmatische
Religionsauslegung ab.
Für
die in Deutschland lebenden Aleviten wurde als Dachverband die
Alevitische
Gemeinde Deutschland (türkisch: Almanya Alevi Birlikleri
Federasyonu, Abk.: AABF) gegründet.
Nach deren Angaben leben in Deutschland ca. 500.000 bis 800.000
Aleviten, wovon ca. 255.000 bis 275.000 in der AABF
Mitglied sind. An der Spanne der Zahlen sieht man, dass verlässliche
statistische
Angaben
fehlen. Der Verband der Aleviten in Deutschland tritt für
eine Öffnung hin zu einer vielfältigen, offenen Gesellschaft ein. Er unterstützt und fördert Maßnahmen zur besseren Integration und bemüht sich um alevitischen Religionsunterricht in deutschen Schulen.
Auch bei Fehlen verlässlicher statistischer Zahlen ist festzustellen, dass wohl ca. ein Sechstel bis ein Viertel aller Migranten aus der Türkei und deren Nachkommen Aleviten sind. Ganz generell kann man feststellen, dass Aleviten in Deutschland ihre Integration in unsere Gesellschaft besonders aktiv betreiben, sich um den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft bemühen und von allen Migranten aus der Türkei eine Integration und teilweise eine Assimilation in die deutsche Gesellschaft besonders positiv sehen.[31]
Auch bei Fehlen verlässlicher statistischer Zahlen ist festzustellen, dass wohl ca. ein Sechstel bis ein Viertel aller Migranten aus der Türkei und deren Nachkommen Aleviten sind. Ganz generell kann man feststellen, dass Aleviten in Deutschland ihre Integration in unsere Gesellschaft besonders aktiv betreiben, sich um den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft bemühen und von allen Migranten aus der Türkei eine Integration und teilweise eine Assimilation in die deutsche Gesellschaft besonders positiv sehen.[31]
5.33 Kurden in Deutschland
Die
Assimilierungspolitik aller türkischen Regierungen seit Bestehen der
modernen Türkei konnte die ethnischen Gegensätze zwischen Türken
und Kurden nicht überbrücken. Im
Gegensatz zu dem Turkvolk der Türken gehören Kurden zu den
Indogermanen und sprechen eine dem Persischen ähnliche Sprache. Es
fehlt bis heute in der Türkei der Wille, den ethnisch völlig
anderen Kurden eine weitgehende Autonomie einzuräumen, die allein in
der Lage wäre, eine Befriedung herbeizuführen. Dass diese
Verweigerung zu Extremismus und Terrorismus geführt hat (bekannt ist
der militärische Kampf der PKK) will man nicht einsehen und begegnet
allen Autonomiebestrebungen statt dessen mit Verboten, Verfolgungen,
Verurteilungen.
Ähnlich
den Aleviten steht auch für die Kurden kein verlässliches
statistisches Datenmaterial zur Verfügung, da weder die
Herkunftsländer (also vor allem die Türkei), aber auch die
Aufnahmeländer wie Deutschland kein Interesse daran zeigen,
kurdische Migranten gesondert zu erfassen. Da
es keinen kurdischen Staat gibt, werden kurdische Migranten als
Staatsangehörige der Türkei oder des Irak, des Iran oder Syriens
registriert. Amtlich erfasst werden Kurden nur, wenn sie als
Asylbewerber angeben, als Kurde im Herkunftsland politisch verfolgt
zu werden.
Dabei
gab es besonders für Kurden der Türkei zwei wichtige Gründe für
die Migration. Zum einen der wirtschaftliche Aspekt, weil in den
Hauptsiedlungsgebieten der Kurden in Anatolien besondere Armut und
Arbeitslosigkeit herrschte, zum anderen weil Kurden, die sich zu
ihrer Ethnie bekannten, in der Türkei diskriminiert, unterdrückt
und verfolgt wurden. Dies gilt vor allem für alevitische Kurden. Die
staatliche Propaganda verbunden mit den Übergriffen
extrem-nationalistischer Gruppen wie den „Grauen Wölfen“ haben
die Konflikte geschürt und mehrere Massaker an alevitischen Kurden
provoziert. Nach den antialevitischen Pogromen von 1978 migrierten
bzw. flüchteten zahlreiche Kurden und Kurdinnen aus Anatolien.
Religiöse
Minderheiten, wie
die Aleviten, aber auch
christlichen Minderheiten und
die kurdischen Yeziden unterlagen
einem besonderen Vertreibungsdruck.
Wie
erwähnt liegen keine verlässlichen Zahlen vor. Der
Verfassungsschutzbericht des Bundesinnenministers 1997 schätzt
500.000, der Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen
1997 etwa 600.000 in der Bundesrepublik lebende Kurden.
Die
Deutsch-Kurdische Gesellschaft schätzte im Jahre 2002 die Zahl der
Kurden in Deutschland auf ca. 700 bis 800.000. Andere Schätzungen
gehen von mehr
als
1 Million Kurden aus, allerdings einschließlich kurdischer
Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak. Deshalb
fordern kurdische Organisationen, eine positivere Haltung des
deutschen Staates zu seinen kurdischen Mitbürgern, vor allem eine
Anerkennung als eigenständige Migrantengruppe und die statistischen
Erfassung nicht nur nach Staatsangehörigkeit, sondern auch nach
ethnischer Zugehörigkeit. Man
verweist auch darauf, dass ethnisch türkische Migranten durch den
türkischen Staat massiv unterstützt werden, z. B. durch Baukosten
für Moscheen und kostenlose Entsendung von Imanen, während
kurdische Muslime (und erst recht Aleviten) aus Mangel an Geld keine Möglichkeit haben, ihren
Glauben in ihrer Muttersprache zu praktizieren. [32]
5.34 Vielfalt der Identitäten bei Migranten aus der Türkei
Es
ist also völlig falsch, die Bürger mit türkischem Migrationshintergrund
in Deutschland als einen einheitlichen ethnischen und religiösen
Block zu betrachten. Auch politisch ist eine eindeutige
Zuordnung
zu den Anhängern des jetzigen religiös-Konservativ-nationalistischen
Präsidenten Erdogan und seiner Partei AKP völlig falsch. Wenn wir
von den obigen Zahlen nur die Mindestwerte nehmen, so muss man von
2,9 Millionen Personen mit Migrationshintergrund Türkei jeweils einen Block von mindestens 500.000 Aleviten und
500.000 Kurden in Abzug bringen, die man keinesfalls zu den in der
Öffentlichkeit wahrgenommenen türkischen Migranten zählen darf.
Einen weiteren großen Block würde ich als schweigende Minderheit
bezeichnen, die z. B. nicht an Wahlen zum türkischen Präsidenten /
Parlament teilnimmt und sich auch nicht durch die verschiedenen
muslimischen Verbände in Deutschland repräsentiert sieht (siehe
weiter unten).
Schließlich gibt es bei den Migranten aus der Türkei m. E. eine
große Gruppe, deren
eigene Identität oft gespalten ist.
In Deutschland fühlt man sich als Türke oder als Deutschtürke,
noch
häufiger als
Frankfurter oder Kölner, beim Urlaub in der Türkei ist man der
„Deutschländer“. Diesen
Mitbürgern mit gespaltener Identität muss man Zeit lassen.
Diese
Feststellung untermauert eine
zwar nicht mehr ganz neue Studie zur kollektiven Identität
türkischer Migranten in Deutschland, [33]
die
m. E. auch heute noch weitgehend zutrifft.
Die
Verfasser
weisen darauf hin, dass kollektive Identitäten nach Form und
Ausprägung stark variieren und sehr diffus sein können und die
Mitglieder von Gruppen auch unterschiedlich stark binden. Dennoch sei
nicht zu übersehen, dass bei Muslimen allgemein und Türken im
besonderen größere Hemmnisse vorliegen, diese in unsere
Gesellschaft zu integrieren, als dies bei anderen Europäern und erst
recht bei Spätaussiedlern der Fall ist. Letztere sind ja (abgesehen
von einem Teil ihrer Kinder) nach reiflicher Überlegung mit dem
festen Entschluss nach Deutschland gekommen, sich hier in ihre
„Wunschnation“ so schnell wie möglich zu integrieren.
Bei
türkischen Staatsangehörigen gibt es ein weiteres Problem, das
auch unterstreicht, warum vergleichsweise wenige Türken die deutsche
Staatsangehörigkeit beantragen, obwohl sie gut integriert sind.
Denn
mit dem Ausscheiden aus der türkischen Staatsangehörigkeit
verliert man in
der Türkei
alle Rechte und
Ansprüche,
vor allem Erbrechte.
Dies hält viele Deutschtürken davon ab, die deutsche
Staatsbürgerschaft zu beantragen, hinzu
kommt, dass
umgekehrt in Deutschland der Grundsatz gilt,
das eine doppelte
Staatsbürgerschaft
bei Zuwanderern
aus
Staaten außerhalb
der EU und der Schweiz zu vermeiden ist.
5.4 Muslime in Deutschland
Nach
einer Hochrechnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) lebten am 31. 12. 2015 zwischen 4,4 und 4,7 Millionen Muslime
in Deutschland, was bei einer Einwohnerzahl von 82,2 Millionen einem
Anteil von 5,4 bis 5,7% der deutschen Bevölkerung entspricht. Über
Jahrzehnte haben
Migranten aus der Türkei (siehe vorstehendes Kapitel) das Bild der
Muslime in Deutschland weitgehend geprägt. In den zurückliegenden
Jahrzehnten hat sich dieses Bild jedoch erheblich erweitert.
Beginnend mit Fluchtbewegungen nach den Kriegen in Bosnien und dem
Kosovo in den 1990er-Jahren und besonders seit der Jahrtausendwende
mit den Flüchtlingen und Asylsuchenden aus dem Irak, Syrien und
Afghanistan, aber auch aus Nordafrika, ist die Zahl
der Muslime erheblich gewachsen und der Islam vielfältiger geworden.
Allein zwischen 2011 und 2015 sind rund 1,2 Millionen muslimische
Männer und Frauen nach Deutschland gekommen, ihr Anteil an allen
Muslimen beträgt 27,3%.[34]
Damit
ist der Islam in Deutschland schon im Hinblick auf die
Herkunftsländer seiner Angehörigen vielfältiger geworden. Hinzu
kommt aber vor allem auch eine wesentlich größere Vielfalt im
Hinblick auf die Zugehörigkeit zu den diversen Glaubensrichtungen,
die sich ja zum Teil gegenseitig als Ungläubige bezeichnen. Auf die
besondere Situation der Aleviten aus der Türkei habe ich im vorigen
Kapitel schon hingewiesen. Ein ähnlicher Abstand zum Islam liegt bei
den Alawiten aus Syrien vor. Die
Schwierigkeiten rühren aber schon daher, dass es im Islam keine
besonderen Eintrittsriten gibt, wie die Taufe bei Christen und auch
kein oberstes Lehramt, wie z. B. in der katholischen Kirche. Jeder
Muslim hat im Prinzip das Recht, den Koran für sich selbst
auszulegen. Zwar gibt es verschiedene Hochschulen, oberste
Landes-Imane oder Ajatollahs,
aber deren Auslegung ist keinesfalls verbindlich.
So
gibt es in
Deutschland ein
unübersichtliches Geflecht aus einzelnen Moschee-Gemeinden, kleinen
Verbänden, Dachorganisationen und übergeordneten Zusammenschlüssen,
deren Kurzbezeichnungen verwirrend sind. Viele
dieser Dachverbände nehmen für sich in Anspruch,
für bestimmte muslimische Gruppen, zum Teil auch für alle Muslime
zu sprechen. So haben sich im April 2007 vier Verbände im
Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) zusammengeschlossen. Das sind: a) der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) b) der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), c) die Türkisch Islamische Union (DITIB) und d) der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ). Dieser Zusammenschluss (KRM) behauptet von sich, 85% der in Deutschland lebenden Muslime zu vertreten und erhebt damit den Anspruch, legitimer Ansprechpartner des deutschen Staates zu sein, z. B. in Fragen des muslimischen Religionsunterrichtes. Aber stimmt das überhaupt?
Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) zusammengeschlossen. Das sind: a) der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) b) der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), c) die Türkisch Islamische Union (DITIB) und d) der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ). Dieser Zusammenschluss (KRM) behauptet von sich, 85% der in Deutschland lebenden Muslime zu vertreten und erhebt damit den Anspruch, legitimer Ansprechpartner des deutschen Staates zu sein, z. B. in Fragen des muslimischen Religionsunterrichtes. Aber stimmt das überhaupt?
a)
Der
Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V.(ZMD)
Der
1994 gegründete Zentralrat ist die Dachorganisation von 22
muslimischen Organisationen und ca. 300 Moscheegemeinden. Der
Verband tritt häufig in der Öffentlichkeit auf und sein
Vorsitzender Ayman Mazyek hat einen gewissen Bekanntheitsgrad. Der
ZMD betont in seiner Selbstdarstellung, dass er die Vielfalt der
Muslime in Deutschland am besten vertritt, da er übernational und
überkonfessionell organisiert sei. Im gehören Sunniten und
Schiiten, Türken, Deutsche, Araber, Perser, Bosnier und Albaner an.
Mitglied im ZMD ist u. a. die Union
der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V. (ATIB) mit ca.
10.000 Mitgliedern
b)
Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD)
Der
Islamrat
wurde 1986 in Berlin gegründet und ist ein Dachverband für sunnitische
Gemeinden, mehrheitlich von Türken, aber auch von Marokkanern,
Somaliern und Bosniaken. Größtes
und damit dominierendes Mitglied des Islamrates ist die Islamische
Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG), Dieser
Organisation wird ein besonders fundamentalistisches Denken
nachgesagt und Kritiker werfen Milli Görüş zu viel Nähe zu
extremistischen Gruppen vor.
c)
DITIB
Am
bekanntesten ist zweifellos der Verband der türkischstämmigen
Sunniten Türkisch-Islamische
Union der Anstalt für Religion e. V. (türk. Diyanet İşleri Türk
İslam Birliği = DITIB). Dem Verband gehören über 900 Moscheevereine an. Es besteht eine große Nähe zu und Abhängigkeit von der türkischen Religionsbehörde Diyanet İşleri Başkanlığı. Die meisten Imane dieser Moschee-Vereine werden von der türkischen Religionsbehörde auf Zeit nach Deutschland entsannt und sind bezahlte Angestellte dieser Behörde. Nur wenige beherrschen die deutsche Sprache und sie bekommen wöchentlich aus der Türkei Manuskripte als Vorlage für ihre Freitags-Predigten. In
den zurückliegenden Jahrzehnten war Ditib
durchaus eine Kraft der Mäßigung. Ein Partner, mit dem Christen und
Juden in der interreligiösen Ökumene gerne kooperierten.
Bei
laizistisch und liberal denkenden Muslimen wird der Verband jedoch inzwischen
sehr kritisch gesehen und
in der letzten Zeit zeigt sich immer mehr, wie stark er tatsächlich
vom türkischen Staat abhängig ist. Seit
der türkische Staatspräsident Erdogan immer aggressiver agiert,
werden auch so manche Vertreter der Ditib aggressiver. Einige
Beispiele:
Bespitzelung von Regimegegnern Erdogans, Prediger (Imane) die die
deutsche Sprache nicht beherrschen kritiklos die von der Religionsbehörde
verfassten Predigten vortragen, die mit der deutschen Wirklichkeit
wenig zu tun haben, kritische
Muslime werden bespitzelt und bedroht, ihnen wird öffentlich der Handschlag
verweigert. Kritische
muslimische Theologen
wie Mouhanad Khorchide, die Frauenrechtlerin Seyran Ates oder ein
islamkritischer Publizist wie Hamed Abdel-Samad können sich nur noch
mit Polizeischutz bewegen. Selbstverständlich
handeln nicht alle DITIB-Vertreter so, aber den Erdogan-hörigen und
den Scharfmachern muss
die
Grenze der Toleranz aufgezeigt werden.
d)
Verband der Islamischen Kulturzentren e. V. (VIKZ)
Der
VIKZ ist der erste islamische Dachverband, der schon 1973 in Köln
gegründet wurde. Ihm sind in Deutschland rund 300 Moschee-Vereine
angeschlossen. Der Verband versteht sich als politisch neutral,
seine Mitglieder gelten als tief religiös. Der Verband bildet seit
den 1980er Jahren eigene islamische Theologen aus.
Alle
im Koordinationsrat
der Muslime in Deutschland (KRM) zusammengeschlossen Dachverbände
betonen in ihrer öffentlichen Darstellung ihre Toleranz, die
Gleichstellung der Frau und die Ablehnung von Gewalt. Dennoch ist
nicht zu übersehen, dass sie alle einen sehr fundamentalistischen
Glauben verkünden, der sich eng an einer wörtlichen Auslegung des
Koran orientiert.
Manches
Mal vermisste man in der Vergangenheit auch eine deutlichere
Distanzierung gegenüber muslimischen Extremisten, Dschihadisten.
Neben
diesen Dachverbänden gibt es noch eine Vielzahl weiterer
muslimischer Verbände und Organisationen mit zum Teil sehr
unterschiedlicher Zielsetzung.[36]
So
tritt
der
Liberal-Islamische
Bund (LIB)
mit Sitz in Köln für eine offene und moderne Auslegung des Koran
ein. Ihm gehören viele muslimische Akademiker und Intellektuelle an. Auf
die Sonderstellung der Aleviten habe ich bereits im vorhergehenden
Kapitel hingewiesen.
Eine
Studie “Muslimisches Leben in Deutschland“ (MLD) aus dem Jahre
2009 hat ergeben, dass rund zwei Drittel der befragten Muslime
mindestens einen der vorgenannten Dachverbände kennen, aber
weniger als 25% fühlen sich ohne Einschränkung von
einem Verband oder Dachverband voll vertreten.
Die vorgebrachten angeblichen Vollmachten und Vertretungsansprüche sind also
sehr zu hinterfragen, insbesondere ist die Frage erlaubt, wer
vertritt die Mehrheit der nicht organisierten Muslime?
Wie
Bundespräsident
Christian
Wulff in
seiner bekannten Rede vom Oktober 2010,
aber
bereits
vier Jahre zuvor der
damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, richtig
feststellten, gehört der Islam inzwischen zu Deutschland. Zu fragen
ist allerdings: Welcher Islam? Denn es ist nicht zu übersehen, dass
der Islam viele Gesichter hat. Da gibt es auf der einen Seite die
Fundamentalisten, teils mit friedlichen Auslegungen des Koran, aber
auch die Extremisten, die sich auf den Koran berufen, wenn sie
Andersgläubige
drangsalieren, schikanieren und sogar Terrorakte
verüben. Schließlich
gibt es die vom jeweiligen Herkunftsstaat geleiteten Muslimführer
und Imane, die
es gut heißen, wenn
sich Muslime
in die Segregation
zurückziehen und lückenlose Parallelstrukturen aufbauen, damit
sie so die jeweilige
Glaubensgruppe fester an sich binden können.
Auf diese Weise
verhindern sie
Kontakte zu
Nichtmuslimen und bewirken,
dass sich orthodoxe Vorstellungen verfestigen, die im Gegensatz zu
den Werten und den kulturellen Gepflogenheiten in Deutschland stehen.
Wer glaubt, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter unislamisch
ist, dass Nichtmuslime in der Hölle landen oder dass Apostaten den
Tod verdienen, befindet sich nur physisch, nicht aber mental in
Deutschland. Das gilt auch für diejenigen, die Koran-Befehle
unhinterfragt ausführen möchten und Nachdenken als Häresie
ablehnen.[37]
Dr. Akli Kebaili, Leiter der Antidiskriminierungsstelle beim Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt, ist Jurist und Politologe. Er stammt aus Algerien, ist aber Berber und nicht Araber. Er verweist auch auf die unterschiedliche Prägung der Muslime je nach Herkunftsland und nennt sieben sehr unterschiedliche Gruppen, die diese Vielfalt unterstreichen:
a) Menschen, die sich zwar als Muslime bezeichnen, den Islam aber nicht streng praktizieren, die offen und tolerant sind gegenüber anderen Religionen und Kontakte zu Deutschen suchen. Leider werden sie dort oft als Muslime wahrgenommen, stattdessen sollte man mehr auf sie zu- und eingehen.
b) Muslime, die sich als solche bezeichnen, den Islam und seine Gebote aber nicht praktizieren. Auch sie sind für eine bessere Integration gut ansprechbar.
c) Muslime, die den Islam nur zum Teil praktizieren, aber der Meinung sind, dass der Islam mit Menschenrechten, Demokratie, Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau durchaus vereinbar ist.
d) Menschen, die aus muslimisch geprägten Staaten kommen, den Islam aber nicht praktizieren. Sie bezeichnen sich aber als religiös und gleichzeitig weltoffen. Sie meinen, dass Demokratie auch in islamischen Ländern möglich ist und sind enttäuscht, dass der Westen oft mit diktatorischen Regimen zusammenarbeitet, weil diese Zusammenarbeit eine demokratische Entwicklung behindert.
e) Menschen aus islamisch geprägten Ländern, die nicht gläubig sind und den Islam dafür verantwortlich machen, dass sich diese Länder nicht weiter entwickeln. Sie verlangen eine strenge Trennung von Staat und Religion.
f) Muslime, die streng gläubig sind, andere Religionen nicht anerkennen und den Islam nicht nur als Religion, sondern auch als Ordnungssystem und Kultur ansehen. Trotzdem lehnen sie Gewalt ab.
g) Menschen, die den Islam radikal auslegen und die Lösung aller Probleme in einer Islamisierung der gesamten Welt sehen. Sie sind ggf. bei passender Gelegenheit auch zu Gewalt gegen Nicht-Muslime bereit und setzen ihre Landsleute unter Druck, die nach ihrer Meinung den Islam nicht richtig leben.
Dr. Akli Kebaili ist der Meinung, dass mit den letzten beiden Gruppen f) und g) kein Gespräch möglich ist und man diesen Menschen gegenüber auch keine Toleranz zeigen sollte. Der deutsche Staat habe hier all zu lang weggeschaut und es auf der anderen Seite versäumt, durch bessere Bildung, Ausbildung, Wohnungsangebote u. a. die Integration zu fördern.[38]
Es wäre schon viel gewonnen, wenn sich durch bessere Bildung bei der Mehrheit der Muslime eine aufgeklärte Haltung durchsetzen würde, die anerkennt, dass es in religiösen Fragen keine absoluten Wahrheiten gibt und man daher die für sich gefundene Wahrheit nicht anderen gegenüber als überlegen ansehen darf. Es wäre auch viel gewonnen, wenn viele Muslime (genau so wie Christen, Juden und andere Religionsangehörige) zu der Erkenntnis kommen, dass es einen Glauben ohne Zweifel nicht gibt, sonst ist es kein Glaube, sondern Ideologie.
Dr. Akli Kebaili, Leiter der Antidiskriminierungsstelle beim Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt, ist Jurist und Politologe. Er stammt aus Algerien, ist aber Berber und nicht Araber. Er verweist auch auf die unterschiedliche Prägung der Muslime je nach Herkunftsland und nennt sieben sehr unterschiedliche Gruppen, die diese Vielfalt unterstreichen:
a) Menschen, die sich zwar als Muslime bezeichnen, den Islam aber nicht streng praktizieren, die offen und tolerant sind gegenüber anderen Religionen und Kontakte zu Deutschen suchen. Leider werden sie dort oft als Muslime wahrgenommen, stattdessen sollte man mehr auf sie zu- und eingehen.
b) Muslime, die sich als solche bezeichnen, den Islam und seine Gebote aber nicht praktizieren. Auch sie sind für eine bessere Integration gut ansprechbar.
c) Muslime, die den Islam nur zum Teil praktizieren, aber der Meinung sind, dass der Islam mit Menschenrechten, Demokratie, Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau durchaus vereinbar ist.
d) Menschen, die aus muslimisch geprägten Staaten kommen, den Islam aber nicht praktizieren. Sie bezeichnen sich aber als religiös und gleichzeitig weltoffen. Sie meinen, dass Demokratie auch in islamischen Ländern möglich ist und sind enttäuscht, dass der Westen oft mit diktatorischen Regimen zusammenarbeitet, weil diese Zusammenarbeit eine demokratische Entwicklung behindert.
e) Menschen aus islamisch geprägten Ländern, die nicht gläubig sind und den Islam dafür verantwortlich machen, dass sich diese Länder nicht weiter entwickeln. Sie verlangen eine strenge Trennung von Staat und Religion.
f) Muslime, die streng gläubig sind, andere Religionen nicht anerkennen und den Islam nicht nur als Religion, sondern auch als Ordnungssystem und Kultur ansehen. Trotzdem lehnen sie Gewalt ab.
g) Menschen, die den Islam radikal auslegen und die Lösung aller Probleme in einer Islamisierung der gesamten Welt sehen. Sie sind ggf. bei passender Gelegenheit auch zu Gewalt gegen Nicht-Muslime bereit und setzen ihre Landsleute unter Druck, die nach ihrer Meinung den Islam nicht richtig leben.
Dr. Akli Kebaili ist der Meinung, dass mit den letzten beiden Gruppen f) und g) kein Gespräch möglich ist und man diesen Menschen gegenüber auch keine Toleranz zeigen sollte. Der deutsche Staat habe hier all zu lang weggeschaut und es auf der anderen Seite versäumt, durch bessere Bildung, Ausbildung, Wohnungsangebote u. a. die Integration zu fördern.[38]
Es wäre schon viel gewonnen, wenn sich durch bessere Bildung bei der Mehrheit der Muslime eine aufgeklärte Haltung durchsetzen würde, die anerkennt, dass es in religiösen Fragen keine absoluten Wahrheiten gibt und man daher die für sich gefundene Wahrheit nicht anderen gegenüber als überlegen ansehen darf. Es wäre auch viel gewonnen, wenn viele Muslime (genau so wie Christen, Juden und andere Religionsangehörige) zu der Erkenntnis kommen, dass es einen Glauben ohne Zweifel nicht gibt, sonst ist es kein Glaube, sondern Ideologie.
Gott sei dank gibt es aber auch viele Beispiele eines differenzierenden
und aufgeklärten Islam. Die
Vertreter dieser Richtung sind
gegenüber der Koran-Tradition und der Überlieferung nicht naiv und
unkritisch, ihr
geistiger Horizont ist weit. Sie
kennen
und praktizieren zum
Beispiel die historisch-kritische Methode der Koranauslegung,
die sie
von
westlichen
Christen kennen.
Diesen
aufgeklärten
Islam gibt
es vor
allem in der westlichen Welt und
auch in Deutschland. Seine Vertreter stehen
im Dialog mit Religionsphilosophen und Theologen anderer Religionen.
Schwer
hat es dieser aufgeschlossene Islam jedoch in den mehrheitlich
islamischen Staaten, vor
allem in Saudi-Arabien, den Golfstaaten und
Ägypten.
Dort wurden aufgeschlossene Theologen wegen ihrer Ansichten per Fatwa
für vogelfrei erklärt und sogar
von
fanatisierten Muslimen ermordet. Aber
auch in muslimischen Ländern wie Mali, Niger, Senegal und Indien
wehren sich Religionsgelehrte
und Imane gegen fundamentalistische Praktiken. Doch
angesichts der bitteren Armut in ihren Ländern und der vollen
Geldbeutel der Prediger aus Arabien, fällt es ihnen oft schwer,
ihre Sicht eines aufgeklärten und toleranten
Islam zu praktizieren.[39]
Auch
in Deutschland haben
es liberale,
humanistische
und kritische Denker schwer,
in der muslimischen
Öffentlichkeit und erst
recht bei den Vertretern
der im Koordinationsrat
der Muslime in Deutschland (KRM) zusammengeschlossen Dachverbänden
Gehör
zu finden.
Einer davon ist
der
Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani, vielen bekannt geworden
durch seine berühmte Rede anlässlich der Verleihung des deutschen
Buchpreises. Der
in Münster lehrende Theologe Mouhanad Khorchide wurde durch seine
Publikation „Islam ist Barmherzigkeit“ auch bei vielen Deutschen
bekannt, erfuhr aber bei vielen seiner Glaubensbrüder – vor allem
in den vorgenannten Verbänden – mehr Ablehnung als Zuspruch.
Khorchide verwarf die Idee einer ewigen Gültigkeit von Versen und
Sprüchen, in denen Hass auf Nichtmuslime, Frauenfeindlichkeit und
Rechtfertigungen von Gewalt zu finden sind und wollte sie lediglich
als Dokumente der Vergangenheit verstanden wissen. Ähnlich
denken muslimische Intellektuelle, die sich im Muslimischen Forum
Deutschland oder dem Liberal-Islamischen Bund zusammengeschlossen
haben. Dazu
zählen die
Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor , die
scharfe Kritik am islamischen Religionsunterricht in
Nordrhein-Westfalen äußert, der von den ausnahmslos
fundamentalistisch orientierten Verbänden des Koordinationsrates
der
Muslime geprägt sei. Auch Seyran Ates ist so eine Hoffnungsträgerin. Die streitbare Anwältin für einen liberalen Islam wird in kürze als Imanin einer offenen liberalen Moscheegemeinde in Berlin tätig. Die Gemeinde ist offen für alle Richtungen des Islam, Männer und Frauen beten gemeinsam und auch gleichgeschlechtliche Paare sind willkommen. Seyran Ates sagt, dass man dort einen zeitgemäßen Islam leben will, der stolz darauf ist, dass er lange vor dem Christentum bereits hervorragende Denker und Aufklärer hatte, wie Avicenna und Ibn Rushd. Der von ihnen gelehrte Islam wurde durch orthodoxe und konservative Herrscher unterdrückt.
Zu verweisen ist auch auf die vielen liberal denkenden Muslime, die aus Bosnien zu uns kamen, wo der Islam seit Jahrhunderten ein Teil Europas war und sich aufgeklärt und humanistisch zeigte. Erst durch den Bosnienkrieg haben leider saudi-arabische Geldgeber in Bosnien eine teilweise Wende zum Fundamentalismus erzeugen können.[40]
Zu verweisen ist auch auf die vielen liberal denkenden Muslime, die aus Bosnien zu uns kamen, wo der Islam seit Jahrhunderten ein Teil Europas war und sich aufgeklärt und humanistisch zeigte. Erst durch den Bosnienkrieg haben leider saudi-arabische Geldgeber in Bosnien eine teilweise Wende zum Fundamentalismus erzeugen können.[40]
Leider
sind diese liberalen und toleranten Muslime in Deutschland noch eine
kleine Minderheit, stellt die frühere Islambeauftragte der SPD im
Bundestag, Lale Akgün, fest. Sie verweist darauf, dass jeder Muslim
das Recht und die Möglichkeit hat, den Koran selbst auszulegen.
Durch gute Bildungsarbeit müssen wir die Muslime davon überzeugen,
dass sie sich von der wortwörtlichen Auslegung des Koran lösen
müssen, so dass sie ihn als eine historische Schrift verstehen und
nicht den zeitgebundenen und damit konservativen Auslegungen
vertrauen. Vielmehr sollen sie die Bildersprache des Koran und den
dahinter stehenden friedlichen Geist verstehen lernen. In der
buchstabengetreuen Befolgung von Sätzen und Gesetzen verfehlt sich
der Islam selbst, sagt auch der schon erwähnte Mouhanad
Khorchide. Er
sagt, dem Islam geht dann das Herz verloren. Um dieses heiße Herz
des Islam neu zu entdecken, zeigt
er
einen Liebes- und Gerechtigkeits-Islam auf, der wegführt von den
juristischen Deutungen mit drakonischen Strafen. Der
„Weg zur Quelle“, so die Übersetzung des arabischen Wortes
Scharia, ist nur zu finden, wenn das Gottesbild verändert wird. Weg
von dem strafenden und hin zum liebenden Gott. Einen ähnlichen Weg
musste auch das Christentum in den zurückliegenden Jahrzehnten
gehen und auch dort ist der Weg noch nicht abgeschlossen.
Dazu braucht es einen langen Atem und es ist natürlich noch viel
Überzeugungsarbeit nötig. Lale Akgün ist davon überzeugt, dass
der Islam auf Dauer selbst Probleme bekommt und nicht überlebensfähig
ist, wenn er sich nicht zu einem weltoffenen Euro-Islam erneuert.[41] Ähnlich äußert sich Ahmad Mansour, wenn er schreibt, dass es den einen Islam nicht gibt, erst recht nicht in Deutschland. Leider befinden sich unter den vielfältigen Gruppen des Islam auch fundamentalistische Strömungen mit einer unkritischen, buchstabengetreuen Koranauslegung, was zu Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Antisemitismus und einem starren Muster für Familie und Staat führt. Das aber steht im Gegensatz zu einer offenen, demokratischen Gesellschaft und wird deshalb in unserem Land - auch von vielen Muslimen - nicht akzeptiert. Eben weil der Islam zu Deutschland gehört, muss über ihn diskutiert, muss er kritisiert und reformiert werden.[42]
6. Konsequenzen und Perspektiven
Man
sieht, die Probleme im Zusammenhang mit Migration und Integration
sind vielfältig. Zu
lösen sind sie zweifellos nur, wenn alte Vorstellungen von
Nationalstaaten mit einheitlicher ethnischer und kultureller
Bevölkerung endgültig zu den Akten gelegt werden. Der Soziologe
Ulrich Beck ist
davon überzeugt, dass
Migration und die Folgen
von Kriegen und Bürgerkriegen
nur mit
einer Trennung von Staat und Nation (ich
sage von Staatsnation und Kulturnation)
beantwortet werden können.
Ähnlich wie der weltanschaulich
neutrale Staat mit der Trennung von Staat und Religion die
Ausübung verschiedener Religionen überhaupt erst ermöglicht,
müssen kosmopolitische Staaten das Nebeneinander der nationalen und
religiösen Identitäten durch das Prinzip der konstitutionellen
Toleranz gewährleisten.[43]
Alle
europäischen Staaten haben auf diese Weg noch Nachholbedarf. Der
deutsche Staat muss
vor allem seine
Bemühungen verstärken,
die Bildungs- und Ausbildungschancen seiner zugewanderten
Mitbürger zu verbessern. Dann wird – wie viele Beispiele aus
anderen
Einwanderungsländern beweisen – auch
über
den Umweg der Einwanderungskolonie eine Integration in und eine
Identifikation mit unserem deutschen Staat gelingen, allerdings
keinem Staat, wie ihn sich rechte Politiker in Verkennung der
Wirklichkeit als monolithischen
National-Staat vorstellen. Andererseits kann dies natürlich auch
nicht gelingen, wenn Einwanderer an archaischen Gewohnheiten
festhalten, die unserem
Freiheitsverständnis entgegenstehen. Dazu zählen ein
fundamentalistisches Religionsverständnis, keine Gleichberechtigung der Frauen und
Praktiken wie Zwangsheirat, Ehrenmorde, Beschneidungen bei Mädchen –
aber auch bei Jungen, wenn sie nicht freiwillig in entsprechendem
Alter geschehen. Hinter
den Ehrenmorden ist in fataler Weise ein patriarchalischer Ehrbegriff
erkennbar
und
wirksam, der nicht nur in islamischen, sondern generell in
vormodernen Gesellschaften höher rangiert als der Begriff der Würde
des Menschen. Hier muss in den islamischen Gemeinschaften selbst
dafür gesorgt werden, dass diese Praktiken – auch aus
Glaubensgründen – zu
verwerfen
sind. Sie müssen in freiheitlich demokratischen Staaten mit aller Härte des Gesetzes bestraft werden.
Ganz allgemein wäre es hilfreich, wenn der deutsche Staat darauf hinarbeiten würde, dass in islamischen Moscheen Imane verantwortlich sind, die in Deutschland nach den Grundsätzen von Recht und Toleranz ausgebildet wurden, die die deutsche Gesellschaft kennen und in der Lage sind, ihre Predigten auch in deutscher Sprache zu halten, denn es ist ja eine Tatsache, dass manche türkische Jugendliche inzwischen die deutsche Sprache besser beherrschen als die türkische. Damit will ich keinesfalls die Meinung unterstützen, dass generell deutsch zu predigen ist, denn Anerkennung kultureller Vielfalt schließt den Gebrauch der Muttersprache vor allem bei religiösen Handlungen mit ein.
Ganz allgemein wäre es hilfreich, wenn der deutsche Staat darauf hinarbeiten würde, dass in islamischen Moscheen Imane verantwortlich sind, die in Deutschland nach den Grundsätzen von Recht und Toleranz ausgebildet wurden, die die deutsche Gesellschaft kennen und in der Lage sind, ihre Predigten auch in deutscher Sprache zu halten, denn es ist ja eine Tatsache, dass manche türkische Jugendliche inzwischen die deutsche Sprache besser beherrschen als die türkische. Damit will ich keinesfalls die Meinung unterstützen, dass generell deutsch zu predigen ist, denn Anerkennung kultureller Vielfalt schließt den Gebrauch der Muttersprache vor allem bei religiösen Handlungen mit ein.
Das
Modell der Zukunft kann nur der kulturell vielfältige Rechtsstaat
sein, in dem jede Form der Diskriminierung abgelehnt und
es einen breiten Konsens hinsichtlich der in unserer Verfassung
verbrieften Rechte und Werte gibt. Um
dies zu erreichen, haben Migranten ebenso wie die
Mehrheitsgesellschaft und die deutsche Politik noch viel zu tun.
Aber ich bin optimistisch, dass es gelingen kann.
Fußnoten
[1]
Anna
Amelina: „Transnationalisierung zwischen Akkulturation und
Assimilation“ COMCAD Arbeitspapiere – Nr. 41, 2008
[2]
Benutzte
Literatur u.a.;
http://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/begriffe/migration/,
Steffen Angenendt (Hrsg) „Migration und Flucht“, Bundeszentrale
für politische Bildung, Band 342
[4]
Pogrom
Nr. 256-257 Ausgabe 5-6/2009
[7]
Stephen
Castles: „Multikulturalismus als Gesellschaftskonzept – der
australische Weg“, in Menschen über Grenzen, Grenzen über
Menschen – Herausgegeben von Klaus J. Bade, Heitkamp-Edition 1995
[11]
Informationen
zur politischen Bildung 1. Quartal 1989 Thema „Aussiedler“ und
Informationen zur politischen Bildung Jan./Febr. 1969 und
Staatsbürgerliche Informationen Juli/Aug.
1957 „Die Sudetendeutschen“
[12]
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Migrationsatlas/migrationsatlas-2014-11.html
-
Ausführliche Literaturangaben zum Thema Migration, Integration
findet man z.B. auch auf der Internetseite der Stadt Bottrop unter
https://www.bottrop.de//soziales/zuwanderung/index.php
[14]
Maik
Grote : Integration von Zuwanderern: Die Assimilationstheorie
von Hartmut Esser und die Multikulturalismustheorie von Seyla
Benhabib im Vergleich - Dezember 2011 – Universität Bremen
Migremus Arbeitspapiere Nr 2/2011, der hier wiederum Jutta Aumüller
zitiert: (in Assimilation. Kontroversen um ein migrationspolitisches
Konzept. Bielefeld: transcript Verlag 2009.)
[17]
http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/205183/integration-in-der-postmigrantischen-gesellschaftIntegration,
darin Naika Foroutan die u.a. die Migrationsforscher Klaus J. Bade
und Dietrich Thränhardt zitiert.
[20]
Esser, Hartmut: Integration
und ethnische Schichtung / Mannheim : 2001 (Arbeitspapiere -
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung ; 40) ISSN
1437-8574 pdf und
Prof. Dr. Martin Baumann, Luzern: „Religion und ihre Bedeutung für
Migranten“ in „Religion – Migration – Integration in
Wissenschaft, Politik und Gesellschaft“ Dokumentation
des Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge
und Integration, Berlin und Bonn 2004
[23]https://de.wikibooks.org/wiki/Soziologische_Klassiker/_Migrationssoziologie/_Assimilation_&_Absorption
[24]
Arte-Sendung vom 14. 2. 2017 „Die neue Völkewanderung“
[25]
Klaus J. Bade: „Integration und Politik – aus der
Geschichte lernen?“ in APuZ . Aus Politik und Zeitgeschichte Nr.
40-41/2006
[25a] Jan Diedrichsen: "Die neuen Minderheiten" in pogrom 304_1/2018
[25a] Jan Diedrichsen: "Die neuen Minderheiten" in pogrom 304_1/2018
[26]
Peter Altmaier:
Staatsangehörigkeit in Deutschland in
„Blätter für deutsche und internationale Politik“ 1999
[27]
Migrationsbericht 2015
des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung
(pdf)
[28]
Jörg Lau, Selbstachtung
und Selbstverbesserung. Der Patriotismus der Berliner Republik, in:
Merkur (Sonderheft 9/10) 2006,S. 800–812.
[29]
Esser,
Hartmut: Integration und ethnische Schichtung / Hartmut Esser
–Mannheim : 2001 (Arbeitspapiere - Mannheimer Zentrum für
Europäische Sozialforschung ; 40)ISSN 1437-8574 pdf
[30]
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/ueberproportional-viele-akp-waehler-in-deutschland-13889009.html, http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerken-in-deutschland-waehlten-erdogan-partei-akp-a-1060661.html und Haci-Halil Uslucan "Türkeistämmige in Deutschland - heimatlos oder überall zu Hause" in Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 11-12, März 2017
[31] https://www.welt.de/politik/deutschland/article12703157/Aleviten-die-anderen-Tuerken-in-Deutschland.html - https://de.wikipedia.org/wiki/Aleviten - Das Alevitentum, eine Glaubens- und Lebensgemeinschaft in Deutschland, herausgegeben von der Alevitischen Gemeinde Deutschland e.V.(AABF), Köln, März 2004 - http://www.deutsche-islam-konferenz.de/DIK/DE/Magazin/Gemeindeleben/Aleviten/aleviten-inhalt.html - http://alevi.com/de/?page_id=90
[31] https://www.welt.de/politik/deutschland/article12703157/Aleviten-die-anderen-Tuerken-in-Deutschland.html - https://de.wikipedia.org/wiki/Aleviten - Das Alevitentum, eine Glaubens- und Lebensgemeinschaft in Deutschland, herausgegeben von der Alevitischen Gemeinde Deutschland e.V.(AABF), Köln, März 2004 - http://www.deutsche-islam-konferenz.de/DIK/DE/Magazin/Gemeindeleben/Aleviten/aleviten-inhalt.html - http://alevi.com/de/?page_id=90
[32]
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurden_im_deutschsprachigen_Raum -
www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Soziale.../Kurden_in_Deutschland.pdf
-
duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/.../Skubsch%20041-045.pd..
[33]
Tanjev
Schulz/Rosemarie Sackmann:“Wir Türken… Zur kollektiven Identität
türkischer Migranten in Deutschland“ in Aus Politik und
Zeitgeschichte B43 vom 19. 10. 2001
[34]
Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge: „Wie viele Muslime leben in
Deutschland?“ - Eine Hochrechnung über die Anzahl der Muslime in
Deutschland zum Stand 31. 12. 2015 im Auftrag der Deutschen
Islamkonferenz – Working Papeer 71 von Anja Stichs
[36]
Deutscher
Bundestag – Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1-3000-004 /
2015 und
http://www.n-tv.de/politik/Wer-spricht-fuer-die-Muslime-in-Deutschland-article14309876.html
[37]
Susanne
Schröter: „Welcher Islam gehört zu Deutschland?“
http://www.dw.com/de/welcher-islam-gehört-zu-deutschland/a-19276678
[38]
Akli Kebaili: "Keine Klischees bitte!" in pogrom Nr. 231 - 3/2005, Thomas
Seiterich:
„Geistiger Krieg“ in Publik-Forum 13/2013 vom 12.07.2013
[39] [http://www.zeit.de/2001/46/200146_islam_afrika.xml]
Bartholomäus Grill - Kapstadt: Der Islam in Afrika ist toleranter als der in
der arabischen Welt. Dennoch scheint der tausendjährige Religionsfrieden
gefährdet - Thomas Seiterich: "Geistiger Krieg" in Publik Forum 13/2013
[40] Katja Dorothea Buck: Sie unterrichtet Hauptschüler in Islamkunde. Nebenbei bringt Lamya Kaddor die Integration in ganz Deutschland voran – in Publik-Forum Nr. 13/2013 - "Nennt mich bloß nicht Martina Luther" - Interview mit Seyran Ates in Publik-Forum Nr. 7/2017 - www.dw.com/de/bosnien-ort-eines-europäischen-Islam/a.19267486
[40] Katja Dorothea Buck: Sie unterrichtet Hauptschüler in Islamkunde. Nebenbei bringt Lamya Kaddor die Integration in ganz Deutschland voran – in Publik-Forum Nr. 13/2013 - "Nennt mich bloß nicht Martina Luther" - Interview mit Seyran Ates in Publik-Forum Nr. 7/2017 - www.dw.com/de/bosnien-ort-eines-europäischen-Islam/a.19267486
[41] http://www.deutschlandfunk.de/islam-in-deutschland-die-liberalen-muslime-sind-leider-eine.694.de.html?dram:article_id=308202
-
Britta
Baas:„Der missverstandene Gott“ in Publik-Forum Nr. 19/2013
[42] Ahmad Mansour in bpb-magazin Nr. 11, März 2017
[43] http://www.eurozine.com/der-kosmopolitische-staat/
[42] Ahmad Mansour in bpb-magazin Nr. 11, März 2017
[43] http://www.eurozine.com/der-kosmopolitische-staat/
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