Überarbeitet und aktualisiert im Dezember 2021
1. Einleitung
2. Geschichte Schleswigs im Überblick[1]
811
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Wahrscheinlich
schon in spätantiker Zeit reichte das sächsische Gebiet bis an
die Eider. Nachdem unter Karl dem Großen dieses Gebiet zum Reich
kam, wird die Eider zur Landesgrenze zwischen Dänemark und
dem Deutschen Reich (Eidora Romani Terminus Imperii)
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ca.
1100
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Das Herzogtum Schleswig, ursprünglich eine Grenzmark
des dänischen Reiches, gewann unter seinen Herzögen (meist
jüngere dänische Königssöhne) eine immer größere
Selbstständigkeit. Der erste Herzog Schleswigs, Knud Lavard
(gest. 1131) war am sächsischen Hof erzogen und deutschem Wesen
zugetan. Auch unter seinen Nachfolgern setzte sich das Streben der
Regionalfürsten nach größerer Selbständigkeit fort. Die
(nieder-)deutsche Sprache breitet sich auch nördlich der Eider
aus.
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ca.
1350
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Das von der Weser stammende Grafengeschlecht der
Schauenburger gewinnt Herrschaftsrechte zunächst in
Holstein und später auch in Schleswig. Durch diese
verwaltungsmäßige Bindung vergrößert sich der Einfluss
deutscher Kultur und Sprache in Schleswig (einschließlich
Nord-Friesland, siehe 3.053) .
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1460
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Als der letzte Schauenburger 1459 kinderlos stirbt,
wählt die Ritterschaft aus Schleswig und Holstein den dänischen
König Christian I zum Herzog von Schleswig und Grafen von
Holstein. Voraussetzung zur Wahl war das Versprechen Christians,
dass beide Länder „auf ewig ungeteilt“ bleiben („biliven
ewich tosammende ungedelt“). Diese Personalunion dauert bis
1864und führt zu einer Festigung der deutschen Kultur.
Insbesondere nachdem beide Landesteile mit Dänemark die
Reformation übernehmen, wird die Sprache Luthers die Sprache der
Kirche und auch der Beamtenschaft. Rein formal gehörte Schleswig
jedoch weiterhin zu Dänemark und Holstein einschließlich
Lauenburg zum Deutschen Reich.
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts herrscht ein
friedliches nebeneinander der verschiedenen Sprachen und
Dialekte, fast jeder Schleswiger ist mehrsprachig und beherrscht
neben der Muttersprache weitere Sprachvarianten (hochdeutsch,
niederdeutsch, südjütisch (sønderjysk), reichsdänisch
und nordfriesisch in verschiedenen Ausprägungen).
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1848
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Der aufkommende National-Gedanke des 19. Jahrhunderts
führte zu immer größer werdenden Gegensätzen zwischen dänisch-
und deutsch-gesinnten Schleswigern. In Dänemark traten die
Nationalliberalen, unterstützt von dänisch gesinnten
Schleswigern für die Annektierung Schleswigs bis zur Eidergrenze
ein. Dies führte zum 1. Deutsch-Dänischen Krieg von 1848 –
1850. Das gerade tagende Frankfurter Parlament beauftragte
Preußen, die Rechte der deutschen Schleswiger durchzusetzen. Das
Ergebnis war für beide Seiten unbefriedigend. Preußen zog nach
einiger Zeit auf Druck der europäischen Großmächte seine
Truppen zurück, Dänemark bzw. sein König musste sich 1851 in
einem Vertrag gegenüber den deutschen Großmächten Preußen und
Österreich verpflichten , Schleswig niemals dem dänischen Staate
einzuverleiben und die Stände der Herzogtümer in allen
Verfassungsfragen zu konsultieren.[2]
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1852
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Londoner Protokoll: Die europäischen Großmächte
setzen eine neue Thronfolge-Regelung für das Königreich Dänemark
und die Herzogtümer Schleswig und Holstein fest. Prinz Christian
von Sonderburg-Glücksburg wird zum Erben der gesamten dänischen
Monarchie bestimmt.
In den folgenden Jahren erhöhen die Dänen den Druck
bei ihrer Sprachpolitik (in den Schulen Schleswigs wird
dänisch Unterrichtssprache, nur 4 Stunden Deutsch pro
Woche)
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1863
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König Friedrich VII verkündigt sein
„Märzpatent“, eine neue dänische Verfassung, die Schleswig
dem dänischen Staat einverleiben soll. Am 15. 11. stirbt
unerwartet König Friedrich ohne direkten Erben. Gemäß Londoner
Protokoll tritt Christian IX (von Sonderburg-Glücksburg) die
Nachfolge an, gleichzeitig lässt sich jedoch Erbprinz Friedrich
von Augustenburg als Herzog von Schleswig und Holstein ausrufen.
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1864
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Bismarck verfolgte seit langem die Strategie[3],
Schleswig und Holstein für Preußen zu gewinnen. Für dieses Ziel
setzte er sich in Gegensatz zu allen deutschen Mittel- und
Kleinstaaten und zur deutschen Bundesversammlung in Frankfurt, die
die Entsendung eines Bundesheeres nach Holstein beschließt.
Bismarck schließt daraufhin ein Zweckbündnis mit Österreich.
Seine „Diplomatie“ führte schließlich zum
Einmarsch der Preußen und Österreicher nach Schleswig und am 30.
10. zum Frieden von Wien, in dem Dänemark die Herzogtümer
Schleswig und Holstein sowie Lauenburg an Preußen und Österreich
abtritt. Missstimmung in der Bevölkerung, die ein selbständiges
deutsches Herzogtum unter dem Augustenburger wünscht.
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1865
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Gasteiner Vertrag zwischen Preußen und Österreich.
Preußen übernimmt „vorläufig“ die Verwaltung von Schleswig,
Österreich die von Holstein.
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1866
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Bismarck ist nun bereit, die Neuordnung Deutschlands
ohne Österreich anzugehen. Es kommt zum „Deutschen Krieg“ von
1866 und nach der entscheidenden Schlacht von Königsgrätz zum
Frieden von Prag. Schleswig-Holstein fällt an Preußen (§ 5
enthält das Versprechen über eine Volksabstimmung in
Schleswig). Die Minderheitensituation wendet sich,
Dänischgesinnte sind nun Minderheit im preußischen, später
reichsdeutschen Staat und müssen die deutsche Schulsprache
akzeptieren. Eine Volksabstimmung findet nicht statt.
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1918
/ 1920
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Das neutrale Dänemark nutzte nach dem 1. Weltkrieg
die Chance einer Grenzkorrektur. Im Versailler Vertrag von 28. 6.
1919 wird eine Abstimmung über die Zugehörigkeit zu Deutschland
oder Dänemark im nördlichen Schleswig festgelegt und zwar in
zwei Zonen. In der Zone A (nördlich Flensburg)
soll en bloc abgestimmt werden, ein für die Deutschen
nachteiliges Verfahren. Insgesamt entscheiden sich 75431
Nordschleswiger am 10. 2. 1920 für Dänemark, 25329 für
Deutschland. Die deutschen Stimmen konzentrieren sich auf den
südlichen Teil dieser Zone, wo in 41 Gemeinden eine deutsche
Mehrheit vorlag (z. B. Tondern 76 %, Hoyer 73 %). Dennoch wurden
diese Gemeinden nun dänisch und schufen die neue Minderheit der
Nordschleswiger. In der zweiten Zone B endete die Wahl am 14. 3.
1920 mit einem überwältigenden Ergebnis für Deutschland (51724
zu 12800 Stimmen, auch in Flensburg fiel das Ergebnis mit 27000 zu
9000 eindeutig aus). Auf grund dieses Ergebnisses wurde am
15. 6. 1920 von der internationalen Kommission die Grenze
entsprechend diesem Wahlergebnis festgeschrieben und hat bis heute
Bestand.
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1945
- 1954
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Nach dem verlorenen 2. Weltkrieg erblicken Mitglieder
der dänischen Minderheit in Südschleswig, die Chance einer neuen
Grenzkorrektur. Die Not der Nachkriegszeit und die Aufnahme
von Tausenden von Flüchtlingen aus dem Osten Deutschlands führten
vorübergehend zu einem Ansteigen der dänischen Bewegung und der
Stimmen für den SSV (Südschleswigscher Verein) und eine
Sozialdemokratische Partei Flensburg (SPF).Im August
1948 ließ die Britische
Kontrollkommission den SSW (Südschleswigscher Wählerverband) als
politische Partei zu. Man sprach vom Speckdänentum. Die
dänische Regierung wiederstand der Versuchung, diese Situation
auszunutzen. Im Oktober 1948 fand die Londoner Konferenz zur
Südschleswigfrage statt, die im Ergebnis feststellte, dass es
kein Grenz-, sondern nur ein Minderheitenproblem in Südschleswig
gibt. Verhandlungen der britischen Besatzungsbehörden, der Kieler
Landesregierung und des SSV / SSW führten am 26. 9. 1949 zur
Kieler Erklärung,
die festlegte, dass das Bekenntnis zum dänischen Volkstum frei
ist und von Amts weg nicht behindert werden darf. Die Debatte um
„echte“ oder „unechte“ Gesinnung (Speckdänen) wurde
beendet mit dem subjektiven Prinzip: Däne ist, wer Däne sein
will! Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Lübke trat
in der Folge, dafür ein, dass dieses Prinzip auch für die
Deutschen in Nordschleswig gelten müsse (Schreiben vom 15. 3.
1952 an Kanzler Adenauer, veröffentlicht im Flensburger
Tageblatt)[4]
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1955
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Im Zusammenhang mit dem bundesdeutschen Beitritt zur
NATO wurden Verhandlungen zwischen der dänischen und
bundesdeutschen Regierung geführt, die zur richtungweisenden
Bonn-Kopenhagener Erklärung führten, in der nochmals das
Bekenntnisprinzip der Kieler Erklärung für beide Seiten
festgelegt wurde.
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3. Lage und Zahlen
4. Sprache
5. Kultur
Im kulturellen Bereich veranstaltet die Volksgruppe Theateraufführungen, Konzerte, Vorträge und Ausstellungen. Einmal jährlich wird der Deutsche Tag veranstaltet, eine Festveranstaltung und Selbstdarstellung der Volksgruppe mit einer Fülle von Kultur- und Unterhaltungsveranstaltungen.[10] An einem Sonnabend Mitte Juni findet das traditionelle Knivsbergfest statt. Das Fest gibt es seit 1894. Was damals deutsch-nationale Manifestation war, ist heute der Rahmen um ein fröhliches Familienfest der deutschen Nordschleswiger, bei dem immer auch viele Gäste aus Schleswig-Holstein und Dänemark dabei sind.
Nachgeordnete Organisationen des BdN sind u. a.
● der Verband deutscher Büchereien mit Ausleihestellen in Hadersleben, Tondern, Sonderburg und Tingleff, 2 Bücherbussen und 16 Büchereien in den deutschen Privatschulen (s. u.)
● der Sozialdienst Nordschleswig , der die Sozialdienste, Krankenpflege- und Frauenvereine auf Ortsebene betreut. Neben der sozialen Betreuung von Alten, Behinderten und Kindern organisiert er Lehrgänge, Reisen und Erholungskuren. Er ist Träger des Hauses Quickborn, einer Begegnungsstätte mit vielen Angeboten
● die Nordschleswigsche Musikvereinigung, der Chöre in den verschiedenen Gemeinden angehören, veranstaltet regelmäßig Aufführungen großer Werke der Chorliteratur. Das Musikleben der Volksgruppe wird aber auch bereichert durch Kinderchöre, ein Jugendblasorchester, einen Jugendmusikwettbewerb u. v. a.[11]
● die Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft veröffentlicht regelmäßig Schriften über landeskundliche Themen und führt Exkursionen durch.
● die deutsche Bibliothek und das Deutsche Museum in der alten Sonderburger Brauerei enthalten wichtige Sammlungen und Ausstellungsstücke über die deutsche Geschichte und Kultur in Nordschleswig seit Anfang des 19. Jahrhunderts.[12]
● der deutsche Jugendverband ist Dachorganisation für 28 Sportvereine, Jugend- und Freizeit-Klubs und –Einrichtungen. Er ist Träger der Bildungsstätte Jugendhof Knivberg. Dort findet jährlich das traditionelle Knivbergfest statt an dem sich in den letzten Jahren stets ca. 5000 Jugendliche aus ganz Schleswig beteiligten.[13]
6. Politische Situation
Die Grenzziehung 1920 wurde von den deutschen Nordschleswigern als ungerecht empfunden. Der Schleswigsche Wählerverein – später die Schleswigsche Partei, die sofort nach der Trennung gebildete politische Organisation der deutschen Nordschleswiger, setzte sich daher für eine Grenzrevision ein und geriet damit zwangsläufig in ständigen Gegensatz zum dänischen Staat. Dieser versuchte seinerseits durch Abriegelung der Grenze nach Süden und Förderung der Zuwanderung aus dem dänischen Norden die deutsche Minderheit auszutrocknen. Allerdings muss man dem dänischen Staat zugestehen, dass er dennoch die vielfältigen Betätigungen der deutschen Vereine, der Schulen u. a. nicht behinderte. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland verstärkten sich die Gegensätze, die Schleswigsche Partei, die seit 1920 stets mit einem Abgeordneten im dänischen Parlament vertreten war, geriet nun in völlige Abhängigkeit von der NSDAP. Die Gegensätze verstärkten sich nach der deutschen Besetzung Dänemarks 1940. Gleichzeitig meldeten sich ca. 2300 junge Nordschleswiger freiwillig zur deutschen Wehrmacht.
So gestaltete sich der Neuanfang nach 1945 äußerst schwierig, zumal die Dänen zunächst auch massiv gegen Mitglieder der deutschen Volksgruppe vorgingen. Eigentum der Volksgruppe wurde enteignet, deutsche Einrichtungen und Denkmäler zerstört und mancher Angehörige der Minderheit musste aufgrund rückwirkend erlassener Gesetze ins Gefängnis.. Dennoch gelang bereits im November 1945 ein Neuanfang mit der Gründung des Bundes deutscher Nordschleswiger (BdN). In seiner Gründungserklärung zog man eine Schlussstrich unter die Vergangenheit und erklärte die Loyalität zum dänischen Staat und König und die Anerkennung der Grenze. Gleichzeitig bekräftigte man aber auch die feste Bindung an die deutsche Sprache und Kultur.1945 hatte Dänemark ein neues Wahlgesetz geschaffen, dass es der Schleswigschen Partei nicht ermöglichte, einen Abgeordneten nach Kopenhagen zu entsenden[14]
Dieses Wahlgesetz wurde 1953 modifiziert und so konnte die Volksgruppe den Landwirt Hans Schmidt-Oxbüll mit je ca. 10.000 Stimmen bis 1964 ins dänische Folketing entsenden. Nach 1964 reichte dieser Stimmenanteil wegen der dänischen 2 % - Klausel (und nicht zuletzt aufgrund ständiger Zuwanderung aus anderen Teilen Dänemarks) nicht mehr aus, um einen Abgeordneten zu stellen. Jedoch konnte die Volksgruppe noch einmal in den Jahren 1973 – 1979 aufgrund einer Wahlabsprache mit den dänischen Zentrumsdemokraten einen Abgeordneten entsenden. Seitdem hat die deutsche Volksgruppe keinen Vertreter mehr im dänischen Parlament. Als Ersatz für die parlamentarische Vertretung wurde in Kopenhagen ein Kontaktausschuss (aus Vertretern der dänischen Regierung, des Folketing und der deutschen Volksgruppe) gebildet, der einmal im Jahr zusammentritt und alle anstehenden Fragen der Minderheit berät. Außerdem richtete die dänische Regierung der deutschen Volksgruppe ein Sekretariat in unmittelbarer Nähe des Schlosses Christiansborg ein, das den ständigen Kontakt zu Regierung und Parlament pflegen kann.[15]
Nicht zuletzt durch diese Maßnahmen und die Bonn-Kopenhagener Erklärung von 1955 hat sich die Situation der deutschen Volksgruppe inzwischen beinahe vorbildlich entwickelt.
Nach der Strukturreform von 2006 ist Nordschleswig seit 2007 Teil der Region Syddanmark. Bis zur Gebietsreform 2006 war die Schleswigsche Partei (SP) stets mit einem Mandat im Amtsrat (Kreistag Nordschleswig) vertreten. Nach der Strukturreform von 2006 ist Nordschleswig Teil der Region Syddanmark und die SP kann in diesem Gremium keinen Abgeordneten mehr stellen.
Mit der ab 2007 geltenden neuen Strukturreform wurden auch die Kommunen zu größeren Einheiten zusammengefasst. Die vorherigen 23 Gemeinden Nordschleswigs wurden in vier Kommunen zusammenelegt, die etwa den vier Kreisen vor 1970 entsprechen,(Tondern, Apenrade, Hadersleben und Sonderburg). In diesen 4 Gemeinden Nordschleswigs ist die SP(Schleswigsche Partei - Slesvigsk Parti) jeweils mit 1 oder mehreren Abgeordneten vertreten. Das dänische Kommunalwahlrecht sieht seit 2005 zur Wahrung des Minderheitenschutzes vor, dass die SP auch dann ein Sondermandat im Gemeinderat ohne Stimmrecht zugeteilt bekommt, wenn die Partei der deutschen Minderheit ein Viertel der Stimmen eines Mandates erreicht.
7. Schulen und Kindergärten
In Nordschleswig gibt es z. Zt. (2021) 13 deutsche Schulen und ein Gymnasium in Apenrade mit etwa 1400 Schülern. Hinzu kommt die Deutsche Nachschule / Jugendvolkshochschule in Tingleff. Es handelt sich ausschließlich um Privatschulen mit örtlichen Schulvereinen als Träger, die wiederum im Deutschen Schul- und Sprachverein für Nordschleswig zusammengeschlossen sind. (siehe http://www.dssv.dk/) Alle sind vom dänischen Unterrichtsministerium anerkannt. Im Schulgesetz ist festgelegt, dass der dänische Staat ca. 85 % der Kosten trägt, den Rest müssten die Eltern tragen, er wird jedoch vom Land Schleswig-Holstein und der Bundesrepublik übernommen. Dabei übernimmt das Land Schleswig-Holstein überwiegend die Entsendung von Lehrkräften. Wesentliches Merkmal der Schulen ist die deutsche Sprache, in der unterrichtet wird und die Vermittlung deutscher Kultur. Aber auch dänische Sprache (ab 3. Klasse) und die Erziehung zu verantwortungsbewussten dänischen und europäischen Staatsbürgern gehört zu den Zielen der Deutschen Schulen. Alle Abschlüsse – also auch das Abitur und die Hochschulreife – werden sowohl von Dänemark als auch von Deutschland anerkannt.
Jede Schule ist eine weitgehend autonome
Einheit, aber eine Reihe von wesentlichen Identifikationsmerkmalen sind für
alle gleich. Dazu gehört einerseits die deutsche Sprache. In den deutschen Schulen
wird der Unterricht in deutscher Sprache erteilt, wie überhaupt die deutsche
Sprache ein wesentlicher Identitätsfaktor für die nordschleswigsche Gemeinschaft ist. Mit der
Sprache vermittelt die Schule die Zugehörigkeit zum deutschen Kulturkreis und zur
Geschichte der deutschen Volksgruppe in Dänemark. Andererseits gehören auch die
Vermittlung einer ausgeprägten Kompetenz in der dänischen Sprache sowie
die Vermittlung dänischer Kultur und Geschichte zum natürlichen Auftrag der deutschen Minderheits-Schulen.
Neben der traditionellen Elternschaft aus der Volksgruppe finden zunehmend auch
Eltern ohne unmittelbaren historischen Bezug zur Volksgruppe den Weg in deutsche Schulen, weil sie das Angebot für ihre Kinder fachlich, pädagogisch und
gesellschaftspolitisch attraktiv finden.
Der deutsche Schulverein ist auch Träger der deutschen Kindergärten, die eine besondere Aufgabe haben, die dialektsprechenden Kinder spielerisch mit deutscher Umgangssprache auf den Besuch der deutschen Schule vorzubereiten. Unterhalten werden z. Zt.(2021) 19 Kindergärten mit etwa 500 Kindern.[17)
8. Kirche
Schleswig ist seit der Reformation nahezu ausschließlich evangelisch-lutherisch geprägt. Dies gilt für Nordschleswig auch heute, denn im Gegensatz zu Südschleswig gab es hier nach dem 2. Weltkrieg keine Zuzüge von Flüchtlingen aus dem deutschen Osten. Bestimmendes Merkmal der lutherischen Kirche in Schleswig war seit der Reformation die deutsche Hochsprache, die in Gottesdiensten und dort vor allem bei der Predigt benutzt wurde. Aufgrund der besonderen Sprachsituation in Nordschleswig hatte die deutsche Hochsprache in der Kirche eine ganz besondere Bedeutung. Wie schon erwähnt handelt es sich bei der deutschen Volksgruppe in Nordschleswig nicht um eine Sprachminderheit, sondern eine Bekenntnis-Minderheit, die umgangssprachlich vorwiegend einen dänischen Dialekt spricht (Sønderjysk). Für das Bekenntnis ist aber die Kultursprache von ausschlaggebender Bedeutung, d. h. die Sprache, die man als Schriftsprache benutzt, als Sprache bei öffentlichen Auftritten und nicht zuletzt des Gottesdienstes und der Predigt. Für den Dialektsprecher war es von größter Bedeutung, in welcher Hochsprache er sein Vaterunser betet. Diese Hochsprache ist seine Kultursprache und damit ein wesentliches Identitätsmerkmal.[18]
Nach der Angliederung Nordschleswigs 1920 an Dänemark wurde dänischerseits eine deutschsprachige kirchliche Versorgung akzeptiert, soweit hierfür „Bedarf“ vorläge. Bei der Feststellung dieses Bedarfes gab es jedoch unterschiedliche Anschauungen zwischen deutscher Minderheit und dänischer Regierung. Bedarf sah man seitens der dänischen Volkskirche nur in den Städten Apenrade, Hadersleben, Sonderburg und Tondern. Deshalb gibt es in Nordschleswig Gemeinden mit deutschsprachiger kirchlicher Versorgung durch die dänische Volkskirche (Folkekirken) – vornehmlich in den vorgenannten Städten. Die übrigen deutschgesinnten Landgemeinden blieben ohne kirchliche Versorgung. Dies führte 1923 zur Gründung der Nordschleswigschen Gemeinde in Tingleff als Freikirche, genauer gesagt als Verein nach dänischem Recht. Sie hat sich zu diesem Zeitpunkt der Schleswig-Holsteinischen Landeskirche angeschlossen und wurde von dort finanziell und organisatorisch unterstützt.
Diese Praxis wird – mit einer kurzen Unterbrechung - nach 1945 – bis heute fortgesetzt. In den 4 Städten gibt es nach wie vor vier deutschsprachige Pastoren, die von der dänischen Volkskirche angestellt werden. Sie kommen häufig auch aus Schleswig-Holstein, so seit März 2020 die Pastorin Dorothea Lindow, die aus Eutin stammt, und nun die Gemeinden in Tondern und Uberg betreut. Für die deutschen Gemeinden in den 4 nordschleswigschen Städten ist der dänische Bischof in Ripen zuständig
Für die ländlichen Bereiche ist gemäß dänischer Gesetzgebung eine evangelisch-lutherische „Freigemeinde“ verantwortlich, die Nordschleswigsche Gemeinde, die durch einen Anschlussvertrag eng mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (bis 1977 Schleswig-Holsteinische Landeskirche, dann Nordelbischen Kirche bis 2012) verbunden ist. Sie hat sieben Pfarrbezirke, die alle evangelisch-lutherischen Deutschen auf dem Lande betreuen können. Für die deutsche Volksgruppe ist diese Lösung von unschätzbarem Wert, da so auch solche Christen an die deutsche Sprache gebunden werden, die den politischen und kulturellen Organisationen der Minderheit fern stehen.
Zwischen den deutschen Gemeinden in den Städten und auf dem Lande gibt es zwei verbindende Brücken. Zum einen bilden alle Pastoren und Pastorinnen einen gemeinsamen Konvent, der unter dem Vorsitz der Seniorin/des Seniors tagt. Zum anderen ist der »Verein der Freunde der Breklumer Mission in Nordschleswig e.V.« zu nennen, der sich der Äußeren Mission verpflichtet fühlt und Menschen ungeachtet ihrer Kirchenzugehörigkeit zusammenführt. [19)
9. Medien
Wichtigstes Medium der deutschen Volksgruppe ist die Zeitung „Der Nordschleswiger“. Sie wurde 1946 als Wochenzeitung gegründet und erscheint seit 1951 als Tageszeitung. Sie hat sich als Sprachrohr der Volksgruppe einen Namen gemacht und wird auch in der dänischen und deutschsprachigen Presse häufig zitiert, wenn es um deutsch-dänische oder Minderheitenfragen geht. Dank der Zuschüsse der Deutschen Bundesregierung kann sie auch als auflagenkleine Zeitung wirtschaftlich bestehen. Die Zeitung ist auch digital erhältlich. Der Nordschleswiger ist längst viel mehr als Papier, er ist das Aushängeschild der Volksgruppe! [20] Seit Anfang 2004 ist die Zeitung auch im Radio präsent. In Zusammenarbeit mit einem Privatsender werden zweimal täglich von Apenrade aus kurze Radionachrichten auf der Frequenz von „Skala FM“ in deutscher Sprache gesendet. Der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) würde keine eigenen Radio- und Fernsehsender anstreben, erläutert der Leiter des Sekretariats in Kopenhagen, Harro Hallmann. Dagegen setze man darauf, in höherem Maß in den sozialen Medien mit Videoinformationen präsent zu sein.
Der Europarat forderte im Oktober 2020 die dänische Regierung auf, konkrete Schritte in enger Zusammenarbeit mit den Deutschsprachigen zu unternehmen, um Radio und Fernsehsendungen auf passendem Niveau anzubieten. .[21)
10. Zukunft der Volksgruppe
c) www.sydslesvigsk-forening.de
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