3.053 Nordfriesen


aktualisierte Version Januar 2019

Lage und Zahlen

Ein zusammenhängendes friesisches Sprachgebiet gibt es heute nicht mehr. Aufgrund der geschichtlichen Entwicklung müssen wir heute drei friesische Volksgruppen unterscheiden. Die besondere Geschichte und heutige Situation der Westfriesen in den Niederlanden und der ostfriesischen Sprache wird von mir unter nachstehenden Posts behandel:


3.052 die Ostfriesen / Saterfriesen

Die gemeinsame Frühgeschichte der Friesen behandelt mein Post 3.05 Friesen

 


Das heutige Siedlungsgebiet der Nordfriesen umfasst große Teile des Kreises Nordfriesland in Schleswig-Holstein und die zum Kreis Pinneberg gehörige Insel Helgoland. Etwa 50000 bis 60000 Personen fühlen sich von der Abstammung und Verbundenheit her als Nordfriesen, davon sind etwa 10000 aktive Sprecher eines nordfriesischen Dialekts, weitere 20000 verstehen diese Sprache(n).1 Auf den Inseln Sylt, Föhr, Amrum und Helgoland und den nördlichen Halligen finden wir friesisch als Familiensprache und öffentliches Kommunikationsmittel, allerdings in unterschiedlichen Konstellationen zu Hoch- und Niederdeutsch. Auf dem Festland werden friesische Dialekte in einem Küstenstreifen zwischen Husum und der heutigen deutsch-dänischen Grenze gesprochen, wobei sich friesisch hier eindeutig in einer Minderheiten-Situation befindet, abgesehen von einem kleinen Bereich um Risum-Lindholm (südlich Niebüll in der Bökingharde) sowie einigen Dörfern der Wiedingharde. (siehe nachstehende Karte und weiter unten "nordfriesische Dialekte")

Quelle: Onno Gabriel [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

Früh-Geschichte


Mittelalterliche Quellen über die Nordfriesen liegen nicht vor. Durch die lautgeschichtliche Erforschung der heute noch gesprochenen Mundarten und archäologische Grabungen weiß man, dass die Nordfriesen in zwei Epochen aus dem heutigen West- und Ostfriesland nach Nordfriesland eingewandert sind. Bei der ersten Einwanderungswelle im 7./8. Jahrhundert
wurden die heutigen Inseln Sylt, Amrum, Föhr und Helgoland sowie der westliche Teil Eiderstedts besiedelt. In einer zweiten Wanderbewegung kamen im 11. Jahrhundert West/Ostfriesen in den Bereich des heutigen Nordfriesland und auf die Halligen.2  
Im übrigen ist die weitere Geschichte der Nordfriesen eng mit dem Landesteil Schleswig verbunden. Unter 2.0110 Deutsche Nordschleswiger habe ich diese gemeinsame Geschichte von Deutschen, Dänen und Friesen in Schleswig in einer Übersichtstabelle zusammengefasst.

Nordfriesische Dialekte und ihre Geschichte


Aufgrund der unterschiedlichen Einwanderungszeiten und durch die Vermischung mit einer vorgefundenen Bevölkerung bestehen zwischen den Dialekten der Inselfriesen einerseits und der Festland- und Halligfriesen andererseits erhebliche Unterschiede. Wir sprechen daher von 2 nordfriesischen Sprachgruppen, die sich so stark voneinander unterscheiden, dass sich Inselfriesen und Festlandfriesen nur auf niederdeutsch oder hochdeutsch miteinander verständigen.3 Bei den Inselfriesen war durch die lange Trennung sogar das friesische Bewusstsein verlorengegangen. Man bezeichnete die Hallig- und Festlandfriesen als „Friesen“ und deren Sprache als „friesisch“, sich selbst und die eigene Sprache aber nicht.4

Da es im heutigen Nordfriesland nie ein politisches oder kulturelles friesisches Zentrum gab, konnte auch nie eine übermundartliche friesische Verkehrssprache ausgebildet werden. Vielmehr führten Einflüsse des Niederdeutschen und des Dänischen (Südjütischen) zu einer weiteren Aufsplitterung in kleinräumige Dialektbereiche.

Seit dem Mittelalter war das Niederdeutsche – die Sprache der Hanse – übermundartliche Verkehrssprache in Nordfriesland. Durch die Reformation wurde Niederdeutsch Kirchensprache, spätestens ab dem 18. Jahrhundert Hochdeutsch. Auch als Amtssprache wurde Niederdeutsch im 16. und 17. Jahrhundert von Hochdeutsch abgelöst. Schon im Mittelalter gingen die an den Grenzen des friesischen Sprachgebiets liegenden Städte wie
z. B. Husum und Tönning zum Niederdeutschen über. Im 17. und 18. Jahrhundert ging die Halbinsel Eiderstedt dem friesischen Sprachgebiet verloren, ebenso wie die nach der großen Sturmflut 1634 entstandenen Inseln Pellworm und Nordstrand. Schließlich wurden im 19. Jahrhundert Bereiche von Föhr (Wyk, Nieblum), Amrum (Wittdün) und West-Sylt endgültig niederdeutsche bzw. hochdeutsche Sprachgebiete, ebenso wie weite Bereiche zwischen Husum und Tondern sowie auf den Halligen.5

Aufgrund dieser geschichtlichen Entwicklung können wir heute folgende Bestandsaufnahme6 des nordfriesischen Sprachraums vornehmen:

A. Insel-Nordfriesen


A.1. Föhr


Die Nordseinsel Föhr ist sprachlich geteilt. Der Hauptort Wyk und das Dorf Nieblum sind wie bereits erwähnt seit Mitte des 19. Jahrhunderts niederdeutsches Sprachgebiet. Die übrigen Bereiche sind wichtige "Festungen" der friesischen Sprache. Diese heißt auf Föhr: Fering (fries. Feer) und gilt mit dem Amring der Insel Amrum als eine Dialektgruppe des Nordfriesischen. Fering unterscheidet sich vom Amring kaum in der schriftlichen Form, wohl aber in der lautlichen Betonung. Vom Fering gibt es 3 Varianten, wobei das Weesdring, die Mundart von Westerland-Föhr nicht nur die Hochburg auf Föhr sondern generell des Nordfriesischen ist. In Osterland-Föhr wird die Aasdring-Mundart gesprochen und schließlich gibt es noch eine Südföhrer Variante. Im Süden und in der Mitte Föhrs waren zwischenzeitliche Verluste zugunsten einer nieder- oder hochdeutschen Umgangssprache festzustellen, inzwischen hat sich dieser Trend jedoch sogar umgekehrt so dass Nils Århammer feststellen kann, dass Fering Terrain zurückgewinnt und eine größere Widerstandskraft gegen das Vordringen des Hochdeutschen besitzt als das Plattdeutsche.7

A.2. Amrum


Der Amring (fries. Öömrang) genannte Dialekt der Insel Amrum hat eine große Nähe zum Fering der Insel Föhr. Außer im erst 1890 gegründeten Seebad Wittdün – an der Südspitze der Insel – ist in den Dörfern Norddorf, Nebel und den kleineren Orten Süddorf und Steenodde friesisch weit verbreitete Umgangssprache unter Einheimischen. Man schätzt, das etwa 1000 Amrumer ihr Öömrang sprechen. Durch Zuzug vom Festland und durch den Fremdenverkehr besteht jedoch eine starke Gefährdung.

A.3. Sylt


Die geschilderten Gefahren für das Friesische gelten in besonderem Maße für das Sölring (fries. Söl) der Insel Sylt. Sölring gilt für andere Friesen als besonders schwer verständlich. Es wird vor allem noch im Osten der Insel gesprochen, wobei Schätzungen davon ausgehen, dass von den Bewohnern der Insel Sylt z. Zt. lediglich 4% friesisch gut beherrschen.8 Die „Sölring Foriining“ mit Sitz in Keitum setzt sich mit Nachdruck für den Erhalt des Sylter Friesisch (Söl’ring) ein. Außerdem unterhält man 2 Museen und veranstaltet friesische Heimatabende mit Tanzvorführungen in Sylter Tracht, was auch bei Touristen eine große Resonanz findet. Auf eine große Resonanz stößt auch das sogenannte Biikebrennen am 21. 2. jeden Jahres, dem friesischen Nationalfest. Die Bedeutung dieses Brauchs (er erinnert Besucher an die Osterfeuer) hat im Laufe der Jahrhunderte mehrfach gewechselt (heidnische Opferrituale, Wintervertreibung, Abschiedsfeuer für Seefahrer). Seit dem 19. Jahrhundert gelten die Biiken – nicht nur auf Sylt, sondern bei allen Nordfriesen – als Symbol friesischen Volkstums und friesischer Verbundenheit.9

A.3. Helgoland


Die Insel Helgoland gehört als einzige nicht zum Kreis Nordfriesland, sondern zum Kreis Pinneberg. Viele Bewohner sprechen noch den friesischen Dialekt Halunder (fries. Deät Lun)

B. Das Festland-Nordfriesische


Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts lebten die Bewohner vieler Dörfer des nordfriesischen Festlands in oft unzugänglichen Moor- und Sumpfgebieten und dadurch in großer Abgeschiedenheit (dies gilt selbstverständlich auch für die Halligen). Diese Situation hat neben dem Einfluss der jeweiligen Staats- und Verkehrssprachen (Hochdeutsch, Niederdeutsch, Dänisch, Südjütisch) zu einer Dialektzersplitterung auf engsten Raum beigetragen So zählen wir heute noch 6 verschiedene Dialekte des Festland- und Hallig-Nordfriesischen. Die siebte oft angeführte Mundart, das Südergoesharder Friesisch, ist mit der letzten Muttersprachlerin am 10. 10. 1981 ausgestorben.10  
(Siehe auch obige Karte der nordfriesischen Dialekte)

B.1. Wiedingharder Friesisch


Harden waren die Verwaltungs- bzw. Gerichtsbezirke der Herzöge von Schleswig bzw. der Könige von Dänemark. Durch die Grenzziehung von 1920 liegt die Wiedingharde nun unmittelbar südlich der dänischen Grenze. Das Wiringhiirder freesk ist stark vom dänischen bzw. vom südjütischen Dialekt beeinflusst.. Lediglich Emelsbüll, der südliche Ort der Harde, weist große Nähe zum mooringer Friesisch auf.

B.2. Bökingharder- oder Mooringer Friesisch


Beim Böökinghiirder frasch handelt es sich um die meistgesprochene Haupt-Mundart des Festland-Nordfriesischen. Aber auch innerhalb dieser Mundart gibt es noch Dialektunterschiede: das Westermooringer frasch (Niebüll, Deezbüll), das Ostermooringer frasch (Risum-Lindholm) und Sonderstellungen in Dagebüll und Fahretoft. Risum-Lindholm ist die Hochburg der Friesischsprecher auf dem Festland.

B.3. Nordergoesharder Friesisch


Diese Mundart wird nördlich der Stadt Bredstedt (fries. Bräist) gesprochen. Man unterscheidet aber auch hier noch zwei unterschiedliche Ausformungen: das Horninger fräisch (um Langenhorn) und das Hoolmer freesch (um Ockholm).

B.4. Mittelgoesharder Friesisch


Dieser in Bredstedt und südlich davon gesprochene Dialekt (freesch) ist akut vom Aussterben bedroht. Das gleiche gilt für das

B.5. Karrharder Friesisch


(fräisch) im Bereich südlich von Leck

B.6. Halligfriesisch


Halifreesk (fries.: e Halie) wird noch auf den Halligen Langeneß, Oland und Hooge gesprochen, ist aber auch vom Aussterben bedroht. Das Halligfriesische ist eng mit den Goesharder Mundarten verwandt.

Nordfriesische Bewegungen und Vereine


In der Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte die Romantik und mit ihr das Interesse an der eigenen Sprache und Identität auch Nordfriesland. Es erschienen erste Veröffentlichungen zur friesischen Geschichte, Volkskultur und Sprache. Dies blieb jedoch das Werk einiger Intellektueller. Zu einer breiten Volksbewegung kam es nicht, vor allem weil gleichzeitig der Gegensatz zwischen Deutsch und Dänisch die Bevölkerung im Herzogtum Schleswig bewegte. (siehe die Übersichtstabelle unter 2.0110 Deutsche Nordschleswiger). Nach fehlgeschlagenen Versuchen wurde erst 1902 der „Nordfriesische Verein für Heimatkunde und Heimatliebe“ gegründet. Seine Mitglieder legen bis heute Wert darauf, als Angehörige eines „deutschen Stammes“ angesehen zu werden11, weil Nordfriesland seit Jahrhunderten eng mit der deutschen Sprache und Kultur verbunden war. So stimmte auch die übergroße Mehrheit aller Friesen 1920 für einen Verbleib bei Deutschland. In Gegensatz zu dieser Position setzte sich der 1923 gegründete Friesisch-Schleswigsche Verein, der eine national-friesische Position bezog (Friesen sind weder Deutsche noch Dänen, sondern ein eigenständiges Volk). Dieser Gegensatz wurde zum Teil mit großer Vehemenz ausgetragen und flammte nach dem 2. Weltkrieg erneut auf, als die 1948 als Nachfolgerin des Friesisch-schleswigschen Vereins gegründete „Foriining for nationale Friiske“ (zunächst Frashe) den Anschluss Schleswigs an Dänemark forderte, weil man im dänischen Staat eher die Möglichkeit sah, seine national-friesischen Ziele zu verwirklichen und meinte, eine Überfremdung durch Flüchtlinge verhindern zu können. So verband man sich auch politisch mit dem dänisch orientierten SSW und bestimmte dort zeitweise maßgeblich die Nachkriegs-Politik.

Nach der Bonn-Kopenhagener Erklärung 1955 (siehe 2.0110 Deutsche Nordschleswiger) normalisierte sich auch das Verhältnis zwischen den deutsch- und national-gesinnten Friesen. Ein Übergewicht in der Zustimmung liegt weiterhin beim Nordfriesischen Verein mit den ihm angeschlossenen 15 örtlichen Vereinigungen mit einer Mitgliederzahl von ca. 4800. Die Foriining for nationale Friiske hat rund 600 Mitglieder und arbeitet eng mit der dänischen Minderheit und dem SSW zusammen. Gemeinsam vertreten beide Vereinigungen Nordfriesland im Friesenrat (siehe 3.05 Friesen, Abschnitt: Pan-Friesische Verbundenheit) und sie sind ebenso gemeinsam Träger des 1948 gegründeten Nordfriesischen Instituts in Bredstedt. Dieses Institut ist die zentrale Einrichtung der Friesen zur Erforschung und Pflege der friesischen Sprache und Kultur. Neben Mitgliedsbeiträgen (ca. 5%) wird es vornehmlich durch Zuschüsse vom Land Schleswig-Holstein, aus Bundesmitteln, aber auch Zuschüssen vom Kreis Nordfriesland, der Stadt Bredstedt und aus Dänemark (über die Sydslesvigsk Forening) finanziert.12 Um die Beziehungen zueinander zu verbessern haben sich die verschiedenen nordfriesischen Fraktionen darauf verständigt, sich als friesische Volksgruppe und nicht als Minderheit zu bezeichnen. Dieser Kompromiss ist inzwischen allgemein akzeptiert.13

Heutige politische Situation der Nordfriesen


Das Land Schleswig-Holstein hat in Art. 5 seiner Verfassung die Bezeichnung Friesische Volksgruppe übernommen und ihre kulturelle Eigenständigkeit unter den besonderen Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände gestellt. Darüberhinaus  hat der Landtag von Schleswig-Holstein am 13. Dezember 2004 ein Gesetz zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum beschlossen (siehe http://de.wikisource.org/wiki/Friesisch-Gesetzhttps://de.wikisource.org/wiki/Friesisch-Gesetz_(2004)).  Seit 1988 besteht bei der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung das Amt des Grenzlandbeauftragten der Ministerpräsidentin (siehe 2.3.1). Dieser ist auch für die Beachtung und Förderung der Rechte der nordfriesischen Volksgruppe verantwortlich. Alle Parteien im Landtag fühlen sich inzwischen der Förderung der Friesen verpflichtet. Beim Schleswig-Holsteinischen Landtag besteht ein Gremium unter Vorsitz des Landtagspräsidenten, das alle für Friesen wichtigen Fragen berät und gegebenenfalls im Landtag Gesetzesvorschläge einbringt.14 Motor bei der Verfolgung friesischer Interessen ist nach wie vor der SSW, der seit 2000 immer mit mindestens einem friesischen Abgeordneten im Landtag vertreten ist. Seit der letzten Landtagswahl 2017 ist Lars Harms Vorsitzender der SSW-Landtagsfraktion. Lars Harms ist auch Mitglied im Vorstand der
Friisk Foriining (friesische Kulturorganisation) und  Mitglied im Verein Nordfriisk Instituut. Weitere Hinweise zum SSW siehe unter Dänische Volksgruppe in Schleswig-Holstein.

Vorteilhaft für die Friesen ist auch die Tatsache, dass die deutsche Bundesregierung die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen und das Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarates ratifiziert hat und in diesem Rahmen auch das Nord- und Saterfriesische unter besonderen Schutz gestellt wurde.15

Kindergärten und Schulen


Auf Anregung des vorerwähnten Gremiums beim Schleswig-Holsteinischen Landtag wurde 1993 – 1996 probeweise die Verwendung von friesisch im Kindergartenbereich an zwei Standorten (Föhr und Risum-Lindholm) eingeführt. Aufgrund dieses Modellversuchs wird inzwischen an 28 Kindergärten in Nordfriesland die friesische Sprache in unterschiedlichem Umfang benutzt.16 Friesisch-Unterricht wird auf freiwilliger Basis an insgesamt 25 Schulen des nordfriesischen Sprachgebiets erteilt (davon 3 des dänischen Schulvereins) . Im Schuljahr 2002/03 unterrichteten 29 Lehrpersonen wöchentlich 154 Stunden Friesisch für 1473 Schüler(innen).17

An den Universitäten Kiel und Flensburg wird das Fach Friesisch für Lehramtsanwärter angeboten. Hiervon machten 2000 an der Uni Flensburg 14 und an der Uni Kiel 46 Studierende Gebrauch.18

Die örtlichen friesischen Organisationen und die Volkshochschulen im Kreis Nordfriesland bieten regelmäßig Sprachkurse in Friesisch für Erwachsene an.19

Friesische Literatur und Veröffentlichungen


Ein Problem für alle friesischen Veröffentlichungen ist die nordfriesische Mehrsprachigkeit, so dass in der jeweiligen Mundart immer nur ein begrenzter Kreis angesprochen werden kann.
Hinzu kommt, dass sich erst in jüngster Zeit eine Kodifizierung der verschiedenen Dialekte und eine einheitliche Orthographie durchgesetzt haben.20 Das erste Werk in friesischer Sprache erschien bereits 1809 in Sylter Friesisch. Seitdem sind viele Werke und Übersetzungen in den verschiedenen nordfriesischen Mundarten erschienen. Eine wichtige Rolle spielt auch hier das Nordfriesische Institut, das die Vierteljahresschriften „Nordfriesland“ und „Der Maueranker“, das „Nordfriesische Jahrbuch“ und viele Bücher in friesischer und deutscher Sprache herausgibt.21 Die Foriining for nationale Friiske gibt in unregelmäßigen Abständen die Zeitschrift „Üüsen äine wäi“ heraus und in der Zeitschrift „Zwischen Eider und Wiedau“, herausgegeben vom Nordfriesischen Verein, werden ebenso regelmäßig Beiträge in friesischer Sprache veröffentlicht. Hinzu kommen Zeitschriften der regionalen friesischen Vereine auf den Inseln und auf dem Festland. Wer an der friesischen Sprache interessiert ist, kann auch zweisprachige Bücher erwerben und sich so mit der friesischen Sprache vertraut machen.22

Friesisch in den Medien und in der Öffentlichkeit


In den Zeitungen des shz-Verlags (Husumer Nachrichten, Insel-Bote, Nordfriesland Tageblatt) erscheinen regelmäßig friesischsprachige Beiträge und Sonderseiten bzw. Zeitungsbeilagen.

Die NDR-Welle Nord sendet jeden Mittwochabend drei Minuten in einem nordfriesischen Dialekt.23 Im privaten Kanal RSH werden unregelmäßig einstündige Sondersendungen für die Westküste und den Raum Flensburg / Schleswig ausgestrahlt. Schließlich sendet seit Oktober 1999 der offene Kanal Westküste jeden ersten Montag im Monat eine halbe Stunde auf friesisch, die an jedem dritten Montag wiederholt wird.

Regelmäßige Fernsehsendungen in friesischer Sprache gibt es z. Zt. nicht. Dies wird von den nordfriesischen Vereinen und auch dem Gremium für Friesisch-Fragen des Schleswig-Holsteinischen Landtags bemängelt. Landtagspräsident Arens monierte, dass der NDR seine Pflicht in dieser Hinsicht nicht erfülle. Er halte es für machbar, dass im Dritten Programm friesische Sendungen mit deutschen Untertiteln ausgestrahlt werden.24

Hinsichtlich zweisprachiger Ortstafeln gab es in Schleswig lange kontroverse Diskussionen. Obwohl die Initiativen immer nur deutsch-friesische Ortsschilder vorsahen, wurden diese mit dem Hinweis auf die anderen Sprachen und Dialekte (Niederdeutsch, Dänisch, Südjütisch) abgelehnt, weil dann im Ergebnis 5sprachige Beschilderungen herauskämen.25 Inzwischen sind entsprechend dem oben genannten Gesetz zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum deutsch-friesische Ortstafeln zugelassen, wenn die betroffenen Gemeinden dies beantragen. Hiervon haben inzwischen viele Gemeinden Gebrauch gemacht (z. B. Risum-Lindholm, Bredstedt, Nebel, Norddorf, Süddorf und Steenodde auf Amrum, Niebüll, Utersum auf Föhr und Kampen auf Sylt u.a.).26
                                          Ortsschild von Norddorf  auf Amrum


Einsprachig friesische Straßennamen finden wir in vielen Dörfern auf den Inseln und in einigen Gemeinden auf dem Festland. Hierdurch wird der friesische Charakter der jeweiligen Gemeinde besonders augenfällig hervorgehoben. Touristen reagieren hierauf in aller Regel positiv, zumal Touristenbüros (wie z. B. auf Amrum) hierzu entsprechende Hinweise mit Erklärungen und Übersetzungen anbieten. In der Zeitschrift "Zwischen Eider und Wiedau" 2016, S. 169-174 ist inzwischen ein Artikel über die  Straßennamen in Norddorf auf Amrum erschienen (A struatennöömer bi nuurd) in dem die Bedeutung der Straßennamen und ihre Herkunft erläutert wird. Ebenso in der Gästezeitschrift "Der kleine Amrumer" von 2016.

Zukunft der Nordfriesen und ihrer friesischen Sprache(n)


Wie bereits angeführt, besteht heute ein Verhaltener Optimismus hinsichtlich der Zukunft der Nordfriesen und ihrer Sprache(n)27.

Anlass zu diesem Optimismus gibt vor allem die Tatsache, dass die friesische Sprache im Verhältnis zum Hochdeutschen bedeutend an Stellenwert gewonnen hat, vor allem auch im Vergleich zu Niederdeutsch und Südjütisch. Zumindest in den friesischen Hochburgen ist man auch bei Jugendlichen nicht „in“, wenn man die friesische Mundart nicht beherrscht.28
Verheißungsvoll sind auch die Auswirkungen des Friesisch-Unterrichts in den Schulen29 und in der Erwachsenenbildung und generell ein gestiegenes Selbstbewusstsein der Friesen. Nicht zuletzt ist es aber auch notwendig, in der Öffentlichkeit das Bewusstsein zu stärken, dass Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit eine Bereicherung für den Einzelnen und die Gemeinschaft darstellen.30 So bleibt zu hoffen, dass die staatlichen Förderungsmaßnahmen zum Erhalt der friesischen Sprache und Kultur nicht dem Sparstift zum Opfer fallen.



1 Dr. Thomas Steensen, Direktor des Nordfriisk-Instituuts, schreibt: „Genauere Zählungen für ganz Nordfriesland wurden seit über 60 Jahren nicht mehr angestellt. Eine Minderheit zählt man nicht, man glaubt an sie“ (zitiert nach www.shz.de/shzde/jhdstory: “Die (nord)friesische Volksgruppe im 20. Jahrhundert“)
2 www.nf-verein.de - zu West- und Ostfriesen siehe unter 2.411 und 2.412
3 pogrom Nr. 179/1994 „Verhaltener Optimismus ist angebracht.“ Hier wird auch berichtet, dass aufgrund der in den letzten Jahrzehnten verstärkten interdialektalen Zusammenarbeit inzwischen festgestellt wurde, dass eine Verständigung zwischen Insel- und Festlandfriesen in friesischer Mundart durchaus möglich ist.
4 Nils Århammar „Die Amringer Sprache“ in „Amrum – Geschichte und Gestalt einer Insel“, S. 107ff. Auf Amrum bezeichnet man die eigene Sprache z. B. als Amring (fries. Öömrang)
5 Nils Århammer: „Die Amringer Sprache“ in „Amrum – Geschichte und Gestalt einer Insel“, S. 107ff
6 Im wesentlichen basieren die Angeben auf Informationen des Nordfriisk Instituut, Bredstedt, (www.nordfriiskinstituut.de)
7 Nils Århammer: „Die Sprachen der Insel Föhr“
8 www.sylt-az.de berichtet, dass 1889 noch 70 % aller Sylter Sölring beherrschten, 1927 immerhin noch 34 %, ein Zeichen dafür wie stark sich inzwischen die Bevölkerungsstruktur gewandelt hat.
10 Alastair Walker: „Nordfriesland, die Nordfriesen und das Nordfriesische“ in Handbuch der mitteleurop. Sprachminderheiten, S. 6ff
11 Jan Goossens vertritt in „Deutsche Dialektologie“, S. 49f den Standpunkt, dass die Bündelung der 3 friesischen Sprachgruppen zu einer „Sprache“ den Eindruck eines beliebigen Konstrukts erweckt. Die Verwandtschaft sei nur unter schweren Bedenken festzustellen. Im übrigen würden diese friesischen Dialekte ausschließlich von der deutschen Hochsprache überdacht, so dass man sie auch als deutsche Mundarten betrachten kann.
12 Europaausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Niederschrift der Sitzung vom 5. 6. 2002
13 Alastair Walker: „Nordfriesland, die Nordfriesen und das Nordfriesische“ in Handbuch der mitteleurop. Sprachminderheiten, S. 14ff . Der Begriff Friesische Volksgruppe wurde in Schleswig-Holstein und damit in der B.R. Deutschland zur Abgrenzung von der dänischen Minderheit gewählt, obwohl der Begriff häufig auch als Variante von Minderheit gebraucht wird und häufig eine andere Bedeutung hat, nämlich (Außen-)Gruppe eines größeren Volkes, z. B. deutsche Volksgruppen in Osteuropa (siehe 1.1.2)
14 1. Bericht der B. R. Deutschland gem. Art. 25 des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten, S. 35
15 1. Bericht der B. R. Deutschland gem. Art. 15 der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen, Anlage 1 und siehe Anm. 12, S. 6
16 1. Bericht der B. R. Deutschland gem. Art. 15 der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen, S. 132
17 Antwort der Landesregierung Schleswig-Holsteins auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Harms (SSW) – Landtags-Drucksache 15/2330 v. 16. 12. 02
18 siehe Anm. 12, S. 134
19 wie Anm. 12, S. 135
20 Ein kurzer Laut wird durch einen einfachen Vokal und ohne Verdoppelung des folgenden Konsonanten, ein langer durch Doppelschreibung des Vokals wiedergegeben, (ausgenommen Helgoland) und mit Ausnahme von Sylt und Helgoland wird nordfriesisch grundsätzlich (außer Eigennamen) klein geschrieben. Verdienstvoll ist die Tätigkeit der Nordfriesischen Wörterbuchstelle an der Landesuniversität Kiel
21 www.ndr.de/wellenord/nordfriesisch_d.html#
22 z. B. die zweisprachigen Erzählungen zum Kennenlernen des Frieischen (fering) von Elene Braren „At ianfach leewent – Das einfache Leben“ (herausgegeben vom Nordfriesischen Verein)
23 Ein Artikel in den Zeitungen des Kreises Nordfriesland vom 18. 6. 2002 titelt dazu „Friesen wollten Grünkohl und kriegten Pommes“. Berichtet wird über den Besuch des Redakteurs Onno Falkena vom Rundfunk-Sender „Omrop Fryslan“ (Westfriesland), der auf ein tägliches 17-stündiges Hörfunkprogramm in (west)friesisch hinweisen konnte.
24 wie vor
25 wie Anm. 10, S. 18 – Hinsichtlich deutsch-dänischer Hinweisschilder bestand lange ein stillschweigendes Übereinkommen, dass beiderseits der deutsch-dänischen Grenze immer nur die Staatssprache verwendet wird. Inzwischen werden auf deutscher Seite auch deutsch-dänische Ortsschilder zugelassen, auf dänischer leider noch nicht.
26 siehe http://de.wikisource.org/wiki/Friesisch-Gesetz
27 siehe Anmerkungen 3 und 7
28 www.ndr.de/wellenord/friesisch/nordfriesich_d.html#
29 www.westkuestenet.de „Bestnoten für den Friesischunterricht“, hier für die Schule in Fahretoft wo es nur
10 % Friesischsprecher gibt, aber dennoch 64 % aller Eltern den Friesisch Unterricht ihrer Kinder positiv bewerten. Zu diesem Ergebnis kam auch ein Friesisch-Seminar der Universität Flensburg und das Nordfriisk Instituut.
30 Hierauf weist das vom Nordfriisk Instituut initiierte Projekt „Sprachenland Nordfriesland“ hin. (www.nordfriiskinstituut.de)

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